Beschluss vom Bundesfinanzhof (3. Senat) - III B 11/12
Tatbestand
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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wandte sich mit Einspruch und Klage gegen die Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 1999 bis 2005. Für die Jahre 2003 und 2004 lautete die Steuerfestsetzung auf Null €.
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Das Finanzgericht (FG) bestimmte den 13. Dezember 2011 als Termin zur mündlichen Verhandlung. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2011, beim FG eingegangen am 12. Dezember 2011, beantragte der Kläger, den Termin zur mündlichen Verhandlung aufzuheben, weil der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) unter dem Datum des 8. Dezember 2011 einen geänderten Einkommensteuerbescheid 2005 erlassen habe. In der Kürze der verbleibenden Zeit sei es nicht möglich gewesen, weiteren Rechtsrat einzuholen.
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Das FG führte gleichwohl den Termin zur mündlichen Verhandlung durch, zu dem der Kläger nicht erschien. Es wies die Klage ab. Hinsichtlich der Jahre 2003 und 2004 beurteilte es sie mangels Beschwer als unzulässig, im Übrigen wies es sie als unbegründet zurück.
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Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) sowie einen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) geltend.
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Das FG habe in der angefochtenen Entscheidung den abstrakten Rechtssatz aufgestellt, dass es bei einer Steuerfestsetzung von Null € an der erforderlichen Klagebefugnis nach § 40 Abs. 2 FGO fehle. Der BFH habe im Urteil vom 8. November 1989 I R 174/86 (BFHE 158, 540, BStBl II 1990, 91) ausgeführt, dass eine Steuerfestsetzung von Null DM für einen Steuerpflichtigen regelmäßig keine Beschwer bedeute. Damit divergiere die angefochtene Entscheidung von dem Urteil des BFH, weil dieser ausdrücklich Ausnahmen zulasse.
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Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) und damit ein Verfahrensfehler sei darin zu sehen, dass das FG den Termin zur mündlichen Verhandlung trotz seiner, des Klägers, Abwesenheit durchgeführt habe. Das FG habe hierzu unter Hinweis auf den Beschluss des BFH vom 20. März 1997 XI B 182/95 (BFH/NV 1997, 777) ausgeführt, dass es seine Sache gewesen wäre, sich über die Entscheidung über den Vertagungsantrag zu informieren. Er habe davon ausgehen müssen, dass die mündliche Verhandlung stattfinden würde. Der genannte Beschluss des BFH sei auf den Streitfall nicht anwendbar, da er zu einem Sachverhalt ergangen sei, in dem der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten gewesen sei. Im Streitfall habe er jedoch keinen Bevollmächtigten gehabt.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde ist unbegründet und wird daher durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Der Kläger hat die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise dargelegt oder sie liegen nicht vor.
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1. Wird als Zulassungsgrund die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH wegen Divergenz geltend gemacht, so muss in der Beschwerdeschrift nicht nur die Entscheidung, von der das Urteil des FG abweichen soll, bezeichnet werden. Es muss darüber hinaus aus der Entscheidung des FG ein diese tragender abstrakter Rechtssatz abgeleitet werden, der zu einem ebenfalls tragenden abstrakten Rechtssatz der Divergenzentscheidung im Widerspruch stehen kann. Die nach Auffassung des Beschwerdeführers voneinander abweichenden Rechtssätze sind dabei gegenüberzustellen. Eine Zulassung unter diesem Gesichtspunkt hätte vorausgesetzt, dass in der Beschwerdebegründung abstrakte Rechtssätze im Urteil des FG und in der Divergenzentscheidung so genau bezeichnet worden wären, dass eine Abweichung erkennbar geworden wäre (z.B. Senatsbeschluss vom 16. August 2011 III B 155/10, BFH/NV 2012, 48).
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Diesen Voraussetzungen entspricht das Vorbringen des Klägers nicht. Er sieht eine Divergenz darin, dass das FG die Klage gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2003 und 2004 wegen fehlender Beschwer als unzulässig abgewiesen hat, obwohl aus der Entscheidung des BFH in BFHE 158, 540, BStBl II 1990, 91 hervorgehe, dass der Grundsatz, wonach bei einer Steuerfestsetzung von Null keine Beschwer vorliege, auch Ausnahmen zulasse. Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich nicht, dass bei einer Steuerfestsetzung von Null immer die Klagebefugnis zu verneinen ist. Das FG hat keinen entsprechenden Rechtssatz aufgestellt. Vielmehr hat es im konkreten Fall eine Beschwer des Klägers hinsichtlich der Streitjahre 2003 und 2004 verneint. Der Kläger hat selbst nicht vorgetragen, weshalb insoweit ausnahmsweise die Klagebefugnis zu bejahen sein sollte.
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2. Auch soweit der Kläger als Verfahrensmangel eine Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt, weil das FG den Termin zur mündlichen Verhandlung trotz seines Antrags auf Terminsaufhebung und trotz seiner Abwesenheit durchgeführt habe, hat die Beschwerde keinen Erfolg. Das FG hat den Termin zur mündlichen Verhandlung zu Recht nicht aufgehoben.
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a) Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann ein Termin aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Liegen erhebliche Gründe vor, verdichtet sich die in dieser Vorschrift eingeräumte Ermessensfreiheit zu einer Rechtspflicht, selbst wenn das Gericht die Sache für entscheidungsreif hält und die Erledigung des Rechtsstreits durch die Aufhebung oder Verlegung des Termins verzögert wird (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 5. April 2011 VIII B 91/10, BFH/NV 2011, 1174, m.w.N.).
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Mit dem Hinweis auf den geänderten Einkommensteuerbescheid 2005 vom 8. Dezember 2011 hat der Kläger keinen erheblichen Grund vorgebracht, der eine Terminsaufhebung gerechtfertigt hätte. Aus dem Aufhebungsantrag geht nicht hervor, weshalb die geänderte Steuerfestsetzung, durch die die Einkommensteuer von 4.203 € auf 3.015 € herabgesetzt wurde, die kurzfristige Einholung eines Rechtsrats erforderlich gemacht haben sollte. Es war somit nicht ermessensfehlerhaft, dass das FG dem Antrag auf Aufhebung des Termins nicht entsprochen hat.
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b) Aus der unterbliebenen Mitteilung über die Behandlung des Aufhebungsantrags durfte der Kläger vernünftigerweise nicht folgern, dass seinem Antrag stattgegeben werde. Bereits in der Ladung war er darauf hingewiesen worden, dass bei seinem Ausbleiben auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne. Der Kläger musste davon ausgehen, dass die Ladung ungeachtet des Antrags auf Aufhebung des Termins wirksam blieb; er hätte sich noch vor Sitzungsbeginn beim FG nach der Bescheidung seines Aufhebungsantrags erkundigen müssen (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1997, 777; vom 18. Oktober 2000 VIII B 57/00, BFH/NV 2001, 333, m.w.N., und vom 21. Juli 2003 VII B 199/02, BFH/NV 2004, 199). Diese Obliegenheit trifft auch Beteiligte, die, wie der Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren, nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten sind, da auch sie nicht ohne Weiteres davon ausgehen können, dass ein kurzfristig gestellter Aufhebungsantrag Erfolg haben wird.
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Referenzen
- 2000 VIII B 57/00 1x (nicht zugeordnet)
- 2011 VIII B 91/10 1x (nicht zugeordnet)
- 2011 III B 155/10 1x (nicht zugeordnet)
- 1989 I R 174/86 1x (nicht zugeordnet)
- 1997 XI B 182/95 1x (nicht zugeordnet)
- 2003 VII B 199/02 1x (nicht zugeordnet)