Beschluss vom Bundesfinanzhof (5. Senat) - V B 31/11

Gründe

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Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist unbegründet.

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1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) zuzulassen.

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a) Die Klägerin hält es für klärungsbedürftig, ob "es mit den unionsrechtlichen Grundsätzen der Effektivität und der Äquivalenz vereinbar [ist], wenn in den Gesetzen oder in der Rechtspraxis eines Mitgliedstaates keine Möglichkeiten vorgesehen sind, um Widersprüche in den Entscheidungen von Gerichten verschiedener Gerichtszweige zu vermeiden oder zu lösen, die umsatzsteuerliche Fragen oder Folgefragen des gleichen Falles (des gleichen Ausgangssachverhalts) betreffen", ob "die Finanzbehörden und ein Finanzgericht den zivilrechtlichen Vertragspartner oder den etwaigen zivilrechtlichen Erstattungsschuldner bei dem Rechtsstreit eines Steuerpflichtigen über die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung eines Sachverhalts hinzuziehen oder beteiligen" müssen, ob "sich dann die Bindungswirkung des Finanzgerichts im Hinblick auf die tatsächlichen Fragestellungen und die rechtliche Beurteilung in einem nachfolgenden zivilrechtlichen Verfahren" erstreckt und ob "dies nur in Fällen [gilt], in denen andernfalls ein Beteiligter mit der Umsatzsteuer doppelt belastet würde". Die Rechtsfrage gehe dahin, "ob und gegebenenfalls wie das nationale Verfahrensrecht Vorkehrungen dafür treffen muss, die Gefahr von einander widersprechender Entscheidungen der Finanzgerichte einerseits und der Zivilgerichte andererseits zu vermeiden".

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b) Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen sind nicht klärungsbedürftig.

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aa) Nach den Regelungen der FGO bestehen nur beschränkte Möglichkeiten, andere Personen als den Kläger und den Beklagten als sog. Dritte an dem finanzgerichtlichen Verfahren zu beteiligen. In Betracht kommt hierfür nur die Beiladung (§ 60 FGO).

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(1) Im Rahmen der sog. einfachen Beiladung kann das Finanzgericht von Amts wegen oder auf Antrag andere beiladen, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden, insbesondere solche, die nach den Steuergesetzen neben dem Steuerpflichtigen haften.

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Das danach bestehende Erfordernis eines "rechtlichen Interesses nach den Steuergesetzen" ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht eng auszulegen. So kommt nach dieser Vorschrift sowohl eine Beiladung des Leistungsempfängers im Rechtsstreit des leistenden Unternehmers als auch eine Beiladung des leistenden Unternehmers im Rechtsstreit des Leistungsempfängers in Betracht (BFH-Beschluss vom 9. April 2008 V B 143/07, BFH/NV 2008, 1339). Das rechtliche Interesse nach den Steuergesetzen kann sich dabei auch daraus ergeben, dass das Vorliegen einer steuerpflichtigen Leistung im Fall einer Preisvereinbarung zwischen leistendem Unternehmer und Leistungsempfänger, nach der sich der vereinbarte Preis um die gesetzlich für die Leistung entstehende Umsatzsteuer erhöht, für die Bestimmung der Höhe der zivilrechtlich geschuldeten Gegenleistung von Bedeutung sein kann.

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(2) Eine notwendige Beiladung setzt gemäß § 60 Abs. 3 FGO voraus, dass an einem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Der erkennende Senat verneint in seiner Rechtsprechung das Vorliegen einer derart notwendigen Beiladung im Verhältnis zwischen leistendem Unternehmer und Leistungsempfänger, da die Entscheidung z.B. über den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers nicht einheitlich für den leistenden Unternehmer in der Weise wirkt, dass damit auch über das Bestehen einer Steuerpflicht in seiner Person entschieden wird (BFH-Beschluss vom 29. Oktober 2002 V B 186/01, BFH/NV 2003, 780). Ist der Vorsteuerabzug z.B. aufgrund von Rechnungsmängeln zu versagen, hat dies auf die Steuerpflicht des leistenden Unternehmers keinen Einfluss. Gleiches gilt für den Fall, dass der Vorsteuerabzug z.B. mangels Steuerpflicht oder mangels Unternehmereigenschaft des Leistenden zu versagen ist, aber Rechnungen mit Steuerausweis vorliegen, die nach der in den Streitjahren bestehenden Rechtslage zu einer Steuerschuld des Rechnungsausstellers nach § 14 Abs. 2 oder 3 des Umsatzsteuergesetzes führten. Dass in derartigen Fällen ein zivilrechtliches Interesse des den Vorsteuerabzug begehrenden Leistungsempfängers an einer Beiladung des leistenden Unternehmers für den Fall einer Klageabweisung bestehen kann, rechtfertigt nicht die Annahme einer notwendigen Beiladung, sondern führt nur zu einer einfachen Beiladung nach § 60 Abs. 1 FGO.

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(3) Die Möglichkeit einer Streitverkündigung, wie sie in § 72 der Zivilprozessordnung vorgesehen ist, besteht im Finanzgerichtsprozess nicht (BFH-Beschluss vom 13. Juni 2007 V B 179/06, BFH/NV 2007, 2296).

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bb) Die prozessualen Vorschriften der FGO tragen damit den von der Klägerin als maßgeblich angesehenen Grundsätzen der Effektivität und Äquivalenz hinreichend Rechnung. Insbesondere durch die Möglichkeit einer einfachen Beiladung gemäß § 60 Abs. 1 FGO ist hinreichend gewährleistet, dass widersprüchliche Entscheidungen unterschiedlicher Gerichtszweige vermieden werden können. Weiter gehende Erfordernisse ergeben sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus dem Unionsrecht und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH). So folgt aus dem EuGH-Urteil vom 26. Januar 2012 C-218/10, ADV (Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2012, 175) zwar, dass es "als Verstoß gegen die Verpflichtungen des Mitgliedstaats aus der Sechsten Richtlinie angesehen werden" könnte, wenn "verschiedene Behörden und/oder Gerichte eines Mitgliedstaats weiterhin systematisch unterschiedliche Auffassungen über die Anknüpfung ein und derselben Dienstleistung in Bezug auf den Leistungserbringer einerseits und den Leistungsempfänger andererseits vertreten, so dass insbesondere der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verletzt wird" (EuGH-Urteil ADV in UR 2012, 175 Rdnr. 43). Eine derartige Gefahr besteht jedoch im Hinblick auf die Möglichkeit einer einfachen Beiladung nach § 60 Abs. 1 FGO nicht. Hierdurch ist hinreichend gewährleistet, dass "die Gefahr von Widersprüchen und Konflikten zwischen den verschiedenen Gerichtsbarkeiten" vermieden werden kann. Daher ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine Vorlage an den EuGH geboten.

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2. Es liegt auch kein Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) vor. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats stellt das Unterlassen einer einfachen Beiladung nach § 60 Abs. 1 FGO keinen Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar (BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 780). Ein Fall einer notwendigen Beiladung nach § 60 Abs. 3 FGO liegt nicht vor (s. oben 1.b aa (2)).

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3. Auf den beim Finanzamt gestellten Billigkeitsantrag kommt es in dem die Steuerfestsetzung betreffenden Beschwerdeverfahren nicht an.

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