Urteil vom Bundesfinanzhof (1. Senat) - I R 36/12

Tatbestand

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I. Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) zu Recht eine in 2006 gebildete Rücklage (sog. Ansparabschreibung) zum Ende eines aufgrund eines Formwechsels bestehenden Rumpfwirtschaftsjahres zum 30. September 2008 (im Streitjahr 2008) aufgelöst hat.

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Die Klägerin, eine Partnerschaftsgesellschaft, ist zum 1. Oktober 2008 durch Formwechsel i.S. der §§ 190 ff. des Umwandlungsgesetzes aus der M-GmbH hervorgegangen. In der Übertragungsbilanz der M-GmbH (§ 9 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes --UmwStG 2006--) waren die Wirtschaftsgüter mit den Buchwerten angesetzt worden.

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Die M-GmbH stellte im Jahr 2006 einen Betrag von 48.580 € in eine Rücklage i.S. des (§ 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 i.V.m.) § 7g Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 2002 (i.d.F. vor Inkrafttreten des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007, BGBl I 2007, 1912, BStBl I 2007, 630 --EStG 2002 a.F.--) ein. Dabei verwies sie auf künftige Investitionen im Zusammenhang mit der Erweiterung der Bürofläche und der Einrichtung einer Niederlassung. Diese Rücklage wurde in der auf den 30. September 2008 erstellten Übertragungsbilanz aufgelöst. Die M-GmbH erfasste unter den sonstigen betrieblichen Erträgen einen Ertrag aus der Auflösung des Sonderpostens mit Rücklagenanteil in Höhe von 48.580 €; eine Gewinnerhöhung um 6 % des aufgelösten Rücklagenbetrages (§ 7g Abs. 5 EStG 2002 a.F.) unterblieb allerdings.

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Im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung der M-GmbH für das Streitjahr stellte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) fest, dass die M-GmbH im Rumpfwirtschaftsjahr 1. Januar 2008 bis zum 30. September 2008 nur einige der angeführten Wirtschaftsgüter, für deren Anschaffung die Rücklage gebildet worden war, angeschafft hatte (Alarmanlage [1.200 €], Lampen [1.000 €]); die übrigen Anschaffungen erfolgten nach dem 30. September 2008.

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Durch Körperschaftsteuerbescheid für 2008 setzte das FA die Körperschaftsteuer auf 0 € fest (Gesamtbetrag der Einkünfte/Einkommen: ./. 35.968 €). Bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens berücksichtigte es einen Bilanzverlust von 48.669 € (erklärter Verlust in Höhe von 2.288,49 €; Rückgängigmachung der Auflösung der Rücklage des § 7g Abs. 3 EStG 2002 a.F. in Höhe von 46.380 € [48.580 € abzgl. 2.200 €]). Das Finanzgericht (FG) gab der Klage gegen die auf dieser Grundlage ergangenen Bescheide statt (Urteil des FG Düsseldorf vom 26. März 2012  6 K 4454/10 K,F, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 1484), wobei es bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens antragsgemäß eine Verzinsung (Gewinnzuschlag i.S. des § 7g Abs. 5 EStG 2002 a.F.: 5.565 €) einkommenserhöhend ansetzte.

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Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist begründet; das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Klage ist als unzulässig abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat der Klägerin zu Unrecht ein Rechtsschutzbedürfnis mit Blick auf die Körperschaftsteuerfestsetzung (und die sich daran anschließenden Feststellungen) zugesprochen.

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1. Nach § 40 Abs. 2 FGO ist eine Anfechtungsklage grundsätzlich nur dann zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Aus dem Regelungsausspruch des im Streitfall angefochtenen Verwaltungsakts (Festsetzung der Körperschaftsteuer 2008) lässt sich eine aktuelle Rechtsverletzung nicht ableiten ("Nullfestsetzung").

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2. Der Umstand der rechtsformwechselnden Umwandlung und die streitgegenständliche Frage der Auflösung der Ansparabschreibung in der sog. Schlussbilanz der "übertragenden Gesellschaft" vermittelt keine eigenständige Beschwer durch den angefochtenen Bescheid.

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a) Für den Fall der rechtsformwechselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft sieht § 9 Satz 1 UmwStG 2006 die entsprechende Anwendung der §§ 3 bis 8 und 10 UmwStG 2006 vor. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006 sind die übergehenden Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft (sog. Übertragungsbilanz, s. § 9 Satz 2 UmwStG 2006) mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Nach § 3 Abs. 2 UmwStG 2006 können die übergehenden Wirtschaftsgüter unter bestimmten Voraussetzungen aber auch (auf Antrag) einheitlich mit dem Buchwert oder einem höheren Wert (höchstens dem gemeinen Wert) angesetzt werden.

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b) Fehlt es an einer (beschwerenden) Steuerfestsetzung bei der "übertragenden Gesellschaft" (wie im Streitfall mit Blick auf einen Verlustvortrag, der zu einer Steuerfestsetzung von Null führt), besteht insoweit kein Bedürfnis für die Gewährung von Rechtsschutz. Insbesondere ist eine spätere steuerliche Folgewirkung einer nicht zugestandenen Auflösung der Ansparabschreibung bei dieser Gesellschaft (als Subjekt der Körperschaftsteuer) ausgeschlossen.

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c) Die Bindung der "übernehmenden Gesellschaft" an die Werte der Schlussbilanz gemäß § 9 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 UmwStG 2006 ("Zwang zur Übernahme der Wertansätze aus der Schlussbilanz", so Blümich/Klingberg, § 4 UmwStG 2006 Rz 15) ist entsprechend der Bindung des Einbringenden gemäß § 20 Abs. 4 UmwStG 2002 (s. dazu zuletzt Senatsurteil vom 25. April 2012 I R 2/11, BFH/NV 2012, 1649, m.w.N.) "nur" eine materiell-rechtliche. An einer verfahrensrechtlichen Verknüpfung im Wege eines Grundlagenbescheides (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung --AO--) bei der übertragenden Gesellschaft fehlt es: Mit der Steuerfestsetzung bei der übernehmenden Gesellschaft wird weder festgestellt noch unterstellt, in welcher Weise das Ansatzwahlrecht ausgeübt worden ist; es wird dort nur auf der Grundlage des tatsächlich erfolgten Ansatzes (insoweit als unselbständige Besteuerungsgrundlage i.S. des § 157 Abs. 2 Alternative 1 AO) die Steuer festgesetzt. Eine etwaige Änderung in der Schlussbilanz (z.B. nach einer Außenprüfung) wirkt nur über § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (rückwirkendes Ereignis) auf die übernehmende Gesellschaft ein (z.B. Möhlenbrock/Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 3 UmwStG Rz 68, und Pung, ebenda, § 4 UmwStG Rz 8).

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d) Auch wenn die Klägerin im Streitfall infolge der Korrektur der Schlussbilanz durch das FA (Rückgängigmachung der Auflösung der Rücklage im Wege der geänderten Einkommensermittlung im Steuerbescheid) und mit Blick auf eine interpersonelle Geltung der Grundsätze über den Bilanzenzusammenhang und die Bilanzberichtigung (s. für den Fall der Einbringung: Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. Juni 1988 VIII R 296/82, BFHE 153, 407, BStBl II 1988, 886; s.a. Senatsbeschluss vom 21. August 2012 I B 179/11, BFH/NV 2013, 21) für die "Eröffnungsbilanz" an den Ausweis einer Rücklage grundsätzlich gebunden sein sollte, ist ihr nicht verwehrt, diesem Ansatz unter Hinweis auf einen Bilanzierungsfehler, der sich bisher steuerlich nicht ausgewirkt hat, entgegenzutreten (BFH-Beschluss vom 22. April 1998 IV B 107/97, BFH/NV 1999, 162; s.a. Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 1009).

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3. Die Klägerin kann auch nicht unter Hinweis auf die Übernahme der Schlussbilanzwerte der übertragenden Gesellschaft als sog. Drittbetroffene ein Klagerecht gegen die Festsetzung der Körperschaftsteuer geltend machen.

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Der Senat folgt der Vorinstanz nicht darin, aus der materiell-rechtlichen Bindungswirkung (s. zu 2.c der Gründe) auf eine eigenständige Klagebefugnis als sog. Drittbetroffene zu schließen (s. bereits Senatsurteil vom 19. Dezember 2012 I R 5/12, BFH/NV 2013, 743; a.A. aber FG Düsseldorf, Urteil vom 3. Dezember 2012  6 K 1883/10 F, EFG 2013, 337 [anhängige Revision I R 1/13]; wohl auch FG Hamburg, Urteil vom 25. Juli 2012  6 K 91/11, EFG 2012, 2329 [anhängige Revision IV R 34/12]). Denn die Klägerin ist verfahrensrechtlich nicht gehindert, sich im Rahmen ihrer Gewinnermittlung bzw. ihrer gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte des Streitjahres auf die Auflösung der Ansparabschreibung in der Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft zu berufen und einer etwaigen einkünfteerhöhenden Auflösung zum 31. Dezember 2008 (und dem Ansatz eines sog. Gewinnzuschlags) durch das FA zu widersprechen. Insoweit steht ihr eine eigenständige Rechtsschutzmöglichkeit zu; eine Rechtsschutzlücke besteht nicht.

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