Beschluss vom Bundesfinanzhof (1. Senat) - I B 174/12
Tatbestand
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I. Gegenüber der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer KG, wurden im Anschluss an den Senatsbeschluss vom 29. November 2006 I R 78-80/05 (BFH/NV 2007, 1091) mit Bescheid vom 19. Juli 2007 "die Aussetzungszinsen (Zinsbetrag Abschnitt C) ... auf … € festgesetzt". In Abschnitt C werden in drei Zeilen u.a. die jeweils ausgesetzten Steuerbeträge (Körperschaftsteuer 1990 sowie für die Körperschaftsteuer 1988 aufgeteilt auf zwei Zeilen), die jeweils nach § 238 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) abgerundeten und zu verzinsenden Beträge sowie in der Schlussspalte die jeweiligen --aus den Zinsmonaten errechneten-- Zinsbeträge ausgewiesen. Die Summe dieser letzten Spalte ergibt gemäß der vierten Zeile die "Zinsschuld/Gesamtbetrag" in Höhe von … € sowie gemäß der fünften Zeile die (den) "Zinsschuld/Gesamtbetrag nach Rundung des jeweiligen Zinsbetrags" in Höhe von … €. Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der innerhalb der Festsetzungsfrist des § 239 Abs. 1 AO ergangene Bescheid inhaltlich hinreichend bestimmt oder --wie von der Klägerin geltend gemacht-- nichtig ist. Während des Einspruchsverfahrens wurden die o.g. Beträge zwar geändert; in der Sache blieb der Rechtsbehelf jedoch ohne Erfolg. Die Klage wurde vom Finanzgericht (FG) abgewiesen und die Revision nicht zugelassen (FG Nürnberg, Urteil vom 23. Oktober 2012 1 K 128/10). Gegen Letzteres richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
Entscheidungsgründe
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II. Der Senat kann offen lassen, ob der Vortrag der Klägerin den Anforderungen an die schlüssige Rüge der in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Zulassungsgründe genügt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Die Beschwerde ist jedenfalls in entsprechender Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO zurückzuweisen, weil das FG im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen hat.
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Das FG ist --ebenso-- wie die Klägerin davon ausgegangen, dass auch die Zinsfestsetzung nach § 239 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 157 Abs. 1 Satz 2 AO dem Bestimmtheitsgebot genügen müsse. Dem sei im Streitfall entsprochen worden, da der Bescheid vom 19. Juli 2007 die zum jeweiligen Veranlagungszeitraum gehörigen Zinsbeträge hinreichend präzise und nachvollziehbar dargestellt habe. Unschädlich sei hierbei, dass der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) nicht für jeden Veranlagungszeitraum einen separaten Zinsbescheid erlassen, sondern für mehrere Jahre eine Zinsfestsetzung vorgenommen habe, da der Bescheid dieselbe Zinsart (Aussetzungszinsen nach § 237 AO) betreffe und erkennen lasse, für welchen Lebenssachverhalt in welcher Höhe die jeweiligen Zinsen festgesetzt worden seien.
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a) Letztere Wendung ist zwar insoweit nicht eindeutig, als der Formulierung nicht zweifelsfrei entnommen werden kann, ob das FG von der Festsetzung nur eines Zinsbetrags (Variante 1) oder von einem sog. zusammengefassten Bescheid (Variante 2) ausgegangen ist, mit dem mehrere materielle Zinsfestsetzungen auf dem nämlichen Schriftstück (Bescheid im formellen Sinne) zusammengefasst worden sind (vgl. dazu Schuster in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 157 AO Rz 5). Dies kann jedoch dahinstehen, da der Vortrag der Klägerin, es sei i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO von grundsätzlicher Bedeutung, ob "die Aussetzungszinsen für jeden Körperschaftsteuerveranlagungszeitraum durch gesonderten Bescheid festzusetzen sind", die Revision nicht zu eröffnen vermag.
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b) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist aus der entsprechenden Geltung des § 157 Abs. 1 Satz 2 AO abzuleiten, dass der Zinsbescheid die Zinsen nach Art und Betrag bezeichnen und den Schuldner angeben muss (BFH-Urteile vom 22. Mai 1984 VIII R 60/79, BFHE 141, 211, BStBl II 1984, 697; vom 7. Mai 1993 VI R 93/92, BFH/NV 1994, 2; Klein/Rüsken, AO, 11. Aufl., § 239 Rz 16).
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aa) Danach kann nicht zweifelhaft sein, dass diesen Anforderungen an die Bestimmtheit des Bescheids durch den Erlass eines zusammengefassten Zinsbescheids (Variante 2) entsprochen werden kann.
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bb) Fraglich kann allenfalls sein, ob auch ein einheitlicher Zinsbescheid i.S. der Variante 1 unter der Voraussetzung ergehen kann, dass die für verschiedene Veranlagungszeiträume in einem Betrag festgesetzten Aussetzungszinsen die nämliche Steuerart (hier: Körperschaftsteuer) betreffen.
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Hierfür könnte sprechen, dass im Schrifttum eine nicht aufgegliederte Zusammenfassung mehrerer Steuerfälle dann als unschädlich angesehen wird, wenn im Einzelfall der Bestimmtheitsgrundsatz nicht tangiert wird (Schuster in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 157 AO Rz 5). Andere leiten hingegen aus dem Bestimmtheitsgebot ab, dass die Zinsansprüche durchgängig --also auch bei nämlicher Steuerart-- für jeden einzelnen Veranlagungszeitraum-- materiell gesondert festgesetzt werden müssen und die Zinsfestsetzungen nur formell miteinander verbunden werden können (Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 239 AO Rz 6).
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Der Streitfrage käme jedoch in einem Revisionsverfahren keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu, da der Senat zur eigenständigen Auslegung des Zinsbescheids vom 19. Juli 2007 befugt (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 25, m.w.N.) und danach vorliegend von Zinsfestsetzungen i.S. der Variante 2 auszugehen ist. Dies ergibt sich bereits daraus, dass im Verfügungsteil des Bescheids die festgesetzten Aussetzungszinsen mit dem Klammerzusatz "Zinsbetrag Abschnitt C" gekennzeichnet werden und in Abschnitt C die insgesamt angefallene Zinsschuld nicht auf der Basis eines --alle Veranlagungszeiträume erfassenden-- Zinsbetrags, sondern als "Gesamtbetrag nach Rundung des jeweiligen Zinsbetrags" ausgewiesen wird. Nimmt man hinzu, dass auch die jeweiligen Zinsbeträge auf der Basis der jeweils nach § 238 Abs. 2 AO gerundeten zu verzinsenden Beträge ermittelt wurden, so wird deutlich, dass der Bescheid nur auf die formell zusammengefasste Festsetzung der einzelnen materiellen Zinsansprüche gerichtet war.
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Referenzen
- 1 K 128/10 1x (nicht zugeordnet)
- 1984 VIII R 60/79 1x (nicht zugeordnet)
- 1993 VI R 93/92 1x (nicht zugeordnet)