Beschluss vom Bundesfinanzhof (5. Senat) - V B 12/14

Tatbestand

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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erhob vor dem Finanzgericht (FG) erfolglos Klage wegen Umsatzsteuer 2008 und auf Feststellung der Nichtigkeit der "Steuerbeträge aus den Jahren 2002 bis einschließlich 2012 und fortfolgend, einschließlich der Feststellung der Nichtigkeit der Steuergesetzgebung".

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Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 26. November 2013 erschien der Kläger mit einem Bevollmächtigten und legte die Kopie einer Vollmacht vom 12. November 2013 vor. Diese gilt für alle Instanzen und umfasst u.a. die Befugnis, Zustellungen zu bewirken und entgegenzunehmen.

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Das Urteil des FG vom 26. November 2013 wurde laut Postzustellungsurkunde am 6. Dezember 2013 durch Einlegung des Schriftstücks in den zur Wohnung des Klägers gehörenden Briefkasten zugestellt.

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Am 27. Januar 2014 legte der Bevollmächtigte des Klägers Beschwerde ein und wies darauf hin, dass er das Urteil --durch urlaubsbedingte Abwesenheit des Mandanten bis 22. Dezember 2013-- erst am 27. Dezember 2013 erhalten habe. Zur Begründung der Beschwerde macht er geltend, das als Ausfertigung zugestellte Urteil müsse die exakte Kopie der Urschrift darstellen. Da die ihm vorliegende Ausfertigung keine Unterschrift der beteiligten Richter aufweise, sei davon auszugehen, dass auch die Urschrift des Urteils diesen Mangel habe. Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid 2008 und die Steuerbescheide, die Steuerbeträge aus den Jahren 2002 bis 2012 und fortfolgend forderten, seien nichtig. Seit der durch das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz vom 19. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3922) zum 1. Januar 2002 eingeführten Umsatzsteuer-Nachschau (§ 27b des Umsatzsteuergesetzes) sei das Umsatzsteuergesetz wegen Eingriffs in die verfassungsmäßigen Rechte der Bürger verfassungswidrig und damit insgesamt nichtig.

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Mit Schreiben vom 29. Januar 2014 hat die Geschäftsstelle des Senats auf den Vertretungszwang nach § 62 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und die Unzulässigkeit eines nicht von einer vertretungsberechtigten Person oder Gesellschaft eingelegten Rechtsmittels hingewiesen.

Entscheidungsgründe

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II. Die fristgerecht erhobene Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ist unbegründet und war deshalb zurückzuweisen (§ 132 FGO).

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1. Nach § 116 FGO kann die Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil eines FG mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden. Diese ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bundesfinanzhof (BFH) einzulegen (§ 116 Abs. 2 Satz 1 FGO).

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a) Das Urteil ist dem Kläger zwar laut Postzustellungsurkunde am 6. Dezember 2013 zugestellt worden, sodass die Frist zur Einlegung der Beschwerde nach § 54 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bei ordnungsgemäßer Zustellung bereits am Dienstag, dem 7. Januar 2014, abgelaufen wäre.

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b) Im Streitfall fehlt es jedoch an einer ordnungsgemäßen Zustellung. Ausweislich der in den FG-Akten befindlichen Postzustellungsurkunde wurde das Urteil ausschließlich an den Kläger zugestellt, obwohl dieser einen Bevollmächtigten mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hatte. Nach § 62 Abs. 6 Satz 5 FGO waren Zustellungen des Gerichts daher ausschließlich an den Bevollmächtigten zu richten.

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c) Der Zustellungsmangel gilt mit dem tatsächlichen Zugang des Urteils an den Prozessbevollmächtigten als geheilt (§ 189 ZPO) und das Urteil in diesem Zeitpunkt als zugestellt (vgl. BFH-Beschluss vom 17. März 2009 IV B 102/08, juris). Ausweislich des Vorbringens des Bevollmächtigten hat er das Urteil am 27. Dezember 2013 erhalten. Die Frist zur Einlegung der Beschwerde nach § 54 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 und 2 ZPO sowie §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB endete daher erst mit Ablauf des 27. Januar 2014. Die an diesem Tag beim BFH eingegangene Beschwerde war daher noch rechtzeitig.

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2. Die Beschwerde ist unbegründet, da Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

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a) Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich ein Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht daraus, dass die Urteilsausfertigung nicht von den Richtern unterschrieben ist. Vielmehr belegt der Ausfertigungsvermerk des Urkundsbeamten, dass die mitwirkenden Richter das Urteil im Original unterschrieben haben (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2. Februar 2012 I ZR 81/10, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2013, 187, m.w.N.). Von einer unzulässigen Ersetzung einer Richterunterschrift kann insoweit nicht ausgegangen werden. Die Urteilsausfertigung erfordert gerade keine Originalunterschrift (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. November 2013 IX B 79/13, BFH/NV 2014, 371, sowie vom 8. März 2006 VII B 309/05, BFH/NV 2006, 1317).

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b) Soweit der Kläger geltend macht, die angegriffenen Umsatzsteuerbescheide seien entgegen dem Urteil des FG seit 2002 verfassungswidrig und damit nichtig, rügt er eine vermeintlich unrichtige Rechtsanwendung durch das FG. Ein materiell-rechtlicher Fehler bei der Rechtsanwendung kann aber nur ausnahmsweise nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zur Zulassung der Revision führen, wenn es sich um einen schwerwiegenden Rechtsanwendungsfehler handelt, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. Ein derartiger Fehler liegt jedoch nur dann vor, wenn die angefochtene FG-Entscheidung objektiv willkürlich und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (vgl. BFH-Beschluss vom 25. März 2010 X B 176/08, BFH/NV 2010, 1455, m.w.N.). Einen solchen qualifizierten Rechtsanwendungsfehler des FG hat der Kläger weder dargelegt noch liegt ein solcher Fehler tatsächlich vor. Wie der BFH bereits mehrfach entschieden hat, ergibt sich aus einem etwaigen Verstoß gegen das sog. Zitiergebot keine Nichtigkeit des Umsatzsteuergesetzes oder der hierauf gestützten Umsatzsteuerbescheide (BFH-Beschlüsse vom 16. Dezember 2009 V B 23/08, BFH/NV 2010, 1866; vom 18. Mai 2011 VII B 195/10, BFH/NV 2011, 1743; vom 12. März 2009, XI B 23, 24/08, Zeitschrift für Steuern und Recht 2009, R 538).

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3. Da die Beschwerde unbegründet ist, kann der Senat offen lassen, ob es sich beim Bevollmächtigten um eine zur Vertretung berechtigte Person i.S. von § 62 Abs. 4 FGO handelt.

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