Urteil vom Bundesfinanzhof (7. Senat) - VII R 6/13
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erwarb von der in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen H-GmbH 1 500 Kartons gefrorene Hühnerteile (Codenummer 0207 1410 00 0). Der Kaufpreis betrug 40.800 US-Dollar. Die H-GmbH hatte die Hühnerteile zuvor von einem brasilianischen Ausführer erworben. Ursprungsland der Hühnerteile war ebenfalls Brasilien.
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Die Klägerin meldete die gefrorenen Hühnerteile am 24. Oktober 2004 zur Überführung in den freien Verkehr an. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) berechnete die Einfuhrabgaben auf Grundlage der von der H-GmbH gestellten Handelsrechnung.
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Nachdem das HZA im Rahmen einer Nachprüfung die vom brasilianischen Ausführer gegenüber der H-GmbH gestellte Handelsrechnung sowie Unterlagen über die Transport- und Versicherungskosten erhalten hatte, forderte es gemäß Art. 220 Abs. 1 des Zollkodex (ZK) Einfuhrabgaben in Höhe von 1.406,40 € nach. Der Zusatzzoll nach der Verordnung (EG) Nr. 1484/95 (VO Nr. 1484/95) der Kommission vom 28. Juni 1995 mit Durchführungsbestimmungen zur Regelung der zusätzlichen Einfuhrzölle und zur Festsetzung der repräsentativen Preise in den Sektoren Geflügelfleisch und Eier ... (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 145/47) in der für den Streitfall geltenden Fassung nach Änderung durch die Verordnung (EG) Nr. 684/1999 der Kommission vom 29. März 1999 (ABlEG Nr. L 86/6) sei nicht auf Grundlage der vom deutschen Zwischenhändler gestellten Handelsrechnung, sondern auf Grundlage eines cif-Einfuhrpreises in Höhe von 128,94 €/100 kg zu berechnen. Zusätzlich setzte das HZA Zinsen in Höhe von 249,11 € fest, die sich später unter Anwendung des Art. 236 ZK auf 221,87 € reduzierten.
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Einspruch und Klage gegen die Zinsfestsetzung hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, das HZA habe die Zinsen zutreffend nach Art. 3 Abs. 5 VO Nr. 1484/95 festgesetzt. Dessen Voraussetzungen seien erfüllt, da die Klägerin zunächst nur Angaben zu ihrem an die H-GmbH gezahlten Kaufpreis und nicht zu dem für die Berechnung des cif-Einfuhrpreises maßgeblichen fob-Preis im Ursprungsland gemacht habe. Komme es zu einer Nacherhebung gemäß Art. 220 ZK, sei der entsprechende Betrag zwangsläufig zu verzinsen. Dies ergebe sich auch aus einem Vergleich mit den englischen, französischen, niederländischen und italienischen Sprachfassungen, die weiter gefasst seien als die in der deutschen Fassung geforderte Nichterfüllung von Verpflichtungen aus Art. 3 VO Nr. 1484/95.
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Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, Art. 3 Abs. 5 VO Nr. 1484/95 biete im Streitfall keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Zinsen. Art. 3 VO Nr. 1484/95 enthalte keine Verpflichtung zur Angabe des korrekten cif-Einfuhrpreises, deren Nichterfüllung gemäß Art. 3 Abs. 5 VO Nr. 1484/95 Zinsen auslösen könne. Es bestehe lediglich die allgemeine Verpflichtung, richtige Angaben zu machen. Darauf stelle Art. 3 Abs. 5 VO Nr. 1484/95 aber nicht ab. Außerdem sei auf Grundlage einer systematischen Auslegung zwischen den Fällen zu unterscheiden, in denen ein unter dem repräsentativen Preis liegender cif-Einfuhrpreis unrichtig angegeben worden sei, sowie den Fällen, in denen ein über dem repräsentativen Preis liegender cif-Einfuhrpreis nicht bestätigt werde. Nur im zuletzt genannten Fall gehe die VO Nr. 1484/95 von einer betrügerischen Absicht aus, die eine Festsetzung von Zinsen rechtfertige. Eine andere Auslegung widerspreche dem unionsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit, wonach eine Regelung klar und deutlich abgefasst sein müsse. Der Verweis auf andere Sprachfassungen scheide vor diesem Hintergrund aus.
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Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG und die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen aufzuheben.
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Das HZA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Das FG hat zu Recht entschieden, dass der bei der Klägerin nacherhobene Zusatzzoll gemäß Art. 3 Abs. 5 VO Nr. 1484/95 zu verzinsen ist.
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1. Art. 3 Abs. 5 VO Nr. 1484/95 sieht eine Verzinsung vor, wenn die zuständige Behörde im Rahmen einer Nachprüfung feststellt, dass die Verpflichtungen aus Art. 3 nicht erfüllt worden sind, und den fälligen Zollbetrag gemäß Art. 220 ZK nacherhebt. Die Zinsen fallen für den Zeitraum von der Abfertigung der Ware zum freien Verkehr bis zur Einziehung des nacherhobenen Zollbetrags an.
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2. Die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 5 VO Nr. 1484/95 sind im Streitfall erfüllt.
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Die Klägerin hatte ihrer Zollanmeldung zunächst nur die von der H-GmbH gestellte Handelsrechnung beigefügt. Dies reicht nicht aus, um die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 1484/95 zu erfüllen, nach dem der Zusatzzoll unter Heranziehung des cif-Einfuhrpreises zu bestimmen ist. Auf Grundlage der Definition des cif-Einfuhrpreises in Art. 2 Abs. 1 Anstrich 2 VO Nr. 1484/95 hätte vielmehr die Rechnung des brasilianischen Ausführers gegenüber der H-GmbH vorgelegt werden müssen. Nachdem diese Rechnung nachgereicht worden war, kam es zu einer entsprechenden Nacherhebung des Zusatzzolls gemäß Art. 220 ZK. Insofern wird auf die Gründe des Senatsurteils vom 23. April 2014 in der Sache VII R 1/13 Bezug genommen.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Festsetzung von Zinsen nach Art. 3 Abs. 5 VO Nr. 1484/95 nicht auf die Fälle eines Verstoßes gegen die in Abs. 2 und 4 formulierten Verpflichtungen beschränkt. Art. 3 Abs. 5 VO Nr. 1484/95 enthält keinen Hinweis, dass mit der Formulierung "Verpflichtungen aus diesem Artikel" lediglich persönliche Handlungsverpflichtungen aus Art. 3 Abs. 2 oder 4 VO Nr. 1484/95 gemeint sein sollen. Vielmehr bezieht sich Art. 3 Abs. 5 VO Nr. 1484/95 klar und eindeutig auf sämtliche Verpflichtungen aus Art. 3. Hierzu gehört auch die Verpflichtung des Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 1484/95, den (zutreffenden) cif-Einfuhrpreis heranzuziehen. Diese Verpflichtung hat die Klägerin nicht erfüllt.
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Diese Auslegung wird insbesondere durch die französische und die englische Sprachfassung des Art. 3 Abs. 5 VO Nr. 1484/95 bestätigt. Dort werden statt der Formulierung "Verpflichtungen aus diesem Artikel" die allgemeineren Formulierungen "conditions du présent article" bzw. "requirements of the Article" genutzt.
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Schließlich ergeben sich aus Art. 3 Abs. 5 VO Nr. 1484/95 keine Anhaltspunkte, dass im Fall der Nacherhebung eines Zusatzzolls gemäß Art. 220 ZK Zinsen nur unter bestimmten weiteren Voraussetzungen erhoben werden dürfen. Vielmehr ist die Zinsregelung in Art. 3 Abs. 5 VO Nr. 1484/95 so formuliert, dass der gemäß Art. 220 ZK einzuziehende Zollbetrag immer zuzüglich Zinsen festzusetzen ist.
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3. Der Senat hält diese Auslegung des einschlägigen Unionsrechts für eindeutig. Demnach besteht kein Anlass zur Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 283/81 -C.I.L.F.I.T.-, Slg. 1982, 3415).
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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Referenzen
- VII R 1/13 1x (nicht zugeordnet)