Beschluss vom Bundesfinanzhof (1. Senat) - I R 12/13

Tatbestand

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I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, war im Streitjahr 2009 an einer anderen GmbH, der A Holding GmbH (A-GmbH), beteiligt, und zwar mit 10 v.H. des Stammkapitals von 30.000 €. Weitere Gesellschafterinnen waren die B-GmbH mit 70 v.H. und die C-GmbH mit 20 v.H. der Anteile. Die von der C-GmbH gehaltenen Anteile wurden durch Mehrheitsbeschluss vom 8. Mai 2008 der Klägerin und der B-GmbH eingezogen. Die Klägerin und die B-GmbH beschlossen sodann, dass anstelle des eingezogenen Geschäftsanteils der C-GmbH ein neuer Geschäftsanteil in Höhe von 6.000 € geschaffen werde, der der A-GmbH als eigener Anteil zustehen sollte. Die mit diesen eigenen Anteilen verbundenen Gewinnbezugsrechte der Klägerin und der B-GmbH wurden entsprechend deren Beteiligungsverhältnissen "zugeschrieben", so dass die B-GmbH nunmehr 87,5 v.H. und die Klägerin 12,5 v.H. der Anteile hielt. Außerdem wurde der Gesellschaftsvertrag der Holding dahingehend geändert, dass in der Gesellschafterversammlung Beschlüsse nur noch mit einer Mehrheit von 100 v.H. der abgegebenen Stimmen gefasst werden konnten.

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Schon zu diesem Zeitpunkt war abzusehen, dass die C-GmbH gerichtlich gegen die Einziehung ihrer Geschäftsanteile vorgehen würde, was in der Folge auch geschah. Die Streitigkeiten sind später im Wege eines am 24. September 2009 geschlossenen Vergleichs beigelegt worden. Vor dem Hintergrund der zu erwartenden gerichtlichen Auseinandersetzungen hatten die B-GmbH und die Klägerin bereits am 4. Juni 2008 schriftlich niedergelegt, dass "zwischen" diesen Gesellschaften diverse "Gesellschafterbeschlüsse und schuldrechtliche Vereinbarungen" getroffen würden. Danach verständigte man sich bezüglich der Gewinnverteilung zugunsten der B-GmbH auf 80 v.H. und der Klägerin von 20 v.H. Diese Vomhundertsätze basierten auf einer je hälftigen Gewinnverteilung hinsichtlich der eigenen Anteile und im Übrigen einer Gewinnverteilung von 87,5 v.H. zu 12,5 v.H.

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Im Streitjahr gründeten die Klägerin und die B-GmbH sodann die D-GmbH, an welcher die Klägerin ebenfalls zu 20 v.H. und die B-GmbH zu 80 v.H. beteiligt waren und auf die die Beteiligung der A-GmbH an der E-GmbH übertragen wurde.

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Die Klägerin erhielt von der A-GmbH im Streitjahr eine Dividendenausschüttung, die der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) bei der Errechnung des Gewerbeertrages nach § 8b Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002) i.V.m. § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 2009), gekürzt um 5 v.H. gemäß § 8b Abs. 5 KStG 2002, zunächst außer Ansatz ließ, sodann aber dem Gewinn in Höhe von 95 v.H. nach Maßgabe von § 8 Nr. 5 GewStG 2009 wieder hinzurechnete. Die Voraussetzungen des sog. gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegs und damit die Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG 2009 sah er nicht als erfüllt an.

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Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos. Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht (FG) wies sie mit Urteil vom 31. Januar 2013  1 K 82/11 ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 538 abgedruckt.

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Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und den angefochtenen Steuerbescheid dahin abzuändern, dass bei der Ermittlung des Gewerbeertrages eine Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 5 GewStG 2009 in Höhe von 811.300 € nicht vorgenommen und der Gewerbesteuermessbetrag entsprechend niedriger festgesetzt wird.

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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Der Senat entscheidet gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluss. Er hält die Revision einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind vorher darüber unterrichtet worden; sie hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Vorinstanz hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin das sog. gewerbesteuerrechtliche Schachtelprivileg nach § 9 Nr. 2a GewStG 2009 nicht zu gewähren ist.

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1. Nach § 7 Satz 1 GewStG 2009 ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG 2009 bezeichneten Beträge. Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet werden nach § 8 Nr. 5 GewStG 2009 (u.a.) die nach § 8b Abs. 1 KStG 2002 außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) und die diesen gleichgestellten Bezüge und erhaltenen Leistungen aus Anteilen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes, soweit sie nicht die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG 2009 erfüllen, nach Abzug der mit diesen Einnahmen, Bezügen und erhaltenen Leistungen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben, soweit diese nach § 8b Abs. 5 KStG 2002 unberücksichtigt bleiben. Nach dem im Streitfall einschlägigen § 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG 2009 wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen u.a. gekürzt um die Gewinne aus Anteilen (u.a.) an einer nicht steuerbefreiten Kapitalgesellschaft i.S. des § 2 Abs. 2 GewStG 2009, wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens 15 v.H. des Grund- oder Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns (§ 7 GewStG 2009) angesetzt worden sind.

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2. Der letzteren Voraussetzung --dem Erfordernis, dass die betreffenden Gewinnanteile bei der Gewinnermittlung angesetzt worden sind--, ist genügt. Zwar könnte der Gesetzestext so verstanden werden, dass § 8 Nr. 5 GewStG 2009 einerseits und § 9 Nr. 2a GewStG 2009 andererseits sich streng genommen ausschließen. Denn einerseits steht die Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 5 GewStG 2009 unter dem Vorbehalt der Kürzungsvoraussetzungen gemäß § 9 Nr. 2a GewStG 2009, andererseits verlangen beide Vorschriften, dass die entsprechenden Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns überhaupt angesetzt worden sind. Daran fehlt es aber, wenn die Gewinnanteile infolge der Freistellung nach § 8b Abs. 1 KStG 2002 außerbilanziell in Abzug gebracht wurden. Das Schachtelprivileg könnte deswegen im Ergebnis leerlaufen (s. Prinz/Simon, Deutsches Steuerrecht 2002, 149). Eine derartige Lesart des Gesetzestextes wird den Normzusammenhängen aber nicht gerecht. Vielmehr ist § 8 Nr. 5 GewStG 2009 insoweit als Sonderregelung aufzufassen, die abstrakt auf die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a GewStG 2009 abstellt; das Ansatzerfordernis in § 9 Nr. 2a Satz 1 letzter Satzteil GewStG 2009 ist bei diesem Verständnis verzichtbar. Das alles hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 9. November 2011 I B 62/11 (BFH/NV 2012, 449; s. auch Blümich/ Gosch, § 9 GewStG Rz 294; Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8b Rz 75) zum Ausdruck gebracht und darauf ist deswegen zu verweisen.

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3. Gegenstand des Rechtsstreits ist vor diesem Regelungshintergrund die für den gesetzlichen Tatbestand der Kürzung nach § 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG 2009 erhebliche Frage, ob die Klägerin mit ihrer Beteiligung das stichtagsbezogene Beteiligungserfordernis --Beteiligung von mindestens 15 v.H. des Grund- oder Stammkapitals zu Beginn des Erhebungszeitraums-- erfüllt. Nur dann, wenn ein Grund- oder Stammkapital nicht vorhanden ist, tritt an dessen Stelle nach § 9 Nr. 2a Satz 2 GewStG 2009 das Vermögen oder --bei Erwerbs- oder Wirtschaftsgenossenschaften-- die Summe der Geschäftsguthaben. Ansonsten belässt die Regelung keine Ausnahmen. Insbesondere eine Gewinnbeteiligung oder auch eine Stimmrechtsmehrheit genügt den tatbestandlichen Anforderungen nicht. Die besagten Ausnahmen sind im Streitfall nicht einschlägig und an einer entsprechenden Kapitalbeteiligung mangelt es bei der Klägerin. Dieser Mangel lässt sich in Anbetracht des eindeutigen und unmissverständlichen Tatbestandes von § 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG 2009 nicht im Auslegungswege beseitigen. Den vom FG angestellten Erwägungen ist nichts Weiteres hinzuzufügen.

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4. Gleiches gilt im Ergebnis für die Einwände, welche die Klägerin gegen die durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912, BStBl I 2007, 630) von zuvor 10 v.H. auf 15 v.H. angehobene Mindestbeteiligungsquote geltend macht. Es ist richtig, dass dieser Anhebung nach Lage der Dinge zuvörderst fiskalische und haushalterische Erwägungen zugrunde gelegen haben mögen (s. BTDrucks 16/5491, S 23 f.). Doch ist nicht erkennbar, dass solche Erwägungen den Gesetzgeber daran hindern könnten, wie geschehen zu verfahren. Verfassungsrechtliche Grundsätze tun das nicht. Auch insofern genügt es, auf das Urteil der Vorinstanz zu verweisen.

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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