Beschluss vom Bundesfinanzhof (10. Senat) - X B 159/13

Gründe

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Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist teils unzulässig, teils unbegründet, so dass sie insgesamt als unbegründet zurückzuweisen ist.

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1. Macht der Beschwerdeführer geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), so muss er zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen. Dafür ist es erforderlich, dass er die entscheidungserhebliche Rechtsfrage hinreichend konkretisiert; nicht ausreichend ist eine Fragestellung, deren Beantwortung von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Des Weiteren muss in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen dargetan werden, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Dazu muss dargelegt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 5. Dezember 2013 X B 262/12, BFH/NV 2014, 485).

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Diesen Anforderungen werden die Ausführungen der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nicht gerecht.

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a) Soweit die Kläger im Rahmen ihrer abstrakt formulierten Rechtsfrage problematisieren, ob eine von den vertraglichen Vereinbarungen abweichende Kaufpreisaufteilung auch dann in Betracht zu ziehen sei, wenn der Kaufpreis den vertraglichen Vereinbarungen folgend mehreren Veräußerern getrennt voneinander zugeflossen sei, scheint es schon fraglich, ob hiermit eine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Problematik angesprochen wird. Jedenfalls reicht es nicht aus, wenn die Kläger allein darauf abstellen, diese Frage habe deshalb grundsätzliche Bedeutung, weil die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sich bislang hiermit nicht auseinandergesetzt habe. Insoweit fehlt es bereits an der Darstellung, inwieweit diese Frage umstritten ist. Allein der Vortrag, eine bestimmte Rechtsfrage sei vom BFH noch nicht entschieden, entspricht den Begründungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht (so bereits BFH-Beschlüsse vom 20. April 2000 V B 156/99, BFH/NV 2000, 1347, und vom 23. Januar 2001 V B 129/00, BFH/NV 2001, 940; vgl. auch BFH-Beschluss vom 12. Mai 2010 IV B 19/09, BFH/NV 2010, 1480). Vielmehr ist erforderlich, dass ihre Beantwortung zu Zweifeln Anlass gibt (BFH-Beschluss vom 30. Mai 2007 V B 104/05, BFH/NV 2007, 1724, m.w.N.).

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Diese Zweifel ergeben sich auch nicht deshalb, weil im vorliegenden Fall auf der Veräußererseite zwei Personen beteiligt waren und nicht wie in den von den Klägern aufgezeigten Entscheidungen aus der Rechtsprechung des BFH nur eine Vertragspartei beteiligt ist. Unabhängig von der Anzahl der auf der jeweiligen Vertragsseite beteiligten Personen können die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Korrektur der vertraglich vereinbarten Kaufpreisaufteilung angewandt werden. Voraussetzung für eine solche Abweichung vom vertraglich Gewollten ist nämlich nach der Senatsrechtsprechung, auf die sich das Finanzgericht (FG) unter Nr. 3 auf S. 16 seines Urteils auch ausdrücklich beruft, der Fall, dass Bedenken gegen die wirtschaftliche Richtigkeit der im Vertrag vorgesehenen Aufteilung bestehen. Diese ist dann in Betracht zu ziehen, wenn die Aufteilung nicht ernstlich gewollt ist und deswegen den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht entspricht, weil in erster Linie Gründe der Steuerersparnis für sie maßgebend waren (so Senatsurteil vom 28. Oktober 1998 X R 96/96, BFHE 187, 450, BStBl II 1999, 217). Zumindest eine der Vertragsparteien hat in diesem Fall ein besonderes Interesse an einer bestimmten Aufteilung (Senatsurteil vom 6. Dezember 2006 X R 13/04, nicht veröffentlicht --n.v.--). In solchen Fällen ist es erforderlich, die Aufteilung der Gesamtgegenleistung nach dem wirtschaftlichen Gehalt der erbrachten Leistungen vorzunehmen und auf diese Weise den Wertfluss dem "wahren Rechtsgrund" zuzuordnen (näher dazu Senatsurteil vom 16. September 2004 X R 19/03, BFHE 207, 528, BStBl II 2006, 238, unter II.2.a).

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Diese Rechtsprechungsgrundsätze wendet das FG im angefochtenen Urteil an, wenn es --sehr ausführlich begründend-- eine Aufteilung anhand der Verkehrs- bzw. Teilwerte des Grundstücks des Klägers und des Unternehmens der Klägerin vornimmt.

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Die Kläger verkennen, dass das FG insoweit nicht auf die Zahlung des Kaufpreises, sondern auf das Fehlen gegenseitiger Interessen der Vertragsparteien und das Bestreben nach Steuervermeidung abstellt. Eine Entscheidungserheblichkeit der von den Klägern aufgeworfenen Frage nach der Relevanz des Zuflusses bei mehreren Veräußerern ergibt sich deshalb nicht.

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b) Auch die weitere von den Klägern formulierte Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen eine von den vertraglichen Vereinbarungen abweichende Aufteilung des Gesamtkaufpreises für steuerliche Zwecke in Betracht komme, kann nicht zur Zulassung der Revision führen.

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Aufgrund der oben dargestellten Senatsrechtsprechung (siehe 1.a), ergänzt durch die von den Klägern in ihrer Beschwerdebegründung aufgeführten weiteren BFH-Entscheidungen, ist hinreichend geklärt, unter welchen Voraussetzungen eine von den vertraglichen Vereinbarungen abweichende Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für steuerliche Zwecke in Betracht kommt. Für eine darüber hinausgehende Klärungsbedürftigkeit gibt der Streitfall keinen Anlass. Diese legen die Kläger in ihrer Beschwerdebegründung auch nicht dar, da sie keine neuen und vom BFH noch nicht geprüften Argumente aus der Rechtsprechung und/oder der Literatur gegen diese Rechtsauffassung des BFH vorbringen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 33 und 38). Vielmehr erschöpft sich der klägerische Vortrag in der Kritik, das FG habe rechtsfehlerhaft die verschiedenen Aspekte vermischt und insbesondere keine Feststellungen dazu getroffen, dass ein Scheingeschäft vorliege. Eine Begründung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache über den konkreten Einzelfall erfolgt hierdurch nicht.

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2. Eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO setzt voraus, dass über bisher ungeklärte Rechtsfragen "zur Fortbildung des Rechts" zu entscheiden ist. Dieser Zulassungsgrund konkretisiert den der Nr. 1 (BFH-Beschluss vom 10. November 2010 VIII B 159/09, BFH/NV 2011, 300). Es gelten insoweit die zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO höchstrichterlich entwickelten strengen Darlegungsanforderungen (Senatsbeschluss vom 22. März 2011 X B 165/10, BFH/NV 2011, 985). Ein diesen Vorgaben genügendes Vorbringen des Klägers fehlt.

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3. Auch eine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO, welche die Kläger vorsorglich hinsichtlich der Annahmen des FG zum Scheingeschäft anstreben, ist nicht geboten.

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Zwar ist die Revision auch zuzulassen, wenn ein Rechtsfehler des FG zu einer "greifbar gesetzwidrigen" Entscheidung geführt hat. Eine greifbare Gesetzwidrigkeit liegt vor, wenn die angefochtene Entscheidung objektiv willkürlich erscheint, auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (vgl. BFH-Beschluss vom 1. September 2008 IV B 4/08, BFH/NV 2009, 35). Unterhalb dieser Grenze liegende erhebliche Rechtsfehler reichen nicht aus, um die Revision zuzulassen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss vom 2. März 2011 IX B 144/10, BFH/NV 2011, 1367, m.w.N.). Anhaltspunkte für eine derart gesetzwidrige Entscheidung sind im Streitfall entgegen der Ansicht der Kläger nicht erkennbar. Insbesondere hat das FG in seiner Entscheidung rechtsfehlerfrei die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage der Abweichung von der vertraglich getroffenen Kaufpreisaufteilung --auch in Bezug auf das Vorliegen von Scheinvereinbarungen-- angewandt. Zu Recht ist das FG unter I.2.a seiner Entscheidungsgründe davon ausgegangen, aufgrund der fehlenden vernünftigen wirtschaftlichen Gründe für den Ansatz der von den Klägern mit dem Erwerber vereinbarten Veräußerungspreise diese Verträge so zu würdigen, dass ein eigentlich dahinter liegendes Rechtsgeschäft in Form einer einheitlichen Veräußerung des Unternehmens mit dem Grundstück zum Gesamtkaufpreis von … DM vorliegt. Im Weiteren führt es die einzelnen Anhaltspunkte (Abhängigkeit der einzelnen Verträge zueinander aufgrund zivilrechtlicher Bedingung, fehlende wirtschaftliche Gründe für das Vorliegen getrennter Verträge, Interessenlage der Beteiligten) auf und stellt dar, wie es zu dieser Wertung kommt. Damit macht das FG gleichzeitig deutlich, dass Anhaltspunkte dafür vorliegen, die Kaufpreise in den Einzelverträgen seien nur zum Schein vereinbart worden (was den Ausführungen im BFH-Urteil vom 18. Januar 2006 IX R 34/05, BFH/NV 2006, 1634, und im BFH-Beschluss vom 10. Mai 2006 IX B 51/05, n.v. entspricht) und aufgrund dieser Scheinvereinbarungen sei nicht von der Kaufpreisaufteilung der Vertragsparteien auszugehen (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Dezember 2008 IX B 149/08, BFH/NV 2009, 365).

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4. Im Kern wenden sich die Kläger gegen die --ihrer Meinung nach fehlerhafte-- Würdigung des FG. Ein solcher materiell-rechtlicher Fehler (vgl. insoweit die ständige BFH-Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 15. Februar 2012 IV B 126/10, BFH/NV 2012, 774, m.w.N.), läge er denn vor, vermag die Revisionszulassung grundsätzlich nicht zu rechtfertigen (vgl. BFH-Beschluss vom 8. Mai 2014 X B 105/13, BFH/NV 2014, 1213, m.w.N.).

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5. Die vom Kläger behaupteten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

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a) Zu Unrecht machen die Kläger geltend, das FG habe den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO und § 76 Abs. 2 FGO), weil es auf ihre schriftlichen Ausführungen zur Wirksamkeit der zivilrechtlichen Vereinbarungen nicht eingegangen sei und stattdessen --ohne weiterführende Hinweise zu geben-- Beweisbeschlüsse erlassen habe, mit denen die Werte des Grundstücks und des Altenheims sachverständlich ermittelt werden sollten. Weder liegt deshalb eine Überraschungsentscheidung vor noch bestand eine weiter gehende Hinweispflicht des FG. Vielmehr hat sich das FG sogar in seinen Entscheidungsgründen unter IV. mit dem wesentlichen Tatsachenvortrag der Kläger insoweit auseinandergesetzt.

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aa) Eine Überraschungsentscheidung kann zwar vorliegen, wenn das FG sein Urteil auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht rechnen musste (BFH-Beschluss vom 13. Juli 2012 IX B 3/12, BFH/NV 2012, 1635). Einer umfassenden Erörterung der für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte bedarf es dabei aber nicht (so schon BFH-Beschluss vom 25. Mai 2000 VI B 100/00, BFH/NV 2000, 1235). Auch obliegt dem FG keine allgemeine Hinweispflicht in dem Sinne, dass es seine mögliche Beurteilung irgendwie andeuten müsse (BFH-Beschluss vom 5. Februar 2014 III B 108/13, BFH/NV 2014, 706).

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Im vorliegenden Fall scheidet eine solche Überraschungsentscheidung schon deshalb aus, weil die Kläger unmittelbar nach der vertagten mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2010 ihre Ansicht, hinsichtlich der Kaufpreise liege eine Scheinvereinbarung nicht vor, im Schriftsatz vom 9. Juli 2010 dargelegt haben.

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bb) Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verpflichtet das FG auch nicht, den Beteiligten die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte anzudeuten und sie mit den Beteiligten umfassend zu erörtern (BFH-Beschluss vom 12. Juli 2012 I B 131/11, BFH/NV 2012, 1815). Das Gesagte gilt erst recht im Verhältnis zu einem Beteiligten, der wie im Streitfall die Kläger rechtskundig beraten ist (vgl. Senatsbeschluss vom 6. März 2013 X B 139/12, BFH/NV 2013, 978, m.w.N.).

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Folglich ist darin, dass das FG weiter gehende Hinweise zum Hintergrund der Beweiserhebung wie zum Vorliegen von Scheinvereinbarungen unterlassen hat, keine Verletzung der richterlichen Hinweispflicht nach § 76 Abs. 2 FGO zu sehen. Liegt die rechtliche Bedeutung bestimmter Tatsachen und die sich daraus ergebende Notwendigkeit, diese Tatsachen bei Gericht vorzubringen und zu substantiieren, zur Erreichung des Prozessziels auf der Hand, so stellt ein unterlassener Hinweis jedenfalls dann keine gegen § 76 Abs. 2 FGO verstoßende Pflichtverletzung dar, wenn der Kläger steuerlich beraten und im Prozess entsprechend vertreten wird (Senatsbeschluss vom 17. März 2010 X B 120/09, BFH/NV 2010, 1240, und BFH-Beschluss vom 19. März 2001 VII B 231/00, BFH/NV 2001, 1012, m.w.N.).

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Vorliegend hat das FG darüber hinaus den wesentlichen Tatsachenvortrag der Kläger nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern im Zusammenhang mit der Rüge der Kläger in seiner Entscheidung unter IV. dargestellt.

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b) Schließlich liegt auch kein Verfahrensmangel vor, würde man den Vortrag der Kläger, das FG habe in seinem Urteil zwar die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Scheingeschäfts bejaht, die entsprechenden Feststellungen aber nicht getroffen, so verstehen, dass die Kläger der Ansicht seien, das Urteil sei nicht mit Gründen versehen worden.

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Ein Urteil kann i.S. von § 119 Nr. 6 FGO dann (ganz oder teilweise) nicht mit Gründen versehen sein, wenn das Urteil zwar eine Begründung enthält, die Ausführungen aber derart unverständlich und verworren sind, dass für die Verfahrensbeteiligten nicht mehr erkennbar ist, welche Überlegungen für die Entscheidung maßgeblich waren. Eine lediglich lückenhafte Begründung ist hingegen kein Mangel i.S. von § 119 Nr. 6 FGO (Senatsbeschluss vom 8. April 2014 X B 70/13, BFH/NV 2014, 1043). Selbst wenn Feststellungen zu den Voraussetzungen fehlten, läge deshalb kein Verstoß gegen § 119 Nr. 6 FGO vor.

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6. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 2 FGO.

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7. Von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

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