Urteil vom Bundesfinanzhof (8. Senat) - VIII R 16/12
Tenor
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Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 20. Oktober 2010 9 K 2830/10 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
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I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute.
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Der Kläger schloss am 17. August 1995 einen Lebensversicherungsvertrag mit einer Lebensversicherungsgesellschaft und belieh den Versicherungsvertrag durch Bankdarlehen in Höhe von 380.000 DM. Die Verwendung des Darlehens erfolgte nach Angaben der Kläger zum Neubau eines Doppelhauses. Daneben bestand ein zweites Darlehen über einen Betrag von 200.000 DM (102.488 €).
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Mit Anzeige vom 11. Juli 1996 setzte die Lebensversicherung den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) nach § 29 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung davon in Kenntnis, dass die Lebensversicherung am 18. August 1995 in Höhe von 380.000 DM beliehen worden sei. Nach Angabe der Kläger seien die Darlehensgelder zur ausschließlichen Finanzierung der Herstellungskosten für den Neubau eines Doppelhauses aufgenommen worden, das langfristig zur Erzielung von Mieteinnahmen genutzt werden solle. Das Darlehen sei unmittelbar zur Zahlung der Herstellungskosten verwendet worden.
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Die gesamten Herstellungskosten für das Bauobjekt betrugen 720.590 DM (368.432 €). Eine Doppelhaushälfte wurde 1995 fertig gestellt, die andere 1996. Beide Doppelhaushälften waren fremdvermietet.
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Mit Bescheid vom 24. August 1998 stellte das FA fest, dass die außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in der Versicherung enthaltenen Sparanteilen wegen der gemeldeten Verwendung nicht einkommensteuerpflichtig seien.
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Mit Notarvertrag vom 18. Oktober 2006 veräußerten die Kläger eine der beiden Doppelhaushälften und erzielten einen Erlös von 260.000 €. Damit tilgten sie das zum Zeitpunkt der Rückzahlung am 27. November 2006 noch in Höhe von 102.488,03 € valutierende, nicht beliehene zweite Darlehen.
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Hinsichtlich des beliehenen Darlehens --mit einem Schuldenstand zum 1. Januar 2006 von 204.516,75 €-- nahmen sie eine Sondertilgung in Höhe von 47.258,38 € vor, so dass das beliehene Restdarlehen nach einer weiteren Sondertilgung in Höhe von 483,24 € am 30. Dezember 2006 noch mit 156.775,13 € valutierte.
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Die Differenz zwischen Verkaufserlös und Tilgung in Höhe von 110.000 € verwendeten die Kläger nach eigenen Angaben zum Teil privat, zum Teil zur Wiederanlage. Die Zinsen versteuerten sie nach eigener Darstellung ordnungsgemäß.
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Im Rahmen eines Einspruchs der Kläger gegen die Einkommensteuerbescheide für 2005 und 2006 prüfte das FA die Steuerpflicht der Zinsen erneut und änderte den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen vom 24. August 1998 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) mit Feststellungsbescheid vom 17. April 2008. Die Zinsen aus den in den Lebensversicherungsbeiträgen enthaltenen Sparanteilen seien der Einkommensteuer zu unterwerfen, da im Zusammenhang mit der Veräußerung einer der beiden Doppelhaushälften und der Verwendung des erhaltenen Kaufpreises eine teilweise steuerschädliche Verwendung der Lebensversicherung vorliege.
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Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab.
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Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) das FG-Urteil auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger aufgehoben und das Verfahren an das FG zurückverwiesen hatte, wies das FG die Klage auch im zweiten Rechtsgang mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 522 veröffentlichten Urteil vom 20. Oktober 2010 9 K 2830/10 als unbegründet ab.
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Mit der Revision tragen die Kläger vor, zu Unrecht gehe das FG davon aus, dass zum einen der Ausnahmetatbestand des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) seit 2006 nur noch teilweise erfüllt, und zum anderen der Ausnahmetatbestand des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG nicht gegeben sei.
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Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil der Vorinstanz sowie den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen vom 17. April 2008 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 11. September 2008 aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und deshalb nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.
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Zu Recht hat das FG die Auffassung des FA bestätigt, dass der Kläger das durch die Lebensversicherung besicherte Darlehen steuerschädlich verwendet hat, soweit es auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten der veräußerten Doppelhaushälfte entfiel und soweit dieser Teil der Darlehenssumme nicht unter Einsatz des Veräußerungserlöses getilgt wurde. Dies führt zur Steuerbarkeit der Zinsen aus den in den Lebensversicherungsbeiträgen enthaltenen Sparanteilen.
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1. Nach § 179 Abs. 1 und § 180 Abs. 2 AO i.V.m. § 9 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung i.d.F. der Zweiten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung vom 16. Dezember 1994 (BGBl I 1994, 3834, BStBl I 1995, 3) stellt das für die Einkommensbesteuerung des Versicherungsnehmers zuständige Finanzamt die Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen enthaltenen Sparanteilen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) gesondert fest, wenn für die Beiträge zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht erfüllt sind.
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Nicht steuerpflichtig sind diese Zinsen allerdings nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG, wenn sie aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG herrühren, die mit (als Sonderausgaben abziehbaren) Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden.
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Für diesen Fall sieht § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 1992 vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992, 297, BStBl I 1992, 146) --nachfolgend bis zum 31. Dezember 2004: § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 EStG-- die Steuerbefreiung vor, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a oder b EStG erfüllt sind oder soweit bei Versicherungsverträgen Zinsen in Veranlagungszeiträumen gutgeschrieben werden, in denen Beiträge nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG abgezogen werden können.
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Wird eine Lebensversicherung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG --wie im Streitfall-- zur Sicherung eines Darlehens eingesetzt, kommt diese Steuerfreiheit allerdings nur in Betracht, wenn das Darlehen selbst "unmittelbar und ausschließlich" der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines (zur Einkünfteerzielung bestimmten) Wirtschaftsgutes dient (vgl. BFH-Urteile vom 23. November 2004 IX R 2/04, BFH/NV 2005, 694; vom 1. März 2005 IX R 58/03, BFHE 209, 299, BStBl II 2005, 597; vom 7. Juli 2005 IX R 20/04, BFH/NV 2006, 264).
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2. Diese Voraussetzung ist im Streitfall schon deshalb nicht erfüllt, weil mit dem Darlehen über 380.000 DM Aufwendungen finanziert wurden, die nicht zur Gänze zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts gehören und weil der anderweitig verwendete Teil der finanzierten Aufwendungen über die Bagatellgrenze von 2.556 € nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG hinausgeht.
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Bei dieser Ausgangslage ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich eine Aufteilung in einen steuerschädlichen und einen steuerunschädlichen Teil des Darlehens ausgeschlossen (BFH-Urteile vom 7. November 2006 VIII R 1/06, BFHE 215, 486, BStBl II 2010, 18; vom 24. November 2009 VIII R 29/07, BFHE 228, 36, BStBl II 2011, 251; vom 12. Oktober 2011 VIII R 49/09, BFHE 235, 419, BStBl II 2014, 156; BFH-Beschluss vom 23. April 2010 VIII B 48/08, BFH/NV 2010, 1439; vgl. dazu auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 15. Juni 2000 IV C 4 -S 2221- 86/00, BStBl I 2000, 1118).
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a) Für die Frage, ob ein Darlehen ganz oder teilweise für Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts --wie hier von zwei Doppelhaushälften-- verwendet worden ist, kommt es nach ständiger Rechtsprechung auf die tatsächliche Verwendung der Darlehensmittel an (vgl. BFH-Urteile in BFHE 228, 36, BStBl II 2011, 251; vom 9. Februar 2010 VIII R 21/07, BFHE 229, 108, BStBl II 2011, 257).
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b) Zu Recht hat das FG in der tatsächlichen Verwendung der Darlehensmittel durch den Kläger nicht die erforderliche "ausschließliche" Verwendung der Darlehensmittel für die Anschaffungs- und Herstellungskosten der beiden Doppelhaushälften gesehen.
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aa) Die nach § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindende tatsächliche und auch von den Klägern bestätigte Feststellung des FG, dass die aufgenommenen Darlehen schon nach den Beleihungsrichtlinien der Bank auf die beiden Doppelhaushälften aufzuteilen waren und dementsprechend aufgeteilt wurden, rechtfertigt seine Würdigung, dass für die Frage der gebotenen "ausschließlichen" Verwendung der Darlehensmittel auf die Verwendung hinsichtlich jedes der beiden Objekte abzustellen ist.
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bb) Für das Darlehen in Höhe von 380.000 DM folgt daraus, dass es in Höhe des auf die veräußerte Doppelhaushälfte entfallenden Anteils nicht ausschließlich für die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudes verwandt wurde.
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Zwar wurden diese Darlehensmittel zunächst für die Anschaffungs- und Herstellungskosten der Doppelhaushälfte verwandt.
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Dieser Verwendungszweck hat sich jedoch dadurch geändert, dass der Kläger den Erlös aus der Veräußerung dieses Objekts in Höhe von 260.000 € unter Tilgung des noch in Höhe von 102.488,03 € valutierenden nicht beliehenen zweiten Darlehens
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nur für Sondertilgungen des durch die Lebensversicherung abgedeckten Darlehens in Höhe von 47.258,38 € sowie von weiteren 483,24 € mit der Folge verwandt hat, dass dieses Darlehen am 30. Dezember 2006 noch mit 156.775,13 € valutierte und
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er die Differenz zwischen Verkaufserlös und Tilgungsleistungen schon nach eigenen Angaben zu nicht bauwerksbezogenen Zwecken verwandt hat.
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Selbst wenn man zugunsten der Kläger davon ausgeht, dass die vom Kläger am 21. November 2006 zu einem Preis von 15.000 € erworbenen Anteile an einem geschlossenen Fonds als unschädlicher Erwerb eines Ersatzwirtschaftsguts i.S. der Rz 51 des BMF-Schreibens in BStBl I 2000, 1118 angesehen werden könnten, kann dies angesichts des nicht unbeachtlichen hohen Anteils an nicht bauwerksbezogenen Verwendungen des Darlehens nach Veräußerung der Doppelhaushälfte nicht die Feststellung rechtfertigen, das Darlehen habe nach der Veräußerung unverändert "ausschließlich" den Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts gedient.
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Denn wenn das Darlehen zu anderen Zwecken als der ursprünglichen Nutzung zur Finanzierung von Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts verwendet wird, insbesondere wenn nach der Veräußerung des angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsguts der Verkaufserlös statt einer möglichen Tilgung des Darlehens in andere Anlageprodukte reinvestiert wird, so verletzt dies --ebenso wie die von den Klägern eingeräumte Verwendung zu privaten Zwecken-- das Gebot der Ausschließlichkeit (vgl. BFH-Urteil vom 12. Oktober 2011 VIII R 30/09, BFHE 235, 412, BStBl II 2014, 153).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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Referenzen
- 2005 IX R 20/04 1x (nicht zugeordnet)
- 2011 VIII R 49/09 1x (nicht zugeordnet)
- 9 K 2830/10 1x (nicht zugeordnet)
- 2009 VIII R 29/07 1x (nicht zugeordnet)
- 9 K 2830/10 1x (nicht zugeordnet)
- 2010 VIII R 21/07 1x (nicht zugeordnet)
- 2004 IX R 2/04 1x (nicht zugeordnet)
- 2010 VIII B 48/08 1x (nicht zugeordnet)
- 2006 VIII R 1/06 1x (nicht zugeordnet)
- 2011 VIII R 30/09 1x (nicht zugeordnet)
- 2005 IX R 58/03 1x (nicht zugeordnet)