Beschluss vom Bundesfinanzhof (2. Senat) - II B 126/14
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision im Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 1. Oktober 2014 7 K 1520/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Gründe
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision liegen, soweit sie überhaupt in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügenden Weise dargelegt wurden, nicht vor.
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1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder wegen der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) zuzulassen.
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a) Eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung setzt voraus, dass eine klärungsbedürftige und im Streitfall klärbare Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts betrifft. An einer Rechtsfrage von allgemeinem Interesse fehlt es, wenn sich die Bedeutung in der Entscheidung des konkreten Streitfalls erschöpft (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 115 FGO Rz 92, m.w.N.). Diese Voraussetzungen gelten auch für die Revisionszulassung zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO), da es sich bei diesem Zulassungsgrund um einen speziellen Unterfall der Grundsatzrevision handelt.
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b) Die Frage, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe ein geltend gemachter Pflichtteilsanspruch beim Erben nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen ist, ist in Rechtsprechung und Literatur geklärt und bedarf keiner weiteren Entscheidung durch den BFH.
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aa) Als Erwerb von Todes wegen gilt gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG u.a. der Erwerb aufgrund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs (§§ 2303 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--). Die Steuer dafür entsteht nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG im Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs. Die Regelung soll ausschließen, dass bei dem Pflichtteilsberechtigten auch dann Erbschaftsteuer anfällt, wenn er seinen Anspruch zunächst oder dauerhaft nicht erhebt (BFH-Urteile vom 7. Oktober 1998 II R 52/96, BFHE 187, 50, BStBl II 1999, 23, und vom 19. Juli 2006 II R 1/05, BFHE 213, 122, BStBl II 2006, 718). Damit korrespondierend kann der Erbe gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 5 Nr. 2 ErbStG ebenfalls nur die Verbindlichkeiten aus geltend gemachten Pflichtteilen abziehen.
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bb) Die "Geltendmachung" des Pflichtteilsanspruchs besteht in dem ernstlichen Verlangen auf Erfüllung des Anspruchs gegenüber dem Erben. Der Berechtigte muss seinen Entschluss, die Erfüllung des Anspruchs zu verlangen, in geeigneter Weise bekunden, die Höhe des Anspruchs aber nicht beziffern (BFH-Urteil in BFHE 213, 122, BStBl II 2006, 718). Hat der Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteilsanspruch geltend gemacht und ist dadurch die Erbschaftsteuer entstanden, ist der Erwerb aus steuerrechtlicher Sicht vollendet.
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Gegenstand des Erwerbs ist der dem Pflichtteilsberechtigten gegen den Erben zustehende Geldanspruch, soweit ihn der Pflichtteilsberechtigte geltend gemacht hat. Hat der Pflichtteilsberechtigte lediglich einen Teil seines Anspruchs geltend gemacht, entsteht nur in dieser Höhe die Erbschaftsteuer bzw. kann der Erbe nur in dieser Höhe Nachlassverbindlichkeiten geltend machen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 213, 122, BStBl II 2006, 718; Wälzholz in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 4. Aufl., § 3 ErbStG Rz 152; Gottschalk in Troll/Gebel/ Jülicher, ErbStG, § 3 Rz 227; Geck in Kapp/Ebeling, § 3 ErbStG Rz 212, 213 und 213.2). Dasselbe gilt, wenn sich der Pflichtteilsberechtigte nach ernstlichem Streit über die Höhe seines Pflichtteils vergleichsweise mit weniger zufrieden gibt als er beansprucht hat und ihm zusteht; auch in diesem Fall kann er nur aus diesem niedrigeren Wert besteuert werden (BFH-Urteile vom 18. Juli 1973 II R 34/69, BFHE 110, 196, BStBl II 1973, 798, und in BFHE 213, 122, BStBl II 2006, 718).
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cc) Das Finanzgericht (FG) hat diese Grundsätze seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Nach dessen Feststellungen hat die Pflichtteilsberechtigte ihren Pflichtteilsanspruch nicht in vollem Umfang geltend gemacht, so dass er bei der Klägerin auch nur teilweise als Nachlassverbindlichkeit abziehbar ist. Dabei hat das FG die anwaltlichen Schreiben und die Vereinbarung vom 22. Juni 2010 ausgelegt und entsprechend gewürdigt. Bei der Auslegung von Willenserklärungen handelt es sich um tatsächliche Feststellungen, an die auch das Revisionsgericht gebunden ist (vgl. § 118 Abs. 2 FGO; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 24). Anhaltspunkte dafür, dass das FG gegen bestehende Grundsätze zur Auslegung von Willenserklärungen (vgl. §§ 133, 157 BGB) verstoßen hat, bestehen nicht.
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2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zuzulassen.
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a) Es kann dahinstehen, ob die Klägerin eine Divergenz in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise schlüssig dargelegt hat. Jedenfalls ist das FG nicht von den Rechtsgrundsätzen, die der von der Klägerin zitierten Entscheidung des BFH in BFHE 213, 122, BStBl II 2006, 718 zugrunde liegen, abgewichen, sondern hat diese Rechtsgrundsätze bei seiner eigenen Entscheidung berücksichtigt und auf den Streitfall angewendet. Der von der Klägerin der zitierten Entscheidung des BFH entnommene Rechtssatz, wonach für die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs eine Bezifferung nicht erforderlich sei, steht dazu nicht im Widerspruch. Danach ist der Pflichtteilsberechtigte zwar nicht verpflichtet, seinen Anspruch zu beziffern, er kann jedoch auch nur einen Teil seines Anspruchs geltend machen. Dazu hat der BFH in derselben Entscheidung ausgeführt, dass Gegenstand des Erwerbs der dem Berechtigten gegen den Erben zustehende Geldanspruch sei, soweit (!) ihn der Berechtigte geltend gemacht habe.
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b) Der Vortrag der Klägerin, die Vorentscheidung sei fehlerhaft und objektiv willkürlich, erfüllt ebenfalls nicht die Voraussetzungen für die Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO. Zwar ist die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch zuzulassen, wenn ein Rechtsfehler des FG zu einer "greifbar gesetzwidrigen", auf sachfremden Erwägungen beruhenden und unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbaren Entscheidung geführt hat. Unterhalb dieser Grenze liegende Rechtsfehler reichen --wenn sie denn überhaupt vorlägen-- nicht aus, um die Revision zuzulassen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 21. August 2014 X B 159/13, BFH/NV 2014, 1743, Rz 13, und vom 30. März 2015 VII B 117/14, BFH/NV 2015, 1014, Rz 10, m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass das FG greifbar gesetzwidrig angenommen hat, die Pflichtteilsberechtigte habe ihren Pflichtteilsanspruch nur in der berücksichtigten Höhe geltend gemacht, bestehen jedoch nicht. Die Entscheidung ist vielmehr das Ergebnis der Auslegung von Willenserklärungen und der Würdigung des Sachverhalts. Das gilt auch für die Feststellung, wonach die Pflichtteilsberechtigte 2004 den Pflichtteilsanspruch zunächst unbeschränkt und 2010 beschränkt auf 65.000 € geltend gemacht habe. Diese Feststellungen sind nicht widersprüchlich, denn die Pflichtteilsberechtigte ist --aufgrund der unzutreffenden Angaben der Klägerin-- jeweils von unterschiedlichen Nachlasswerten ausgegangen.
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3. Die Revision ist schließlich auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen. Insoweit hat die Klägerin die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise dargelegt.
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a) Die Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) macht Ausführungen dazu erforderlich, welche Beweise das FG von Amts wegen hätte erheben bzw. welche Tatsachen es hätte aufklären müssen, aus welchen Gründen sich ihm die Notwendigkeit einer Beweiserhebung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern die Beweiserhebung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 4. März 2015 X B 39/14, BFH/NV 2015, 805, Rz 31, m.w.N.).
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b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Klägerin hat nicht dargelegt, welche entscheidungserheblichen Tatsachen das FG hätte aufklären müssen und inwiefern die Beweiserhebung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können. Die Klägerin trägt vor, dass aus ihrer Sicht die festgestellten Tatsachen die Entscheidung nicht tragen. Damit rügt sie die Richtigkeit der Entscheidung, nicht jedoch die mangelnde Sachaufklärung.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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5. Die Entscheidung ergeht im Übrigen gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne Angabe weiterer Gründe, insbesondere ohne Darstellung des Tatbestands.
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Referenzen
- 7 K 1520/11 1x (nicht zugeordnet)
- 1998 II R 52/96 1x (nicht zugeordnet)
- 2014 X B 159/13 1x (nicht zugeordnet)
- 2006 II R 1/05 1x (nicht zugeordnet)
- 2015 X B 39/14 1x (nicht zugeordnet)
- 2015 VII B 117/14 1x (nicht zugeordnet)
- 1973 II R 34/69 1x (nicht zugeordnet)