Urteil vom Bundesfinanzhof (5. Senat) - V R 33/14

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 27. Juni 2013  5 K 2529/11 U wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

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I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erbringt im Rahmen von Postdienstleistungen Transport- und Sortierarbeiten.

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Auf Grund eines Vertrages mit der Deutschen Post AG (D) bündelt sie als sogenannter Postkonsolidierer Sendungen verschiedener Absender, erbringt für diese Sendungen bestimmte Leistungen der Briefbeförderungskette selbst und speist sie dann in die Beförderungskette der D ein. Hierfür werden ihr --gestaffelt nach dem Umfang der Einlieferungen-- Vergütungen gezahlt.

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Hinsichtlich der von ihr betreuten Absender unterscheidet die Klägerin zwischen Großkunden und Kleinkunden. Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Geschäfte mit den Großkunden ist unstrittig. Mit den Kleinkunden schloss die Klägerin Dienstleistungsverträge ab, in denen sie sich verpflichtete, innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens deren Eingangspost zuzustellen und die Ausgangspost abzuholen. Die Klägerin holte danach die Post (Standardbriefe) bei den Kunden ab, sortierte sie und lieferte sie in die Briefzentren der D zur weiteren Beförderung durch D ein. Außerdem lieferte sie die für die Kunden bestimmte Eingangspost bei diesen ab. Hierfür war jeweils ein Pauschalfestpreis von ca. 30 bis 50 € pro Woche vereinbart worden, dessen umsatzsteuerrechtliche Behandlung unstrittig ist. Die Kunden waren zudem verpflichtet, der Klägerin die Sendungen versandfertig und frankiert zu übergeben.

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Die D unterwarf alle bei ihr von der Klägerin eingelieferten Postsendungen der Umsatzbesteuerung und behandelte die auf Grund der Frankierung bereits bezahlten Porti als (Netto-)Entgelte, auf die sie 19 % Umsatzsteuer berechnete. Für die Rückvergütungen an die Klägerin erteilte sie dieser gegenüber Gutschriften mit Umsatzsteuerausweis. Die Klägerin gab die Rückvergütungen nicht an ihre Kleinkunden weiter und behandelte sie als umsatzsteuerpflichtiges Entgelt.

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Die Klägerin unterhielt auch Geschäftsbeziehungen zu der F-GmbH (F), über die ebenfalls Postsendungen eingeliefert wurden und die der Klägerin sog. "Konsolidierungsrabatte" einräumte.

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Auf Grund einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass die Klägerin als Konsolidierer im eigenen Namen Postdienstleistungen von der D und der F bezogen habe, die sie an ihre Kunden weitergeleistet habe. Sie habe also den Kleinkunden gegenüber Postdienstleistungen erbracht, die als steuerpflichtige Umsätze der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen seien. Das FA behandelte das von den Kleinkunden gezahlte Porto (0,55 € für den Standardbrief) als Bruttoentgelt. Es erkannte sämtliche der Klägerin von der D und der F in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge, denen jeweils das Porto als Nettoentgelt zugrunde lag, als Vorsteuer an. Auf dieser Grundlage setzte es die Umsatzsteuervorauszahlung für Juli 2010 auf 9.469,02 €, für August 2010 auf ./. 10.278,07 € und für September 2010 auf 27.226,55 € fest.

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Einspruch und Klage gegen die Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) entschied, es könne dahingestellt bleiben, ob die Postdienstleistungen der D und der F unmittelbar an die Kleinkunden der Klägerin erbracht worden seien oder ob eine Leistungskette unter Einschaltung der Klägerin vorliege. Im ersten Fall habe die Klägerin zwar insoweit keine steuerpflichtigen Umsätze an die Kleinkunden ausgeführt, mangels steuerpflichtiger Ausgangsumsätze entfalle allerdings der Vorsteuerabzug. Im zweiten Fall habe das FA zurecht steuerpflichtige Postdienstleistungen der Klägerin an die Kleinkunden angenommen. In keinem der beiden Fälle ergäbe sich aber eine geringere als die festgesetzte Steuer.

8

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision. Sie macht geltend, sie erbringe gegenüber ihren Kleinkunden lediglich eine Kurierdienstleistung bis zur Annahmestation der D. Zudem führe sie als weitere steuerpflichtige Ausgangsumsätze Konsolidierungsleistungen gegenüber D und F aus. Wegen der von ihr ausgeführten steuerpflichtigen Konsolidierungsleistungen könne sie die von D und F in Rechnung gestellte Vorsteuer abziehen.

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Die Klägerin beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben und die Umsatzsteuervorauszahlung für Juli 2010 auf ./. 25.394,08 €, für August 2010 auf ./. 29.374,02 € und für September 2010 auf ./. 7.474,46 € festzusetzen.

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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Klägerin hat gegenüber ihren Kleinkunden insoweit geleistet, als sie deren Ausgangspost abholte und in das Briefzentrum der D gegen den Pauschalfestpreis einlieferte. Damit entfällt der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der D und der F. Die angegriffenen Steuerfestsetzungen enthalten daher keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin.

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1. Die Klägerin hat an die Kleinkunden nur das Abholen der Ausgangspost und deren Einlieferung in das Briefzentrum gegen den Pauschalfestpreis als steuerpflichtige Leistung erbracht. Das Porto war daher kein Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung der Klägerin an die Kleinkunden, sondern für die Briefbeförderung der D.

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a) Der Umsatzsteuer unterliegen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Voraussetzung dafür ist ein Rechtsverhältnis zwischen Leistendem und Leistungsempfänger. Der Leistungsinhalt und die Person des Leistungsempfängers sind grundsätzlich nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu bestimmen (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union Newey vom 20. Juni 2013 C-653/11, EU:C:2013:409, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2013, 851, Rz 40, 43; Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Dezember 2012  1 BvR 1747/11, juris, Rz 7; Vorlagebeschluss des Senats vom 22. Dezember 2011 V R 29/10, BFHE 236, 242, BStBl II 2012, 441, Rz 23 f.; Senatsurteil vom 10. September 2015 V R 41/14, BFHE 251, 439, BStBl II 2016, 308, Rz 18).

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Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des FG war Gegenstand der Verträge zwischen der Klägerin und den Kleinkunden nur die Einlieferung der Ausgangspost bei D, nicht die weitere Beförderung ab dem Briefzentrum. Auch die Klägerin selbst gibt an, gegenüber den Kleinkunden nur eine Beförderungsleistung bis zum Briefzentrum erbracht zu haben. Die weitere Beförderung ab dem Briefzentrum war damit kein Bestandteil einer Leistung der Klägerin an die Kleinkunden.

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b) Für ihre Leistung hat die Klägerin nur den Pauschalfestpreis als Entgelt erhalten. Entgelt ist nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer.

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c) Diese Leistung war auch steuerpflichtig. Voraussetzung für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 11 Buchst. b UStG wäre unter anderem, dass die Klägerin eine Verpflichtung nach § 4 Nr. 11 Buchst. b Satz 2 UStG eingegangen wäre. Dafür ist nichts ersichtlich.

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2. Die Klägerin ist nicht zum Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der D berechtigt.

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a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Unionsrechtliche Grundlage ist Art. 168 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom 28. November 2006 (Mehrwertsteuersystemrichtlinie). Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige danach berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, von dem Betrag der von ihm geschuldeten Steuer die in diesem Mitgliedstaat geschuldete und entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden, abzuziehen.

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b) Für die Steuer aus den Rechnungen der D an die Klägerin sind diese Voraussetzungen im Streitfall nicht erfüllt, da es schon an einer Leistung der D an die Klägerin fehlt.

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aa) Nach dem vom FG in Bezug genommenen Vertrag zwischen D und der Klägerin sollte die Klägerin Sendungen verschiedener Absender bündeln, für diese Leistungen bestimmte Leistungen der Briefbeförderungskette selbst erbringen und diese Sendungen dann in die Beförderungskette der D einspeisen. Danach liegt nur eine Leistung der Klägerin an D vor.

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bb) Bei dieser Sachlage ist entsprechend der wirtschaftlichen Realität (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 6. April 2016 V R 25/15, BFHE 254, 139, Rz 51, m.w.N.) eine Leistung der D an die Klägerin ausgeschlossen. Erbringt die Klägerin eine Leistung an D, folgt hieraus, dass D die von der Klägerin bezogene Leistung zur Erbringung eigener Leistungen gegenüber den Absendern verwendet. Dies entspricht auch den Leistungsbeziehungen zwischen der Klägerin und ihren Kleinkunden (siehe unter 1.).

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c) Aus dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13. Dezember 2006 IV A 5 - S 7100 - 177/06 (BStBl I 2007, 119) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Danach erbringt ein Postunternehmen eine Postbeförderungsleistung gegenüber dem Konsolidierer, wenn dieser --anders als im Streitfall (siehe unter II.1.)-- gegenüber dem Postunternehmen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung auftritt.

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3. Hinsichtlich der unter Beteiligung der F beförderten Sendungen gilt im Ergebnis nichts anderes. Auf Grundlage der Feststellungen des FG geht der Senat davon aus, dass F in einer Leistungskette zwischen der Klägerin und D stand. Diese Zwischenschaltung der F lässt sowohl den Inhalt der Vereinbarungen zwischen der Klägerin und den Kleinkunden als auch die Vorsteuerabzugsberechtigung hinsichtlich des Briefportos unberührt.

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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