Urteil vom Bundesfinanzhof (4. Senat) - IV R 25/15
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 24. März 2015 1 K 2217/12 aufgehoben.
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Die Sache wird an das Finanzgericht Köln zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GbR, wurde nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) im Jahr 2006 mit dem Ziel des gewerblichen Grundstückshandels gegründet. Gesellschafter zu gleichen Teilen sind J, eine Steuerberaterin, und A. Da die Bank für die Finanzierung von Objekten weitere Sicherheiten verlangte, stellte J ihr Wertpapierdepot als zusätzliche Sicherheit zur Verfügung.
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In ihren Bilanzen zum 31. Dezember 2007 und 31. Dezember 2008, deren Aufstellungsdatum den Aktenausfertigungen nicht zu entnehmen ist, bilanzierte die Klägerin das Wertpapierdepot im Sonderbetriebsvermögen der J und ermittelte hierfür für das Streitjahr 2007 einen Gewinn und für das Streitjahr 2008 einen Verlust. Im Anschluss an eine Außenprüfung berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Sonderbetriebseinnahmen bzw. Sonderbetriebsausgaben in den geänderten Feststellungsbescheiden 2007 und 2008 vom 9. März 2011 nicht mehr, da die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass die Wertpapiere schon vor der Erzielung von Verlusten in das Sonderbetriebsvermögen der J eingelegt wurden. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.
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Das FG wies die Klage der Klägerin mit Urteil vom 24. März 2015 1 K 2217/12 ab. Die Wertpapiere seien kein gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen geworden, denn es fehle an der Klarheit und Eindeutigkeit des Widmungsakts.
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Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, das FG habe die allgemeinen Regeln des Beweisrechts und die von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an die Einlage von Wertpapieren in das Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters nicht beachtet. Sie, die Klägerin, habe den Nachweis der Einlage der Wertpapiere in das Sonderbetriebsvermögen auf mehrere Arten erbracht. So habe sie die Primanota und Ausdrucke nicht festgeschriebener Buchungen zum März 2008 vorgelegt, der Bank die Einlage angezeigt, und zudem seien die Wertpapiere notwendiger Teil eines Finanzierungskonzepts der Bank gewesen.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das angegriffene FG-Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 14. Juni 2012 aufzuheben und die geänderten Feststellungsbescheide für 2007 und 2008, jeweils vom 9. März 2011, dahin zu ändern, dass darin der Sonderbetriebsgewinn von J für 2007 auf 5.863 € und für 2008 auf ./. 83.318 € festgestellt wird.
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Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Denn das FG hat es verfahrensfehlerhaft unterlassen, J zum Verfahren notwendig beizuladen. Eine unterbliebene notwendige Beiladung stellt einen vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfenden Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens dar (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Mai 2016 IV R 27/13, Rz 17, m.w.N.).
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1. Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte (notwendig) beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies gilt nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 FGO nicht klagebefugt sind. Klagen nicht alle von mehreren nach § 48 FGO Klagebefugten, müssen deshalb die übrigen Klagebefugten mit Ausnahme solcher, die unter keinem denkbaren Gesichtspunkt von dem Ausgang des Rechtsstreits betroffen sind, zum Verfahren beigeladen werden (z.B. BFH-Urteil vom 4. November 2003 VIII R 38/01, BFH/NV 2004, 1372, unter II.A.).
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Geht es, wie im Streitfall, darum, ob und ggf. in welcher Höhe ein Sonderbetriebsgewinn eines Mitunternehmers festzustellen ist, ist dieser Mitunternehmer nach § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO klagebefugt und für den Fall, dass er nicht selbst Klage erhebt, nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO notwendig beizuladen. Danach ist J zu dem Verfahren notwendig beizuladen.
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2. § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO eröffnet dem BFH die Möglichkeit, eine notwendige Beiladung im Revisionsverfahren nachzuholen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 4. September 2014 IV R 44/13, Rz 14, m.w.N.).
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Der Senat übt dieses Ermessen dahingehend aus, die unterbliebene Beiladung nicht nachzuholen und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Dies ist im Streitfall zweckmäßig und ermessensgerecht. J hatte bisher weder im Einspruchs- noch im Klageverfahren die Möglichkeit, sich zu dem angegriffenen Feststellungsbescheid als Verfahrensbeteiligte in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern, obwohl es im Streitfall allein um ihr Sonderbetriebsergebnis geht und darüber hinaus sie diejenige ist, die als Steuerberaterin der Klägerin die streitigen Buchungen vorgenommen hat.
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3. Bei seiner erneuten Entscheidung muss das FG auch prüfen, ob die Klage, soweit sie sich gegen die Feststellung des Sonderbetriebsergebnisses der J im Jahr 2007 richtet, überhaupt zulässig ist. Bedenken bestehen insoweit, als in dem angegriffenen Änderungsbescheid der Sonderbetriebsgewinn der J für dieses Jahr mit 0 € festgestellt ist, so dass eine Beschwer durch diese Feststellung fraglich ist.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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Referenzen
- 2016 IV R 27/13 1x (nicht zugeordnet)
- 2014 IV R 44/13 1x (nicht zugeordnet)
- 1 K 2217/12 1x (nicht zugeordnet)
- 1 K 2217/12 1x (nicht zugeordnet)
- 2003 VIII R 38/01 1x (nicht zugeordnet)