Beschluss vom Bundesfinanzhof (3. Senat) - III B 100/16

Tenor

Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 18. Mai 2016  10 K 2790/14 E wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

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Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) leben in einer nichtehelichen verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaft, führen einen gemeinsamen Haushalt und stehen sozial und wirtschaftlich füreinander ein. Sie haben drei gemeinsame Kinder, die ebenfalls in ihrem Haushalt leben. Darüber hinaus ist ein weiteres Kind der Klägerin in den Haushalt der Kläger aufgenommen.

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Die Kläger reichten für den Veranlagungszeitraum 2012 getrennte Einkommensteuererklärungen beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) ein. Mit Bescheid vom 2. Dezember 2013 setzte das FA die Einkommensteuer für die Klägerin auf 0 €, mit Bescheid vom 4. Dezember 2013 die Einkommensteuer für den Kläger auf 35.204 € fest.

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Hiergegen erhoben die Kläger getrennt voneinander Einspruch und beantragten, unter Anwendung des Splittingtarifs zusammen zur Einkommensteuer veranlagt zu werden. Das FA wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidungen vom 29. Juli 2014 als unbegründet zurück.

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Die dagegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab. Mit ihrer Beschwerde begehren die Kläger, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zuzulassen.

Entscheidungsgründe

II.

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Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Sofern Zulassungsgründe überhaupt in einer den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form geltend gemacht wurden, liegen sie jedenfalls nicht vor.

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1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen.

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a) Macht ein Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO geltend, so muss er insbesondere schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen darlegen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Dazu muss ausgeführt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchem Grunde die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache reicht nicht der Hinweis darauf, die Revisionsentscheidung sei für eine größere Zahl von Fällen von Bedeutung; denn daraus ergibt sich nicht, dass die Rechtsfrage inhaltlich klärungsbedürftig ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. Juni 2014 X B 216/13, BFH/NV 2014, 1888). An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es insbesondere auch dann, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den BFH geboten erscheinen lassen (Senatsbeschluss vom 5. Mai 2014 III B 85/13, BFH/NV 2014, 1186, m.w.N.).

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b) Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob der in § 2 Abs. 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG) verwendete Begriff "Lebenspartner" auch auf verschiedengeschlechtliche Partner einer nicht eingetragenen Lebensgemeinschaft Anwendung findet, ist nicht klärungsbedürftig, da sie anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann.

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aa) Das FG hat bei seiner Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision (Abschn. II.3. der Entscheidungsgründe) zu Recht auf das Urteil des beschließenden Senats vom 26. Juni 2014 III R 14/05 (BFHE 246, 178, BStBl II 2014, 829) verwiesen. Hierin entschied er, dass die Partner einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft für Jahre, in denen das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) noch nicht in Kraft getreten war, keine Zusammenveranlagung wählen können. Zur Begründung verwies der Senat darauf, dass das Gesetz in § 2 Abs. 8 EStG zwar lediglich von Lebenspartnern und Lebenspartnerschaften und nicht von Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft und eingetragenen Lebenspartnerschaften spricht. Der Senat erklärte es jedoch ausdrücklich für unzulässig, aus dieser Begriffswahl den Schluss zu ziehen, dass Partner von Lebensgemeinschaften, die keine Lebenspartner i.S. des LPartG sind, in den Genuss der steuerlichen Vorteile kommen können, die bis zur Einfügung des § 2 Abs. 8 EStG allein Ehegatten vorbehalten waren.

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Dabei wurde auch auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 7. Mai 2013  2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07 (BVerfGE 133, 377) Bezug genommen. In dieser Entscheidung weist das BVerfG auf den Schutzauftrag hin, der sich aus Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes im Hinblick auf das Institut der Ehe ergibt. Aus diesem Schutzauftrag wird die Aufgabe des Staates abgeleitet, einerseits alles zu unterlassen, was die Ehe beschädigt oder sonst beeinträchtigt, und andererseits auch die Ehe durch geeignete Maßnahmen zu fördern (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 133, 377, Rz 81, m.w.N.). Die Rechtfertigung der einfachgesetzlichen Privilegierung der Ehe gegenüber anderen Lebensformen stützt das BVerfG vor allem darauf, dass die Ehe mit rechtlicher Verbindlichkeit und in besonderer Weise mit gegenseitigen Einstandspflichten ausgestattet ist und sich so als dauerhafte Paarbeziehung darstellt. Insoweit unterscheidet sie sich von anderen ungebundenen oder weniger verbindlichen Paarbeziehungen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 133, 377, Rz 83 ff., m.w.N.).

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Vor diesem Hintergrund interpretierte der Senat die Vorschrift des § 2 Abs. 8 EStG dahingehend, dass sie nur Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft i.S. des LPartG erfasst, weil nur derartige Partnerschaften sich hinsichtlich der durch sie erzeugten rechtlichen Bindungen und gegenseitigen Einstandspflichten herkömmlichen Ehen derart angenähert haben, dass eine steuerliche Ungleichbehandlung nicht mehr zu rechtfertigen ist.

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Daraus folgt, dass verschiedengeschlechtliche Partner, die keine Ehe geschlossen, schon mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 LPartG auch keine Lebenspartnerschaft i.S. des LPartG begründet und damit auch keine vergleichbaren rechtlichen Bindungen und gegenseitigen Einstandspflichten übernommen haben, nicht unter den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 8 EStG fallen (s. dazu auch Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 2 EStG Rz 940, wonach der Inhalt der Begriffe der Lebenspartnerschaft und der Lebenspartner dem des LPartG entspricht; ebenso Bodden in Korn, § 2 EStG Rz 294; Kirchhof in Kirchhof, EStG, 16. Aufl., § 2 Rz 130, wonach der Gesetzgeber sich in § 2 Abs. 8 EStG auf die bloße Umsetzung des BVerfG-Beschlusses in BVerfGE 133, 377 beschränken wollte).

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bb) Die von den Klägern vorgetragenen Argumente lassen eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den BFH nicht als geboten erscheinen.

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Dass der Gesetzgeber in § 2 Abs. 8 EStG die Begriffe "Lebenspartner" und "Lebenspartnerschaften" durch die Konjunktion "und" verbunden hat, deutet zwar --wie die Kläger zu Recht ausführen-- darauf hin, dass er den beiden Begriffen unterschiedlichen Inhalt zuweisen wollte. Für die daraus gezogene Schlussfolgerung, auch Partner einer nicht eingetragenen verschiedengeschlechtlichen Partnerschaft sollten erfasst werden, führen die Kläger jedoch keine Argumente an. Ebenso wenig setzen sie sich mit nahe liegenden alternativen Gründen auseinander, die zur fraglichen Begriffsverwendung geführt haben könnten. So verwendet zum einen auch das LPartG in seinen Einzelbestimmungen diese Begriffe und nicht die Begriffe "eingetragene Lebenspartner" oder "eingetragene Lebenspartnerschaft". Zum anderen stellt § 2 Abs. 8 EStG die Begriffe "Lebenspartner" und "Lebenspartnerschaften" den Begriffen "Ehegatten" und "Ehen" gegenüber, um den unterschiedlichen Formulierungen der für anwendbar erklärten Regelungen des EStG gerecht zu werden (zur Verwendung des Begriffs Ehegatte s. z.B. § 1a Abs. 1, § 3 Nr. 55c, § 12 Nr. 2 EStG; zur Verwendung des Begriffs Ehe s. z.B. § 26 Abs. 1 Satz 2, § 32a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG; zum Generalnormcharakter der Vorschrift s. BTDrucks 17/13870, S. 6, BTDrucks 17/14567).

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Auch legen die Kläger nicht dar, aus welchen Formulierungen der von ihnen angeführten BTDrucks 17/14195 sie die Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 2 Abs. 8 EStG auf nicht eingetragene verschiedengeschlechtliche Lebenspartnerschaften entnehmen wollen.

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2. Die Revision ist im Hinblick auf die vorgenannte Fragestellung auch nicht zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) zuzulassen. Denn dieser Zulassungsgrund setzt als Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) ebenfalls eine Rechtsfrage voraus, die in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig und klärungsbedürftig ist (z.B. Senatsbeschluss vom 18. August 2015 III B 112/14, BFH/NV 2015, 1595).

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3. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zuzulassen.

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a) Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Abweichungsrüge muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus den behaupteten, genau bezeichneten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so die behauptete Abweichung zu verdeutlichen (z.B. Senatsbeschluss vom 11. März 2011 III B 76/10, BFH/NV 2011, 981). Außerdem muss sich aus der Beschwerdebegründung ergeben, dass dem Streitfall ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liegt wie der Divergenzentscheidung und es sich um eine identische Rechtsfrage handelt (z.B. Senatsbeschluss vom 30. September 2013 III B 20/12, BFH/NV 2014, 58).

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b) Mit ihrem Vorbringen, in der sozialrechtlichen Rechtsprechung werde dem Begriff "Lebenspartner" ein weiterer Anwendungsbereich zugemessen als in der angegriffenen Entscheidung, bezeichnen die Kläger die vorgeblichen Divergenzentscheidungen weder hinreichend noch arbeiten sie abstrakte Rechtssätze aus diesen heraus. Ebenso wenig nehmen sie zur Vergleichbarkeit der Sachverhalte und zur Identität der Rechtsfrage Stellung.

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4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 1 i.V.m. § 135 Abs. 2 FGO.

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