Beschluss vom Bundesfinanzhof (10. Senat) - X R 4/17

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. Dezember 2016  14 K 14053/16 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

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I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten, legten am 20. Januar 2017 Revision gegen den Gerichtsbescheid des Finanzgerichts (FG) Berlin-Brandenburg vom 7. Dezember 2016  14 K 14053/16 ein. Der Gerichtsbescheid ist am 28. Dezember 2016 den Klägern zugestellt worden. In dem Gerichtsbescheid hat das FG die Revision zugelassen.

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Die Prozessbevollmächtigten kündigten die Begründung der Revision innerhalb der Revisionsbegründungsfrist an.

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Am 24. Februar 2017 beantragte der Kläger persönlich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, soweit die Revisionsbegründungsfrist abgelaufen sei. Er teilte mit, die Revisionsbegründung werde bis zum 27. Februar 2017 übersandt.

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Am 20. März 2017 beantragten die Prozessbevollmächtigten die Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist bis zum 10. April 2017. Dies lehnte die Senatsvorsitzende mit Schreiben vom 5. April 2017 ab, da der Antrag nach Ablauf der Begründungsfrist gestellt worden sei. Das Schreiben ist den Prozessbevollmächtigten am 8. April 2017 zugestellt worden.

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Am 17. April 2017 erklärte der Kläger persönlich die Rücknahme der Revision. Dieses Schreiben ist den Prozessbevollmächtigten am 27. April 2017 zur Kenntnis übersandt worden.

Entscheidungsgründe

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II. Die nicht wirksam zurückgenommene Revision ist unzulässig und daher gemäß § 124 Abs. 1 und § 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluss zu verwerfen.

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1. Die Revision ist nicht wirksam zurückgenommen worden.

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a) Es kann dahinstehen, ob auch die Klägerin die Rücknahme ihrer Revision erklärt hat. Im Schreiben vom 17. April 2017 gibt der Kläger zwar an, die Rücknahme für beide Kläger zu erklären. Auch unterschreibt er für beide Kläger. Allerdings hat er eine entsprechende Bevollmächtigung durch die Klägerin nicht nachgewiesen.

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b) Wirksam ist eine Revisionsrücknahme i.S. des § 125 Abs. 1 Satz 1 FGO nur, wenn diese Erklärung vom Prozessbevollmächtigten abgegeben wird. Denn § 62 Abs. 4 Satz 1 FGO sieht vor dem Bundesfinanzhof (BFH) die Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten vor. Dieser Vertretungszwang ist umfassend und besteht für alle Prozesshandlungen.

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aa) Ausnahmen hiervon lässt der Wortlaut des § 62 Abs. 4 FGO nicht zu. Der BFH schränkt den Vertretungszwang allerdings für Prozesshandlungen ein, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 17. November 2011 X E 1/11, BFH/NV 2012, 428: Erinnerung gegen Kostenansatz).

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bb) Zwar hat der BFH im zeitlichen Anwendungsbereich der Regelung des § 62a FGO a.F. (und entsprechend nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs --BFHEntlG--) die Rücknahme der Revision ohne Mitwirkung (vgl. nur BFH-Urteil vom 6. April 1999 XI R 85/98, BFH/NV 1999, 1244) und sogar gegen den Willen des Prozessbevollmächtigten (BFH-Urteil vom 17. Februar 1981 VII R 14/80, BFHE 132, 400,  BStBl II 1981, 395) für wirksam erachtet. Für eine solche erweiterte Auslegung des § 62 Abs. 4 FGO besteht indes kein Raum.

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Denn § 62 Abs. 4 FGO macht jedenfalls für den Fall der Rücknahme einer vom Prozessbevollmächtigten eingelegten Revision keine Ausnahme (so wohl auch Bergkemper in Hübschmann/Hepp/ Spitaler --HHSp--, § 125 FGO Rz 19). Schließlich kann, soweit eine Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten gesetzlich vorgeschrieben ist und die Revision auch wirksam durch einen Prozessbevollmächtigten eingelegt worden ist, der Kläger persönlich keine wirksame Prozesserklärung mehr abgeben (ebenso Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 125 Rz 5).

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Auch spricht die Gesetzesbegründung zum gleichzeitig geänderten § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung für diese wortlautgetreue Anwendung der Norm. So wollte der Gesetzgeber weitreichende Prozesserklärungen wie Erledigungserklärungen und Rechtsmittelrücknahmen entgegen der insoweit der BFH-Rechtsprechung zu § 62a FGO a.F. bzw. Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG entsprechenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklich in den Vertretungszwang einschließen (BTDrucks 16/3655, 97). Für die entsprechenden Verfahren vor dem BFH kann deshalb nichts anderes gelten (ebenso Loose in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 62 FGO Rz 45; Spindler in HHSp, § 62 FGO Rz 106).

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c) Da eine Rücknahme der durch die Prozessbevollmächtigten wirksam erhobenen Revision durch diese bislang nicht erklärt worden ist, ist die Revision noch anhängig, so dass der Senat die Zulässigkeit der Revision zu prüfen hat.

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2. Die Revision ist unzulässig, da sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils begründet worden ist.

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a) Gegen den Gerichtsbescheid, in dem die Revision zugelassen worden war, kann ein Beteiligter i.S. des § 57 Nr. 1 FGO Revision einlegen. Dies ist hier für die Kläger durch die Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach der Zustellung (§ 120 Abs. 1 FGO), vorliegend am 28. Dezember 2016, geschehen. Eine Revisionsbegründung wurde im Revisionsschriftsatz vom 20. Januar 2017 ausdrücklich nur angekündigt.

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b) Die Revision war nach § 120 Abs. 2 Satz 1 FGO innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Gerichtsbescheides zu begründen, hier also bis zum 28. Februar 2017. Diese Frist kann gemäß § 120 Abs. 2 Satz 3 FGO auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden.

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Ein wirksamer Verlängerungsantrag ist von den Prozessbevollmächtigten jedoch erst am 20. März 2017 und damit nach Ende der Revisionsbegründungsfrist i.S. des § 120 Abs. 2 Satz 1 FGO gestellt worden.

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Der vom Kläger gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unbeachtlich, da er im Verfahren vor dem BFH nicht postulationsfähig ist. Im Übrigen erbat der Kläger lediglich eine Fristverlängerung zur Begründung der Revision bis zum 27. Februar 2017, also einen Tag vor dem Ende der Revisionsbegründungsfrist nach § 120 Abs. 2 Satz 1 FGO.

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3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 2 FGO.

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