Urteil vom Bundesfinanzhof (2. Senat) - II R 3/16

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 15. April 2015  2 K 357/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

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Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war ein in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) und Polen niedergelassener Rechtsbeistand. Seit dem 3. Februar 2016 ist er in Deutschland als Rechtsanwalt zugelassen. Der Präsident des zuständigen Oberlandesgerichts erteilte ihm am 25. Februar 2011 nach dem Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (Rechtsdienstleistungsgesetz --RDG--) die Erlaubnis, Rechtsdienstleistungen auf dem Gebiet des polnischen Rechts sowie auf dem Gebiet des Rechts der Europäischen Union (EU) und des Rechts des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) zu erbringen.

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Am 11. Juni 2013 zeigte der Kläger bei der Beklagten und Revisionsbeklagten, der zuständigen Familienkasse (Familienkasse), die Vertretung eines polnischen, nach Deutschland entsandten Arbeitnehmers an. Er beantragte für seinen Mandanten die Bewilligung von Kindergeld und legte für diesen Einspruch ein. Mit Bescheid vom 20. Januar 2015 wies die Familienkasse den Kläger nach § 80 Abs. 5 der Abgabenordnung in der bis einschließlich 2016 geltenden Fassung (AO) als Bevollmächtigten zurück.

3

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen die Zurückweisung erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) war der Kläger weder nach den §§ 3, 3a, 4 des Steuerberatungsgesetzes in der für 2015 geltenden Fassung (StBerG) noch nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RDG zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt. Die Erlaubnis des Klägers zur Rechtsberatung erfasse nicht das zum deutschen Steuerrecht gehörende Kindergeldrecht.

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Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision. Zur Begründung trägt er vor, die Zurückweisung sei schon deswegen unzulässig, weil die reine Hilfestellung für polnische Steuerbürger noch keine Hilfeleistung i.S. des § 80 Abs. 5 AO sei. Vor allem aber habe sich seine Vertretung und Rechtshilfe nur auf Fragen des polnischen Rechts und des Unionsrechts bezogen. Der Schwerpunkt des Kindergeldverfahrens liege nicht im Steuerrecht, sondern im Sozialrecht der EU. Es sei nur zufällig an das Steuerrecht angeknüpft. Zahlreiche Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zeigten, dass im Kindergeldrecht Widersprüche zwischen dem nationalen und dem Unionsrecht aufzuklären seien. Durch die Zurückweisung werde er in seinem Recht auf freie Berufsausübung nach Art. 12 des Grundgesetzes (GG) verletzt. Die Zurückweisung verstoße zudem gegen die in Art. 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) garantierte Dienstleistungsfreiheit. Trotz entsprechender Fachkenntnisse könne er seine Dienstleistungen in Deutschland nicht rechtmäßig erbringen. Die Grundsätze des EuGH-Urteils in der Rechtssache X-Steuerberatungsgesellschaft vom 17. Dezember 2015 C-342/14, EU:C:2015:827 seien auch auf ihn anzuwenden. Die Zurückweisung verstoße zudem gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 AEUV), denn seinen in Deutschland tätigen Mandanten werde der Zugang zu einer fachlichen Vertretung verweigert. Schließlich sei auch der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 18 AEUV) verletzt, denn zugelassene Rechtsanwälte könnten ihre Mandanten uneingeschränkt vertreten, Rechtsbeistände jedoch nicht.

5

Trotz zwischenzeitlicher Zulassung als Rechtsanwalt bestehe nach wie vor ein Rechtsschutzinteresse für das anhängige Verfahren. In anderen Verfahren, in denen er zurückgewiesen wurde, habe er die Erstattung der Kosten des Vorverfahrens beantragt. Außerdem bestehe ein Rehabilitationsinteresse.

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Der Kläger beantragt,
die Vorentscheidung und den Bescheid über die Zurückweisung als Bevollmächtigter vom 20. Januar 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. März 2015 aufzuheben,
hilfsweise, die Vorentscheidung aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid über die Zurückweisung als Bevollmächtigter vom 20. Januar 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. März 2015 rechtswidrig war.

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Die Familienkasse beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

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Die Revision ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Zurückweisung des Klägers als Bevollmächtigter durch die Familienkasse mit Bescheid vom 20. Januar 2015 rechtmäßig ist.

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1. Die Revision ist zulässig. Insbesondere fehlt ihr nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.

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a) Für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Zurückweisungsbescheids nach § 80 Abs. 5 AO sind die Verhältnisse bei dessen Ergehen maßgebend (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. Januar 2017 II R 3/14, BFH/NV 2017, 619, Rz 14). Die Zurückweisung eines Bevollmächtigten wegen unbefugter Hilfeleistung in Kindergeldsachen wird nicht rückwirkend rechtswidrig, wenn der Bevollmächtigte später als Rechtsanwalt zugelassen wird.

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Verfahrenshandlungen des zurückgewiesenen Bevollmächtigten, die dieser nach der Zurückweisung vornimmt, sind unwirksam (§ 80 Abs. 8 Satz 2 AO). Daran ändert die nach der Zurückweisung erfolgte Zulassung als Rechtsanwalt oder Steuerberater nichts; die nach der Zurückweisung vorgenommenen Rechtshandlungen werden aufgrund der Zulassung nicht rückwirkend zulässig. Wurde der Bevollmächtigte rechtmäßig nach § 80 Abs. 5 AO zurückgewiesen, bleiben die von ihm bis zu seiner Zulassung vorgenommenen Rechtshandlungen unwirksam. Erst vom Wirksamwerden der Zulassung an kann der Bevollmächtigte Rechtshandlungen wieder wirksam vornehmen.

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b) Ausgehend davon besteht für die Revision ein Rechtsschutzinteresse, obwohl der Kläger mittlerweile als Rechtsanwalt in Deutschland zugelassen ist. Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung im Zeitpunkt des Erlasses des Zurückweisungsbescheids. Die spätere Zulassung des Klägers als Rechtsanwalt hat auf die Wirkungen des Zurückweisungsbescheids keinen Einfluss. Der Kläger ist durch den ihn belastenden Zurückweisungsbescheid weiterhin beschwert. Das reicht für das allgemeine Rechtsschutzinteresse aus.

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2. Die Zurückweisung des Klägers ist rechtmäßig.

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a) Nach § 80 Abs. 5 AO sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein. Steuersachen i.S. des § 80 Abs. 5 AO sind alle Angelegenheiten, die unmittelbar oder mittelbar mit der Verwirklichung von Steuertatbeständen oder Steuerstraf- und Steuerordnungswidrigkeitentatbeständen zu tun haben. Ferner gehören dazu sonstige von Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwaltete Angelegenheiten, soweit für diese durch Bundes- oder Landesgesetz der Finanzrechtsweg eröffnet ist (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 5 StBerG; Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 80 AO, Rz 57).

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b) Verfahren betreffend Kindergeld gehören zu den Steuersachen i.S. des § 80 Abs. 5 AO.

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Das Kindergeld ist als Steuervergütung ausgestaltet (vgl. § 31 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Nach § 155 Abs. 4 AO i.V.m. § 31 Satz 3 EStG sind auf das Verfahren über die Bewilligung des Kindergeldes die Vorschriften der AO anzuwenden. Das Kindergeld wird durch die als Bundesfinanzbehörden geltenden Familienkassen verwaltet (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 11 Satz 10 des Finanzverwaltungsgesetzes in der bis 2016 geltenden Fassung). Auch soweit das Kindergeld nach § 31 Satz 2 EStG der Förderung der Familie dient, stellt es keine Sozialleistung im formellen Sinn dar, sondern eine einkommensteuerrechtliche Förderung der Familie durch eine Sozialzwecknorm (vgl. BFH-Beschluss vom 31. Januar 2007 III B 167/06, BFH/NV 2007, 865).

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Soweit Ansprüche als reine Sozialleistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) geltend gemacht werden, handelt es sich um ein eigenes Verfahren, für das der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben ist (§ 15 BKGG).

18

c) Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind gemäß § 3 StBerG Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner ausschließlich die in Nummer 1 genannten Personen sind, Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften befugt. Die Hilfeleistung erfolgt geschäftsmäßig, wenn jemand ausdrücklich oder erkennbar die Absicht verfolgt, die Tätigkeit in gleicher Art zu wiederholen und zu einem wiederkehrenden oder dauernden Bestandteil seiner selbständigen Beschäftigung zu machen. Selbständig handelt, wer sich nach eigenem Willen und in eigener Verantwortung, unabhängig von den Weisungen einer übergeordneten Person betätigt (BFH-Urteil vom 7. Juni 2017 II R 22/15, BFHE 258, 380, BStBl II 2017, 973, Rz 12, m.w.N.).

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d) Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 StBerG sind Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den EWR oder in der Schweiz beruflich niedergelassen sind und dort befugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen nach dem Recht des Niederlassungsstaates leisten, zur vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen auf dem Gebiet Deutschlands befugt. Der Umfang der Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen im Inland richtet sich nach dem Umfang dieser Befugnis im Niederlassungsstaat (§ 3a Abs. 1 Satz 2 StBerG).

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e) Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen bei Sachverhalten des Familienleistungsausgleichs i.S. des EStG sind nach § 4 Nr. 10 und Nr. 11 Satz 3 StBerG auch Arbeitgeber und Lohnsteuerhilfevereine befugt. Hintergrund für diese Regelung ist die Auffassung des Gesetzgebers, wonach in Kindergeldverfahren keine Notwendigkeit besteht, dass ein Steuerberater oder andere zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen befugte Personen tätig werden (BTDrucks 13/3084, S. 27).

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f) Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RDG dürfen natürliche und juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, die bei der zuständigen Behörde registriert sind (registrierte Personen), aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht erbringen. Ist das ausländische Recht das Recht eines Mitgliedstaates der EU, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den EWR oder der Schweiz, darf auch auf dem Gebiet des Rechts der EU und des Rechts des EWR beraten werden (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3  2. Halbsatz RDG). Die Registrierung erfolgt auf Antrag und kann auf einen oder mehrere Teilbereiche beschränkt werden (§ 10 Abs. 2 RDG).

22

g) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen hat die Familienkasse den Kläger zu Recht nach § 80 Abs. 5 AO als Bevollmächtigten zurückgewiesen.

23

aa) Der Kläger ist nach den Feststellungen des FG in einer Vielzahl von Fällen bei der Familienkasse als Bevollmächtigter in Kindergeldverfahren aufgetreten. Er gehörte im Zeitpunkt des Ergehens des Zurückweisungsbescheids (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2017, 619, Rz 14, s.o.) nicht dem in § 3 StBerG genannten Personenkreis an. Er hat auch nicht, wie § 3a StBerG es ermöglicht, als in Polen niedergelassener Rechtsbeistand nur vorübergehend und gelegentlich geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen erbracht. Vielmehr hat er eine Niederlassung in Deutschland unterhalten und von dort dauerhaft Hilfeleistungen in Steuersachen erbracht.

24

bb) Der Kläger ist auch nicht in entsprechender Anwendung der Regelung aus § 4 Nr. 10 oder Nr. 11 StBerG befugt, geschäftsmäßig Hilfe speziell in Kindergeldverfahren zu leisten. Zwar ist durch diese Regelungen der gesetzgeberische Wille zum Ausdruck gebracht worden, in Kindergeldverfahren die Hilfeleistung auch von solchen Personen zuzulassen, die nicht die Voraussetzungen der §§ 3, 3a StBerG erfüllen. Die in § 4 StBerG benannten Ausnahmevorschriften stellen jedoch eine abschließende Auflistung dar und können über die konkrete Regelung hinaus nicht allgemein auf ähnliche Fälle angewandt werden (vgl. BFH-Urteil vom 6. Oktober 1998 VII R 146/97, BFH/NV 1999, 216; Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 80 AO, Rz 77).

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cc) Die Erlaubnis des Klägers nach dem RDG steht der Zurückweisung nicht entgegen. Dabei kann offen bleiben, inwieweit das RDG überhaupt neben dem StBerG anwendbar ist, weil nach § 1 Abs. 3 RDG Regelungen in anderen Gesetzen über die Befugnis, Rechtsdienstleistungen zu erbringen, von dem RDG unberührt bleiben. Denn die Erlaubnis des Klägers, Rechtsdienstleistungen auf dem Gebiet des polnischen Rechts sowie auf dem Gebiet des Rechts der EU und des Rechts des EWR zu erbringen, umfasst nicht die Vertretung im Verfahren vor der Familienkasse wegen Kindergeld. Das Kindergeldrecht ist in §§ 31, 32, 62 ff. EStG geregelt und damit Teil des deutschen Steuerrechts. Für das Verfahren sind die Vorschriften über die AO anzuwenden. Es kann dahinstehen, ob das Kindergeldrecht, insbesondere bei ausländischen Arbeitnehmern, überwiegend unionsrechtliche Bezüge aufweist und der Kläger gerade auf diesem Rechtsgebiet über besondere Kenntnisse verfügt. Für die Einordnung eines Rechtsgebiets ist die Rechtsnatur der Anspruchs- und/oder Ermächtigungsgrundlagen maßgeblich. Die Anspruchsgrundlagen für das Kindergeld sind in §§ 32, 62 ff. EStG geregelt. Unerheblich ist, ob diese Anspruchsgrundlagen durch das Unionsrecht eine besondere Ausgestaltung erfahren und/oder ob spezielle Rechtsfragen im Zusammenhang mit den Anspruchs- oder Ermächtigungsgrundlagen nur mittels Auslegung des Unionsrechts beantwortet werden können. Anderenfalls wären alle Rechtsfragen, die unionsrechtliche Bezüge aufweisen, von der Erlaubnis gedeckt. Der Senat muss nicht entscheiden, ob der Kläger zur Beratung befugt gewesen wäre, wenn deren Gegenstand ausschließlich Vor- oder Zwischenfragen des polnischen Rechts, ggf. einschließlich seiner unionsrechtlichen Bezüge, gewesen wären.

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3. Die Zurückweisung verletzt nicht das Recht des Klägers aus Art. 12 GG auf freie Berufsausübung.

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Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet zwar dem Einzelnen das Recht, jede Tätigkeit, für die er sich geeignet glaubt, zur Grundlage seiner Lebensführung, also zum Beruf zu machen. Einschränkungen des Grundrechts sind aber aus Gründen des Gemeinwohls zulässig; sie stehen allerdings unter dem Gebot der Wahrung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit. Eingriffe in die Berufsfreiheit dürfen deshalb nicht weiter gehen als die sie legitimierenden öffentlichen Interessen. Die Regelungen über die Zulassung zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen im StBerG, zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen durch das RDG und die Möglichkeit, nicht befugte Bevollmächtigte nach § 80 Abs. 5 AO zurückzuweisen, sind im Interesse der Allgemeinheit an einer funktionierenden Steuerrechtspflege und dem Schutz des Publikums vor zur Steuerberatung nicht hinreichend qualifizierten Personen erforderlich und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juni 1980  1 BvR 697/77, BVerfGE 54, 301; BFH-Beschluss vom 7. Oktober 2009 VII R 45/07, BFHE 227, 288, BStBl II 2010, 205).

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4. Die Zurückweisung verstößt auch nicht gegen Unionsrecht.

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a) Die Niederlassungsfreiheit umfasst gemäß Art. 49 Abs. 2 AEUV die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S. des Art. 54 Abs. 2 AEUV, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Die Vorschrift regelt den Inhalt der Niederlassungsfreiheit und legt fest, dass hierfür die Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen gelten (BFH-Urteil vom 19. Oktober 2016 II R 44/12, BFHE 255, 367, BStBl II 2017, 797, Rz 36).

30

b) Die Vorschriften des Kapitels über die Dienstleistungen sind gegenüber denen des Kapitels über das Niederlassungsrecht subsidiär (EuGH-Urteil Gebhard vom 30. November 1995 C-55/94, EU:C:1995:411, Rz 22). Ist der Wirtschaftsteilnehmer in dem Mitgliedstaat, in dem er die Dienstleistung anbietet (Empfänger- oder Aufnahmemitgliedstaat), niedergelassen, so fällt er in den Geltungsbereich des Grundsatzes der Niederlassungsfreiheit, wie er in Art. 49 AEUV definiert ist (EuGH-Urteile Kommission/Portugal vom 29. April 2004 C-171/02, EU:C:2004:270, Rz 24, und Duomo Gpa u.a. vom 10. Mai 2012 C-357/10 bis 359/10, EU:C:2012:283, Rz 30). Ist der Wirtschaftsteilnehmer dagegen nicht im Empfängermitgliedstaat niedergelassen, so ist er ein grenzüberschreitender Dienstleister, der unter den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 56 AEUV fällt (vgl. EuGH-Urteile Kommission/ Portugal, EU:C:2004:270, Rz 24, und Duomo Gpa u.a., EU:C:2012:283, Rz 30). Bei der Abgrenzung des jeweiligen Geltungsbereichs der Grundsätze des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit muss festgestellt werden, ob der Wirtschaftsteilnehmer in dem Mitgliedstaat, in dem er die fragliche Dienstleistung anbietet, niedergelassen ist oder nicht (vgl. EuGH-Urteil Duomo Gpa u.a., EU:C:2012:283, Rz 30).

31

c) Ist ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiger Berater auch in Deutschland niedergelassen, kann er sich auf die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) berufen; die Anwendung der Vorschriften über das Niederlassungsrecht hat nach Art. 49 Abs. 2 AEUV dann jedoch zur Folge, dass der Berater mit der Niederlassung den nationalen Vorschriften über die Zulassung zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen unterliegt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 255, 367, BStBl II 2017, 797, Rz 39, zu einer Steuerberatungsgesellschaft).

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d) Ausgehend von diesen Grundsätzen verstößt die Zurückweisung des Klägers nicht gegen Unionsrecht.

33

aa) Der Kläger hat unstreitig eine Niederlassung in Deutschland unterhalten und seine Dienstleistung nicht nur aus dem Mitgliedsland Polen über die Grenze angeboten und ausgeübt. Er kann sich damit auf die Niederlassungsfreiheit berufen, unterliegt jedoch zugleich den nationalen Beschränkungen über die Zulassung zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung im Steuerrecht. Der Umstand, dass der Kläger nach eigenen Angaben zugleich über eine Niederlassung in Polen verfügte und seine Mandanten auch von dort beraten hat, führt nicht dazu, dass er sich trotz seiner Niederlassung in Deutschland nunmehr auf die Dienstleistungsfreiheit berufen kann. Anderenfalls liefe die Regelung des § 49 Abs. 2 AEUV, wonach für die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten die Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen gelten, leer.

34

bb) Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 18 AEUV liegt nicht vor. Diese Vorschrift tritt nach ihrem klaren Wortlaut ("unbeschadet besonderer Bestimmungen") hinter die Regelungen über die Niederlassungsfreiheit zurück (vgl. Kahn/Henrich in Geiger/Kahn/Kotzur, EUV/AEUV, 6. Aufl., Art. 18 AEUV Rz 2, m.w.N.). Auf die in Art. 45 AEUV geregelte Arbeitnehmerfreizügigkeit kann sich der Kläger nicht berufen, denn er ist kein Arbeitnehmer. Es ist nicht erkennbar, dass die Zurückweisung als Bevollmächtigter einen Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit der Mandanten des Klägers begründen könnte, auf den sich der Kläger selbst berufen könnte.

35

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

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