Urteil vom Bundesfinanzhof (3. Senat) - III R 12/17
Tenor
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Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 16. März 2017 10 K 2391/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Streitig ist, ob im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen einen gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheid das Wahlrecht zur laufenden Besteuerung von Veräußerungsrenten neu ausgeübt werden kann.
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Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) veräußerte mit Vertrag vom 8. April 2002 zum 1. Januar 2002 seinen Kommanditanteil an der W-KG. Als vorläufiger Kaufpreis war ein Betrag von 536.800 € vereinbart; dieser Kaufpreis unterlag bestimmten Anpassungsregelungen. Der Erwerber sollte in Höhe des Kaufpreises in mehreren Tranchen Einmalbeiträge in Rentenversicherungen gemäß den dem Vertrag beigefügten Versicherungsangeboten zahlen. Die Parteien waren sich einig, dass ausschließlich in Höhe und im Umfang der aus diesen jeweiligen Rückdeckungsversicherungen dem Veräußerer als "versicherte Person" zufließenden Zahlungen (Rentenzahlungen/Einmalzahlungen im Todesfall etc.) seitens des Erwerbers eine Rentenzusage erteilt wurde. Der Erwerber durfte die Rentenversicherungen nur mit Zustimmung des Klägers kündigen (Zusatzvereinbarung zum Veräußerungsvertrag).
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Nach dem Inhalt der vom Erwerber über Einmalbeiträge von insgesamt 161.000 € abgeschlossenen Rentenversicherungsverträge waren jeweils Versicherungsnehmer der Erwerber, versicherte Person der Kläger und bezugsberechtigt, solange die versicherte Person lebt, unwiderruflich der Kläger und bei Tod der versicherten Person die Klägerin (Ehefrau des Klägers) und Revisionsbeklagte (Klägerin).
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Eine Änderung des Bezugsrechts war möglich, solange der Versicherungsfall noch nicht eingetreten war. Der Versicherungsnehmer konnte das Bezugsrecht im Erlebensfall außerdem nur mit Zustimmung des unwiderruflich Begünstigten ändern.
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Als Leistungen waren jeweils vorgesehen:
1.
Beitragsrückzahlung bei Tod vor dem 1. Mai 2010;
2.
Monatliche Garantierente bei Erleben des 1. Mai 2010;
3.
Todesfallleistung ab Rentenbeginn bis 30. April 2028: 18fache jährliche ab Rentenbeginn garantierte Rente abzüglich bereits gezahlter, ab Rentenbeginn garantierter Renten.
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Mit Vergleichsvertrag vom 25. Mai 2007 wurde der ursprünglich vereinbarte Kaufpreis für den Kommanditanteil vorbehaltlich weiterer Anpassungen auf 943.816 € erhöht. Über die vom Erwerber geleistete Tranche von 161.000 € hinaus sollten keine weiteren Zahlungen in eine Rückdeckungsversicherung erfolgen; weitere Kaufpreiszahlungen oder Kaufpreisanpassungszahlungen sollten unmittelbar an den Veräußerer in Geld geleistet werden. Endgültig wurde die Kaufpreisabrechnung erst nach einem Schiedsgutachten vom 12. September 2013 geregelt.
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Der Beginn der Rentenzahlungen erfolgte abweichend von den Versicherungsscheinen erstmals im Kalenderjahr 2015.
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In ihrer Einkommensteuererklärung für 2002 vom 27. Mai 2004 erklärten die Kläger u.a. Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb aus Veräußerungsgewinnen in Höhe von 348.149 €. Sie machten dabei von dem Wahlrecht auf eine Besteuerung nach Zufluss keinen Gebrauch. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid vom 2. Juli 2004 die Einkommensteuer 2002 auf 1.810 € fest. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
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Mit nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändertem Bescheid vom 4. März 2010 wurde die Einkommensteuer 2002 auf 0 € herabgesetzt. Dabei legte das FA --aufgrund einer Mitteilung über den geänderten Feststellungsbescheid-- einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 237.627 € zugrunde.
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Mit weiterem gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Bescheid vom 23. Dezember 2015 erhöhte das FA die Einkommensteuer 2002 auf 95.448 €. Dabei legte das FA --aufgrund einer Mitteilung über den geänderten Feststellungsbescheid-- Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb aus Veräußerungsgewinnen in Höhe von 660.100 € zugrunde. Auf das zu versteuernde Einkommen wandte das FA den ermäßigten Tarif nach § 34 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) an. In dem festgestellten Veräußerungsgewinn (660.100 €) war der auf die Rentenversicherungen entfallende Kaufpreisanteil in Höhe eines Betrags von 161.000 € enthalten.
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Dagegen legten die Kläger Einspruch ein und beantragten u.a. für den Teil des Veräußerungsentgelts in Höhe von 161.000 €, der auf die abgeschlossenen Rentenversicherungen entfiel, die Besteuerung im jeweiligen Jahr des Zuflusses.
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Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 11. August 2016). Das FA vertrat die Auffassung, der Steuerpflichtige könne das Wahlrecht grundsätzlich nur bis zur formellen Bestandskraft der Veranlagung ausüben oder widerrufen.
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Die anschließende Klage hatte mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 997 veröffentlichten Gründen Erfolg.
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Mit seiner Revision macht das FA die Verletzung der §§ 15, 16 und § 24 Nr. 2 EStG geltend. Es fehle schon an einer Veräußerung des Kommanditanteils gegen wiederkehrende Bezüge. Nicht der Erwerber, sondern allein der Versicherer sei zur Zahlung einer lebenslangen monatlichen Garantierente verpflichtet. Der Erwerber habe seine vertragliche Rentenverpflichtung unmittelbar durch Einzahlung eines Einmalbetrages zu Gunsten des Klägers abschließend erfüllt. Letztlich stelle sich der Fall so dar, als wenn der Kläger den Kaufpreis unmittelbar erhalten und davon einen Teilbetrag als Einmalzahlung für eine von ihm abgeschlossene Rentenversicherung verwendet hätte (Hinweis auf Finanzgericht --FG-- Köln, Urteil vom 22. Oktober 2012 7 K 2576/08, EFG 2013, 616). Darüber hinaus solle das Wahlrecht des Veräußerers nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) verhindern, dass Gewinne versteuert würden, die der Veräußerer tatsächlich nicht erzielt habe. Diese Interessenlage sei im Streitfall nicht gegeben. Auch sei im Änderungsbescheid nicht erstmalig ein weiterer steuererheblicher Sachverhalt erfasst worden. Denn nach den Feststellungen des FG waren die Höhe und die Zusammensetzung des Veräußerungspreises von Anfang an zwischen dem Kläger und dem Erwerber umstritten und seien erst durch ein Schiedsgutachten geregelt worden.
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Das FA beantragt,
das Urteil des FG München vom 16. März 2017 10 K 2391/16 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie sind der Ansicht, dass ein dem Urteil des FG Köln in EFG 2013, 616 vergleichbarer Sachverhalt nicht vorliege. Im Unterschied zu dem dort entschiedenen Fall sei im Streitfall schon im Kaufvertrag vom 8. April 2002 der Erwerber des Kommanditanteils zu einer Rentenzahlung als Gegenleistung verpflichtet worden. Entgegen der Auffassung des FA liege auch ein klassischer Fall einer Versorgungsrente vor. Bei Versorgungswerken sei es auch üblich, der Witwe einen Anspruch einzuräumen. Es verbleibe aber das Risiko des Vorversterbens oder gleichzeitigen Versterbens der Ehefrau. Zudem liege nach Auffassung der Kläger ein "weiterer" steuererheblicher Sachverhalt im geänderten Steuerbescheid in Höhe des deutlich erhöhten Veräußerungsgewinns vor, der es erstmals notwendig mache, sich mit der Ausübung des Wahlrechts zu befassen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid vom 23. Dezember 2015 das Wahlrecht der Besteuerung im Jahr des Zuflusses in den Grenzen des § 351 AO ausüben konnte und insoweit der Veräußerungsgewinn in Höhe von 161.000 € nicht im Streitjahr zu erfassen war.
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1. Die Voraussetzungen für eine Wahl der Besteuerung der Renten im jeweiligen Jahr des Zuflusses gemäß § 24 Nr. 2 EStG i.V.m. §§ 15, 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, die sich für den Kläger aus den vom Erwerber abgeschlossenen Rentenversicherungen ergeben, sind gegeben.
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Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist.
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a) Für den Fall, dass ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil gegen Leibrente veräußert wird, hat der Steuerpflichtige die Wahl zwischen der sofortigen Versteuerung eines Veräußerungsgewinns nach den §§ 16, 34 EStG --Unterschiedsbetrag zwischen dem Kapitalwert der Rente sowie den Veräußerungskosten und dem auf den Veräußerungszeitpunkt ermittelten Wert des Betriebsvermögens (§ 16 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG)-- und einer nicht tarifbegünstigten Besteuerung der nachträglichen Betriebseinnahmen im Jahr des Zuflusses gemäß § 24 Nr. 2 EStG i.V.m. § 15 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 14. Mai 2002 VIII R 8/01, BFHE 199, 198, BStBl II 2002, 532, m.w.N.). Dieses Wahlrecht beruht auf einer teleologischen Reduktion des grundsätzlich zwingenden Anwendungsbereichs der §§ 16, 34 EStG i.V.m. dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Besteuerung (BFH-Urteile vom 26. Juli 1984 IV R 137/82, BFHE 141, 525, BStBl II 1984, 829, unter 1.; vom 20. Juli 2010 IX R 45/09, BFHE 230, 380, BStBl II 2010, 969, unter II.1.c; vom 11. November 2010 IV R 17/08, BFHE 232, 28, BStBl II 2011, 716, unter II.1.c; vom 17. Juli 2013 X R 40/10, BFHE 242, 58, BStBl II 2013, 883, Rz 28). Es trägt vor allem dem Umstand Rechnung, dass einerseits die Leibrentenforderung mit ihrem Gegenwartswert zu bewerten ist und damit der Veräußerungsgewinn bereits im Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den wesentlichen Betriebsgrundlagen verwirklicht wird (BFH-Urteile in BFHE 141, 525, BStBl II 1984, 829; vom 14. Dezember 1988 I R 44/83, BFHE 155, 368, BStBl II 1989, 323), andererseits jedoch der --gemessen an der statistischen Wahrscheinlichkeit-- vorzeitige Tod des (oder der) Rentenberechtigten nicht zu einer (rückwirkenden) Korrektur des Veräußerungsgewinns führt (BFH-Urteil vom 19. August 1999 IV R 67/98, BFHE 190, 150, BStBl II 2000, 179; Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 III R 22/05, BFH/NV 2009, 1409, unter II.3.c) und deshalb dessen Ansatz mit der Folge verbunden sein kann, dass der Veräußerer Gewinne zu versteuern hat, die er tatsächlich niemals erzielt (BFH-Urteile vom 20. Januar 1971 I R 147/69, BFHE 101, 218, BStBl II 1971, 302; in BFHE 232, 28, BStBl II 2011, 716). Auf dieser Grundlage kommt ein Wahlrecht insbesondere dann in Betracht, wenn langfristige wiederkehrende Bezüge vereinbart werden und diese entweder mit einem Wagnis behaftet sind oder hauptsächlich im Interesse des Veräußerers, um dessen Versorgung zu sichern, und nicht im Interesse des Erwerbers festgelegt werden (BFH-Urteil in BFHE 230, 380, BStBl II 2010, 969). Das Wahlrecht kann hinsichtlich der wiederkehrenden Bezüge zudem auch dann bestehen, wenn der Mitunternehmeranteil gegen wiederkehrende Bezüge und ein festes Entgelt veräußert wird (BFH-Urteile vom 7. November 1991 IV R 14/90, BFHE 166, 527, BStBl II 1992, 457; in BFHE 232, 28, BStBl II 2011, 716, unter II.1.c; Schmidt/Wacker, EStG, 36. Aufl., § 16 Rz 248; Kobor in Hermann/Heuer/Raupach, § 16 EStG Rz 410).
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b) Nach diesen Grundsätzen hat das FG zutreffend entschieden, dass der Kläger (zumindest teilweise) seinen Kommanditanteil gegen wiederkehrende Bezüge in Form von Rentenzahlungen veräußert hat.
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aa) Das FG hat zutreffend darauf abgestellt, dass die Rentenzahlungen im Streitfall aufgrund der lebenslänglichen Zahlungen jedenfalls in Zeiträumen ohne Erwerbsbezüge der Versorgung dienten.
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bb) Entgegen der Ansicht des FA schließt der Umstand, dass Leistungsverpflichteter für die Rentenzahlung aufgrund des Abschlusses einer Rückdeckungsversicherung oder Direktversicherung die Versicherungsgesellschaft und nicht der Erwerber des Kommanditanteils war, das Merkmal einer Veräußerung gegen wiederkehrende Bezüge nicht aus. Denn im Unterschied zu dem vom FG Köln in seinem Urteil in EFG 2013, 616 entschiedenen Fall war die Rentenzahlungsverpflichtung des Erwerbers bereits im Veräußerungsvertrag festgelegt. Zudem kommt es bei der Frage, ob langfristig wiederkehrende wagnisbehaftete oder der Versorgung dienende Bezüge vorliegen, nicht darauf an, ob der Zahlungsverpflichtete der Erwerber ist, da die maßgeblichen Kriterien der Wagnisbehaftung und des Versorgungscharakters aus Sicht des Veräußerers (Rentenberechtigten) zu beurteilen sind (Levedag, EFG 2013, 618, 619). Das Wahlrecht gilt daher auch für wiederkehrende Leistungen, die von dritter Seite im Zusammenhang mit der Veräußerung erbracht werden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 166, 527, BStBl II 1992, 457, unter 3.; Schmidt/ Wacker, 36. Aufl., § 16 Rz 237).
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2. Die Kläger konnten ihr Wahlrecht zur Besteuerung der nachträglichen Betriebseinnahmen im Jahr des Zuflusses auch noch im Einspruchsverfahren gegen den gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid vom 23. Dezember 2015 ausüben.
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a) Die ständige Rechtsprechung des BFH lässt die Ausübung von Antrags- oder Wahlrechten, die dem Grunde nach keiner zeitlichen Begrenzung unterliegen, grundsätzlich so lange zu, wie der entsprechende Steuerbescheid nicht formell und materiell bestandskräftig ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 27. Oktober 2015 X R 44/13, BFHE 252, 94, BStBl II 2016, 278). Dies gilt auch für das vorliegende Wahlrecht.
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Die Änderung eines Antrags- oder Wahlrechts ist damit auch dann zuzulassen, wenn und soweit der Bescheid lediglich partiell noch nicht formell und materiell bestandskräftig ist. Das erfasst auch diejenigen Fälle, in denen Änderungsbescheide auf der Grundlage einer selbständigen Änderungsvorschrift --etwa §§ 172 ff. AO-- die teilweise Durchbrechung der Bestandskraft bewirken (BFH-Urteil vom 9. Dezember 2015 X R 56/13, BFHE 252, 241, BStBl II 2016, 967, Rz 25). Wird ein solcher Änderungsbescheid angefochten, so folgt jedoch aus § 351 Abs. 1 AO, dass die Änderung der Antrags- oder Wahlrechtsausübung nur dann möglich ist, wenn die dadurch zu erzielende Steueränderung den durch die partielle Durchbrechung der Bestandskraft gesetzten Rahmen nicht verlässt. Die Vorschrift begrenzt die Anfechtbarkeit und damit auch die durch den Einspruch bewirkte Änderbarkeit eines Änderungsbescheids auf den Umfang der Änderung und stellt damit u.a. klar, dass es im Übrigen bei der zuvor eingetretenen Bestandskraft bleibt (BFH-Urteil in BFHE 252, 241, BStBl II 2016, 967, Rz 26).
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b) Das FG hat die vorstehenden Grundsätze zutreffend auf den Streitfall angewandt.
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aa) Die Kläger haben nicht die Änderung eines bestandskräftigen Bescheids begehrt. Vielmehr haben sie einen steuererhöhenden Änderungsbescheid angegriffen, der als solcher nicht bestandskräftig geworden ist. Dieser Umstand berechtigt sie dazu, im Rahmen der geänderten Steuerfestsetzung (§ 351 Abs. 1 AO) alle tatsächlichen und rechtlichen (nicht bindenden) Einwendungen vorzubringen, selbst wenn sie sie schon gegen den ursprünglichen bestandskräftig gewordenen Bescheid hätten vorbringen können (Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 351 AO Rz 13; Siegers in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 351 AO Rz 52; Bartone in Gosch, AO § 351 Rz 12; so schon Reichsfinanzhof, Urteil vom 12. Mai 1923 II A 94/23, RFHE 12, 133; BFH-Urteil vom 15. Dezember 1961 IV 286/58 U, BFHE 74, 375, BStBl III 1962, 142, zu den gleichlautenden Vorgängerregelungen zu § 351 AO). Das gilt grundsätzlich auch für die Änderung eines Antrags- oder Wahlrechts, sofern die dadurch bewirkte Anpassung sich im Änderungsrahmen des § 351 AO hält. § 351 AO normiert nur eine quantitative, aber keine qualitative Änderungssperre (von Beckerath in Gosch, FGO § 42 Rz 37). Entscheidend ist, dass nur die festgestellten oder festgesetzten Beträge (der Tenor des Verwaltungsakts), nicht dagegen die Gründe des Bescheids in Bestandskraft wachsen (vgl. § 157 Abs. 2 AO). Unerheblich ist insoweit auch, aus welchen Gründen es zu einer partiellen Durchbrechung des angefochtenen Bescheids gekommen ist.
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bb) Soweit der BFH in BFHE 252, 94, BStBl II 2016, 278 (Rz 27) ausführt, dass "jedenfalls dann, wenn für den Steuerpflichtigen erst durch die erstmalige Erfassung eines weiteren steuererheblichen Sachverhalts im Änderungsbescheid überhaupt die wirtschaftliche Notwendigkeit entsteht, sich mit der Ausübung eines einkommensteuerrechtlichen Antrags- oder Wahlrechts für denselben Veranlagungszeitraum zu befassen, (es) interessengerecht (sei), ihm diese Möglichkeit bis zur formellen Bestandskraft des Änderungsbescheids zuzugestehen" steht dies der Zulässigkeit, die Zuflussbesteuerung nach Erlass des Änderungsbescheids zu wählen, nicht entgegen. Das FG hat zutreffend ausgeführt, dass durch die Erhöhung des Veräußerungsgewinns ein weiterer steuererheblicher Sachverhalt im Änderungsbescheid erfasst wurde, der es wirtschaftlich notwendig machte, sich mit der Ausübung des geänderten Wahlrechts zu befassen. Entgegen der Ansicht des FA ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus Sinn und Zweck des § 351 AO, dass der Steuerpflichtige die zusätzliche durch die Änderung eingetretene Beschwer nur angreifen kann, wenn die Änderung auf einem erstmals erfassten neuen Sachverhalt beruht. Soweit die Wahlrechtsausübung im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens auch zur Gestaltung im Änderungsrahmen des § 351 AO eingesetzt wird, ist das der fehlenden (teilweisen) Bestandskraft immanent (Steinhauff, jurisPR-SteuerR 17/2016, Anm. 1).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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Referenzen
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- 1984 IV R 137/82 1x (nicht zugeordnet)
- 1999 IV R 67/98 1x (nicht zugeordnet)
- 2010 IV R 17/08 1x (nicht zugeordnet)
- 1923 II A 94/23 1x (nicht zugeordnet)
- 10 K 2391/16 1x (nicht zugeordnet)
- 2010 IX R 45/09 1x (nicht zugeordnet)
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