Versäumnisurteil vom Bundesgerichtshof (5. Zivilsenat) - V ZR 266/12
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Kammergerichts vom 16. Oktober 2012 aufgehoben.
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Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
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Von Rechts wegen
Tatbestand
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Die Beklagte beauftragte die Firma T.GmbH mit dem Verkauf einer gebrauchten vermieteten Eigentumswohnung. Mitarbeiter dieser Firma führten Beratungsgespräche mit der Klägerin und ihrem (im Verlauf des Rechtsstreits verstorbenen) Ehemann und stellten in einem Gespräch am 12. August 2006 die Eigentumswohnung der Beklagten vor. Mit notarieller Urkunde vom gleichen Tag gaben die Klägerin und ihr Ehemann ein Kaufangebot ab, das die folgende Klausel enthält:
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„An dieses Angebot hält sich Käufer auf die Dauer von 4 Wochen von heute an gebunden. Nach Ablauf dieser Frist erlischt nicht das Angebot, sondern nur die Bindung hieran. Die Annahme des Angebots kann solange erklärt werden, solange dem beurkundenden Notar gegenüber das Angebot nicht schriftlich widerrufen worden ist. Für die Wirksamkeit des Vertragsabschlusses soll die Beurkundung der Annahmeerklärung ausreichen. Des Zuganges einer Ausfertigung der Annahmeerklärung beim Käufer bedarf es zur Wirksamkeit nicht."
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Mit notarieller Erklärung vom 2. Oktober 2006 nahm die Beklagte das Angebot an. Die Käufer zahlten den Kaufpreis in Höhe von 91.000 € und wurden als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.
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Auf die Klage hat das Landgericht die Beklagte - soweit von Interesse - zur Rückzahlung von 91.000 € Zug um Zug gegen Rück-Übereignung und Rückgabe der Eigentumswohnung verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision will die Klägerin die Zurückweisung der Berufung erreichen.
Entscheidungsgründe
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I.
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Das Berufungsgericht meint, der Kaufvertrag sei zustande gekommen, weil das Angebot der Klägerin und ihres Ehemannes im Zeitpunkt der Annahme noch nicht erloschen gewesen sei. Die maßgebliche Klausel sei nicht gemäß § 308 Nr. 1 BGB unwirksam. Sie sehe lediglich eine Bindung von vier Wochen vor. Auch sei nicht zu beanstanden, dass das Angebot nach Ablauf dieser Frist widerruflich fortgelte. Den Käufern habe es ohne weiteres offen gestanden, von dem Vertrag Abstand zu nehmen. Auf die schuldhafte Verletzung eines zwischen den Parteien geschlossenen Beratungsvertrags könne sich die Klägerin nicht stützen, weil jedenfalls kein Beratungsfehler ersichtlich sei.
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II.
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Über die Revision der Klägerin ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. Senat, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 82).
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Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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1. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des Kaufpreises von 91.000 € Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung der Eigentumswohnung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB. Die Käufer haben den Kaufpreis ohne Rechtsgrund geleistet, weil ein Kaufvertrag nicht zustande gekommen ist.
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a) Bei der Angebotsannahme durch die Beklagte war die in dem Kaufangebot bestimmte vierwöchige Bindungsfrist, die sich - regelmäßig und auch hier - mit der dem Empfänger für die Annahme des Angebots eingeräumten Frist (§ 148 BGB) deckt, verstrichen; denn die Beklagte hat die Annahmeerklärung erst nach Ablauf von fast zwei Monaten abgegeben.
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b) Die in dem Angebot enthaltene Erklärung, dass nach Ablauf der vierwöchigen Bindungsfrist nur die Bindung an das Angebot, nicht aber das Angebot selbst erlöschen solle, führt nicht zu einer Fortgeltung des Angebots, weil die Klausel gemäß § 308 Nr. 1 BGB unwirksam ist.
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aa) Unter Bezugnahme auf die Feststellungen und die rechtliche Würdigung des Landgerichts sieht das Berufungsgericht die Klausel als von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung an. Dies ist nicht zu beanstanden, nachdem das Landgericht festgestellt hat, dass der Inhalt des Kaufangebots von der gewerblich im Grundstückshandel tätigen Beklagten vorgegeben war und nicht zur Disposition der Käufer stand. Danach unterliegt die Klausel gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BGB den Vorschriften über die richterliche Kontrolle des Inhalts Allgemeiner Geschäftsbedingungen (§§ 307 bis 309 BGB) und wird als Vertragsabschlussklausel von § 308 Nr. 1 BGB erfasst (vgl. zu Letzterem Senat, Urteile vom 11. Juni 2010 - V ZR 85/09, NJW 2010, 2873 Rn. 7; vom 7. Juni 2013 - V ZR 10/12, NJW 2013, 3434 Rn. 11 ff.; vom 27. September 2013 - V ZR 52/12, ZfIR 2014, 51 Rn. 9; vom 22. November 2013 - V ZR 229/12, juris Rn. 13; vom 17. Januar 2014 - V ZR 5/12, NJW 2014, 857 Rn. 6).
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bb) Der Senat hat - allerdings erst nach dem Erlass des angefochtenen Urteils - entschieden, dass Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach denen das Angebot des anderen Teils - wie hier - unbefristet fortbesteht und von dem Verwender jederzeit angenommen werden kann, auch dann mit § 308 Nr. 1 Halbs. 1 BGB unvereinbar sind, wenn sich der andere Teil durch einen Widerruf von seinem Angebot lösen kann (näher Senat, Urteil vom 7. Juni 2013 - V ZR 10/12, NJW 2013, 3434 Rn. 11 ff.).
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cc) Danach war das Angebot der Käufer im Zeitpunkt der Annahme gemäß § 146 BGB erloschen. Anhaltspunkte dafür, dass die Käufer die verspätete Annahmeerklärung der Beklagten, die gemäß § 150 Abs. 1 BGB als neues Angebot gilt, angenommen haben, sind nicht ersichtlich. Eine Annahme durch Schweigen kommt bei beurkundungsbedürftigen Grundstücksgeschäften nicht in Betracht. Die von dem anderen Teil zur Erfüllung vorgenommenen Handlungen wie etwa die Kaufpreiszahlung sind grundsätzlich nicht als schlüssige Annahmeerklärung auszulegen (näher Senat, Urteil vom 11. Juni 2010 - V ZR 85/09, NJW 2010, 2873 Rn. 16 ff.).
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2. Ob die Klägerin den Rückzahlungsanspruch auch auf § 280 Abs. 1 BGB wegen schuldhafter Verletzung der Pflichten aus einem zwischen den Kaufvertragsparteien geschlossenen Beratungsvertrag stützen könnte, kann offenbleiben. Denn über den Bereicherungsanspruch hinausgehende Rechte könnten sich aus § 280 Abs. 1 BGB im Hinblick auf den nunmehr allein verfahrensgegenständlichen Rückzahlungsanspruch nicht ergeben.
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III.
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Danach ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1 ZPO; § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht im Sinne von § 563 Abs. 3 ZPO zur Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht hat - von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zu der Höhe des Bereicherungsanspruchs der Klägerin getroffen, insbesondere im Hinblick auf etwaige Nutzungen bzw. Verwendungen auf die Sache (vgl. dazu Senat, Urteile vom 17. Januar 2014 - V ZR 5/12, NJW 2014, 857 Rn. 17 und vom 27. September 2013 - V ZR 52/12, ZfIR 2014, 51 Rn. 31 ff. jeweils mwN).
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Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch
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Brückner Weinland
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Referenzen
- BGB § 307 Inhaltskontrolle 1x
- ZPO § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils 1x
- BGB § 148 Bestimmung einer Annahmefrist 1x
- BGB § 308 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit 4x
- V ZR 52/12 2x (nicht zugeordnet)
- BGB § 310 Anwendungsbereich 1x
- V ZR 110/60 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 812 Herausgabeanspruch 1x
- BGB § 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit 1x
- V ZR 85/09 2x (nicht zugeordnet)
- BGB § 146 Erlöschen des Antrags 1x
- V ZR 229/12 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung 2x
- BGB § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung 2x
- V ZR 10/12 2x (nicht zugeordnet)
- V ZR 5/12 2x (nicht zugeordnet)
- BGB § 150 Verspätete und abändernde Annahme 1x