Beschluss vom Bundesgerichtshof (1. Strafsenat) - 1 StR 218/14
Tenor
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1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 25. Februar 2014
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a) im Schuldspruch dahingehend klarstellend gefasst, dass die Angeklagte des Betrugs in 16 Fällen schuldig ist,
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b) in den Aussprüchen über die Gesamtstrafen aufgehoben.
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2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
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3. Die weitergehende Revision der Angeklagten wird verworfen.
Gründe
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Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Betrugs in vier tatmehrheitlichen Fällen unter Einbeziehung „des Urteils des Amtsgerichts Rosenheim vom 22.04.2010" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es die Angeklagte wegen Betrugs in zwölf Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Im Übrigen hat das Landgericht die Angeklagte freigesprochen und bestimmt, dass die in Irland vollzogene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 angerechnet wird.
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Das auf die allgemeine Sachrüge gestützte Rechtsmittel der Angeklagten hat lediglich den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen geringen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
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I.
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Das angefochtene Urteil kann keinen Bestand haben, soweit das Landgericht gegen die Angeklagte zwei Gesamtfreiheitsstrafen verhängt und in die Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren die durch Urteil des Amtsgerichts Rosenheim vom 22. April 2010 verhängte Freiheitsstrafe von acht Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden war, einbezogen hat.
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1. Die genannte Freiheitsstrafe durfte nicht in die zweijährige Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen werden.
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a) Der Einbeziehung steht der das Auslieferungsrecht beherrschende Grundsatz der Spezialität (Art. 14 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens, Art. 83h Abs. 1 IRG) entgegen.
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Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 13. Mai 2014 zutreffend ausgeführt hat, ist die Angeklagte aufgrund eines durch das Amtsgericht Traunstein (5 Gs ) am 25. Januar 2012 erlassenen Europäischen Haftbefehls in Irland festgenommen und aufgrund einer am 14. Oktober 2013 ergangenen Entscheidung des High Courts der Republik Irland ausgeliefert worden (vgl. Sachakten Band II S. 596). Der genannte Europäische Haftbefehl erfasst lediglich die im hiesigen Verfahren gegenständlichen Straftaten unter Einschluss derjenigen, hinsichtlich derer die Angeklagte freigesprochen worden ist. Um eine Auslieferung zur Vollstreckung der im rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Rosenheim verhängten Freiheitsstrafe ist die Republik Irland nicht ersucht worden und hat dementsprechend insoweit keine Zustimmung erteilt. Die Angeklagte hat auf die Beachtung des Spezialitätsgrundsatzes auch nicht verzichtet (Sachakten Band II S. 598).
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Die Nichtbeachtung des auslieferungsrechtlichen Spezialitätsgrundsatzes bewirkt ein Vollstreckungshindernis (vgl. EuGH, Urteil vom 1. Dezember 2008 - Rs. C-388/08 [Leymann und Pustovarov], NStZ 2010, 35, 38 Rn. 57 mit Anmerkung Heine; BGH, Beschluss vom 7. August 2012 - 1 StR 314/12, NStZ-RR 2012, 345 mwN). Eine wegen dieses Hindernisses nicht vollstreckbare Strafe darf nicht in eine Gesamtstrafe einbezogen werden (BGH, Beschlüsse vom 12. August 1997 - 4 StR 345/97, NStZ 1998, 149 mwN; vom 27. Juli 2011 - 4 StR 303/11, NStZ 2012, 100; vom 4. Februar 2013 - 3 StR 395/12, NStZ-RR 2013, 178; aA - ohne nähere Begründung - Hackner in Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Aufl., IRG § 83h Rn. 7 aE).
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b) Aus dem Umstand, dass die Vollstreckung der durch das Amtsgericht Rosenheim verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden war, folgt nichts anderes. § 83h Abs. 2 Nr. 3 IRG bestimmt zwar, dass das Verbot des § 83h Abs. 1 IRG nicht gilt, wenn die Strafverfolgung nicht zur Anwendung einer die persönliche Freiheit beschränkenden Maßnahme führt. Wie der Bundesgerichtshof aber bereits entschieden hat, greift die Regelung des § 83h Abs. 2 Nr. 3 IRG bei der Einbeziehung einer für sich genommen zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe in eine nicht aussetzungsfähige Gesamtstrafe nicht ein (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2011 - 4 StR 303/11, NStZ 2012, 100). Denn ungeachtet der teilweise verbleibenden Eigenständigkeit der in eine Gesamtstrafe eingestellten Einzelstrafe würde die Berücksichtigung der selbständig wegen der Geltung des Spezialitätsgrundsatzes nicht vollstreckbaren Einzelstrafe in einer Gesamtstrafe insgesamt zu der Vollstreckung „einer die persönliche Freiheit beschränkenden Maßnahme" führen, deren Teil die nicht zulässig vollstreckbare Freiheitsstrafe wäre (BGH, aaO). Eine Einbeziehung der fraglichen Einzelfreiheitsstrafe kommt daher erst dann in Betracht, wenn eine Bewilligung durch die Republik Irland, etwa im Rahmen eines Nachtragsersuchens, oder ein Verzicht (§ 83h Abs. 2 Nr. 5 und Abs. 3 IRG) auf die Anwendung des Spezialitätsgrundsatzes seitens der Angeklagten erklärt würde.
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2. Da die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Rosenheim nicht vollstreckbar und damit (derzeit) nicht in eine Gesamtstrafe einbezogen werden kann, entfaltet sie keine Zäsurwirkung (vgl. BGH, Beschluss vom 12. August 1997 - 4 StR 345/97, NStZ 1998, 149 mwN; siehe auch BGH, Beschluss vom 7. März 2006 - 5 StR 58/06, StraFo 2006, 246). Der Senat verweist die Sache daher zur Bildung einer neuen Gesamtstrafe aus den für die 16 verfahrensgegenständlichen Betrugstaten verhängten Einzelstrafen zurück. Angesichts des dem Landgericht lediglich unterlaufenen Wertungsfehlers bei der bisherigen Gesamtstrafenbildung bedarf es der Aufhebung der zur Gesamtstrafe getroffenen Feststellungen nicht.
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Sollte die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Rosenheim zu einem späteren Zeitpunkt, etwa nach einem Nachtragsersuchen an die Republik Irland, vollstreckbar werden, so wären gemäß § 460 StPO aus dieser Strafe und aus den im hiesigen Verfahren festgesetzten Einzelstrafen (unter Auflösung der Gesamtstrafe) nachträglich neue Gesamtstrafen zu bilden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. August 1997 - 4 StR 345/97, NStZ 1998, 149 sowie vom 27. Juli 2011 - 4 StR 303/11, NStZ 2012, 100).
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3. Im Hinblick auf die derzeit lediglich zu bildende eine Gesamtstrafe hat der Senat den Schuldspruch wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich klarstellend neu gefasst.
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II.
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Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten hervorgebracht.
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Raum Rothfuß Jäger
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Radtke Mosbacher
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Referenzen
- StPO § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss 1x
- StPO § 460 Nachträgliche Gesamtstrafenbildung 1x
- 4 StR 303/11 3x (nicht zugeordnet)
- 3 StR 395/12 1x (nicht zugeordnet)
- IRG § 83h Spezialität 4x
- 1 StR 314/12 1x (nicht zugeordnet)
- 4 StR 345/97 3x (nicht zugeordnet)
- 5 StR 58/06 1x (nicht zugeordnet)