Urteil vom Bundesgerichtshof (10. Zivilsenat) - X ZR 34/14

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das am 21. Februar 2014 verkündete Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

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Die Kläger verlangen - der Kläger zu 1 auch aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau - die Leistung von Ausgleichszahlungen in Höhe von insgesamt 1.600 € gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b, Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Falle der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/01 (ABl. EU L 46 vom 17. Februar 2004, S. 1; nachfolgend: Fluggastrechteverordnung).

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Die Ehefrau des Klägers zu 1 buchte bei dem Reiseveranstalter T.      GmbH für sich und die Kläger eine Flugpauschalreise in die Türkei. Der Hinflug von Düsseldorf nach Antalya, den das von der Beklagten betriebene Luftverkehrsunternehmen C.        durchführen sollte, war für den 28. Oktober 2011 um 9.00 Uhr mit dem Flug C. 1  vorgesehen. Am 14. Oktober 2011 um 20.16 Uhr ging im E-Mail-Postfach der Reisenden die Mitteilung der T.      GmbH ein, dass sie auf einen anderen Hinflug umgebucht worden seien. Die Reisenden wurden dieser Mitteilung entsprechend am 28. Oktober 2011 um 15.30 Uhr mit dem von der Beklagten planmäßig durchgeführten Flug C. 0  nach Antalya befördert. Die Kläger sind der Auffassung, dass hierin eine nach der Fluggastrechteverordnung zur Zahlung von Ausgleichsleistungen verpflichtende Nichtbeförderung auf dem ursprünglich gebuchten, von der Beklagten ebenfalls planmäßig durchgeführten Flug liege.

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Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger, mit der sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstreben. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

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I. Das Berufungsgericht hat angenommen, den Klägern stehe kein Anspruch auf die begehrte Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung zu. Es sei zwar davon auszugehen, dass die Reisenden über eine bestätigte Buchung über den früheren Flug verfügten, was auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt werde. Eine Nichtbeförderung im Sinne der Verordnung könne jedoch nicht angenommen werden, weil dies voraussetze, dass sich die Fluggäste rechtzeitig zur Abfertigung für den ursprünglich gebuchten Flug am Schalter der Beklagten eingefunden hätten. Selbst wenn es diesen nicht zuzumuten gewesen wäre, sich trotz der mitgeteilten Umbuchung zum früheren Flug am Flughafen einzufinden, weil sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen durften, nicht auf diesem Flug befördert zu werden, wäre der geltend gemachte Ausgleichsanspruch zu verneinen. Denn jedenfalls fehle es an der weiteren Voraussetzung einer Weigerung der Beklagten, die Fluggäste zu befördern. Zwar könne aus Sicht des Fluggastes eine Umbuchung, der er nicht zugestimmt habe, einer Weigerung, ihn auf dem ursprünglich vorgesehenen Flug zu befördern, gleichkommen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne aber auch bei einer vorzeitigen, vor Eintreffen des Fluggastes am Flugsteig stattfindenden Ablehnung der Beförderung eine Weigerung, den Fluggast zu befördern, nur angenommen werden, wenn sie diesem gegenüber zum Ausdruck gebracht werde. Daran fehle es im Streitfall. Die Fluggäste hätten ihren Willen, an dem ursprünglich gebuchten Flug teilzunehmen, der Beklagten nicht kundgetan. Es obliege dem Fluggast, nach der Buchung nochmals aktiv zu werden und seinen Teilnahmewunsch am Flug zu äußern, was in der Regel dadurch erfolge, dass sich der Fluggast am Flugsteig einfinde, um das Flugzeug zu besteigen. Dies sei auch nicht entbehrlich gewesen, weil dem üblicherweise am Abflugtag zu äußernden Teilnahmebegehren durch die Mitteilung über die Umbuchung vierzehn Tage vor Abflug im Wege einer antizipierten Beförderungsverweigerung vorgegriffen worden sei. Es sei nicht ersichtlich, dass die Fluggäste die Umbuchung nicht akzeptiert und auf einer Beförderung mit dem ursprünglichen Flug bestanden hätten.

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II. Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen des geltend gemachten Ausgleichsanspruchs wegen Nichtbeförderung nach Art. 7, Art. 4 Abs. 3 FluggastrechteVO in einem entscheidenden Punkt unzutreffend beurteilt. Dem Berufungsgericht kann nicht darin gefolgt werden, dass ein Anspruch wegen Nichtbeförderung stets voraussetzt, dass sich der Fluggast rechtzeitig zur Abfertigung für den gebuchten Flug eingefunden hat.

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1. Zwar legen diese Voraussetzung grundsätzlich sowohl der Gerichtshof der Europäischen Union (Urteile vom 4. Oktober 2012 - C-321/11, Rodríguez Cachafeiro u.a./Iberia, Líneas Aéreas de España SA, EuZW 2012, 942 Rn. 19, und C-22/11, Finnair Oyi/Timy Lassooy, EuZW 2012, 945 Rn. 25, 29) als auch der Bundesgerichtshof zugrunde (Urteil vom 30. April 2009 - Xa ZR 78/08, NJW 2009, 2740 Rn. 7, 9-14 = RRa 2009, 239; Urteil vom 28. August 2012 - X ZR 128/11, NJW 2013, 378 Rn. 12, 15 = RRa 2012, 285; Beschluss vom 9. Dezember 2010 - Xa ZR 80/10, RRa 2011, 84 Rn. 11).

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2. Das Berufungsgericht hat aber aus dem Wortlaut des Art. 2 Buchst. j FluggastrechteVO, wonach unter "Nichtbeförderung" die Weigerung zu verstehen ist, Fluggäste zu befördern, die sich unter den in Art. 3 Abs. 2 FluggastrechteVO genannten Bedingungen am Flugsteig eingefunden haben, zu Unrecht gefolgert, dass das rechtzeitige Erscheinen des Fluggastes zur Abfertigung auch bei einer vorzeitigen, vor dem Eintreffen des Reisenden am Flugsteig zum Ausdruck gebrachten Beförderungsverweigerung stets erforderlich ist.

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a) Bei der Formulierung der Voraussetzungen für den Ausgleichsanspruch geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Fluggast sich nur dann gemäß Art. 3 Abs. 2 Buchst. a FluggastrechteVO zur angegebenen Zeit oder mangels einer solchen 45 Minuten vor dem planmäßigen Abflug zur Abfertigung ("check-in") eingefunden haben muss, wenn ihm nicht schon vorher die Mitnahme verweigert worden ist (s. nur BGH, NJW 2009, 2740 Rn. 7 = RRa 2009, 239; NJW 2013, 378 Rn. 12 = RRa 2012, 285). Da diese Entscheidungen keine Fälle einer vorzeitigen Beförderungsverweigerung betrafen, war allerdings nur die Erwägung tragend, dass sich der Fluggast jedenfalls dann zur Abfertigung einfinden muss, wenn ihm bis dahin die Beförderung noch nicht verweigert worden ist. Im Vorlagebeschluss vom 7. Oktober 2008 (X ZR 96/06, NJW 2009, 285 = RRa 2009, 89) hat es der Senat für möglich gehalten, dass die Beförderungsverweigerung bei einer "Umbuchung" keine Zurückweisung der Fluggäste am Flugsteig voraussetzt (BGH, RRa 2009, 89 Rn. 7). Er musste die Frage aber aufgrund der außergerichtlichen Einigung der Parteien nicht abschließend entscheiden.

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b) Dass es weder auf das Erscheinen zur Abfertigung noch auf das Erscheinen am Ausgang ankommt, wenn das Luftverkehrsunternehmen bereits zuvor unzweideutig zum Ausdruck gebracht hat, dem Fluggast die Beförderung auf dem gebuchten Flug zu verweigern, ergibt sich unmittelbar aus dem Sinn und Zweck des Ausgleichsanspruchs wegen Nichtbeförderung und der Systematik der Fluggastrechteverordnung.

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Die Verordnung nimmt zwar den Fall, dass dem Fluggast die Beförderung bereits verweigert wird, bevor er sich am Flugsteig eingefunden hat, nicht ausdrücklich in den Blick. Vielmehr wird die Beförderungsverweigerung in Art. 2 Buchst. j FluggastrechteVO gerade als die Zurückweisung des einsteigewilligen Fluggastes am Flugsteig definiert. Angesichts des von der Fluggastrechteverordnung angestrebten hohen Schutzniveaus kann das Erscheinen am Ausgang dennoch nicht in allen Fällen als Voraussetzung für einen Ausgleichsanspruch gefordert werden.

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Der Ausgleichsanspruch wegen Nichtbeförderung nach Art. 4 Abs. 3 FluggastrechteVO besteht - auch wenn er nicht hierauf beschränkt ist (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2012 - C-22/11, Finnair Oyi/Timy Lassooy, EuZW 2012, 945 Rn. 21-24) - vor allem bei einer Verweigerung des Einstiegs in den in den Absätzen 1 und 2 der Vorschrift angesprochenen Überbuchungsfällen. In diesem Fall muss das Luftverkehrsunternehmen nach Art. 4 Abs. 1 FluggastrechteVO zunächst versuchen, am Flugsteig erschienene Fluggäste gegen eine entsprechende - zu vereinbarende - Gegenleistung zum freiwilligen Verzicht auf ihre Buchung zu bewegen. Finden sich nicht genügend Freiwillige, kann das Luftverkehrsunternehmen nach Art. 4 Abs. 2 FluggastrechteVO zwar weiteren Fluggästen die Beförderung verweigern. Es ist dann aber diesen gegenüber zu einer Ausgleichszahlung nach Art. 7 FluggastrechteVO verpflichtet.

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Ist für das Luftverkehrsunternehmen dagegen schon im Vorfeld und nicht erst bei Erscheinen der Fluggäste am Flugsteig absehbar, dass nicht alle auf den betreffenden Flug gebuchten Fluggäste befördert werden können, und erklärt es dementsprechend Fluggästen schon zu einem früheren Zeitpunkt, ohne die nach Art. 4 Abs. 1 FluggastrechteVO vorgeschriebene Vorgehensweise einzuhalten, sie nicht mit dem gebuchten Flug befördern zu wollen, würde es dem von der Fluggastrechteverordnung angestrebten Schutz der Fluggäste zuwiderlaufen, wenn der Ausgleichsanspruch wegen Nichtbeförderung auch bei dieser Konstellation vom Erscheinen des Fluggastes am Flugsteig abhängig gemacht würde. In diesem Fall wäre bereits das Erscheinen zur Abfertigung eine sinnlose, unter Umständen - etwa bei längerer Anreise zum Flughafen - mit beträchtlichem Aufwand verbundene Handlung des Fluggastes. Selbst wenn der Fluggast sie gleichwohl auf sich nähme, könnte er indessen die weitere Voraussetzung nicht erfüllen, sich bis zum Abschluss des Einsteigevorgangs am Flugsteig einzufinden, da er ohne Abfertigung durch das Luftverkehrsunternehmen nicht zum Flugsteig gelangen kann. Könnte aber das Luftverkehrsunternehmen sich dem Ausgleichsanspruch wegen Nichtbeförderung dadurch entziehen, dass es bereits die Abfertigung verweigert, wäre der Schutz des Fluggastes ausgehöhlt. Wenn daher das Luftverkehrsunternehmen bereits zuvor unzweideutig zum Ausdruck gebracht hat, den Fluggast nicht abfertigen zu wollen, kann der Ausgleichsanspruch nach Art. 4 Abs. 3 i.V.m. Art. 7 FluggastrechteVO nicht vom Erscheinen des Fluggastes zur Abfertigung abhängig gemacht werden.

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Aus der Sicht des Fluggastes ist die Situation bei einer vorzeitigen Zurückweisung mit der Annullierung eines Fluges vergleichbar. In beiden Fällen wird er nicht auf dem von ihm gebuchten Flug befördert. Für den Fall der Annullierung setzt die Fluggastrechteverordnung für einen Ausgleichsanspruch aber ausdrücklich nicht das persönliche Erscheinen des Fluggastes zur Abfertigung voraus. Im Fall einer vorzeitig mitgeteilten Beförderungsverweigerung kann nichts anderes gelten.

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c) Etwas anderes lässt sich entgegen der Annahme des Berufungsgerichts auch nicht dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16. April 2013 (X ZR 83/12, NJW-RR 2013, 1462 = RRa 2013, 282) entnehmen. In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof einen Ausgleichsanspruch wegen Nichtbeförderung verneint, weil es in dem zugrunde liegenden Fall an einer Erklärung des Luftfahrtunternehmens gefehlt hat, der eine Beförderungsverweigerung hätte entnommen werden können. Der Kläger dieses Verfahrens, der bis zur Beendigung des Einsteigevorgangs nicht am Flugsteig erschienen war, war weder am Flugsteig oder bei der Abfertigung zurückgewiesen worden, noch konnte er ein Verhalten oder eine Äußerung des beklagten Luftfahrtunternehmens dartun, mit dem eine vorzeitige Zurückweisung zum Ausdruck gebracht worden wäre.

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3. Das Berufungsurteil wird auch nicht durch die weitere Erwägung des Berufungsgerichts getragen, die Fluggäste hätten der "Umbuchung" zumindest widersprechen müssen.

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a) Eine Pflicht zur Ausgleichszahlung entsteht allerdings nicht schon dann, wenn Fluggäste nicht mit dem gebuchten Flug befördert worden sind. Vielmehr muss ihnen der Einstieg in das Flugzeug gegen ihren Willen (contre leur volonté; against their will) verweigert worden sein (Art. 4 Abs. 3 FluggastrechteVO).

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b) Diese Voraussetzung ist jedoch im Streitfall gleichfalls erfüllt. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bringt der Fluggast in der Regel seinen Willen, das Flugzeug zu besteigen, bereits dadurch hinreichend zum Ausdruck, dass er sich zu eben diesem Zweck vor Beendigung des Einsteigevorgangs am Ausgang einfindet. Der Verzicht auf eine Buchung, zu dem das ausführende Luftverkehrsunternehmen bei einem überbuchten Flug Fluggäste - gegen eine zu vereinbarende Gegenleistung - zu bewegen suchen muss, bedeutet, wenn die Fluggäste - wie regelmäßig - grundsätzlich an ihrem Beförderungswunsch festhalten, in der Sache die Zustimmung zu einer Umbuchung. Da das ausführende Luftverkehrsunternehmen nur dann Fluggästen gegen ihren Willen die Beförderung verweigern darf, wenn sich nicht genügend Freiwillige finden, erfolgt die Beförderungsverweigerung gegenüber all denjenigen Fluggästen gegen ihren Willen, die sich auch angesichts der angebotenen Gegenleistung nicht bereit erklärt haben, einer Umbuchung zuzustimmen oder auf die Beförderung insgesamt zu verzichten. Wenn das Luftverkehrsunternehmen, das absehen kann, dass Fluggästen die Beförderung zu verweigern ist, gar nicht erst abfragt, ob Fluggäste freiwillig auf die Beförderung mit dem gebuchten Flug verzichten, und ihnen auch keine Gegenleistung anbietet, sondern schon im Vorfeld unmittelbar mitteilt, dass sie nicht mit dem gebuchten Flug befördert werden können, enthält es den Fluggästen die in der Verordnung vorgesehene Möglichkeit zur Äußerung ihres Willens vor. Angesichts dessen kann eine Beförderungsverweigerung gegen deren Willen nicht deshalb verneint werden, weil die Fluggäste der Umbuchung nicht ausdrücklich widersprochen haben.

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c) Ob das Luftverkehrsunternehmen bei einer Umbuchung, die nach diesen Grundsätzen eine vorzeitige Verweigerung der Beförderung mit dem ursprünglich gebuchten Flug darstellt, in entsprechender Anwendung von Art. 5 Abs. 1 Buchst. c FluggastrechteVO von einer Ausgleichszahlung befreit ist, wenn es dem Fluggast die Umbuchung auf einen anderen Flug unter den in dieser Vorschrift genannten Bedingungen rechtzeitig mitteilt, kann im Streitfall dahingestellt bleiben. Da die Reisenden ihr Reiseziel mit dem späteren Hinflug erst über sechs Stunden später erreichen konnten, hätten sie entsprechend Art. 5 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. i FluggastrechteVO mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit über die Änderung unterrichtet werden müssen. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Da die E-Mail des Reiseveranstalters am 14. Oktober 2011 erst um 20.16 Uhr und damit außerhalb der üblichen Geschäftszeiten im E-Mail-Postfach der Reisenden eingegangen ist, kann eine Kenntnisnahme durch die Reisenden erst für den folgenden Tag angenommen werden. Zu diesem Zeitpunkt betrug die Frist bis zum ursprünglich geplanten Hinflug weniger als zwei Wochen.

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III. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif. Die Feststellungen des Berufungsgerichts erlauben keine Entscheidung, ob in der Umbuchungsmitteilung des Reiseveranstalters die der Beklagten zumindest zuzurechnende Erklärung zum Ausdruck gekommen ist, den Reisenden die Beförderung auf einem gebuchten und bestätigten Flug zu verweigern.

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Den Feststellungen ist nicht zu entnehmen, ob die Kläger über eine bestätigte Buchung für den früheren Flug verfügten.

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Die Buchung ist in Art. 2 Buchst. g FluggastrechteVO als der Umstand definiert, dass der Fluggast über einen Flugschein oder einen anderen Beleg verfügt, aus dem hervorgeht, dass die Buchung von dem Luftverkehrsunternehmen oder dem Reiseunternehmen, d.h. gemäß Art. 2 Buchst. d FluggastrechteVO dem Reiseveranstalter, akzeptiert und registriert wurde. Flugschein ist dabei nach Art. 2 Buchst. f FluggastrechteVO ein gültiges, einen Anspruch auf Beförderungsleistung begründendes Dokument oder ein gleichwertiger papierloser, auch elektronisch ausgestellter Berechtigungsnachweis, der von dem Luftverkehrsunternehmen oder dessen zugelassenem Vermittler ausgegeben oder genehmigt wurde. Die Fluggastrechteverordnung definiert dagegen nicht, was unter einem "anderen Beleg", aus dem hervorgeht, dass die Buchung von dem Reiseveranstalter "akzeptiert und registriert" wurde, zu verstehen ist.

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Der Abschluss eines eine Luftbeförderung umfassenden Reisevertrags kann nicht ohne weiteres als ein solcher Beleg angesehen werden. Dem steht schon entgegen, dass der Reisevertrag nicht notwendigerweise die Festlegung auf einen bestimmten Flug im Sinne der Fluggastrechteverordnung enthalten muss. Da die Regelung in Art. 2 Buchst. g FluggastrechteVO ausdrücklich auch eine von dem Reiseveranstalter akzeptierte und registrierte Buchung erfasst, kann aber auch nicht angenommen werden, dass der Buchungsbeleg stets vom Luftverkehrsunternehmen stammen noch auch nur gegenüber dem Reisenden und Fluggast notwendig den Anschein erwecken muss, vom Luftverkehrsunternehmen zu stammen. Im Hinblick auf das in Art. 3 Abs. 2 Buchst. a FluggastrechteVO enthaltene zusätzliche Erfordernis der Bestätigung der Buchung wird es vielmehr genügen, dass dem Fluggast vom Reiseveranstalter ein Beleg überlassen worden ist, aus dem sich verbindlich die vorgesehene Luftbeförderung mit einem bestimmten, typischerweise durch Flugnummer und Uhrzeit individualisierten, Flug ergibt.

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Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen getroffen, die seine Annahme tragen könnten, die Fluggäste hätten entsprechend der ersten Voraussetzung für den geltend gemachten Ausgleichsanspruch wegen Nichtbeförderung über die erforderlichen bestätigten Buchungen für den Flug C. 1  von Düsseldorf nach Antalya am 28. Oktober 2011 um 9.00 Uhr verfügt. Es führt in diesem Zusammenhang lediglich aus, es sei "davon auszugehen", dass die Kläger und die mitreisende Ehefrau über eine bestätigte Buchung für den früheren Flug verfügten, und die Beklagte habe dies auch "nicht in Abrede gestellt". Diese Ausführungen lassen schon nicht eindeutig erkennen, ob es sich bei der angenommenen bestätigten Buchung für den Flug C. 1  um ein durch einen Flugschein oder in anderer Weise belegtes verbindliches Versprechen der Beförderung mit dem Flug C. 1  gehandelt hat. Aus dem im Berufungsurteil wiedergegebenen Vortrag der Beklagten, sie habe selbst erst einen Tag vor Abflug die Passagierlisten von der T.      GmbH erhalten und von einer Umbuchung der Fluggäste keine Kenntnis gehabt, ergibt sich, dass die Beklagte behauptet hat, Flugscheine für den Flug C. 1  nicht ausgestellt zu haben. Da auch diese Behauptung Teil des Tatbestands ist, kann der revisionsrechtlichen Prüfung jedenfalls nicht zugrunde gelegt werden, dass die Beklagte für die Fluggäste Flugscheine ausgestellt habe. Für einen anderen Beleg und dessen Inhalt ist dem Berufungsurteil aber auch nichts Zureichendes zu entnehmen. Dazu ergibt sich auch nichts aus der Klageschrift, in der es hierzu lediglich heißt, Gegenstand der Reise sei auch ein Flug mit dem Flugunternehmen der Beklagten gewesen und nachfolgend würden "die geplanten und die tatsächlichen Flugdaten" zusammengestellt, die sodann mit Flugnummer und Uhrzeit gegenüber gestellt werden. Dies lässt offen, welcher Quelle die geplanten Flugzeiten zu entnehmen waren, und lässt auch nicht klar erkennen, ob sie als verbindliche Angaben zum Luftbeförderungsvorgang bestätigt worden sind.

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Aufgrund der getroffenen Feststellungen kann auch nicht beurteilt werden, ob in der Umbuchungsmitteilung die Erklärung zum Ausdruck gekommen ist, den Reisenden die Beförderung auf dem früheren Hinflug zu verweigern.

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Da sich die Buchung auch aus einem von dem Reiseveranstalter ausgestellten Beleg ergeben kann, mit dem die Luftbeförderung mit einem bestimmten Flug bestätigt wird, ist nicht ausgeschlossen, dass das Luftverkehrsunternehmen auch die Verweigerung der Erfüllung der Beförderungsverpflichtung durch den Reiseveranstalter gegen sich gelten lassen muss, zumal die Verordnung, wie der Senat ausgeführt hat, nur in einigen, aber nicht in allen Sprachfassungen ausdrücklich eine Weigerung durch das Luftverkehrsunternehmen verlangt (Beschluss vom 7. Oktober 2008 - X ZR 96/06, NJW 2009, 285 = RRa 2009, 89 Rn. 9).

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Es könnte indessen vom Inhalt der Umbuchungsmitteilung abhängen, so wie sie von einem verständigen Reisenden verstanden werden muss, ob darin eine antizipierte Beförderungsverweigerung zum Ausdruck kommt oder ob der Reiseveranstalter lediglich von einer (bestehenden oder vermeintlichen) reiserechtlichen Befugnis Gebrauch macht, den Zeitpunkt der Hin- oder Rückreise des Reisenden zu verändern.

28

Ob der Bundesgerichtshof über das Vorliegen einer Beförderungsverweigerung entscheiden könnte oder ob es zuvor einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union zur zutreffenden Auslegung der Fluggastrechteverordnung in Bezug auf die Anforderungen an eine Beförderungsverweigerung bei Beteiligung eines Reiseveranstalters bedarf, kann dahinstehen. Ein Vorabentscheidungsersuchen ist jedenfalls nicht angezeigt, solange der Inhalt der Umbuchungsmitteilung und die Frage, ob die Reisenden tatsächlich über eine bestätigte Buchung für den ursprünglich vorgesehenen Hinflug verfügt haben, nicht geklärt sind.

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Das Berufungsurteil ist hiernach aufzuheben, und die Sache ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das die fehlenden Feststellungen zur Buchungsbestätigung und zum genauen Inhalt der Umbuchungsmitteilung nachzuholen haben wird.

Meier-Beck                     Gröning                             Bacher

                   Deichfuß                     Kober-Dehm

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