Urteil vom Bundesgerichtshof (4. Zivilsenat) - IV ZR 429/14

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 22. Oktober 2014 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt aufgrund übergegangenen und abgetretenen Rechts Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalles, der sich im Oktober 2010 ereignete und an dem der Pkw eines bei ihr kaskoversicherten Versicherungsnehmers sowie die Fahrzeuge der Beklagten zu 1 und 3 beteiligt waren. Das Fahrzeug des Beklagten zu 1 war bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversichert; am Fahrzeug des Beklagten zu 3 waren Kurzzeitkennzeichen gemäß § 16 Abs. 2 FZV in der damals gültigen Fassung (im Folgenden FZV a.F.) angebracht, die auf die Beklagte zu 4 als Haftpflichtversicherer hinwiesen. Die Klägerin hat den ihrem Versicherungsnehmer entstandenen Schaden mit insgesamt 4.644,98 € reguliert; eine Forderung in Höhe weiterer 1.768,20 € (Selbstbeteiligung und Mietwagenkosten) hat dieser an die Klägerin abgetreten. Diese Beträge hat die Klägerin mit der Klage geltend gemacht.

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Im Revisionsverfahren streiten die Parteien nur noch darum, ob die Beklagte zu 4 Versicherungsschutz für das Fahrzeug des Beklagten zu 3 zu gewähren hat. Die Beklagte zu 4 verweigert diesen, weil der im Versicherungsschein und in der Zulassungsbescheinigung zu diesem Kurzzeitkennzeichen angegebene - vom Versicherungsnehmer personenverschiedene - Halter weder Halter noch Eigentümer des vom Beklagten zu 3 geführten unfallbeteiligten Fahrzeugs war. Auch hatte der Beklagte zu 3 das Fahrzeug nicht von dem angegebenen Halter erworben.

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Das Landgericht hat die Beklagten gesamtschuldnerisch in Höhe von 5.737,02 € verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Klage gegen die Beklagte zu 4 auf deren Berufung hin abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet.

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I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in VersR 2015, 483 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, der im Versicherungsvertrag genannte Halter dürfe das im Vertrag genannte Kurzzeitkennzeichen nur an einem von ihm gehaltenen Fahrzeug anbringen und die Weitergabe des Kennzeichens an einen Dritten führe nicht dazu, dass der Versicherungsschutz aus dem Versicherungsvertrag für das Kurzzeitkennzeichen auf den Dritten übergehe oder auf ihn ausgedehnt werde.

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Insoweit sei die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Oberlandesgerichts Stuttgart, nach der sich der Versicherungsschutz bei der Verwendung roter Kennzeichen für Kraftfahrzeughandel und -handwerk nicht auf Fahrzeuge erstrecke, die nie zum Bestand des Versicherungsnehmers gehört haben, auf das Kurzzeitkennzeichen gemäß § 16 Abs. 2 FZV a.F. übertragbar. Beide Kennzeichen dienten dem gleichen Zweck, die Möglichkeit zu eröffnen, dass der Halter ein in seiner Obhut oder seinem Verfügungsbereich befindliches Fahrzeug für den bestimmten Zweck einer Prüfungs-, Probe- oder Überführungsfahrt kurzfristig mit einem Kennzeichen versehen könne, ohne dass bei Abschluss des Versicherungsvertrages bereits feststehe, um welches konkrete Fahrzeug es sich handele. Das setze einen Bezug des Halters zum Fahrzeug voraus. Dem Versicherungsnehmer und Halter sei daher auch im Fall des Kurzzeitkennzeichens nach § 16 Abs. 2 FZV a.F. klar, dass nur die Fahrzeuge des nach dem Vertrag vorgesehenen Halters vom Vertrag erfasst sein sollen.

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II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

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1. Der Gegenstand des versicherten Risikos ergibt sich aus den Vereinbarungen der Parteien im Versicherungsvertrag. Diesen hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahin ausgelegt, dass die Beklagte zu 4 Versicherungsschutz nur für ein Fahrzeug des im Versicherungsschein angegebenen Halters übernommen hat.

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a) In dem Versicherungsschein ist ausdrücklich ein namentlich benannter Halter aufgeführt. Der Wortlaut regelt danach eindeutig, dass die Versicherung für eine ganz bestimmte Person, nämlich diesen Halter, genommen ist, so dass die noch vorzunehmende Konkretisierung auf ein bestimmtes Fahrzeug insoweit auf Fahrzeuge dieses Halters beschränkt war. Anderes ergibt sich nicht daraus, dass bei den Fahrzeugdaten das Wort "Universal" eingetragen worden ist. Daraus ist nur zu schließen, dass Versicherungsnehmer und Halter bei der Auswahl des versicherten Fahrzeugs keinen Beschränkungen hinsichtlich der Fahrzeugart (Pkw, Lkw, Anhänger) unterlagen.

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b) Gegen diesen Wortlaut sprechende Umstände ergeben sich weder aus dem Sinn und Zweck der abgeschlossenen Versicherung noch der Interessenlage der Vertragsparteien oder sonstigen Umständen.

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Der für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbare Sinn und Zweck der Haftpflichtversicherung für mit einem Kurzzeitkennzeichen versehene Fahrzeuge besteht darin, den nach § 1 PflVG gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungsschutz für privilegierte Fahrten mit nicht zugelassenen Fahrzeugen im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 FZV a.F. zu gewährleisten. Dem steht es nicht entgegen, wenn die hierfür abgeschlossene Versicherung auf die Fahrzeuge eines bestimmten Halters beschränkt wird. Da die Ausgabe eines Kurzzeitkennzeichens gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 FZV a.F. einen vorhandenen Bedarf voraussetzt, der von der Zulassungsbehörde vor der Zuteilung eines Kurzzeitkennzeichens zu überprüfen ist (Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht 43. Aufl. § 16 FZV Rn. 3 a.E.), steht bereits zu diesem Zeitpunkt fest, wer das Kurzzeitkennzeichen zur Durchführung einer privilegierten Fahrt benötigt, so dass es einer Versicherung für einen unbestimmten Personenkreis nicht bedarf, zumal auch der Zulassungsbehörde gemäß § 16 Abs. 4 FZV a.F. ein konkreter Halter zu benennen ist.

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Auf der anderen Seite besteht im Hinblick auf einen offenbar verbreiteten Handel mit Kurzzeitkennzeichen und die damit verbundene Missbrauchs- und Betrugsgefahr (vgl. dazu Thiemer, NZV 2009, 587; Blum, SVR 2009, 126) ein berechtigtes Interesse des Versicherers daran, Deckung nur für solche Halter zu gewähren, die in diesem Zusammenhang noch nicht auffällig geworden sind. Entgegenstehende Interessen des Versicherungsnehmers sind nicht erkennbar. Ebenso wenig erfordert der Schutzzweck des § 3 PflVG eine Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf andere Personen als den angegebenen Halter. Die Interessen von unfallgeschädigten Dritten bei fehlendem Versicherungsschutz sind durch die Regelung des § 12 PflVG hinreichend gewahrt.

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Auch der Charakter des Kurzzeitkennzeichens spricht nicht gegen eine wortlautgetreue Auslegung des Versicherungsscheins dahin, dass mit der darin erfolgten Angabe eines konkreten Halters Versicherungsschutz nur für dessen Fahrzeuge übernommen wird. Die gegenteilige Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm (r+s 2013, 325 Rn. 21) verkennt, dass die Begrenzung der zulässigen Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges auf die Dauer von fünf Tagen und auf bestimmte privilegierte Fahrten einem darüber hinaus persönlich begrenzten Versicherungsschutz nicht entgegensteht.

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2. Zu Unrecht beruft sich die Revision darauf, dass der Empfänger eines Kurzzeitkennzeichens nach der Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts das mit diesem Kennzeichen ausgerüstete Fahrzeug erst vor Antritt der ersten Fahrt konkretisieren müsse und insoweit das Kennzeichen grundsätzlich auch Dritten zum privilegierten Gebrauch überlassen dürfe. Diese Rechtsprechung (BayObLG NZV 2003, 147 unter II 2 und NZV 1995, 458 unter III 3 a) ist - unabhängig davon, ob ihr zu folgen wäre - schon nicht einschlägig, weil sie ausschließlich die Verwendung roter Kennzeichen zum Gegenstand hat.

Mayen                          Harsdorf-Gebhardt                                   Dr. Karczewski

                Lehmann                                      Dr. Brockmöller

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