Urteil vom Bundesgerichtshof (6. Zivilsenat) - VI ZR 516/14
Tenor
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Die Revision gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. September 2014 wird zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsrechtszugs tragen der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 zu 95 % und die Klägerin zu 3 zu 5 %.
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Von Rechts wegen
Tatbestand
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Die Kläger machen gegen die Republik Griechenland Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Entnahme griechischer Schuldverschreibungen aus ihren Wertpapierdepots geltend.
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Die Kläger zu 1 und 2 erwarben in den Jahren 2010 und 2011 über die D. Bank, mit Sitz in Deutschland, von der Beklagten begebene ISIN GR Anleihen über einen Nennbetrag von 110.000 € und einen Nennbetrag von 50.000 €, die Klägerin zu 3 Anleihen über einen Nennbetrag von 8.000 €. In den Anleihebedingungen, in denen keine Umschuldungsklauseln (sog. Collective Action Clauses) enthalten waren, wurde bestimmt, dass diese Anleihen griechischem Recht unterfallen und es sich um dematerialisierte Wertpapiere handelt, die als Wertrechte ausgegeben werden und im Girosystem der griechischen Zentralbank registriert sind. Das Girosystem der griechischen Zentralbank basiert auf Konten im Namen der jeweiligen Systemteilnehmer, die daran nur mit Zulassung durch die griechische Zentralbank teilnehmen können. Nach Art. 6 Abs. 4 des griechischen Gesetzes 2198/1994 wird eine Anleihe durch Gutschrift auf dem bei der Zentralbank geführten Konto des Teilnehmers übertragen.
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Da weder die D. Bank noch die Kläger Teilnehmer des Girosystems der griechischen Zentralbank waren, erwarb die D. Bank die Anleihen im Auftrag der Kläger auf dem Sekundärmarkt. Den Anleihekäufen lagen die Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte der D. Bank zugrunde. Dort heißt es zu Nr. 12 "Anschaffungen im Ausland":
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"(3) Gutschrift in Wertpapierrechnung
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Die Bank wird sich nach pflichtgemäßen Ermessen unter Wahrung der Interessen des Kunden das Eigentum an den Wertpapieren oder eine andere im Lagerland übliche, gleichwertige Rechtsstellung verschaffen und diese Rechtsstellung treuhänderisch für den Kunden halten. Hierüber erstellt sie dem Kunden Gutschrift in Wertpapierrechnung (WR) unter Angabe des Lagerlandes, in dem sich die Wertpapiere befinden."
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Auf den den Klägern erteilten Abrechnungen zu den getätigten Anleihekäufen findet sich unter "Verwahrart" der Hinweis "Wertpapierrechnung Griechenland". Zum Jahresende 2011 erteilte die D. Bank den Klägern einen Jahresdepotauszug, in dem es u.a. heißt: "Verwahrung: Wertpapierrechnung Griechenland (...). Ist keine Verwahrungsart angegeben, so befinden sich die Wertpapiere in Girosammelverwahrung."
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Im Zuge der Restrukturierung des griechischen Staatshaushaltes wurde durch das griechische Gesetz 4050/2012 vom 23. Februar 2012 geregelt, dass Anleihebedingungen nachträglich durch Mehrheitsentscheidungen der Anleihegläubiger geändert und dann durch Beschluss des Ministerrates der Republik Griechenland für allgemeinverbindlich erklärt werden können. Nach dem Gesetz bewirkt der Ministerratsbeschluss, dass die überstimmte Minderheit der Anlagegläubiger an den Mehrheitsbeschluss gebunden ist. Mit Schreiben vom 29. Februar 2012 informierte die D. Bank die Kläger über ein an die Anleihegläubiger gerichtetes Angebot der Republik Griechenland, die Anleihen gegen andere Anleihen mit einem um 53,5 % verringerten Nennwert und mit längerer Laufzeit umzutauschen. Anders als die Kläger stimmten die Gläubigerversammlungen dem Angebot mehrheitlich zu. Durch Ministerratsbeschluss vom 9. März 2012 wurden diese Mehrheitsentscheidungen allgemeinverbindlich. Sodann wurden die alten Anleihen eingezogen und die neuen Anleihen in das Girosystem der griechischen Zentralbank eingebucht. Daraufhin ersetzte die D. Bank die griechischen Anleihen der Kläger im Wege einer Umbuchung durch die um 53,5 % abgewerteten Titel anderer Stückelung und Laufzeit.
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Die Kläger verlangen den Schaden ersetzt, der ihnen durch den Umtausch der Anleihen entstanden sei. Sie stützen die Klage darauf, dass die Beklagte deren Ausbuchung gegen ihren Willen durch Anweisung an die depotführende Bank veranlasst und dadurch Eigentum und Besitz der Kläger an den Schuldverschreibungen verletzt habe. Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Berufung der Kläger hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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I.
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Nach Auffassung des Berufungsgerichts (OLG Frankfurt, Urteil vom 18. September 2014 - 16 U 41/14, juris) steht der Grundsatz der Staatenimmunität (§ 20 Abs. 2 GVG, Art. 25 GG) der Klage entgegen, weil sich die von den Klägern zur Grundlage ihrer Ansprüche geltend gemachte Handlung als staatlicher Hoheitsakt darstelle. Zwar stütze sich die Klage im Kern auf den Vorwurf einer Besitzentziehung, jedoch sei der Vortrag der Kläger insoweit nicht sachenrechtlich vertieft belegt. Vielmehr werde zu deren Begründung zum einen auf die Ausbuchung der ursprünglichen Anleihen im Depot der Kläger abgestellt, zum anderen werde der Erlass des Gesetzes 4050/2012 angeführt, mit dem das Verfahren für die Änderung der Anleihebedingungen neu festgesetzt worden sei. Zudem seien die Abstimmung der hierzu berufenen Versammlung der Anleihegläubiger und der Beschluss des Ministerrates vom 9. März 2012, mit dem die Entscheidung der Gläubigermehrheit allgemeinverbindlich wurde, im Zusammenhang zu bewerten. Die Teilakte seien insgesamt im Rahmen des Ziels der griechischen Regierung zu würdigen, die von ihr gegebenen Staatsanleihen im Wert zu berichtigen, um ihre Kreditlast zu verringern. Auch wenn die Gläubigerversammlung dazwischengeschaltet worden sei und diese durch Mehrheitsbeschluss das Umtauschangebot angenommen habe, sei hier nachträglich durch Erlass des Gesetzes 4050/2012 ein Verfahren eingeführt worden, welches auf die Position der Anleihegläubiger eingewirkt habe. Diese nachträgliche Änderung der Positionen der Anleihegläubiger durch Gesetz stelle sich als hoheitliche Maßnahme dar, zumal die Minderheitsgläubiger und die schuldrechtlich an den Anleihen Berechtigten durch den die Allgemeinverbindlichkeit feststellenden Ministerratsbeschluss zum Umtausch ihrer Rechtsposition verpflichtet worden seien. Beides sei typischerweise nur durch eine Maßnahme im Subordinationsverhältnis möglich, nicht aber im Zivilrecht.
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Unabhängig davon sei ein Gerichtsstand in Deutschland nicht gegeben. Eine Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 1 EuGVVO a.F. scheide aus, da die Kläger sich nicht auf die Begebung eines Vertrages durch die Beklagte stützten. Auch die Voraussetzungen des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO a.F. lägen nicht vor.
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II.
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Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Die Klage ist schon deswegen unzulässig, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nicht eröffnet ist. Ihr steht der von Amts wegen zu prüfende (BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 1977 - 2 BvM 1/76, BVerfGE 46, 342, 359) Grundsatz der Staatenimmunität entgegen (§ 20 Abs. 2 GVG, Art. 25 GG). Die Frage, ob die Gerichtsbarkeit nach den Grundsätzen der Staatenimmunität eröffnet ist und sich das nationale Gericht mit einer Klage gegen einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union befassen darf, ist vor der Ermittlung der internationalen Zuständigkeit zu prüfen.
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1. Soweit im Völkerrecht in einem allgemeinen Sinne von Staatenimmunität die Rede ist, bezieht sich diese auf den völkergewohnheitsrechtlich anerkannten Grundsatz, dass ein Staat nicht fremdstaatlicher nationaler Gerichtsbarkeit unterworfen ist. Allerdings hat das Recht der allgemeinen Staatenimmunität, nicht zuletzt wegen des zunehmend kommerziellen grenzüberschreitenden Tätigwerdens staatlicher Stellen, einen Wandel von einem absoluten zu einem nur mehr relativen Recht durchlaufen. Es ist keine allgemeine Regel des Völkerrechts mehr, dass ein Staat Immunität auch für nicht-hoheitliches Handeln ("acta iure gestionis") genießt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. April 1963 - 2 BvM 1/62, BVerfGE 16, 27, 33 ff.). Staatenimmunität besteht aber nach dem als Bundesrecht im Sinne von Art. 25 GG geltenden allgemeinen Völkergewohnheitsrecht auch heute noch weitgehend uneingeschränkt für solche Akte, die hoheitliches Handeln eines Staates darstellen ("acta iure imperii"), soweit der ausländische Staat auf sie nicht verzichtet. Andernfalls könnte die rechtliche Prüfung durch die Gerichte eine Beurteilung des hoheitlichen Handelns erfordern, was mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von Staaten und dem daraus folgenden Rechtsprinzip, dass Staaten nicht übereinander zu Gericht sitzen, nicht vereinbar wäre (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 6. Dezember 2006 - 2 BvM 9/03, BVerfGE 117, 141, 152 f.; vom 17. März 2014 - 2 BvR 736/13, NJW 2014, 1723 Rn. 19 f.; Senatsurteil vom 26. September 1978 - VI ZR 267/76, NJW 1979, 1101).
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Eine Vorlage zur Frage der Staatenimmunität an den Gerichtshof der Europäischen Union (zukünftig: Gerichtshof) kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil es nicht um Fragen der Auslegung europäischen Rechts geht.
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a) Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit richtet sich nicht nach deren Motiv oder Zweck; sie kann auch nicht danach vorgenommen werden, ob die Betätigung in erkennbarem Zusammenhang mit hoheitlichen Aufgaben des Staates steht. Dies folgt daraus, dass die Tätigkeit eines Staates, wenn auch nicht insgesamt, aber doch zum weitaus größten Teil hoheitlichen Zwecken und Aufgaben dient und mit ihnen in einem erkennbaren Zusammenhang steht. Maßgebend für die Unterscheidung ist vielmehr die Natur der staatlichen Handlung oder des entstandenen Rechtsverhältnisses. Es kommt darauf an, ob der ausländische Staat in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt und damit öffentlich-rechtlich oder wie eine Privatperson, also privatrechtlich, tätig geworden ist (BVerfG, Beschluss vom 30. April 1963 - 2 BvM 1/62, BVerfGE 16, 27, 61 f.; BAG, Beschluss vom 14. Februar 2013 - 3 AZB 5/12, BAGE 144, 244 Rn. 15 mwN; Urteil vom 10. April 2013 - 5 AZR 78/12, NJW 2013, 2461 Rn. 15; vgl. auch Senatsurteil vom 26. September 1978 - VI ZR 267/76, NJW 1979, 1101 f.).
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b) Mangels völkerrechtlicher Unterscheidungsmerkmale ist die Abgrenzung grundsätzlich nach dem Recht des entscheidenden Gerichts zu beurteilen (BVerfG, Beschlüsse vom 30. April 1963 - 2 BvM 1/62, BVerfGE 16, 27, 62; vom 17. März 2014 - 2 BvR 736/13, NJW 2014, 1723 Rn. 21; Senatsurteil vom 26. September 1978 - VI ZR 267/76, NJW 1979, 1101; BAG, Beschluss vom 14. Februar 2013 - 3 AZB 5/12, BAGE 144, 244 Rn. 15 mwN). Die Heranziehung nationaler Regelungen zur Unterscheidung hoheitlichen staatlichen Handelns von nicht-hoheitlichem staatlichem Handeln findet erst dort ihre Grenze, wo der unter den Staaten allgemein anerkannte Bereich hoheitlicher Tätigkeit berührt ist. Das betrifft etwa die Betätigung der auswärtigen und militärischen Gewalt, die Gesetzgebung, die Ausübung der Polizeigewalt und die Rechtspflege (vgl. BVerfGE 16, 27, 63; 46, 342, 394). Insoweit kann es ausnahmsweise geboten sein, eine nach nationalem Recht als privatrechtlich einzuordnende Tätigkeit eines ausländischen Staates gleichwohl als der Staatenimmunität unterfallenden actus iure imperii zu qualifizieren, wenn dieser zum Kernbereich völkerrechtlich anerkannter Staatsgewalt zu rechnen ist (vgl. BVerfGE 16, 27, 63 f.; 46, 342, 394).
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2. Nach den dargelegten Grundsätzen steht der Klage der Grundsatz der Staatenimmunität entgegen.
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a) Die Kapitalaufnahme durch Emission von Staatsanleihen stellt zwar nach ganz überwiegender Ansicht ein nicht-hoheitliches Handeln dar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2006 - 2 BvM 9/03, BVerfGE 117, 141, 153; OLG Schleswig, ZIP 2015, 1253, 1255; vgl. auch EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-226/13, C-245/13, C-247/13, C-578/13, ZIP 2015, 1250 Rn. 53). Nach der oben dargestellten Rechtsprechung kommt es für die Frage der Immunität aber nicht auf die Rechtsnatur des Grundverhältnisses an, sondern auf die Natur der staatlichen Handlung, also die Rechtsnatur der Maßnahme, über deren Berechtigung die Parteien streiten. Demgemäß hat das Bundesverfassungsgericht in einem Fall, dem eine Lohnzahlungsklage gegen den griechischen Staat zugrunde lag, der den Nettolohn eines bei ihm in Deutschland beschäftigten Staatsbürgers wegen der Einführung einer Quellensteuer in Höhe von 5% des Bruttolohnes gekürzt hatte, die Immunität mit der Begründung bejaht, Gegenstand des Rechtsstreits sei die hoheitlich zu beurteilende Besteuerung mit der ausländischen Quellensteuer durch den beklagten Staat, nicht die unterbliebene vollständige Auszahlung eines im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis vom beklagten Staat als Arbeitgeber geschuldeten (Brutto-)Gehalts (Beschluss vom 17. März 2014 - 2 BvR 736/13, NJW 2014, 1723 Rn. 22). Auch hier geht es nicht um die Rechtsnatur der Kapitalaufnahme durch Emission von Staatsanleihen, sondern um die Rechtsnatur der Maßnahmen der Beklagten, die letztlich zur Ausbuchung der Schuldverschreibungen aus dem bei der D-Bank geführten Wertpapierdepot der Kläger führten (vgl. auch OLG Schleswig, ZIP 2015, 1253, 1255; OLG München, Urteil vom 16. Oktober 2014 - 8 U 1308/14, n.v.; LG Konstanz, IPRspr 2013, Nr. 172, 369, 372; LG Osnabrück, Urteil vom 15. Mai 2015 - 7 O 2995/13, RIW 2016, 76, 77).
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b) Aus dem Vorbringen der Kläger ergibt sich, dass sie sich nicht gegen die zunächst für die Umbuchung ihrer Anteile erforderliche Entscheidung der Mehrheit der am Girosystem der griechischen Zentralbank zugelassenen Gläubiger wenden, das Angebot der Republik Griechenland anzunehmen, die Anleihen gegen andere Anleihen mit einem um 53,5 % verringerten Nennwert und mit längerer Laufzeit umzutauschen. Ihr Angriff richtet sich vielmehr gegen die "von der Beklagten veranlasste" Entnahme der Schuldverschreibungen aus ihren Wertpapierdepots. Nach ihrem Vortrag werden Besitz- und Eigentumsansprüche an dem Papier geltend gemacht, nicht Rechte aus dem Papier. Die Kläger stützen sich nicht auf Ansprüche aus den erworbenen Schuldverschreibungen oder auf Ersatzansprüche wegen deren Nichterfüllung, sondern auf die "Nichterfüllung von Besitz- und Eigentumsansprüchen", die ihre Grundlage im Zwangsumtausch der Anleihen findet. Unter diesen Umständen ist kein potentiell haftungsbegründendes, nicht hoheitliches Verhalten der Beklagten ersichtlich, auf das die Klage zumindest mittelbar gestützt wäre.
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aa) Da die ursprünglichen Anleihebedingungen keine Umschuldungsklauseln (sog. Collective Action Clauses) enthielten, besteht das maßgebliche, potentiell haftungsbegründende Verhalten der Beklagten im Erlass des Gesetzes 4050/2012 vom 23. Februar 2012 und dem Beschluss des Ministerrats vom 9. März 2012, aufgrund derer die Mehrheitsentscheidung der Gläubiger allgemeinverbindlich wurde. Der anschließende Umtausch der von den Klägern gehaltenen und griechischem Recht unterliegenden Anleihen ist nur eine Folge der sich aus dem Gesetz vom 23. Februar 2012 in Verbindung mit der Entscheidung der Gläubigermehrheit und dem Beschluss vom 9. März 2012 ergebenden Rechtslage.
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(1) Der Erlass des Gesetzes ist nach den oben dargestellten Grundsätzen unzweifelhaft hoheitlicher Natur. Die Beklagte hat vorliegend das eigene, die Grundlage der Schuldverschreibungen bildende Recht (rückwirkend) geändert. Gerade die damit verbundene Überprüfung der Rechtmäßigkeit hoheitlicher Maßnahmen will der Grundsatz der Staatenimmunität verhindern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. März 2014 - 2 BvR 736/13, NJW 2014, 1723 Rn. 28; OLG Schleswig, ZIP 2015, 1253, 1257 und 1258; OLG Hamm, Urteil vom 11. Dezember 2014 - 5 U 60/14, juris Rn. 65 a.E.; OLG München, Urteil vom 16. Oktober 2014 - 8 U 1308/14, n.v.; OLG Frankfurt, Urteil vom 18. September 2014 - 16 U 32/14, juris Rn. 34; OLG Nürnberg, Beschluss vom 13. Februar 2015 - 4 U 2450/14, n.v.; LG Konstanz, IPRspr 2013, Nr. 172, 369, 370, 371 und 372; LG Osnabrück, Urteil vom 15. Mai 2015 - 7 O 2995/13, RIW 2016, 76, 77 ff.; im Rahmen der Begründetheit auch LG Frankfurt, Urteile vom 30. März 2015 - 2-01 S 108/14, 204/14 und 280/14, n.v.), da dies mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von Staaten und dem daraus folgenden Prinzip der Nichteinmischung in die Ausübung hoheitlicher Befugnisse ausländischer Staaten nicht vereinbar wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. März 2014 - 2 BvR 736/13, NJW 2014, 1723 Rn. 28; BAG, Urteile vom 23. November 2000 - 2 AZR 490/99, NZA 2001, 683, 685; vom 10. April 2013 - 5 AZR 78/12, NJW 2013, 2461 Rn. 14; Beschluss vom 14. Februar 2013 - 3 AZB 5/12, BAGE 144, 244 Rn. 14 mwN; OLG München, NJW 1975, 2144 f.; Schack Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Aufl., Rn. 175; v. Arnauld, Völkerrecht, 2. Aufl., Rn. 320).
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(2) Hoheitlicher Natur sind auch Allgemeinverbindlichkeitserklärungen, bei denen es sich nach der insoweit maßgeblichen Sicht des deutschen Rechts um Rechtsetzungsakte eigener Art und um "staatliche Hoheitsakte" handelt (so für die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen gemäß § 5 Abs. 1 TVG - jedenfalls im Verhältnis zu den nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern - BVerfG, Beschlüsse vom 24. Mai 1977 - 2 BvL 11/74, BVerfGE 44, 322, 340 ff., insbes. 344; vom 15. Juli 1980 – 1 BvR 24/74, 1 BvR 439/79, BVerfGE 55, 7, 20; BVerwG, Urteil vom 3. November 1988 - 7 C 115/86, BVerwGE 80, 355, 357; BAG, Urteil vom 28. März 1990 - 4 AZR 536/89, NZA 1990, 781; vgl. auch EuGH, Urteil vom 3. Dezember 1987 - Rs. 136/86, Slg. 1987, 4789 Rn. 22 - BNIC/Aubert). Unabhängig davon, ob man bei der Allgemeinverbindlichkeit der Entscheidung der Gläubigerversammlung für die nicht am Girosystem der griechischen Zentralbank Beteiligten und dem Umtauschangebot nicht zustimmenden Gläubigern auf die Anordnung in dem Gesetz 4050/2012 vom 23. Februar 2012 oder auf den Beschluss des Ministerrats vom 9. März 2012 oder auf beide abstellt, handelt es sich um eine hoheitliche Maßnahme.
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bb) Dass die Beklagte die hoheitlich geschaffene Möglichkeit der Änderung der Anleihebedingungen im Wege von Collective Action Clauses an eine Mehrheitsentscheidung der Gläubiger geknüpft hat, führt entgegen der Ansicht der Revision nicht dazu, dass der Austausch der Anleihen als rein fiskalisches Handeln zu beurteilen ist (so aber LG Frankfurt, Urteile vom 30. März 2015 - 2-01 S 108/14, 204/14 und 280/14, n.v.; vgl. auch EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-226/13, C-245/13, C-247/13, C-578/13, ZIP 2015, 1250 Rn. 56 f.). Denn Wirkung gegenüber den Gläubigern, die wie die Kläger der Änderung der Anleihebedingungen nicht zugestimmt hatten, entfaltete diese erst durch das Gesetz 4050/2012 vom 23. Februar 2012 und den Beschluss vom 9. März 2012. Ohne diese hoheitlichen Maßnahmen wäre die Mehrheitsentscheidung der Gläubiger für die überstimmte Minderheit privatrechtlich wirkungslos geblieben. In einer rein zivilrechtlichen Beziehung unter Privatrechtssubjekten ist eine solche einseitige Abänderung von Vertragsbedingungen ohne gesetzliche Grundlage nicht möglich. Entgegen der von der Revision angeführten Auffassung der Europäischen Kommission in ihrer Stellungnahme vom 19. August 2013 in der Rechtssache C-226/13, C-245/13, C-247/13, C-578/13 haben das Gesetz 4050/2012 vom 23. Februar 2012 und der Beschluss vom 9. März 2012 mithin nicht nur eine akzessorische Funktion; sie haben vielmehr die Rechtsbeziehung zwischen den von der Allgemeinverbindlichkeit betroffenen Personen und dem griechischen Staat in entscheidender Weise verändert.
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cc) Ein rein fiskalisches Handeln ergibt sich auch nicht wegen der tatsächlich erfolgten Ausbuchung der Wertpapiere durch die griechische Zentralbank. Denn die tatsächlich erfolgte Ausbuchung war nur die Umsetzung der gegenüber der Minderheit wirkenden hoheitlichen Maßnahmen, nachdem die Mehrheitsentscheidungen der Gläubigerversammlungen allgemeinverbindlich wurden (ebenso - jeweils versicherungsrechtliche Deckungsklagen betreffend - LG Düsseldorf, NJW-RR 2013, 1445, 1446; LG Hannover, r+s 2015, 135). Die Ausbuchung der dematerialisierten Wertpapiere kann nicht isoliert von den hoheitlichen Maßnahmen beurteilt werden, die zu ihrer Rechtfertigung geschaffen wurden (OLG Schleswig, ZIP 2015, 1253, 1257; vgl. auch die Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 9. Dezember 2014, C-226/13, C-245/13, C-247/13, C-578/13, juris Rn. 61 ff., insbes. 65).
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dd) Der Einordnung als hoheitliche Maßnahme steht das zur Auslegung von Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (ABl. L 324, S. 79, EuZustVO) ergangene Urteil der 1. Kammer des Gerichtshofs vom 11. Juni 2015 (- C-226/13, C-245/13, C-247/13, C-578/13, ZIP 2015, 1250) nicht entgegen. Dieses befasst sich mit der Zustellung von Klagen, mithin mit der Möglichkeit, einen Sachverhalt überhaupt zur gerichtlichen Überprüfung zu bringen und die Klärung komplexer juristischer Fragen zu ermöglichen. Demgemäß hat der Gerichtshof in seinem Urteil auf die Besonderheiten des unionsrechtlichen Zustellungsrechts abgestellt, insbesondere auf das mit der Verordnung verfolgte Ziel der Schnelligkeit der Zustellung gerichtlicher Schriftstücke und die damit verbundene Beschränkung auf eine erste Prüfung der vorliegenden Informationen. Immunitätsfragen stellen sich auf dieser Stufe noch nicht, sondern erst auf der Stufe der Gerichtsbarkeit, die der Zustellung nachgelagert ist (vgl. Knöfel, RIW 2015, 503, 504; Mankowski, EWiR 2015, 495, 496).
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c) Der Anwendung des Grundsatzes der Staatenimmunität steht schließlich nicht entgegen, dass Staatenimmunität in der Literatur mitunter versagt wird, wenn ein Staat die Abwicklung eines privatrechtlich geschlossenen Vertrages stört (vgl. Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, 1985, S. 106; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl., Rn. 584; Kau in Vitzthum/Proelß, Völkerrecht, 6. Aufl., Abschnitt III Rn. 91; M. J. Müller, Staatsbankrott und private Gläubiger, 2015, S. 190 ff. und RIW 2016, 80 f.; Seidl-Hohenveldern, Festschrift Beitzke, 1979, S. 1081, 1091; v. Schönfeld, NJW 1986, 2980, 2984; Szodruch, Staateninsolvenz und private Gläubiger, 2008, S. 379 f.; vgl. auch Thole, WM 2012, 1793, 1794). Denn hier geht es um die Frage, ob der griechische Gesetzgeber - als Herr über das Vertragsstatut - berechtigt ist, mit Wirkung auch gegenüber ausländischen Gläubigern, die beim Erwerb der Anleihen in die Geltung seiner Zivilrechtsordnung eingewilligt haben, neue Vorschriften in seine Rechtsordnung einzufügen, welche früher geltende Normen ersetzen oder ergänzen (vgl. Sandrock, RIW 2012, 429, 440 f.). Gerade dadurch ist aber der Grundsatz der Staatenimmunität unmittelbar berührt.
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Galke Stöhr Offenloch
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Oehler Roloff
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