Beschluss vom Bundesgerichtshof (5. Zivilsenat) - V ZB 23/16

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 2. Februar 2016 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Kostenschuldnerin trägt der Kostengläubiger.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 2.043,46 €.

Gründe

I.

1

Die Kostenschuldnerin, eine katholische Kirchengemeinde, ist Eigentümerin eines Grundstücks, auf dem sie den Neubau einer Kindertagesstätte beabsichtigt. Zur Förderung des Vorhabens erging durch den Magistrat der Stadt ein Zuwendungsbescheid über 1.863.000 €. Um die dauerhafte Nutzung als Kindertageseinrichtung zu sichern, wurde der Kostenschuldnerin aufgegeben, eine Grundschuld zugunsten der Stadt zu bestellen. Am 11. März 2013 beurkundete der Kostengläubiger (nachfolgend: Notar) die Grundschuldbestellung und stellte der Kostenschuldnerin - soweit von Interesse - insgesamt 3.429,58 € in Rechnung (nicht ermäßigte Beurkundungsgebühr in Höhe von 2.862,00 € zzgl. Auslagen und MwSt.).

2

Auf Antrag der Kostenschuldnerin hat das Landgericht die Kostenberechnung des Notars auf insgesamt 1.386,12 € ermäßigt (Beurkundungsgebühr in Höhe von 1.144,80 € zzgl. Auslagen und MwSt.). Die dagegen gerichtete Beschwerde des Notars hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Kostenschuldnerin beantragt, will der Notar die Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung erreichen.

II.

3

Nach Ansicht des Beschwerdegerichts ermäßigt sich die Beurkundungsgebühr gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KostO um 60%. Die Kostenschuldnerin sei als Kirche und die geplante Kindertagesstätte nicht als wirtschaftliches Unternehmen im Sinne dieser Norm anzusehen. Lege man, wie es teilweise vertreten werde, den Begriff des wirtschaftlichen Unternehmens nach kommunalrechtlichem Verständnis aus, seien Kindergärten im Regelfall nicht als wirtschaftliche Unternehmen anzusehen. Nichts anderes ergebe sich, wenn man darauf abstelle, ob betriebswirtschaftliche Gründe die Gemeinwohlbelange überwögen und es weder um die Umsetzung des Sozialstaatsprinzips noch um staatliche Für- und Vorsorge gehe. Maßgeblich sei, dass die Kostenschuldnerin kirchliche Zwecke in Gestalt christlicher Wertevermittlung verfolge, und zwar auch dann, wenn die Kinderbetreuung nicht konfessionsgebunden sei und nicht durch Kirchenangehörige stattfinde. Ferner werde die Kostenschuldnerin im Bereich staatlicher Für- und Vorsorge tätig, da der Betrieb einer Kindertagesstätte der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung des örtlichen Trägers der Jugendhilfe gemäß § 24 SGB VIII diene. Dagegen sei nicht entscheidend, dass eine Kindertagesstätte auch durch ein privates Unternehmen mit der Absicht, dauernde Einnahmen zu erzielen, betrieben werden könne. In wertender Betrachtung sei nämlich davon auszugehen, dass für die Kostenschuldnerin bei der Errichtung bzw. dem Betrieb der Kindertagesstätte nicht die von der Beschwerde herausgestellten wirtschaftlichen Gesichtspunkte, sondern die gemeinnützige Zielsetzung im Zusammenhang mit der staatlichen Für- und Vorsorge im Vordergrund stünden bzw. überwögen.

III.

4

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Für die Erhebung der Notargebühren sind gemäß § 136 Abs. 1 Nr. 4 GNotKG die Vorschriften der Kostenordnung maßgeblich, da der Auftrag vor dem 23. Juli 2013 erteilt worden ist.

5

1. Rechtsfehlerfrei nimmt das Beschwerdegericht an, dass gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO (vgl. nunmehr § 91 Abs. 1 Satz 1 GNotKG) eine ermäßigte Gebühr angefallen ist. Zu den nach dieser Bestimmung privilegierten Kostenschuldnern gehören unter anderem Bund, Länder und Gemeinden (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 KostO) sowie Kirchen (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KostO). Die Ermäßigung setzt für sämtliche dieser Kostenschuldner voraus, dass die Angelegenheit „nicht deren wirtschaftliche Unternehmen“ betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 1 KostO). Da eine Kirchengemeinde wie die Kostenschuldnerin als Kirche im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KostO anzusehen ist (vgl. BT-Drucks. 11/4394, S. 10), kommt es entscheidend darauf an, ob die geplante Kindertagesstätte ein wirtschaftliches Unternehmen gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO darstellt. Dies verneint das Beschwerdegericht zu Recht.

6

a) Was ein wirtschaftliches Unternehmen im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO ausmacht, wird allerdings nicht einheitlich beantwortet.

7

aa) Überwiegend wird auf die Vorschriften des Kommunalrechts zurückgegriffen. Danach sind wirtschaftliche Unternehmen solche Einrichtungen und Anlagen der Gemeinde, die von einem Privatunternehmen mit der Absicht der Erzielung dauernder Einnahmen betrieben werden könnten; nicht erfasst werden Unternehmen und Einrichtungen, zu deren Betrieb die Gemeinde gesetzlich verpflichtet ist oder bei denen die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zielsetzung im Vordergrund steht. Diese Erwägungen seien auf die Ermäßigung der Notarkosten zu übertragen (vgl. beispielsweise BayObLGZ 1992, 324, 326 f.; BayObLG, DNotZ 1994, 703, 704; JurBüro 1996, 316; OLG Naumburg, OLGR 2009, 441, 442; NJOZ 2012, 1074; OLG Dresden, NotBZ 1998, 154, 155; OLG Celle, NVwZ-RR 2013, 868, 869; Rohs in Rohs/Wedewer, GNotKG [Stand: Dezember 2016], § 91 Rn. 9; Hartmann, Kostengesetze, 47. Aufl., § 91 GNotKG Rn. 4). Kindergärten als Einrichtungen des Erziehungs- und Bildungswesens seien wie im Kommunalrecht nicht als wirtschaftliche Unternehmen im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO anzusehen (vgl. Tiedtke/Diehn, Notarkosten im Grundstücksrecht, 3. Aufl., Rn. 603; Rohs in: Rohs/Wedewer, GNotKG [Stand: Dezember 2016], § 91 Rn. 11 f.; Schmidt/Sikora/Tiedtke, Praxis des Handelsregister- und Kostenrechts, 7. Aufl., Rn. 2887; Otto/Schnigula, JurBüro 1989, 890, 895).

8

bb) Nach anderer Ansicht soll maßgeblich sein, ob betriebswirtschaftliche Gründe des Geschäfts die Belange der Daseinsvorsorge bzw. Gemeinnützigkeit überwiegen. Gehe es weder um die konkrete Umsetzung des Sozialstaatsprinzips noch um staatliche Für- und Vorsorge im Sinne reiner Gemeinnützigkeit, sondern um die Erreichung ökonomischer oder finanzieller Ziele mit Mitteln, wie sie auch in marktwirtschaftlichen Betrieben allgemein gebräuchlich seien, handele es sich kostenrechtlich um wirtschaftliche Unternehmen (vgl. OLG Naumburg, FGPrax 2008, 39 f.; OLGR 2009, 441, 442; NJOZ 2012, 1074; HK-GNotKG/Macht, § 91 Rn. 9; Korintenberg/Schwarz, GNotKG, 19. Aufl., § 91 Rn. 17; Bormann in Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 2. Aufl., § 91 Rn. 12; Notarkasse, Streifzug durch das GNotKG, 11. Aufl., Rn. 789 ff.; Ländernotarkasse, Leipziger Kostenspiegel, Teil 1 Rn. 138). Kindergärten werden auch von den Vertretern dieser Ansicht nicht als wirtschaftliche Unternehmen eingeordnet (Korintenberg/Schwarz, GNotKG, 19. Aufl., § 91 Rn. 16; Bormann in Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 2. Aufl., § 91 Rn. 12; HK-GNotKG/Macht, § 91 Rn. 11; Notarkasse, Streifzug durch das GNotKG, 11. Aufl., Rn. 793).

9

b) Der Senat sieht Kindergärten und Kindertageseinrichtungen, die von einem der in § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO aufgeführten Notarkostenschuldner - wie etwa Gemeinden oder Kirchen - betrieben werden, nicht als wirtschaftliche Unternehmen an.

10

aa) Im Ausgangspunkt bedarf es für die Auslegung von § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO einer typisierenden Betrachtung verschiedener Fallgruppen. Bei der Gebührenberechnung verfügt der Notar nämlich regelmäßig nicht über nähere Erkenntnisse zu Struktur und Wirtschaftlichkeit der Einrichtung, deren Angelegenheit er beurkundet; er kann und soll keine darauf bezogenen Erhebungen vornehmen. Ob volle oder ermäßigte Gebühren anfallen, muss sich ohne einzelfallbezogene Differenzierungen nach Kategorien ermitteln lassen (zutreffend Heinze in Leipziger Gerichts- & Notarkosten-Kommentar, 2. Aufl., § 91 Rn. 25). Im vorliegenden Fall wird dies besonders deutlich, weil die Kindertagesstätte im Zeitpunkt der Beurkundung noch nicht errichtet war.

11

bb) In der danach gebotenen typisierenden Betrachtung ist der Betrieb von Kindergärten bzw. Kindertageseinrichtungen durch die in § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO genannten Kostenschuldner nicht als wirtschaftliches Unternehmen anzusehen.

12

(1) Der Gesetzgeber hat den Begriff des „wirtschaftlichen Unternehmens“ dem Kommunalrecht entlehnt. Zwar richtet sich die Auslegung einer bundesrechtlichen Norm wie § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO nicht nach landesrechtlichen Bestimmungen, so dass das spezifische Kommunalrecht des jeweiligen Bundeslandes nicht ausschlaggebend sein kann (aA offenbar OLG Naumburg, OLGR 2009, 441, 442). Aber das herkömmliche kommunalrechtliche Verständnis bietet jedenfalls einen wesentlichen Anhaltspunkt dafür, welche Angelegenheiten nach der Vorstellung des Gesetzgebers im Allgemeininteresse privilegiert sein sollen (so zutreffend Lappe, NotBZ 2002, 177). Kommunalrechtlich entspricht es einhelliger Ansicht, dass Bildungseinrichtungen und insbesondere Kindergärten regelmäßig nicht als wirtschaftliche Unternehmen anzusehen sind, weil die Fürsorge, Erziehung und Bildungsvermittlung im Vordergrund stehen (vgl. § 121 Abs. 2 Nr. 2 HGO; § 102 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 GemO BW; § 68 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KV M-V; § 107 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GO NRW; Burgi, Kommunalrecht, 5. Aufl., § 17 Rn. 39). Für gemeindliche Kindergärten ergibt sich dies schon daraus, dass sie der Erfüllung des Anspruchs auf den Kindergartenplatz (§ 24 SGB VIII) und damit der Daseinsvorsorge dienen.

13

(2) Nichts anderes gilt für kirchliche Einrichtungen, und zwar - wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt - ohne Rücksicht darauf, ob eine konfessionsgebundene Erziehung erfolgen soll. Denn jedenfalls in typisierender Betrachtung werden kirchliche wie staatliche Kindergärten in erster Linie nicht deshalb betrieben, um am Markt zum Zwecke der Gewinnerzielung mit privaten Anbietern zu konkurrieren, sondern um Kindern und Jugendlichen die erforderliche Erziehung, Bildung und Fürsorge angedeihen zu lassen. Auch wenn dies nicht konfessionsgebunden erfolgt, steht die Übernahme solcher Erziehungsaufgaben jedenfalls in einer seelsorgerischen kirchlichen Tradition. Im Übrigen entspricht es - wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung zu Recht hervorhebt - gerade kirchlicher Selbstbestimmung, Erziehungsaufgaben auch unabhängig von der Konfessionszugehörigkeit zu übernehmen. Die Finanzierung durch öffentliche Zuschüsse und Elternbeiträge lässt, anders als die Rechtsbeschwerde meint, nicht auf eine wirtschaftliche Betätigung am Markt schließen; sowohl kirchliche als auch kommunale Kindergärten können regelmäßig nur mithilfe öffentlicher Subventionen betrieben werden (vgl. zur Defizitübernahme VerfGH München, NVwZ-RR 2016, 601 ff.). Nichts anderes ergibt sich schließlich daraus, dass der Betrieb solcher Einrichtungen schon aufgrund der Personalverwaltung und als Voraussetzung für die Erlangung öffentlicher Subventionen eine betriebswirtschaftliche Organisation erfordert. Denn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ist als notwendiges Hilfsmittel zur Erreichung der nichtwirtschaftlichen Ziele anzusehen und diesen zu- und untergeordnet (vgl. zu einem privaten Betreiber BGH, Beschluss vom 16. Mai 2017 - II ZB 7/16, WM 2017, 1059 Rn. 21 ff., vorgesehen zur Veröffentlichung in BGHZ).

14

cc) Schließlich sieht der Senat § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO als verfassungsgemäß an. Eine Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG) kommt nicht in Betracht.

15

(1) Mit Art. 3 Abs. 1 GG ist § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO vereinbar. Allerdings werden die Notargebühren für private Einrichtungen, die gemeinnützige Zwecke verfolgen, gemäß § 144 Abs. 2 KostO nicht ermäßigt, also auch dann nicht, wenn der gemeinnützige Zweck in dem Betrieb einer Kindertagesstätte besteht. Da der Gebührenermäßigung im Hinblick auf die Grundrechte der Notare enge Grenzen gesetzt sind, muss der Gesetzgeber bei der Auswahl der privilegierten Kostenschuldner aber lediglich das Verbot willkürlicher Ungleichbehandlung beachten (vgl. Senat, Beschluss vom 19. Juni 2013 - V ZB 130/12, NJW-RR 2014, 183 Rn. 14). Daran gemessen ist die getroffene Auswahl nicht zu beanstanden. Denn mit der institutionellen Förderung der in § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO aufgeführten Kostenschuldner (namentlich Bund, Länder, Gemeinden und Kirchen) verfolgt der Gesetzgeber ein in sich geschlossenes und widerspruchsfreies System. Bund, Länder und Gemeinden nehmen öffentlich-rechtliche Aufgaben wahr und sind deshalb auch von Gerichtsgebühren freigestellt. Die Kirchen unterliegen dem besonderen verfassungsrechtlichen Schutz der Weimarer Kirchenartikel (Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 bis 139, 141 WRV); mit der Privilegierung wollte der Gesetzgeber ihrer besonderen Stellung und allgemein anerkannten Förderungswürdigkeit Rechnung tragen (vgl. zum Ganzen BT-Drucks. 11/4394, S. 10). Dass nur Angelegenheiten privilegiert werden, die im öffentlichen Interesse liegen, wird typisierend dadurch sichergestellt, dass von den genannten Kostenschuldnern betriebene wirtschaftliche Unternehmen ausgenommen werden. Zwar betreffen auch die von Privaten verfolgten, als gemeinnützig eingestuften Zwecke im Allgemeinen wichtige staatliche Aufgaben; dabei geht es aber auch und vor allem um eine qualitative Ergänzung und Bereicherung des staatlichen Leistungsangebots in höchst unterschiedlichen und breit gefächerten Bereichen (vgl. Senat, Beschluss vom 19. Juni 2013 - V ZB 130/12, NJW-RR 2014, 183 Rn. 14 mwN).

16

(2) Mit Art. 12 Abs. 1 GG ist die Bestimmung ebenfalls vereinbar. Der Gesetzgeber hat die Berufsausübung der Notare dahingehend geregelt, dass für bestimmte Kostenschuldner in Angelegenheiten, die dem Gemeinwohl oder wichtigen staatlichen Aufgaben dienen, insbesondere bei höheren Geschäftswerten ermäßigte Gebühren anfallen. Dass die Notare hierdurch wirtschaftlich über Gebühr belastet werden, wie es bei einer Vorgängerregelung der Fall war (vgl. BVerfGE 47, 285, 317 ff.), ist weder ersichtlich noch wird es von der Rechtsbeschwerde geltend gemacht.

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2. Der Höhe nach erweist sich die Ermäßigung als rechtsfehlerfrei.

18

a) Die Beurkundungsgebühr aus dem Gebührenstreitwert von 1.863.000,00 € nach §§ 32, 36 Abs. 1 KostO beträgt 2.862,00 €. Sie ermäßigt sich gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO um 60% auf 1.440,80 €; hiervon sind die Vorinstanzen zutreffend ausgegangen.

19

b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde wird die Gebührenermäßigung nicht durch die in § 144 Abs. 1 Satz 2 KostO vorgegebene Untergrenze eingeschränkt. Dieser Bestimmung zufolge darf die ermäßigte Gebühr die Gebühr nicht unterschreiten, die bei einem niedrigeren Geschäftswert nach Satz 1 zu erheben ist.

20

aa) Maßgeblich ist insoweit nicht, wie die Rechtsbeschwerde meint, ein Vergleich zwischen der ermäßigten Gebühr und der vollen Gebühr, die nach einem niedrigeren Geschäftswert zu erheben wäre. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm ist die ermäßigte Gebühr mit derjenigen Gebühr zu vergleichen, die nach einem niedrigeren Geschäftswert unter Einbeziehung der von § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO vorgegebenen Ermäßigungstatbestände zu erheben wäre (vgl. Bormann in Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 2. Aufl., § 91 Rn. 17; Heinze in Leipziger Gerichts- & Notarkosten-Kommentar, 2. Aufl., § 91 Rn. 43 f.; HK-GNotKG/Macht, § 91 Rn. 26; Rohs in Rohs/Wedewer, GNotKG [Stand: Dezember 2016], § 91 Rn. 24; unzutreffend BeckOK KostR/Neie KostO [aK], 17. Edition, § 144 Rn. 27). Diese Vorgehensweise entspricht Sinn und Zweck der Untergrenze, die vermeiden soll, „dass die ermäßigte Gebühr niedriger ist als die bei einem niedrigeren Geschäftswert“ (BT-Drucks. 11/4394, S. 10). Zu diesem unerwünschten Ergebnis kann die gestaffelte Ermäßigung insbesondere dann führen, wenn der Geschäftswert, ab dem eine Ermäßigung (mehr als 26.000 €) bzw. eine prozentual höhere Ermäßigung gewährt wird, nur knapp überschritten wird. Solche Ungereimtheiten werden durch die Untergrenze beseitigt.

21

bb) Daran gemessen ist die ermäßigte Gebühr von 1.440,80 € mit der Gebühr zu vergleichen, die nach einem Geschäftswert mit dem nächstniedrigen Ermäßigungssatz zu erheben wäre (vgl. Heinze in Leipziger Gerichts- & Notarkosten-Kommentar, 2. Aufl., § 91 Rn. 43), hier also nach einem Geschäftswert von 1.000.000,00 €. Danach beliefe sich die Gebühr auf 778,50 € (50 % von 1.557,00 € gemäß Anlage 1 zu § 32 KostO), so dass die Untergrenze nicht eingreift.

IV.

22

Die Kostenentscheidung beruht auf § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG i.V.m. § 84 FamFG (vgl. § 136 Abs. 1 Nr. 2 GNotKG). Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren ergibt sich aus der Differenz zwischen der in Rechnung gestellten Gebühr und der zutreffenden Gebührenhöhe.

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