Beschluss vom Bundessozialgericht (10. Senat) - B 10 ÜG 17/17 C

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Anhörungsrüge und Gegenvorstellung gegen den Beschluss des Bundessozialgerichts vom 18. Mai 2017 - B 10 ÜG 2/17 BH - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Anhörungsrüge und die Gegenvorstellung des Klägers gegen den genannten Beschluss des Bundessozialgerichts werden als unzulässig verworfen.

Der erneute Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. Dezember 2016 Prozesskostenhilfe zu gewähren und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens und der Gegenvorstellung.

Gründe

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I. Mit Beschluss vom 18.5.2017 hat der Senat den Antrag des Klägers abgelehnt, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen LSG vom 14.12.2016 PKH zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen. Der Beschluss ist dem Kläger am 1.6.2017 gegen Postzustellungsurkunde zugestellt worden. Er hat dagegen am 16.6.2017 persönlich beim BSG Anhörungsrüge und Gegenvorstellung erhoben und seinen Antrag auf PKH für eine Nichtzulassungsbeschwerde erneuert.

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II. 1. Dem erneuten Antrag des Klägers auf PKH für eine Nichtzulassungsbeschwerde in Verbindung mit einer Anhörungsrüge und Gegenvorstellung ist sinngemäß auch der Antrag zu entnehmen, ihm für das letztgenannte Verfahren PKH unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes zu bewilligen.

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Dieser Antrag ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 114, 121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung - hier: für das Anhörungsrüge- und Gegenvorstellungsverfahren - hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es (dazu sogleich).

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a) Unabhängig davon, ob eine Anhörungsrüge gegenüber einem PKH ablehnenden Beschluss zulässig ist oder darin ein zweites voll zu überprüfendes PKH-Gesuch zu sehen ist (vgl BVerfG <3. Kammer> Beschluss vom 3.3.2011 - 1 BvR 2852/10 - BVerfGK 18, 360), ist die Anhörungsrüge des Klägers nach § 178a Abs 4 S 1 SGG bereits als unzulässig anzusehen, weil sie verfristet ist. Denn der Kläger hat seine Rüge entgegen § 178a Abs 2 S 1 SGG nicht innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der behaupteten Verletzung des rechtlichen Gehörs erhoben. Frühester, in aller Regel aber auch spätester Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist die Zustellung der gerichtlichen Entscheidung (Flint in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 178a SGG RdNr 59). Die Zustellung des Senatsbeschlusses über die Ablehnung von PKH erfolgte laut Postzustellungsurkunde am 1.6.2017, einem Donnerstag. Der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, erst nach diesem Datum Kenntnis erlangt zu haben (vgl § 178a Abs 2 S 1 Halbs 2 SGG). Die Zwei-Wochen-Frist des § 178a Abs 2 S 1 SGG begann damit nach § 64 Abs 1 Alt 1 SGG am Tag nach der Zustellung, am 2.6.2017, zu laufen. Sie endete nach § 64 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGG am Donnerstag, 15.6.2017, um 24 Uhr. Die Anhörungsrüge am Freitag, 16.6.2017, war daher verfristet.

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Im Übrigen ist die Anhörungsrüge auch deshalb unzulässig, weil sie keine hinreichende Darlegung einer entscheidungserheblichen Gehörsverletzung enthält, § 178a Abs 2 S 5 SGG. Eine solche Darlegung erfordert einen substantiierten Vortrag, aus dem sich ableiten lässt, in welcher Weise das rechtliche Gehör nicht gewährt worden ist; zumindest sind im Wege einer eigenständigen Auseinandersetzung schlüssig die Umstände aufzuzeigen, aus denen sich die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Gericht ergibt (BSG SozR 4-1500 § 178a Nr 2). Für den anwaltlich nicht vertretenen Kläger sind diese Maßstäbe weniger streng zu handhaben. Indes legt der Kläger auch nach diesem abgesenkten Maßstab weder eine Überraschungsentscheidung noch eine unzureichende Berücksichtigung seines früheren Beschwerdevorbringens dar (vgl hierzu BSG Beschluss vom 7.4.2005 - B 7a AL 38/05 B - SozR 4-1500 § 178a Nr 2).

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Der Kläger macht zum einen geltend, die Senatsentscheidung B 10 ÜG 8/13 R über die Bewertung isolierter PKH-Verfahren sei ihm unbekannt gewesen. Indes entsteht kein (erneuter) Klärungsbedarf allein deshalb, weil ein Beteiligter die einschlägige Senatsrechtsprechung zu einer grundsätzlich bedeutsamen Frage nicht kennt. Ob grundsätzlicher Klärungsbedarf besteht, bestimmt sich nach objektiven Maßstäben, nicht nach dem subjektiven Kenntnisstand der Beteiligten.

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Der Kläger beruft sich darüber hinaus mit seiner Gehörsrüge nunmehr anstatt auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auf Divergenz. Damit ändert und ergänzt er seinen ursprünglichen Vortrag, anstatt nur dessen Übergehen zu rügen. Die Anhörungsrüge dient aber lediglich der Selbstkorrektur von Gehörsverstößen, nicht der nachträglichen Erweiterung des Prozessstoffes.

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Unabhängig davon hat der Senat das Vorliegen einer Divergenz im Ausgangsbeschluss ausdrücklich verneint. Dies stellt der Kläger mit seiner Anhörungsrüge infrage, deren Funktion er damit ebenfalls verkennt. Die Rüge dient dem Schutz des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Dieser gewährleistet indes nicht, dass ein Verfahrensbeteiligter "erhört", sondern lediglich, dass er "gehört", dh sein Vorbringen zur Kenntnis genommen wird (vgl ua BGH Beschluss vom 4.12.2008 - 1 StR 510/08 - NStZ-RR 2009, 119; BSG Beschluss vom 21.8.2009 - B 11 AL 12/09 C - Juris, mwN).

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b) Ebenso unzulässig ist die vom Kläger erhobene Gegenvorstellung. Eine Gegenvorstellung ist auch nach Einführung der Anhörungsrüge jedenfalls insoweit weiter statthaft, als mit ihr keine Verletzung von Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG geltend gemacht und keine Korrektur einer unanfechtbaren Entscheidung verlangt wird (vgl BFH Beschluss vom 1.7.2009 - V S 10/07 - BFHE 225, 310 unter Hinweis auf BVerfG Beschluss vom 25.11.2008 - 1 BvR 848/07). Sie setzt voraus, dass dem Betroffenen - außerhalb einer Gehörsverletzung - grobes prozessuales Unrecht zugefügt worden ist, das im Wege der richterlichen Selbstkontrolle beseitigt werden muss (vgl BSG Beschluss vom 19.1.2010 - B 11 AL 13/09 C - SozR 4-1500 § 60 Nr 7; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 24). Indes hat der Kläger seine Gegenvorstellung überhaupt nicht eigenständig begründet, sondern letztlich nur zur vermeintlichen Verletzung des rechtlichen Gehörs vorgetragen. Insoweit schließt die Möglichkeit der Gehörsrüge nach § 178a SGG eine Gegenvorstellung aber aus.

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2. Die vom Kläger gegen die Ablehnung der PKH mit Beschluss vom 18.5.2017 erhobene Anhörungsrüge und Gegenvorstellung sind aus den unter 1. genannten Gründen als unzulässig zu verwerfen.

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3. Ebenfalls abzulehnen ist damit der (wiederholte) Antrag des Klägers, mit dem er PKH für eine beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde begehrt. Eine solche Eingabe hat aus den Gründen des Senatsbeschlusses vom 18.5.2017 nach wie vor keine Aussicht auf Erfolg. Zudem ist die Frist zu ihrer Einlegung inzwischen verstrichen. Gründe für eine Wiedereinsetzung sind nicht ersichtlich. Damit bleibt es bei der Ablehnung des klägerischen PKH-Antrags.

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4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.

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5. Eine Streitwertfestsetzung ist entbehrlich, da eine streitwertunabhängige Festbetragsgebühr nach Nr 7400 Kostenverzeichnis Anl 1 zum GKG anfällt.

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Mit einer Bescheidung weiterer vergleichbarer Eingaben in dieser Sache kann der Kläger nicht rechnen.

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