Nichtannahmebeschluss vom Bundesverfassungsgericht (1. Senat 1. Kammer) - 1 BvR 2620/11
Gründe
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie nicht zulässig erhoben worden ist. Der außerordentliche Rechtsbehelf der Verfassungsbeschwerde verlangt grundsätzlich, dass der Beschwerdeführer selbst handelt, bei juristischen Personen also der gesetzliche Vertreter (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 10. August 2001 - 2 BvR 1667/00 -, juris; Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 90 Rn. 174 [Stand: März 2010]; jeweils m.w.N.). Die Beschwerdeführerin ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts. Sie wird nach § 42 Abs. 1 Satz 2 und Absatz 4 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg durch ihren Oberbürgermeister vertreten.
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Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht vom Oberbürgermeister der Beschwerdeführerin eingelegt. Der Verfassungsbeschwerdeschriftsatz weist als Absender das Rechtsamt der Beschwerdeführerin aus. Unterzeichnet wurde die Beschwerdeschrift von einem Stadtrechtsdirektor mit dem Zusatz "i.A." und nicht vom Oberbürgermeister. Die Beschwerdeführerin hat auch auf richterlichen Hinweis nichts dafür vorgetragen, dass und aufgrund welcher Bestimmungen der unterzeichnende Stadtrechtsdirektor vor dem Bundesverfassungsgericht generell vertretungsbefugt für die Stadt wäre.
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Es liegt auch kein Fall einer wirksamen gewillkürten Prozessvertretung nach § 22 BVerfGG vor. Ein Stadtrechtsdirektor ist keine vertretungsberechtigte Person im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG. Das Bundesverfassungsgericht kann zwar auch eine andere Person als Beistand eines Beteiligten nach § 22 Abs. 1 Satz 4 BVerfGG zulassen. Ein solcher Antrag auf Zulassung des Stadtrechtsdirektors als Beistand hätte allerdings innerhalb der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 BVerfGG wirksam gestellt werden müssen. Dies ist nicht geschehen. Die Beschwerdeführerin macht zwar auf das Hinweisschreiben des Bundesverfassungsgerichts zur Wirksamkeit der Einlegung der Verfassungsbeschwerde geltend, dass die Beschwerdeschrift so auszulegen sei, dass es der erkennbare Wille des Unterzeichners gewesen sei, als Beistand gemäß § 22 Abs. 1 Satz 4 BVerfGG zugelassen zu werden. Anhaltspunkte dafür, dass die Befugnis begehrt wird, sich im verfassungsgerichtlichen Verfahren außerhalb der mündlichen Verhandlung durch einen städtischen Bediensteten als Beistand vertreten zu lassen, können der Verfassungsbeschwerdeschrift jedoch nicht entnommen werden. Die Unterzeichnung des Stadtrechtsdirektors mit dem Zusatz "i.A." kann nur so verstanden werden, dass er innerhalb der Behördenstruktur für einen Vorgesetzten tätig werden, nicht aber dass er als Beistand der Stadt vor dem Bundesverfassungsgericht auftreten wollte.
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Auch das Tätigwerden als Beistand erfordert zudem eine auf das konkrete Verfahren bezogene Vollmacht im Sinne von § 22 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. November 2001 - 2 BvR 1898/01 -, juris Rn. 2; Klein, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 22 Rn. 11 [Stand: Januar 1987]). Daran fehlt es hier ebenfalls.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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Referenzen
- BVerfGG § 22 5x
- BVerfGG § 93 1x
- 2 BvR 1898/01 1x (nicht zugeordnet)
- BVerfGG § 93d 1x