Nichtannahmebeschluss vom Bundesverfassungsgericht (1. Senat 1. Kammer) - 1 BvR 1240/18

Tenor

Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

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Die Beschwerdeführerin wendet sich in ihren Verfassungsbeschwerden gegen drei Beweisbeschlüsse, die in einem Umgangsverfahren nach § 1686a BGB sukzessive ergangen sind. Diese griffen bereits in irreversibler Weise in ihre Grundrechte ein, so dass ihr ein Zuwarten bis zu einer anfechtbaren Endentscheidung nicht zuzumuten sei.

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Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie unzulässig sind.

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1. Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die am 3. Januar 2018 und 28. Februar 2018 ergangenen Beweisbeschlüsse wendet, sind ihre Verfassungsbeschwerden mangels Rechtschutzbedürfnis unzulässig. Mit Beweisbeschluss vom 30. Mai 2018 hat das Amtsgericht das Beweisthema in der Sache vollständig neu gefasst, so dass die zunächst ergangenen Beschlüsse prozessual überholt sind und für die Beschwerdeführerin keine belastenden Wirkungen mehr entfalten können.

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2. Soweit die Beschwerdeführerin den Beweisbeschluss vom 30. Mai 2018 angreift, wahrt diese Verfassungsbeschwerde nicht das Gebot der Rechtswegerschöpfung gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG.

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a) Diese Bestimmung ist Ausdruck des im Verfassungsrecht (Art. 94 Abs. 2 Satz 2 GG) verankerten Grundsatzes der Subsidiarität. Es entspricht der grundgesetzlichen Zuständigkeitsverteilung und Aufgabenzuweisung, dass vorrangig die Fachgerichte Rechtsschutz gegen Verfassungsverletzungen selbst gewähren und etwaige im Instanzenzug auftretende Fehler durch Selbstkontrolle beheben. Ausnahmen vom Gebot der Rechtswegerschöpfung über die in § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG hinaus vorgesehene Möglichkeit, vorab über eine Verfassungsbeschwerde zu entscheiden, sind eng zu begrenzen; sie kommen nur in Betracht, wenn die Erschöpfung des Rechtswegs objektiv nicht geboten und dem Beschwerdeführer subjektiv nicht zuzumuten ist. Erscheint es hingegen nicht offensichtlich ausgeschlossen, Grundrechtsschutz bereits durch die Fachgerichte zu erlangen, ist es dem Beschwerdeführer regelmäßig zuzumuten, den nach einfachem Recht vorgesehenen Rechtsweg zu beschreiten und auszuschöpfen.

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Nichts Anderes kann gelten, wenn die Statthaftigkeit eines Rechtsmittels nach dem aktuellen Stand von Rechtsprechung und Lehre umstritten und deshalb zweifelhaft ist, ob der in der Sache begehrte Rechtsschutz von dem angerufenen Gericht gewährt wird. In derartigen Fällen ist es grundsätzlich die Aufgabe der Fachgerichte, über die streitige Zulässigkeitsfrage nach einfachem Recht unter Berücksichtigung der hierzu vertretenen Rechtsansichten zu entscheiden. Der Funktion der Verfassungsbeschwerde würde es zuwiderlaufen, sie anstelle oder gleichsam wahlweise neben einem möglicherweise statthaften Rechtsmittel zuzulassen (vgl. BVerfGE 68, 376 <379 ff.>).

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b) In Rechtsprechung und Lehre wird seit geraumer Zeit die - wenn auch nicht unumstrittene - Ansicht vertreten, dass eine Beschwerdemöglichkeit gegen an sich gemäß § 58 Abs. 1 FamFG isoliert nicht anfechtbare Zwischenentscheidungen dann eröffnet sein soll, wenn diese Zwischenentscheidung bereits zu einem solchen Eingriff in die Grundrechte eines Beteiligten führt, der später nicht oder jedenfalls nicht vollständig behoben werden kann (etwa OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Dezember 2012 - 26 W 19/12 -, FGPrax 2013, S. 89; OLG Nürnberg, Beschluss vom 16. August 2013 - 11 WF 1071/13 -, NJOZ 2014, S. 333; OLG Frankfurt, Beschluss vom 8. Dezember 2015 - 4 WF 244/15 -, FamRZ 2016, S. 1799, 1800).

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Eine mit der Endentscheidung nicht mehr korrigierbare Beeinträchtigung aufgrund der im Rahmen des angeordneten Sachverständigenbeweises gegenüber dem betroffenen Kind möglicherweise zu offenbarenden leiblichen Vaterschaft eines anderen Mannes als des Ehemannes der Beschwerdeführerin macht diese gerade geltend.

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c) Es war daher geboten und der Beschwerdeführerin auch zumutbar, vor der Einlegung einer Verfassungsbeschwerde die Statthaftigkeit einer einfachrechtlichen Beschwerde sorgfältig zu prüfen und von ihr auch Gebrauch zu machen, da diese jedenfalls nicht offensichtlich unzulässig ist. Wird eine eingelegte Beschwerde von der Fachgerichtsbarkeit als unzulässig verworfen, weil diese die umstrittene Zulässigkeitsfrage zuungunsten eines Beschwerdeführers beurteilt, bleibt es diesem unbenommen, nach Ergehen einer letztinstanzlichen Entscheidung innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 BVerfGG Verfassungsbeschwerde einzulegen und etwaige Grundrechtsverletzungen durch eine vorangegangene Sachentscheidung zu rügen (vgl. BVerfG 68, 376 <381>).

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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

11

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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