Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (6. Senat) - 6 B 51/09

Gründe

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Die Nichtzulassungsbeschwerde, mit der die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung des Rechtsstreits (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) begehrt, bleibt ohne Erfolg.

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Die Klägerin wendet sich gegen die Abweisung ihrer Klage durch den Verwaltungsgerichtshof, mit der sie die Rückforderung von dem Beklagten vereinnahmter Rundfunkgebühren für ein Rundfunkempfangsgerät in einem Personenkraftwagen für die Zeit von Dezember 1992 bis einschließlich Juli 2006 begehrt hat. Sie nutzt das fragliche Kraftfahrzeug für die tägliche Fahrt von ihrer Wohnung zu der von ihr betriebenen ärztlichen Praxis.

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Die Klägerin ist der Ansicht, das Urteil verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, denn es sei weder sinnvoll noch juristisch nachvollziehbar, einem Freiberufler auf dem Weg von zu Hause zur Arbeit einen "unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil" zu unterstellen, während der angestellte Arzt einen solchen nicht habe. Sie ist weiterhin der Ansicht, die entsprechende Gebührenforderung des Beklagten in Höhe von 798,23 € sei verjährt, und diese Einrede könne auch nicht mit dem Hinweis auf unzulässige Rechtsausübung abgewehrt werden. Vielmehr sei dem OVG Lüneburg zu folgen, wonach der Sinn der im bürgerlichen Recht geregelten kurzen Verjährungsfrist leer laufen würde, wenn regelmäßig allein durch das Nichtanmelden eines Rundfunkgerätes das Berufen auf eine Verjährung ausgeschlossen wäre.

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Dieses Vorbringen kann die Nichtzulassungsbeschwerde nicht tragen. Denn die von der Klägerin sinngemäß als grundsätzlich bedeutsam und klärungsbedürftig bezeichnete Frage, ob einem Rundfunkteilnehmer, der sich auf die Verjährung der Gebührenschuld beruft, der Einwand unzulässiger Rechtsausübung schon wegen des bloßen Unterlassens der in § 3 Abs. 1 RGebStV vorgeschriebenen Anzeige oder nur bei einem über dieses Unterlassen hinausgehenden aktiven Tun entgegengehalten werden kann, berührt im vorliegenden Rechtsstreit noch irrevisibles, d.h. im Revisionsverfahren nicht klärungsfähiges (§ 137 Abs. 1 VwGO) Landesrecht. Die Bestimmungen dieses Staatsvertrages wurden erst durch § 10 RGebStV i.d.F. des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrages mit Wirkung vom 1. März 2007 für revisibel erklärt (s. Gesetz vom 14. Februar 2007, BW. GBl S. 108). Die Revisibilität gilt noch nicht für das Staatsvertragsrecht, das für die hier umstrittene Rundfunkgebührenpflicht hinsichtlich eines in der Vergangenheit abgeschlossenen Zeitraums maßgeblich ist. Denn unter den in § 10 RGebStV nunmehr als revisibel bezeichneten "Bestimmungen dieses Staatsvertrages" sind die Bestimmungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrages in der Fassung zu verstehen, die dieser durch Art. 7 des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrages erhalten hat, nicht hingegen das - hier noch maßgebliche - bisherige Gebührenstaatsvertragsrecht (vgl. Beschlüsse vom 5. April 2007 - BVerwG 6 B 15.07 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 42 Rn. 4 und vom 18. Juni 2008 - BVerwG 6 B 1.08 - NVwZ-RR 2008, 704 Rn. 4; Urteil vom 29. April 2009 - BVerwG 6 C 28.08 - juris Rn. 14).

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An dieser Einordnung ändert sich auch insoweit nichts, als das Berufungsgericht ergänzend auf bundesrechtliche Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch zurückgegriffen hat. Soweit Landesrecht auf bundesrechtliche Regelungen Bezug nimmt, erlangen auch die so rezipierten Bestimmungen den Charakter nicht revisiblen Landesrechts, da das für anwendbar erklärte Bundesrecht nicht aus sich heraus, sondern kraft normativer Entscheidung des Landesgesetzgebers gilt (Urteile vom 24. September 1992 - BVerwG 3 C 64.89 - BVerwGE 91, 77 <81> = Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 173 S. 22 und vom 30. Januar 1996 - BVerwG 1 C 9.93 - Buchholz 430.2 Kammerzugehörigkeit Nr. 7 S. 3).

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Auch den Ausführungen der Klägerin, mit denen sie die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zur Entstehung der Rundfunkgebührenpflicht angreift, ist eine grundsätzlich bedeutsame Frage des revisiblen Rechts, die der Klärung in einem Revisionsverfahren bedürfte, nicht zu entnehmen. Insoweit kommt eine revisionsgerichtliche Kontrolle auch nicht etwa deswegen in Betracht, weil sich der Verwaltungsgerichtshof durch Bundesrecht zu einer bestimmten Auslegung des § 5 Abs. 2 RGebStV zu Unrecht verpflichtet gefühlt hätte (vgl. Urteil vom 21. September 2005 - BVerwG 6 C 16.04 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 40 Rn. 19 m.w.N.). Zwar hat er bei der Beantwortung der Frage, ob bei Selbstständigen die Fahrten von der Wohnung zur Betriebsstätte der selbstständigen Tätigkeit oder dem privaten Bereich zuzuordnen sind, auf Begriffe und Systematik des Einkommensteuerrechts zurückgegriffen. Dies geschah jedoch im Rahmen einer eigenständigen rundfunkgebührenrechtlichen Bewertung, bei welcher das Verständnis des Einkommensteuerrechts lediglich als Interpretationshilfe diente.

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Anknüpfungspunkt für die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage des Bundesrechts sind schließlich nicht die von der Klägerin für unrichtig gehaltenen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zur rundfunkgebührenrechtlichen Ungleichbehandlung von Selbstständigen und Arbeitnehmern, die jeweils ihr Fahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nutzen. Dass damit Rechtsfragen zur Auslegung des Art. 3 Abs. 1 GG aufgeworfen sind, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher ungeklärt geblieben sind, wird in der Beschwerdebegründung nicht aufgezeigt. Dass die Klägerin - im Gegensatz zum Verwaltungsgerichtshof - die Ungleichbehandlung nicht für sachlich gerechtfertigt hält, reicht nicht aus.

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