Urteil vom Bundesverwaltungsgericht (7. Senat) - 7 C 11/09
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Verrechnung einer für das Jahr 2001 geschuldeten Abwasserabgabe mit Aufwendungen für die Erweiterung einer Abwasserbehandlungsanlage nach § 10 Abs. 3 AbwAG.
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Der Kläger betreibt u.a. die Kläranlage I. Aus dieser wird behandeltes Schmutzwasser in einen Bach eingeleitet. Der diese Einleitung erlaubende Bescheid der Wasserrechtsbehörde setzt u.a. den Überwachungswert für Nickel auf 50 µg/l fest.
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Der Rechtsvorgänger der Beklagten, das Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen (im Folgenden für dieses und die Beklagte: die Beklagte) setzte für das Veranlagungsjahr 2001 mit Bescheid vom 23. Oktober 2003 eine Abwasserabgabe in Höhe von insgesamt 288 262,26 € fest.
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Dabei errechnete sie für Nickel wegen Überschreitung des Überwachungswerts eine Abgabe von insgesamt 17 947,24 €. Ohne diese Überschreitung hätte sie für Nickel nach § 3 Abs. 1 Satz 2 AbwAG keine Abgabe festgesetzt, weil der Überwachungswert von 50 µg/l den in der Anlage zu § 3 AbwAG Nr. 5.4 angegebenen Schwellenwert von ebenfalls 50 µg/l nicht überschreitet. Bei der Berechnung der Abgabe ermittelte sie zunächst die Zahl der Schadeinheiten, die sich ausgehend von dem Schwellenwert ergibt. Die daraus resultierenden 456 Schadeinheiten und der darauf beruhende Teil der Abgabe werden von den Beteiligten als "Sockelbetrag" bezeichnet. Die 456 Schadeinheiten erhöhte die Beklagte gemäß § 4 Abs. 4 Satz 3 AbwAG wegen Überschreitung des festgesetzten Überwachungswerts um 120 % und damit um 547,2 Schadeinheiten. Für Nickel setzte sie deshalb insgesamt 1 003,2 Schadeinheiten an.
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In Höhe von 270 315,02 € verrechnete die Beklagte Investitionen mit der Abwasserabgabe. Eine Verrechnung der auf Nickel entfallenden Abwasserabgabe lehnte sie ab.
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Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem der Kläger eine Verrechnung in Höhe des auf den Schwellenwert für Nickel entfallenden Sockelbetrags erstrebte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2003 zurück. Eine Verrechnung scheide nach § 10 Abs. 3 Satz 2 AbwAG auch insoweit aus.
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Mit der dagegen erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Abgabe für Nickel sei in Höhe des Sockelbetrags verrechenbar. Bei der hier vorliegenden Identität von Schwellen- und Bescheidwert führe die Nichteinhaltung des Überwachungswerts zwar dazu, dass die Abgabefreiheit des Sockelbetrags entfalle. Eine Verrechnung des Sockelbetrags mit Investitionen bleibe aber möglich. Davon ausgehend hat der Kläger beantragt,
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den Bescheid vom 23. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids aufzuheben, soweit eine Abgabe von mehr als 9 789,40 € festgesetzt worden ist.
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 27. März 2006 abgewiesen: Die Beklagte habe die gesamte Abgabe für Nickel zu Recht nicht mit Investitionen des Klägers verrechnet. Es liege ein allein wegen der Überschreitung des Überwachungswerts zu berechnender erhöhter Teil der Abgabe vor. Wegen § 10 Abs. 3 Satz 2 AbwAG stehe dieser "erhöhte Teil" der Abgabe für eine Verrechnung mit Investitionen nicht zur Verfügung. Dieses aus dem Wortlaut der Vorschrift gewonnene Ergebnis werde bestätigt durch den Sinn und Zweck der Verrechnungsmöglichkeit nach § 10 Abs. 3 AbwAG. Die Begrenzung der Verrechnung in § 10 Abs. 3 Satz 2 AbwAG solle sicherstellen, dass der Anreiz zur Einhaltung der Überwachungswerte durch die Verrechnungsmöglichkeit nicht aufgehoben werde. Das Gesetz sehe die Investition des Einleiters als solche noch nicht als besonders förderungswürdig an, sondern nur insoweit, als der Einleiter auch im Übrigen die Vorgaben des Abwasserabgabengesetzes einhalte. Fehl gehe auch der Hinweis des Klägers auf eine Ungleichbehandlung gegenüber dem Einleiter, der bereits im Wasserrechtsbescheid höhere Überwachungswerte als die Schwellenwerte zugestanden bekommen habe. Für diesen bestehe zwar die Möglichkeit der Verrechnung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 AbwAG auch in Höhe des Teils der Abgabe, der auf den - für ihn nicht relevanten - Sockelbetrag entfalle. Dafür bliebe ihm aber - im Gegensatz zum Kläger - der Vorteil versagt, bei regelrechter Einleitung insoweit abgabefrei zu bleiben.
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Der dagegen eingelegten Berufung hat das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 8. Juni 2009 stattgegeben. Es hat das verwaltungsgerichtliche Urteil geändert und den angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids insoweit aufgehoben, als eine Abgabe von mehr als 9 789,40 € festgesetzt worden ist.
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Die Abwasserabgabe für Nickel sei - wie vom Kläger begehrt - teilweise mit dessen getätigten Aufwendungen zu verrechnen. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 Satz 1 AbwAG für eine Verrechnung lägen vor. Die Verrechnung sei insoweit auch nicht durch § 10 Abs. 3 Satz 2 AbwAG ausgeschlossen. Nicht zum "erhöhten Teil der Abgabe" gehöre der sogenannte Sockelbetrag, der sich unter Zugrundelegung des mit dem Schwellenwert übereinstimmenden Überwachungswerts ergebe. Dagegen sei nicht einzuwenden, dass der Teil der Abgabe, der auf der Veranlagung nach dem Überwachungswert beruhe, deswegen nicht erhöht werden könne, weil er an sich gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 AbwAG abgabefrei sei. Der wegen Überschreitung des Schwellenwerts eintretende Verlust der Abgabefreiheit habe mit der Erhöhung der Zahl der Schadeinheiten nach § 4 Abs. 4 Satz 2 AbwAG nichts zu tun. Dies ergebe sich aus der Zusammenschau von § 10 Abs. 3 Satz 2 mit § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 und 4 AbwAG. § 3 Abs. 1 Satz 1 AbwAG bestimme grundsätzlich die Schädlichkeit des Abwassers als Bewertungsgrundlage der Abwasserabgabe. Die Ermittlung der Schädlichkeit werde in § 4 AbwAG geregelt. Die an sich erforderliche Bewertung der Schädlichkeit entfalle nach § 3 Abs. 1 Satz 2 AbwAG unter anderem bei Einhaltung des Schwellenwerts. Greife diese Sonderregelung wegen Überschreitung des Schwellenwerts nicht ein, bleibe es bei der Ermittlung der Schadeinheiten gemäß § 4 AbwAG. Gebe es - wie hier - einen Bescheidwert im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AbwAG, erfolge die Ermittlung der für die Berechnung der Abwasserabgabe zugrunde zu legenden Schadeinheiten zunächst nach § 4 Abs. 1 AbwAG. Werde der Bescheidwert überschritten, werde die Zahl der Schadeinheiten erhöht (§ 4 Abs. 4 Satz 2 bis 4 AbwAG). Es gebe somit einen Ausgangswert und einen erhöhten Teil. Nur letzterer sei nach § 10 Abs. 3 Satz 2 AbwAG von der Verrechnungsmöglichkeit ausgenommen.
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Dem stehe nicht entgegen, dass § 10 Abs. 3 Satz 2 AbwAG pauschal auf den "erhöhten Teil der Abgabe" abstelle. Durch die ausdrückliche Bezugnahme auf § 4 Abs. 4 AbwAG werde klargestellt, dass an die Erhöhung der Zahl der Schadeinheiten angeknüpft werde. Nur so werde sichergestellt, dass derjenige Einleiter, der den im wasserrechtlichen Bescheid festgesetzten Schwellenwert einhalten müsse, mit demjenigen, der auf Grund des Wasserrechtsbescheids eine Schadstofffracht über dem Schwellenwert einleiten dürfe, im Falle der Überschreitung des Schwellenwerts gleich behandelt werde. Könne letzterer ohnehin immer den auf den Bescheidwert entfallenden Betrag verrechnen, müsse dasselbe demjenigen zustehen, der nur ausnahmsweise - wegen Überschreitung des Schwellenwerts - abgabepflichtig sei. Davon ausgehend sei - wie im Einzelnen in dem angefochtenen Beschluss ausgeführt wird - der Abgabebetrag von 17 947,24 € um 8 157,84 € auf 9 789,40 € zu ermäßigen.
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Gegen diesen Beschluss richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie geltend macht, die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des § 10 Abs. 3 Satz 2 AbwAG sei fehlerhaft.
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Dies ergebe zunächst eine Auslegung der Vorschrift nach deren Wortlaut und der Systematik des Gesetzes. § 10 Abs. 3 Satz 2 AbwAG spreche von dem nach § 4 Abs. 4 AbwAG erhöhten Teil der "Abgabe" und nicht von einer erhöhten Schadstofffracht oder erhöhten Schadeinheiten. Der erhöhte Teil der Abgabe könne nur in Abhängigkeit von einer tatsächlich erhobenen Abgabe festgestellt werden. Seien die sich aus § 3 Abs. 1 Satz 2 AbwAG i.V.m. der Anlage zu § 3 AbwAG ergebenden Schwellenwerte als Überwachungswerte in dem wasserrechtlichen Bescheid aufgenommen, falle aber ohne Überschreitung keine Abgabe an. Der Sockelbetrag sei nur eine rechnerische Größe, aber keine verrechnungsfähige "Abgabe". Gleiches ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes und dem Willen des Gesetzgebers. In der einschlägigen Gesetzesbegründung zu § 10 Abs. 3 Satz 2 AbwAG werde auf die Verrechnung der "Abgabeschuld" abgestellt. Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt habe, sprächen auch Sinn und Zweck des § 10 Abs. 3 Satz 2 AbwAG für dieses Ergebnis, das auch nicht gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz verstoße.
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Der Kläger tritt der Revision entgegen.
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Die Ausführungen der Beklagten zum Wortlaut des § 10 Abs. 3 Satz 2 AbwAG gingen fehl. Es sei zu fragen gewesen, welcher Teil der für Nickel festgesetzten Abgabe auf einer Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 1 AbwAG beruhe und welcher Teil auf einer Anwendung der Erhöhungsregelung des § 4 Abs. 4 AbwAG. Sinn und Zweck des § 10 Abs. 3 Satz 2 AbwAG sprächen für die Auffassung des Berufungsgerichts. Danach solle der Abgabeschuldner zwar gehindert sein, Überschreitungen eines Überwachungswerts billigend in Kauf zu nehmen in der Überlegung, dass die Verrechnung deswegen nicht zu einer Erhöhung der Abgabe führe. Er solle andererseits aber auch bei Überschreitung nicht der Verrechnung gegen den Sockelbetrag verlustig gehen. Die Auffassung der Beklagten könne auch nicht auf den Willen des Gesetzgebers gestützt werden und führe zu einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist begründet. Der angefochtene Beschluss beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Unter Verstoß gegen § 10 Abs. 3 Satz 2 AbwAG hat das Oberverwaltungsgericht der Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts stattgegeben; denn der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtmäßig. Die Beklagte hat eine Verrechnung der vom Kläger im Veranlagungsjahr 2001 für Nickel geschuldeten Abwasserabgabe mit dessen Investitionen zu Recht insgesamt - also auch für den "Sockelbetrag" - abgelehnt. Dies ergibt eine Auslegung von § 10 Abs. 3 Satz 2 AbwAG nach dessen Wortlaut und Systematik (vgl. 1.), nach der Entstehungsgeschichte der Vorschrift (vgl. 2.) sowie nach Sinn und Zweck der Regelung (vgl. 3.). Das gefundene Ergebnis führt nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung (vgl. 4.).
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1.) Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 AbwAG ist eine Verrechnung von Aufwendungen mit der Abwasserabgabe (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 1 AbwAG) nicht möglich "für den nach § 4 Abs. 4 erhöhten Teil der Abgabe". Das Gesetz spricht also von der nach § 4 Abs. 4 AbwAG erhöhten Abgabe und nicht von der nach § 4 Abs. 4 AbwAG erhöhten Zahl der Schadeinheiten. "Nach" bedeutet nichts anderes als "aufgrund von". Geht man vom Wortlaut der Bestimmung aus, ist deshalb zu fragen, wie hoch die Abgabe ohne die Bestimmung des § 4 Abs. 4 AbwAG wäre. Was darüber hinaus geht, ist der nach § 4 Abs. 4 AbwAG erhöhte Teil der Abgabe und kann folglich nicht verrechnet werden. Ohne die Bestimmung des § 4 Abs. 4 AbwAG betrüge die Abgabe für Nickel Null. Da sich gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AbwAG die der Ermittlung der Zahl der Schadeinheiten zugrunde zu legende Schadstofffracht nach den Festlegungen des Wasserrechtsbescheids errechnet, wäre die Nichteinhaltung des Überwachungswerts ohne Bedeutung. Es bliebe dabei, dass dann eine Bewertung der Schädlichkeit von Nickel gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 AbwAG entfiele.
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§ 4 Abs. 4 AbwAG regelt somit nicht nur die Erhöhung der Schadeinheiten, sondern bestimmt auch, dass bei Nichteinhaltung des Überwachungswerts - in Ausnahme von § 4 Abs. 1 Satz 1 AbwAG - nicht allein der Bescheidwert für die Ermittlung der Abgabe heranzuziehen ist, sondern - in dem in § 4 Abs. 4 AbwAG im Einzelnen geregelten Umfang - auch der Wert der tatsächlichen Einleitung.
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Bei der Berechnung der aufgrund von § 4 Abs. 4 AbwAG vorzunehmenden Erhöhung der Abwasserabgabe im Einzelfall sind auch die übrigen einschlägigen Bestimmungen des Abwasserabgabengesetzes zu beachten. Hierbei ist - was auch unter den Beteiligten nicht streitig ist - nicht nur eine Abgabe für die über den Sockelbetrag hinausgehende Zahl der Schadeinheiten anzusetzen, sondern auch eine Abgabe für den Sockelbetrag. Denn nach § 4 Abs. 4 AbwAG ist für die Ermittlung der Zahl der Schadeinheiten nunmehr die tatsächliche Schadstofffracht zugrunde zu legen, so dass die Bewertung der Schädlichkeit insgesamt nicht mehr nach § 3 Abs. 1 Satz 2 AbwAG entfällt, obwohl die der Ermittlung der Zahl der Schadeinheiten zugrunde zu legende Schadstoffkonzentration in dem Wasserrechtsbescheid den in der Anlage zu dem Gesetz angegebenen Schwellenwert für Nickel nicht überschreitet. Dies ändert aber nichts daran, dass die gesamte Erhöhung aufgrund von § 4 Abs. 4 AbwAG erfolgt und ohne diese Bestimmung nicht erfolgen würde. Einen ohne § 4 Abs. 4 AbwAG festzusetzenden "Sockelbetrag" für Nickel gibt es nicht.
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Das Berufungsgericht lässt dagegen die gebotene Auslegung von § 10 Abs. 3 Satz 2 AbwAG nach dem Wortlaut der Bestimmung vermissen. Es meint auch zu Unrecht, § 4 Abs. 4 AbwAG regele allein die Erhöhung der Zahl der Schadeinheiten, und übersieht, dass allein aufgrund von § 4 Abs. 4 AbwAG bei der Ermittlung der Zahl der Schadeinheiten auf die tatsächliche Einleitung abzustellen ist, wenn die Überwachungswerte nicht eingehalten werden.
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Ähnliches gilt für den Vortrag des Beklagten, der darauf abstellt, welcher Teil der für Nickel konkret festgesetzten Abgabe auf einer Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 1 AbwAG und welcher Teil auf einer Anwendung der Erhöhungsregelung des § 4 Abs. 4 AbwAG beruhe. Er verkennt dabei, dass es hier ohne die Bestimmung des § 4 Abs. 4 AbwAG - trotz der Überschreitung der Überwachungswerte - keinen aufgrund von § 4 Abs. 1 Satz 1 AbwAG festgesetzten Teil der Abgabe für Nickel geben würde.
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2.) Gleiches ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes. In der amtlichen Begründung zu § 10 Abs. 3 AbwAG heißt es:
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"Überschreitet der Einleiter ... die ... Überwachungswerte und wird dadurch die Abgabenschuld erhöht, so kann er den Teil der Abwasserabgabe, der sich aus der Überschreitung ergibt, nicht verrechnen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass der Anreiz zur Einhaltung der Überwachungswerte nicht durch eine Verrechnungsmöglichkeit aufgehoben wird." (vgl. BTDrucks 11/4942 vom 11. Juli 1989 zu Art. 1 Nr. 4 Buchst. a und b <§ 10 Abs. 3 AbwAG> S. 10).
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Der Gesetzgeber hat danach bewusst auf die Erhöhung der konkreten Abgabe abgestellt.
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3.) Auch Sinn und Zweck der Bestimmung des § 10 Abs. 3 AbwAG sprechen für das gefundene Ergebnis.
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Die Abwasserabgabe soll nach dem Willen des Gesetzgebers eine Anreizwirkung zur Durchführung von Gewässerschutzmaßnahmen ausüben (vgl. etwa BTDrucks 12/4272 S. 1). Diese Lenkungswirkung wird durch das "Bauphasenprivileg" nach § 10 Abs. 3 Satz 1 AbwAG gestützt, indem der Investitionsaufwand für bestimmte Maßnahmen schon vor deren Wirksamkeit, nämlich bereits während der auf drei Jahre geschätzten Bauzeit, mit der in diesem Zeitraum anfallenden Abwasserabgabe verrechnet werden kann (vgl. Urteil vom 8. September 2003 - BVerwG 9 C 1.03 - Buchholz 401.64 § 10 AbwAG Nr. 5). Hierdurch soll eine Doppelbelastung des Einleiters durch Investitionskosten und Abgabe vermieden werden. Die Begrenzung der Verrechnung in § 10 Abs. 3 Satz 2 AbwAG soll jedoch sicherstellen, dass der Anreiz zur Einhaltung der Überwachungswerte durch die Verrechnungsmöglichkeit nicht aufgehoben wird (vgl. oben 2.). Das Gesetz sieht mithin die Investition des Einleiters als solche noch nicht als "besonders förderungswürdig" an, sondern nur insoweit, als sich der Einleiter auch im Übrigen den Mechanismen des AbwAG unterwirft und deren Vorgaben einhält (vgl. Urteil vom 26. November 2003 - BVerwG 9 C 4.03 - Buchholz 401.64 § 10 AbwAG Nr. 6
).
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Wäre der "Sockelbetrag" verrechenbar, würde der Anreiz zur Einhaltung der Überwachungswerte vermindert, denn der Einleiter könnte darauf vertrauen, dass er bei Nichteinhaltung des Überwachungswerts zumindest einen Teil der aufgrund der Nichteinhaltung festgesetzten Abgabe verrechnen kann. Auch würde durch die (teilweise) Verrechnung ein Einleiter begünstigt, der die Vorgaben des AbwAG bzw. des Wasserrechts nicht eingehalten hat.
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Eine Doppelbelastung des Einleiters durch Investitionskosten und Abgaben, die § 10 Abs. 3 AbwAG vermeiden will, entsteht hier - auch hinsichtlich des Sockelbetrags - überdies erst, wenn Überwachungswerte nicht eingehalten werden. Sinn und Zweck des § 10 Abs. 3 AbwAG ist es aber nicht, eine Doppelbelastung, die allein auf der Nichteinhaltung des Überwachungswerts und damit auf rechtswidrigem Verhalten beruht, auszuschließen.
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Vor allem würde von der Möglichkeit, den Sockelbetrag bei Nichteinhaltung des Überwachungswerts zu verrechnen, keinerlei Anreizwirkung für Gewässerschutzinvestitionen ausgehen. Einen Anreiz, Investitionen zu tätigen, kann die Verrechnungsmöglichkeit nur haben, wenn der Einleiter, bereits bevor er sich entscheidet zu investieren, weiß, dass er Investitionskosten verrechnen kann. Dies ist bei der erst nach einer gemessenen Überschreitung des Überwachungswerts im laufenden Veranlagungsjahr entstehenden Abgabe nach § 4 Abs. 4 AbwAG nicht der Fall.
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4.) Das gefundene Ergebnis führt nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung. Bei Einhaltung der Überwachungswerte begünstigt § 3 Abs. 1 Satz 2 AbwAG denjenigen Einleiter, dessen Überwachungswert den Schwellenwert nicht überschreitet, gegenüber demjenigen, dessen Überwachungswert den Schwellenwert überschreitet und der deshalb die volle Abwasserabgabe (also auch die auf den Sockelbetrag entfallende Abgabe) entrichten muss, falls er diese nicht ausnahmsweise gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 AbwAG verrechnen kann. Bei Nichteinhaltung der Überwachungswerte dagegen belastet die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Satz 2 AbwAG im Ergebnis den Einleiter, dessen Überwachungswerte die Schwellenwerte nicht überschreiten, insoweit, als ihm eine Verrechnung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 AbwAG nicht möglich ist. Die Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 AbwAG wirkt sich also einmal zu seinen Gunsten und einmal zu seinen Lasten aus. Dies ist nicht zu beanstanden, denn bei Beantwortung der Frage, ob eine unzulässige Ungleichbehandlung vorliegt, sind der gesamte Anreiz- und Sanktionsmechanismus des AbwAG und seine Wirkung in den Blick zu nehmen. Wenn sich - wie hier - ein Nachteil und ein Vorteil ausgleichen, schließt schon allein dies eine unzulässige Ungleichbehandlung aus (vgl. Urteil vom 26. November 2003 - BVerwG 9 C 4.03 - Buchholz 401.64 § 10 AbwAG Nr. 6
).
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Im Übrigen ist hier eine Ungleichbehandlung auch aus folgendem Grund gerechtfertigt: Wie die Beklagte zutreffend ausführt, soll die Verrechnung denjenigen begünstigen, der schon nach § 4 Abs. 1 AbwAG eine Abgabe zu tragen hat. Dieser soll, wenn er entsprechende Investitionen tätigt, von diesen Investitionen auch profitieren und - wie oben ausgeführt - von einer Doppelbelastung verschont bleiben. Für denjenigen, der eine solche "Grundlast" nicht zu tragen hat, weil seine Bescheidwerte den Schwellenwert nicht überschreiten, ist dagegen zunächst eine solche Begünstigung nicht erforderlich, da keine Abgabe entsteht. Der Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes gebietet es nicht, dem letztgenannten Einleiter diese Begünstigung im Nachhinein einzuräumen, wenn eine Abgabe nachträglich aufgrund seines rechtswidrigen Verhaltens entsteht.
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