Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (2. Senat) - 2 B 35/10

Gründe

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I. Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

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1. Der Kläger hat in den Vorinstanzen erfolglos einen Anspruch auf Zahlung einer ungekürzten Bundesbankzulage von 19 v.H. des Grundgehaltes über den 31. Juli 2006 hinaus geltend gemacht. Nach seiner Auffassung ergibt sich dieser Anspruch auch ab dem 1. August 2006 aus § 31 Abs. 4 Satz 2 lit. b BBankG i.d.F. vom 24. Februar 1997 (BGBl I S. 322) i.V.m. dem darauf beruhenden Personalstatut der Bundesbank. Die Nachfolgeregelung des § 31 Abs. 4 Satz 2 lit. b BBankG i.d.F. von Art. 6 des Haushaltsbegleitgesetzes 2006, die die Zulage für eine Verwendung in den Hauptverwaltungen auf 5 v.H. des Grundgehalts senke, sei unanwendbar, weil die Europäische Zentralbank (EZB) hierzu nicht angehört worden sei.

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2. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche, noch ungeklärte Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 76.81 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 21 f. stRspr). Der Kläger hat nicht dargelegt, dass diese Voraussetzungen hier gegeben sind.

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a. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage,

ob für die EZB vor Erlass bundesbankspezifischer Bezahlungsregelungen ein Anhörungsrecht gem. Art. 105 Abs. 4 S. 1, 2. Spiegelstrich EGV in der Nizzafassung (jetzt Art. 127 Abs. 4 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union) i.V.m. Art. 2 Abs. 1 der Entscheidung 415/98 des Rates vom 29.06.1998 (98/415/EG) besteht,

ist auch dann nicht rechtsgrundsätzlich bedeutsam, wenn angenommen wird, sie beziehe sich auf das Anhörungsrecht der EZB zu Art. 6 des Haushaltsbegleitgesetzes 2006.

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Denn diese Frage betrifft ausgelaufenes Recht. Daher käme eine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nur in Betracht, wenn die Klärung der Frage in nicht absehbarer Zukunft für eine nicht überschaubare Zahl von Fällen von Bedeutung sein wird (stRspr, vgl. Beschluss vom 8. März 2000 - BVerwG 2 B 64.99 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 21 S. 4).

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Die Frage nach der Unanwendbarkeit von § 31 Abs. 4 BBankG in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2006 und des die Vorgaben des Haushaltsbegleitgesetzes 2006 umsetzenden Personalstatuts stellt sich künftig nicht mehr, weil § 31 Abs. 4 BBankG durch Art. 12 des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) erneut geändert wurde. Mit dem Dienstrechtsneuordnungsgesetz hat sich der gesamte Regelungsrahmen der Bundesbankzulage mit der Konsequenz geändert, dass die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen nur noch für eine Übergangszeit Relevanz haben. Die Bundesbankzulage wird ab dem 1. Juli 2009 nicht mehr auf der Grundlage eines "Personalstatuts" gezahlt, sondern auf der Grundlage einer Rechtsverordnung der Bundesbank. Die Ermächtigung zum Erlass eines Personalstatuts in § 31 Abs. 4 BBankG ist durch Art. 12 des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 5. Februar 2009 in eine Verordnungsermächtigung zugunsten der Bundesregierung, die diese auf die Bundesbank weiter übertragen kann, geändert worden. Auf der Grundlage dieser Änderung und von § 1 der Verordnung zur Übertragung von Verordnungsermächtigungen der Bundesregierung nach § 31 des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank vom 9. April 2009 ist die Verordnung zur Regelung der Rechtsverhältnisse des Personals der Deutschen Bundesbank ergangen. Zum 1. Juli 2009 ist nach § 8 Abs. 2 dieser Verordnung ihr § 2 Abs. 1 Nr. 2 in Kraft getreten, der nunmehr die Bankzulage in Höhe von 5 v.H. des Grundgehaltes für die Verwendung in den Hauptverwaltungen regelt. § 45 Abs. 5 BBankG bestimmt, dass auch das letzte Personalstatut nur noch bis zum 30. Juni 2009 Anwendung findet.

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Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen nach dem Bestehen und den Rechtsfolgen einer Verletzung des Anhörungsrechts der Europäischen Zentralbank stellen sich für die Ansprüche auf Zahlung einer Bundesbankzulage ab dem Inkrafttreten dieser Normen nicht mehr. Denn die Europäische Zentralbank ist sowohl vor der Verabschiedung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes als auch zum Entwurf einer Verordnung zur Regelung der Rechtsverhältnisse des Personals der Deutschen Bundesbank angehört worden und hat hierzu unter dem 21. Februar 2008 (CON/2008/9) und dem 11. Mai 2009 (CON/2009/45) Stellungnahmen abgegeben. Damit hatte sie insbesondere Gelegenheit, zur Höhe der hier maßgebenden Bankzulage von 5 % des Grundgehalts Stellung zu nehmen. Damit hat die Europäische Zentralbank das von ihr beanspruchte Anhörungsrecht ausgeübt. In Anbetracht dessen hat die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage ihre Bedeutung verloren. Auch die Beschwerdebegründung verweist lediglich auf die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils, in denen angeführt ist, die Rechtssache habe weitreichende Bedeutung für zahlreiche ähnliche Fälle. Damit sind aber keine konkreten Tatsachenfeststellungen dazu verbunden, dass in einer erheblichen Zahl offener Altfälle für vergangene Zeiträume vor dem 1. Juli 2009 noch keine bestands- oder rechtskräftige Klärung des Anspruches auf eine Bankzulage erfolgt ist, für die die Klärung der von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen noch von Bedeutung wäre. Entsprechende Ausführungen sind auch nicht in der pauschalen Bezugnahme der Beschwerdebegründung enthalten.

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b. Die von der Beschwerde weiter formulierten Fragen,

ob eine Verletzung des der EZB zustehenden Anhörungsrechts zur Unanwendbarkeit der Norm führt

und ob sich die Betroffenen auf die Unanwendbarkeit der Norm berufen können,

stellen sich nicht, weil sie an die erste nicht klärungsbedürftige Frage anknüpfen.

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c. Grundsätzliche Bedeutung hat auch die Frage,

ob das Berufungsgericht verpflichtet war, dem Europäischen Gerichtshof die Frage der Auslegung der Anhörungspflicht gem. Art. 105 Abs. 4 S. 1, zweiter Spiegelstrich i.V. m. der Entscheidung des Rates 98/415/EG vorzulegen,

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nicht. Zum einen betrifft die Frage nur den vorliegenden Einzelfall. Zum anderen ist aber auch geklärt, dass die Pflicht einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nicht das durch Urteil entscheidende Berufungsgericht trifft, weil dieses nicht letztinstanzliches Gericht i.S.d. Art. 267 Abs. 3 AEUV ist. Denn auch die Nichtzulassungsbeschwerde gehört noch zum Rechtsweg gegen diese Entscheidung (vgl. Beschluss vom 15. Mai 1990 - BVerwG 1 B 64.90 - Buchholz 402.26 § 12 AufenthG/EWG Nr. 7). Eine auf die unterbliebene Vorlage durch das Berufungsgericht gestützte, sinngemäß erhobene Verfahrensrüge nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat daher ebenfalls keinen Erfolg. Zudem ist aus den oben ausgeführten Gründen auch nicht dargelegt, dass trotz der Entscheidung des EuGH vom 10. Juli 2003 - Rs C-11/10 - noch Klärungsbedarf bestand.

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