Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (9. Senat) - 9 B 58/10
Gründe
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Die auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
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1. Die von der Beschwerde als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichneten Fragen,
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"ob im Fall der bloßen ersatzweisen Herstellung einer neuen Erschließungsanlage als Ausgleich für eine entfallene zuvor bestehende Erschließung gleichwohl ein erschließungsrechtlicher Vorteil dem Grundstück zugute kommt, der Grundlage für die Erhebung eines Erschließungsbeitrags sein kann,"
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und
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"inwiefern bei der Festsetzung eines Erschließungsbeitrages zu berücksichtigen ist, dass dem Erschließungsvorteil in Gestalt des Hinzutretens der neuen Zufahrt ein stoffgleicher Nachteil in Gestalt der Entziehung der bisherigen Erschließung gegenübersteht",
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die in der Beschwerdebegründung noch weiter variiert werden (Seite 2 Mitte bis Seite 6 oben), rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision, weil sie anhand vorhandener Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet werden können, ohne dass es dafür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.
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Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht der Erschließungsvorteil in dem, was die Erschließung für die bauliche oder gewerbliche Nutzbarkeit (Nutzung) des Grundstücks hergibt. Erschließung in diesem Sinne ist nicht gleichbedeutend mit Zugänglichkeit, sondern besteht darüber hinaus darin, einem Grundstück die Erreichbarkeit der Erschließungsanlage in einer auf die bauliche oder gewerbliche Nutzbarkeit des Grundstücks gerichteten Funktion zu vermitteln (vgl. Urteile vom 27. September 2006 - BVerwG 9 C 4.05 - BVerwGE 126, 378 = Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 118, jeweils Rn. 22 und vom 1. September 2004 - BVerwG 9 C 15.03 - BVerwGE 121, 365 <366 f.> = Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 116 S. 12 f.; stRspr). Der Erschließungsvorteil liegt mithin darin, dass das Grundstück gerade mit Blick auf die abzurechnende Erschließungsanlage - im Falle einer Zweiterschließung unter Hinwegdenken der Ersterschließung - bebaubar wird, also eine Baugenehmigung nicht mehr unter Hinweis auf die fehlende verkehrliche Erschließung abgelehnt werden darf. Ändert im Sinne dieser sog. "Wegdenkenstheorie" (vgl. dazu Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl. 2007, § 17 Rn. 104 m.w.N.) das Hinzutreten einer (an sich "überflüssigen") Zweiterschließung nichts am Vorliegen eines Erschließungsvorteils, so muss dies erst recht bei einem Wegfall der Ersterschließung gelten, weil das Grundstück dann auf die neu hinzutretende Erschließungsanlage angewiesen ist, da sie allein ihm nunmehr seine Bebaubarkeit vermittelt. Das Erschließungsbeitragsrecht, namentlich § 131 Abs. 1 BauGB, bietet daher keinen Raum für eine Betrachtung, wonach bei Wegfall einer bislang vorhandenen Erschließung und deren "Ersetzung" durch Herstellung einer anderen Anbaustraße, die das Grundstück anderweitig neu erschließt, "per saldo" keine einen Erschließungsvorteil begründende Veränderung der Erschließungssituation vorliege (so ausdrücklich bereits das Urteil vom 1. Dezember 1989 - BVerwG 8 C 52.88 - Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 82 S. 50 f.; vgl. auch Driehaus, a.a.O. § 26 Rn. 11). Dass sich aus der von der Beschwerde angeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Hamburgischen Wegebaubeitragsrecht (BVerfG, Beschluss vom 5. Juli 1972 - 2 BvL 6/66 u.a. - BVerfGE 33, 265) Gegenteiliges ergeben soll, vermag der beschließende Senat nicht zu erkennen.
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2. Die von der Beschwerde des Weiteren aufgeworfenen Fragen zu der vom Oberverwaltungsgericht im Streitfall bejahten Eckgrundstücksvergünstigung von 50 % für übergroße Grundstücke gemäß der einschlägigen Satzungsbestimmung der Beklagten, namentlich
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"ob im Erschließungsbeitragsrecht bereits bei der Beitragsfestsetzung Billigkeitserwägungen überhaupt Berücksichtigung finden können und, falls ja, welche Maßstäbe dabei heranzuziehen sind",
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sowie
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"ob eine derartige Ermessensentscheidung der Gemeinde als Satzungsgeber in Gestalt der erheblichen Begünstigung übergroßer, jedoch vollständig gewerblich nutzbarer Eckgrundstücke noch mit den Grundsätzen der Beitragsgerechtigkeit vereinbart werden kann",
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rechtfertigen ebenfalls nicht die Zulassung der Revision.
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Die Antwort auf die erste Frage ergibt sich zum einen aus dem Gesetz selbst, das in § 135 Abs. 2 bis 5 BauGB bestimmte Billigkeitserwägungen normiert hat, sowie aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, derzufolge die Gemeinde ausnahmsweise (im Falle einer Ermessensreduzierung auf Null) verpflichtet sein kann, bereits bei der Heranziehung offensichtlich erkennbare Härtegründe von Amts wegen zu berücksichtigen, sofern diese aus sachlichen Gründen einen (teilweisen) Billigkeitserlass i.S.v. § 135 Abs. 5 BauGB gebieten (vgl. Urteile vom 12. September 1984 - BVerwG 8 C 124.82 - BVerwGE 70, 96 <97 ff.> = Buchholz 406.11 § 135 BBauG Nr. 25 S. 25 f. und vom 5. Oktober 1984 - BVerwG 8 C 41.83 - KStZ 1985, 49 <50>,
§ 135 BBauG Nr. 26 S. 31 f. nicht abgedruckt>), doch führt ein Verstoß gegen diese Berücksichtigungspflicht nicht zur Rechtswidrigkeit eines gleichwohl (ungekürzt) ergehenden Erschließungsbeitragsbescheids. Was die dabei heranzuziehenden Maßstäbe angeht, zeigt die Beschwerde nicht auf, dass und inwieweit diese über die bereits vorliegende höchstrichterliche Rechtsprechung hinaus (vgl. die Darstellung und Nachweise bei Driehaus, a.a.O. § 26 Rn. 5 ff.) einer weiteren Klärung bedürfen bzw. einer solchen überhaupt zugänglich sind, da es - wie stets bei Billigkeitserwägungen - in der Regel um die Umstände des Einzelfalls geht.
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Mit Blick auf die zweite Frage ist ebenfalls geklärt, dass den Gemeinden eine satzungsrechtliche Verteilungsregelung gestattet ist, derzufolge einem mehrfach (durch die gleiche Art von beitragsfähigen Anlagen) erschlossenen Grundstück eine Vergünstigung mit der Folge zu gewähren ist, dass dieses Grundstück zu Lasten der übrigen Beitragspflichtigen nicht in vollem Umfang, sondern nur zu einem Teil desselben an der Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwands teilnimmt; dies liegt im Rahmen der Typisierungsbefugnis des Satzungsgebers und stellt keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes dar (vgl. Urteil vom 8. Oktober 1976 - BVerwG 4 C 56.74 - BVerwGE 51, 158 <159 f.> = Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 18 S. 16 f., stRspr; vgl. auch Driehaus, a.a.O. § 18 Rn. 76 ff.). Dabei unterliegt der Umfang der zulässigen Eckgrundstücksermäßigung bundesrechtlichen Grenzen (vgl. etwa die Urteile vom 8. Oktober 1976 a.a.O. S. 161 ff. bzw. S. 18 f. und vom 3. Februar 1989 - BVerwG 8 C 78.88 - Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 79 S. 32 und 35). Diese hat das Oberverwaltungsgericht gesehen und auf den Streitfall angewandt. Die Beschwerde zeigt auch insoweit keinen Bedarf nach weiterer höchstrichterlicher Klärung auf, der über den derzeit erreichten Stand der Rechtsprechung hinausgeht.
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Referenzen
- § 135 Abs. 5 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- § 131 Abs. 1 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 132 1x
- BBauG § 135 Fälligkeit und Zahlung des Beitrags 2x
- 2 BvL 6/66 1x (nicht zugeordnet)
- § 131 BauGB 2x (nicht zugeordnet)
- § 135 Abs. 2 bis 5 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- BBauG § 131 Maßstäbe für die Verteilung des Erschließungsaufwands 3x