Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (6. Senat) - 6 B 65/10, 6 B 65/10, 6 PKH 21/10

Gründe

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1. Den Klägern war gemäß § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Satz 1, § 119 Abs. 1 Satz 2, § 121 Abs. 1 ZPO Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

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2. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist unbegründet. Der geltend gemachte Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

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Die Beklagte hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam,

ob eine seelische Belastung auch dann als wichtiger Grund für eine Namensänderung nach § 3 Abs. 1 NÄG anerkannt werden kann, wenn die seelische Belastung keinen Krankheitswert hat.

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Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sie nicht klärungsbedürftig ist. Soweit auf sie überhaupt eine Antwort gegeben werden kann, die über den Einzelfall hinausweist, ergibt sich diese Antwort unmittelbar aus der gesetzlichen Vorschrift sowie der hierzu bereits ergangenen Rechtsprechung und muss deshalb nicht erst in dem angestrebten Revisionsverfahren gefunden werden.

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Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (NÄG) darf ein Familienname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass ein wichtiger Grund für eine Änderung des Familiennamens gegeben ist, wenn das schutzwürdige Interesse des Namensträgers, seinen bisherigen Namen abzulegen und den neuen Namen zu führen, Vorrang hat einerseits vor dem schutzwürdigen Interesse der Träger des bisherigen und des neuen Namens, die durch eine Namensänderung betroffen sind, und andererseits vor den Grundsätzen der Namensführung, die in den gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck gekommen sind und zu denen auch die Ordnungsfunktion des Namens sowie sicherheitspolizeiliche Interessen an der Beibehaltung des bisherigen Namens gehören (zum Beispiel: Beschluss vom 17. Mai 2001 - BVerwG 6 B 23.01 - Buchholz 402.10 § 3 NÄG Nr. 76). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ebenfalls geklärt, dass eine seelische Belastung als wichtiger Grund für eine Namensänderung angesehen werden kann, allerdings nur dann, wenn sie unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände nach allgemeiner Verkehrsauffassung verständlich und begründet ist. Ist die seelische Belastung hingegen nur als übertriebene Empfindlichkeit zu werten, liegt kein wichtiger Grund für eine Namensänderung vor (Urteil vom 2. Oktober 1970 - BVerwG 7 C 2.68 - Buchholz 402.10 § 3 NÄG Nr. 30; Beschluss vom 17. März 1987 - BVerwG 7 B 42.87 - Buchholz 402.10 § 3 NÄG Nr. 59 S. 4).

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Die Rechtssache bietet keine Grundlage, weitere allgemeinverbindliche Aussagen dazu zu treffen, unter welchen Voraussetzungen eine seelische Belastung als wichtiger Grund für eine Namensänderung anerkannt werden kann. Die Beschwerde führt vielmehr nur zu einer Fragestellung, deren Klärung von den besonderen Umständen des Einzelfalles abhängt und die sich deshalb einer allgemeinverbindlichen Klärung entzieht. Insbesondere lässt sich nicht generell sagen, dass eine seelische Belastung ohne Krankheitswert in keinem Falle einen wichtigen Grund für eine Namensänderung abgeben kann. Eine so eingeschränkte Aussage lässt sich auch nicht der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim entnehmen, die die Beklagte in diesem Zusammenhang anführt (Urteil vom 28. November 1996 - 13 S 3124/95 - StAZ 1998, 48). Die Entscheidung bestätigt vielmehr ebenfalls, dass es auf die Umstände des einzelnen Falles ankommt, wenn eine seelische Belastung als Grund für den Wunsch nach einer Namensänderung geltend gemacht wird. Deshalb löst diese Entscheidung keinen Bedarf nach einer allgemeinen Klärung der von der Beklagten aufgeworfenen Frage aus. Wirkt sich die Führung des bisherigen Namens als eine seelische Belastung aus, die über eine übertriebene Empfindlichkeit hinausgeht und nach allgemeiner Verkehrsauffassung verständlich und begründet ist, muss mit der Anerkennung eines wichtigen Grundes für eine Namensänderung nicht zugewartet werden, bis die seelische Belastung den Grad einer behandlungsbedürftigen Krankheit oder Krise erreicht hat. Den Namensträger gerade vor diesen Folgen zu bewahren, kann die Änderung des Namens rechtfertigen.

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