Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (6. Senat) - 6 C 16/11, 6 C 16/11 (6 C 23/10)

Gründe

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1. Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat nicht aufgezeigt, dass der Senat bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die Begründetheit ihrer Revision entscheidungserheblichen Vortrag nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen hat. Aus ihrer Anhörungsrüge ergibt sich nur, dass sie das Urteil des Senats in der Sache für unrichtig hält. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gebietet, dass das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen wird (stRspr; BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 1987 - 1 BvR 313/85 - BVerfGE 75, 369 <381 f.>), nicht aber, dass das Gericht den Vorstellungen eines Beteiligten folgt. Ebenso wäre es von vornherein verfehlt, aus der Nichterwähnung einzelner Vortragselemente eines sehr umfangreichen Verfahrens - wie dem vorliegenden - zu folgern, das Gericht habe sich mit den darin enthaltenen Argumenten nicht befasst (stRspr; BVerfG, Beschluss vom 15. April 1980 - 1 BvR 1365/78 - BVerfGE 54, 43 <46> m.w.N.). Art. 103 Abs. 1 GG vermittelt insbesondere keinen Schutz davor, dass ein Gericht aus Gründen des materiellen Rechts Parteivorbringen nicht weiter aufnimmt (BVerfG, Beschluss vom 21. April 1982 - 2 BvR 810/81 - BVerfGE 60, 305 <310> m.w.N.). Dies trifft auf die beiden erhobenen Einzelrügen zu. Da es nicht Sinn des Rechtsbehelfs nach § 152a VwGO ist, den Senat zu einer Ergänzung oder Erläuterung der Gründe seines Urteils vom 23. Februar 2011 zu veranlassen (vgl. BTDrucks 15/3706 S. 16), beschränkt er sich auf die folgenden Hinweise:

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a) Mit ihrer ersten Rüge macht die Klägerin geltend, die auf das Filmförderungsgesetz gestützte Sonderabgabe stifte für die Klägerin als Kinobetreiberin keinen evidenten Gruppennutzen. Dieser bestünde nur, wenn die Projektfilmförderung der Beklagten gesetzlich darauf ausgerichtet wäre, nach wirtschaftlichen Kriterien die Mittel möglichst effizient einzusetzen, denn die Kinobetreiber hätten letztlich nur ein Interesse an wirtschaftlich verwertbaren Kinoproduktionen, unabhängig davon, ob diese deutschen oder ausländischen Ursprungs seien. Die Vergabekriterien des Filmförderungsgesetzes seien im Widerspruch zu den verfassungsrechtlichen Prämissen aber gerade nicht darauf angelegt, einen greifbaren Nutzen für die Kinobetreiber zu erzeugen. So dürften insbesondere nach Maßgabe der §§ 7 ff. FFG stochastische Prognosen eines Filmerfolgs keine Rolle spielen. Dies stehe jedoch im Gegensatz zu den Erkenntnissen der Wirtschaftswissenschaften. Mit diesen - von ihr bereits im Revisionsverfahren vorgebrachten Erwägungen - setze sich der Senat in seinem Urteil nicht auseinander.

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Der erkennende Senat hat sich im angegriffenen Urteil ausführlich mit der Frage des evidenten Gruppennutzens der Filmförderung auseinandergesetzt, und zwar insbesondere mit den von der Klägerin dazu aufgeworfenen Fragen (a.a.O. Rn. 57 ff.). Allerdings ist er im Unterschied zur Klägerin dabei zu dem Ergebnis gelangt, die Tätigkeit der Filmförderungsanstalt komme nicht nur dem deutschen Film zugute, sondern wirke sich zugleich auch - zwar mittelbar, aber dennoch greifbar und infolgedessen die Erhebung der Filmabgabe rechtfertigend - zugunsten der Unternehmen der Kino- und der Videowirtschaft und der Fernsehveranstalter aus, weil diese durch einen Zusammenbruch der deutschen Filmproduktion in besonderer Weise nachteilig betroffen wären. Denn der Erfolg der Unternehmen und Anstalten bei den Zuschauern und damit auch ihre wirtschaftlichen Ergebnisse hingen entscheidend von der Vielfalt und der Reichhaltigkeit ihres Spielfilmangebots ab, zu dem der deutsche Film mit einem beachtlichen Anteil beitrage. Es könne nicht angenommen werden, dass ein Wegfall des deutschen Films durch ausländische, insbesondere US-amerikanische Filme vollständig ausgeglichen würde. Sein beachtlicher und in jüngerer Zeit der Tendenz nach steigender Umsatzanteil spreche vielmehr dafür, dass beim inländischen Publikum eine spezielle Nachfrage nach mit den Mitteln des Films erzählten Geschichten bestehe, die Themen der deutschen Gesellschaft und Historie aufgreifen und bearbeiten (a.a.O. Rn. 59). Deshalb greife das Argument der Klägerin zu kurz, dass es eine hinreichende Zahl ausländischer Filme gebe, die an Stelle deutscher Filme in den Kinos gezeigt werden könnten, wenn die Produktion deutscher Filme zurückgehe oder gar ausbleibe. Mit diesen Filmen könne jener Teil des Publikums nicht erreicht werden, der Wert gerade auf Filme lege, die Themen der deutschen Gesellschaft und Historie aufgriffen und bearbeiteten. Die Kinobetreiber hätten deshalb mit einem Rückgang der Besucherzahlen zu rechnen, wenn sie die Erwartung jenes nicht unbeträchtlichen Teils des Publikums nicht mehr mit deutschen Filmen bedienen könnten. Dass dieser Zusammenhang nicht fernliege, werde im Übrigen schon dadurch belegt, dass die Kinobetreiber tatsächlich deutsche Filme vorführten, obwohl sie nach den Angaben der Klägerin auch andere Filme zur Verfügung hätten (a.a.O. Rn. 60).

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Der erkennende Senat hat sich schließlich auch mit der Frage der Methode zur Ermittlung eines erfolgreichen Films auseinandergesetzt und es ausdrücklich für rechtlich unerheblich erklärt, es gebe geeignetere Methoden, den wirtschaftlichen Erfolg eines Films zu prognostizieren, als die beklagte Filmförderungsanstalt sie bei ihren Entscheidungen über die Vergabe von Fördermitteln einsetze. Das Filmförderungsgesetz mache insoweit keine Vorgaben. Ob die beklagte Filmförderungsanstalt im Einzelfall eine sachgerechte Entscheidung über die Förderung eines bestimmten Films getroffen habe, darüber möge mit guten Gründen gestritten werden können. Für die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sei dies unerheblich (a.a.O. Rn. 61).

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b) Eine weitere Gehörsverletzung beruht nach Ansicht der Klägerin darauf, dass der erkennende Senat den Inhalt des eindeutigen, nicht auslegungsfähigen Vortrags der Klägerin in ihr Gegenteil verkehrt habe. Der erkennende Senat habe den Vortrag der Klägerin dahingehend wiedergegeben, dass auch diese die Richtigkeit der Ausführungen der Bundesregierung, wonach eine standortunabhängige Förderung durch die Beklagte notwendig sei und nach Möglichkeit ausgebaut werden müsse, da diese für die deutsche Filmwirtschaft existenznotwendig sei, nicht in Zweifel gezogen habe (a.a.O. Rn. 58); auch die Klägerin fasse ausdrücklich die Möglichkeit eines Zusammenbruchs der deutschen Filmproduktion ins Auge. Hiernach sei anzunehmen, dass die staatliche Filmförderung in Deutschland einschließlich der Förderungstätigkeit der Filmförderungsanstalt für die deutsche Filmwirtschaft existenznotwendig sei (a.a.O. Rn. 58). Dazu im Gegenteil habe aber die Klägerin wiederholt vorgetragen, dass marktgängige Filme keiner Förderung durch die Beklagte bedürften. So habe sie ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es entgegen der Ansicht des erkennenden Senats nicht darauf ankomme, ob die Abgabepflichtigen Umsätze mit deutschen Filmen erzielten. Entscheidungserheblich sei vielmehr, ob sie Umsätze erzielten, weil die aus der Abgabe finanzierten und zur Filmproduktion eingesetzten Mittel zur Produktion und damit letztlich mittelbar zur Verwertung von deutschen Kinofilmen durch die Kinobetreiber und die Videowirtschaft geführt hätten. Richtig sei, dass ein solcher Kausalzusammenhang nicht bestehe.

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Auch dieses Vorbringen stützt nicht die Rüge eines Gehörsverstoßes, sondern legt erneut eine den Urteilsgründen widersprechende Ansicht der Klägerin dar, die nicht mit dem Mittel der Gehörsrüge in zulässiger Weise weiterverfolgt werden kann.

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