Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (1. Wehrdienstsenat) - 1 WB 6/11

Tatbestand

Der Antragsteller wendet sich gegen die Entscheidung des Personalamts der Bundeswehr, ihn von der Verpflichtung zur fliegerischen Inübunghaltung zu entbinden.

Er hatte ursprünglich auf Grund einer Ausnahmegenehmigung eine fliegerische Ausbildung absolviert, wurde anschließend aber ausschließlich auf nichtfliegerischen Dienstposten eingesetzt. Für die Dauer seiner Verwendung als Luftfahrzeugtechnischer Stabsoffizier und S 3-Stabsoffizier in einer internationalen Ausbildungseinheit hatte das Personalamt den Antragsteller zur fliegerischen Inübunghaltung verpflichtet. Mit dem angefochtenen Bescheid hob das Personalamt diese Verpflichtung wieder auf.

Das Bundesverwaltungsgericht hat den dagegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig verworfen.

Entscheidungsgründe

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Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig.

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Für den Aufhebungs- und Neubescheidungsantrag fehlt dem Antragsteller die Antragsbefugnis.

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Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) kann ein Soldat die Wehrdienstgerichte anrufen, wenn sein Antrag eine Verletzung seiner Rechte oder eine Verletzung von Pflichten eines Vorgesetzten ihm gegenüber zum Gegenstand hat, die im Zweiten Unterabschnitt des Ersten Abschnitts des Soldatengesetzes mit Ausnahme der §§ 24, 25, 30 und 31 geregelt sind. Das gerichtliche Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung dient damit dem individuellen, subjektiven Rechtsschutz des Soldaten; es ist kein Instrument einer objektiven Rechtskontrolle oder einer allgemeinen Aufsicht über die Bundeswehr. Der Soldat kann nur ein ihm persönlich zustehendes Recht ("sein Recht") bzw. eine Verletzung ihm persönlich dienender Pflichten ("Pflichten ... ihm gegenüber") geltend machen (vgl. dazu Beschluss vom 24. Mai 2011 - BVerwG 1 WB 39.10 - Rn. 17 = DokBer 2011, 316).

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Im Hinblick auf die strittige Verpflichtung zur Inübunghaltung hat der Antragsteller ein derartiges subjektives Recht, das ihm persönlich zustehen könnte und im Rahmen des § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO rügefähig wäre, nicht dargelegt. Ein derartiges subjektives Recht ist auch für den Senat nicht ersichtlich.

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Selbst wenn insoweit auf die grundsätzlich beschwerdefähige Pflicht des Vorgesetzten zur Fürsorge (§ 10 Abs. 3 SG) abzustellen wäre, folgte daraus nichts anderes. Auch diese - generalklauselartige - Pflicht des § 10 Abs. 3 SG steht unter dem Vorbehalt, dass auf sie ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung zulässigerweise nur insoweit gestützt werden kann, als es um den individuellen, subjektiven Rechtsschutz des Soldaten geht. Sollen aus der Fürsorgepflicht konkrete Einzelpflichten hergeleitet werden, so bedarf es stets der Prüfung und Begründung, ob dieser Einzelpflicht ein gerade dem Soldaten zustehendes persönliches Recht, ihre Erfüllung einzufordern, korrespondiert (Beschluss vom 24. Mai 2010 a.a.O. Rn. 18).

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Dem Antragsteller steht ein derartiges subjektives Recht, vom Bundesminister der Verteidigung oder vom Personalamt zu verlangen, ihn zur Inübunghaltung im Sinne des Inübunghaltungserlasses zu verpflichten, nicht zu.

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Die Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung oder der von ihm beauftragten zuständigen personalbearbeitenden Stelle, ob und in welchem zeitlichen oder inhaltlichen Umfang ein Soldat zur Erhaltung der Erlaubnisse und Berechtigungen im fliegerischen Dienst der Bundeswehr (Inübunghaltung) verpflichtet werden soll, beruht auf der Organisations- und Planungshoheit des Bundesministers der Verteidigung. Diese Organisations- und Planungshoheit erstreckt sich auch auf die Feststellung des militärischen Bedarfs, der seinerseits an dem sich aus Art. 87a GG ergebenden Gebot zu orientieren ist, das Gefüge der Streitkräfte so zu gestalten, dass sie ihren militärischen Aufgaben gewachsenen sind (BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 1970 - 2 BvR 531/68 - NJW 1970, 1268; Beschlüsse vom 19. Mai 1981 - BVerwG 1 WB 123.79 - BVerwGE 73, 182 <184> und vom 18. November 1997 - BVerwG 1 WB 33.97 -). Die Frage, ob für die (weitere) fliegerische Inübunghaltung eines Soldaten eine dienstliche Notwendigkeit unter Berücksichtigung des militärischen Bedarfs besteht, beruht auf planerisch-organisatorischen Gesichtspunkten und damit weitgehend auf militärischen Zweckmäßigkeitserwägungen, bei denen auch haushaltsrechtliche Aspekte der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten sind. Derartige Zweckmäßigkeitserwägungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats einer gerichtlichen Nachprüfung entzogen (vgl. z.B. Beschlüsse vom 16. Oktober 1996 - BVerwG 1 WB 39.96 - und vom 4. November 2004 - BVerwG 1 WB 28.04 - m.w.N.).

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In Konkretisierung seiner diesbezüglichen Organisations- und Planungshoheit hat das Bundesministerium der Verteidigung in Nr. 1 und Nr. 2 des Erlasses "Verpflichtung zur Erhaltung der Erlaubnisse und Berechtigungen im fliegerischen Dienst der Bundeswehr" vom 26. Juni 2008 (BMVg Fü S I 1 - Az.: 19-02-08 -; VMBl 2008, 142) festgelegt, dass die Verpflichtung zur fliegerischen Inübunghaltung für Luftfahrzeugführer, Waffensystemoffiziere und Luftfahrzeugoperationsoffiziere in Betracht kommt und von der dienstlichen Notwendigkeit abhängt, die entsprechenden fliegerischen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erhalten, bzw. an dem Erfordernis einer sachgerechten Erfüllung der Aufgaben auf dem jeweiligen Dienstposten zu orientieren ist. In Übereinstimmung mit diesen Anforderungen entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Senats, an der er auch im vorliegenden Fall festhält, dass die Anordnung der fliegerischen Inübunghaltung ausschließlich im dienstlichen Interesse und nicht im Interesse des betroffenen Soldaten erfolgt (vgl. z.B. Beschlüsse vom 25. Mai 1982 - BVerwG 1 WB 78.78 - ZBR 1983, 167 und vom 18. November 1997 - BVerwG 1 WB 33.97 -). Es besteht mithin kein geschütztes subjektives Recht eines Soldaten, die Aufhebung der Anordnung einer fliegerischen Inübunghaltung in Frage zu stellen oder eine erneute Anordnung dieses Inhalts vom Bundesminister der Verteidigung zu verlangen. Ein derartiges Recht folgt weder aus persönlichen noch aus wirtschaftlichen Aspekten, etwa aus dem Interesse, eine einmal erworbene Befähigung wie den Militärflugzeugführerschein behalten zu können (Beschlüsse vom 14. November 1995 - BVerwG 1 WB 94.94 - und vom 16. Oktober 1996 - BVerwG 1 WB 39.96 -). Insoweit gibt der Senat allerdings die in den genannten Entscheidungen vom 25. Mai 1982 und vom 18. November 1997 vertretene prozessrechtliche Auffassung auf, dass sich der Aspekt des dienstlichen Interesses erst in der Begründetheitsprüfung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung auswirke.

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Die angefochtene Entscheidung lässt die vom Antragsteller geltend gemachte Frage seiner möglichen Förderung auf Dienstposten, die nach Besoldungsgruppe A 16 bewertet sind, unberührt. Die Entscheidung des Personalamts weist nur auf die bedarfsgestützte und gerichtlich nicht überprüfbare Personalplanung hin, den Antragsteller künftig - wie auch bisher - nicht fliegerisch zu verwenden. Sollte es im Rahmen des weiteren Verwendungsaufbaus des Antragstellers dazu kommen, dass er für Verwendungen der Ebene der Besoldungsgruppen A 15 und A 16 betrachtet wird, käme es darauf an, ob zu dem dann maßgeblichen Zeitpunkt das Anforderungsprofil des in Frage kommenden Dienstpostens eine aktuelle fliegerische Expertise verlangt oder nicht. Darüber sind zur Zeit keine verbindlichen Feststellungen möglich. Im Übrigen besteht kein subjektives Recht eines Soldaten darauf, dass bei Maßnahmen im Rahmen der Organisations- und Planungshoheit auf individuelle Chancen einer Beförderung Rücksicht genommen wird.

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