Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (6. Senat) - 6 PB 1/12

Gründe

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Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg.

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1. Die Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.

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Die Beteiligte will sinngemäß geklärt wissen, ob es gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG mitbestimmungspflichtig ist, wenn der Dienststellenleiter vor der amtsgleichen Umsetzung einer Beamtin wegen Nr. 2.3 der Richtlinien des Bundesministeriums für Verkehr zur Ausschreibung von Beförderungsdienstposten für Beamte und höherwertige Dienstposten für Angestellte vom 23. Juni 1995 keine Ausschreibung vornimmt. Diese Frage ist anhand des Senatsbeschlusses vom 14. Januar 2010 - BVerwG 6 P 10.09 - (BVerwGE 136, 29 = Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 110) eindeutig zu bejahen, so dass es zu ihrer Klärung nicht der Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens bedarf.

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Nach der zitierten Senatsentscheidung setzt die Mitbestimmung beim Absehen von der Ausschreibung von Dienstposten voraus, dass zu besetzende Stellen üblicherweise ausgeschrieben werden. Eine solche Übung kann einer grundsätzlichen Verpflichtung folgen, die sich aus Rechts- oder Verwaltungsvorschriften ergibt, oder auf ständiger Verwaltungspraxis beruhen (Beschluss vom 14. Januar 2010 a.a.O. Rn. 12).

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Für den Bereich der Bundesbeamten gilt: Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 BBG vom 5. Februar 2009, BGBl I S. 160, sind zu besetzende Stellen auszuschreiben. Bei der Einstellung von Bewerbern muss die Ausschreibung öffentlich sein (§ 8 Abs. 1 Satz 2 BBG). Daraus ergibt sich eine grundsätzliche Verpflichtung zur Ausschreibung von Beamtenstellen (vgl. BTDrucks 16/7076 S. 101). Von der Ermächtigung in § 8 Abs. 1 Satz 3 BBG, Ausnahmen vorzusehen, ist in § 4 Abs. 2 und 3 BLV vom 12. Februar 2009, BGBl I S. 284, Gebrauch gemacht worden (vgl. Beschluss vom 14. Januar 2010 a.a.O. Rn. 16).

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Die Mitbestimmung greift unabhängig davon ein, ob die Nichtvornahme der Ausschreibung nach dem zugrunde zu legenden speziellen Regelwerk auf einer zwingenden Ausnahme beruht oder ins Ermessen des Dienststellenleiters gestellt ist. Die Beteiligung des Personalrats im Zusammenhang mit der Stellenausschreibung rechtfertigt sich aus der Überlegung, dass die Auswahl der Person, mit der eine freie Stelle besetzt wird, in der Regel das berufliche Fortkommen oder sonstige berufsbezogene Belange und Vorstellungen anderer in der Dienststelle Beschäftigter berührt und deswegen ein schutzwürdiges kollektives Interesse daran besteht, sicherzustellen, dass sich nach Möglichkeit jeder interessierte Beschäftigte an der Bewerberkonkurrenz beteiligen kann. Diesem Schutzgedanken wird am ehesten entsprochen, wenn sich das Mitbestimmungsrecht des Personalrats auch auf die Frage erstreckt, ob die beabsichtigte Nichtvornahme der Ausschreibung als eine zwingende Ausnahme nach dem zugrunde zu legenden Regelwerk berechtigt ist. Die Beteiligung des Personalrats bleibt unvollständig, wenn ihm eine entsprechende Richtigkeitskontrolle vorenthalten wird. Zugleich wird vermieden, dass die Exekutive in die Lage versetzt wird, durch die Ausgestaltung der Ausnahmetatbestände die Mitbestimmung nach Belieben auszuschließen oder einzuschränken (vgl. Beschluss vom 14. Januar 2010 a.a.O. Rn. 22 ff.).

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Daraus folgt für den Bereich der Bundesbeamten, dass gemäß der Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers in § 8 Abs. 1 Satz 1 BBG jede Stellenbesetzung, welche der Dienststellenleiter ohne Ausschreibung vorzunehmen beabsichtigt, der Mitbestimmung des Personalrats nach § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG unterliegt. Dabei erstreckt sich die Richtigkeitskontrolle zunächst darauf, ob ein Ausnahmetatbestand nach § 4 Abs. 2 BLV gegeben ist. Die oberste Dienstbehörde ist befugt, für ihren Geschäftsbereich nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 BLV durch Verwaltungsvorschrift weitere Fallgestaltungen zu bestimmen, in denen von einer Ausschreibung abgesehen wird oder werden kann; dabei hat sie gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG das Mitbestimmungsrecht ihres Hauptpersonalrats zu beachten. In diesem Fall erstreckt sich die Mitbestimmung des Personalrats im Zusammenhang mit der konkreten Stellenbesetzung darauf, ob ein Ausnahmefall nach der Verwaltungsvorschrift gegeben ist (vgl. zur Verwaltungsvorschrift für Ausschreibungen bei der Bundesagentur für Arbeit: Beschluss vom 14. Januar 2010 a.a.O. Rn. 25). Insofern gilt nichts anderes als für die Anwendung von § 4 Abs. 2 BLV, durch welchen die Ausnahmefälle von Rechts wegen vorgegeben sind. Die Richtigkeitskontrolle umfasst, wenn dazu Anlass besteht, die Frage, ob die Verwaltungsvorschrift rechtswirksam ist. Im vorliegenden Fall besteht dazu Anlass. Es bedarf der Prüfung, ob die Richtlinien des Ministeriums vom 23. Juni 1995 gegenstandslos geworden sind, nachdem durch das Bundesbeamtengesetz vom 5. Februar 2009 und die Bundeslaufbahnverordnung vom 12. Februar 2009 zur Frage der Ausschreibung ein Regelwerk geschaffen worden ist, welches sich nach Terminologie, Systematik und gesetzgeberischer Zielvorstellung vom alten Rechtszustand unterscheidet. An die Rechtsauffassung der obersten Dienstbehörde ist der Personalrat bei seinem Prüfungsrecht nicht gebunden (vgl. Beschluss vom 2. September 2009 - BVerwG 6 PB 22.09 - Buchholz 250 § 69 BPersVG Nr. 31 Rn. 7).

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2. Mit ihrer Abweichungsrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG bleibt die Beteiligte gleichfalls ohne Erfolg. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts weicht nicht vom zitierten Senatsbeschluss vom 14. Januar 2010 ab.

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Schon den vorstehenden Ausführungen zur Grundsatzrüge ist zu entnehmen, dass die auf Seite 16 der Beschwerdebegründung bezeichneten Rechtssätze im Senatsbeschluss vom 14. Januar 2010 nicht enthalten sind. Die Ausführungen zur Divergenzrüge zeigen, dass die Beteiligte den Senatsbeschluss missverstanden hat. Danach ergibt sich die für die Mitbestimmung maßgebliche Voraussetzung, dass zu besetzende Stellen üblicherweise ausgeschrieben werden, primär aus dem Gesetz, für den Bereich der Bundesbeamten somit aus § 8 Abs. 1 Satz 1 BBG (a.a.O. Rn. 16). Die daraus zu folgernde Mitbestimmungspflichtigkeit kann durch ministerielle Erlasse nicht beseitigt werden. Erst wenn es für den jeweiligen Bereich an Rechtsvorschriften fehlt, kommt es auf Verwaltungsvorschriften und - wenn es auch daran mangelt - auf die Verwaltungspraxis an. Der vom Senat im Beschluss vom 14. Januar 2010 entschiedene Fall betraf die Umsetzung eines Arbeitnehmers im Bereich der Bundesagentur für Arbeit. Da weder das Gesetz noch der maßgebliche Tarifvertrag eine Regelung zur Ausschreibung enthielt, war auf die Verwaltungsvorschrift der Bundesagentur abzustellen, welche die grundsätzliche Pflicht zur Ausschreibung und davon bestehende Ausnahmen regelt (a.a.O. Rn. 25).

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