Urteil vom Bundesverwaltungsgericht (5. Senat) - 5 C 20/11

Tatbestand

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Der Kläger wendet sich gegen seine Inanspruchnahme auf Ersatz von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.

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Seine Ehefrau und er sind die Eltern zweier in den Jahren 1998 beziehungsweise 2000 geborener Kinder. Spätestens seit Juni 2007 lebten die Eheleute dauernd getrennt. Eine in diesem Monat getroffene Umgangsvereinbarung sah vor, dass die Kinder ihren Hauptwohnsitz in der Wohnung ihres Vaters beibehalten, ihre Zeit jedoch zu gleichen Teilen mit ihrer Mutter wie mit dem Kläger verbringen sollten. Im Juli 2007 wurden sie mit Nebenwohnsitz für die Wohnung ihrer Mutter angemeldet.

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Auf Antrag des Klägers bewilligte der Beklagte den Kindern mit Bescheid vom 18. Oktober 2007 für die Zeit ab dem 1. August 2007 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Bei Antragstellung gab der Kläger an, die Kinder würden von ihrer Mutter, bei der sie nicht lebten, "besuchsweise" betreut. Ende Oktober 2007 wurde dieser vorläufig das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen. Zum 1. November 2007 wurden beide Kinder mit Hauptwohnsitz unter der Wohnanschrift ihrer Mutter angemeldet. Mit Ablauf des 30. November 2007 stellte der Beklagte die Leistungsgewährung ein. Mit Bescheid vom 19. Dezember 2007 forderte er von dem Kläger die im Zeitraum vom 1. August bis zum 31. Oktober 2007 bewilligten Unterhaltsvorschussleistungen in Höhe von 1 008 € zurück.

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Das Verwaltungsgericht hat der nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobenen Anfechtungsklage stattgegeben. Zwar habe der Beklagte gegen den Kläger nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 UVG einen Anspruch auf Erstattung der gewährten Leistungen. Die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsvorschussleistungen hätten nicht vorgelegen. Die verlässlich und regelmäßig wechselnde Betreuung der Kinder durch beide Elternteile führe hier dazu, dass die Kinder nicht mehr nur mit "einem" Elternteil im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG zusammenlebten. Der Kläger habe die Bewilligung der Leistungen durch wahrheitswidrige Angaben zumindest fahrlässig herbeigeführt. Der Beklagte sei indes nicht befugt gewesen, den Anspruch mittels Leistungsbescheides festzusetzen, da es insoweit an einer gesetzlichen Ermächtigung fehle.

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Mit der von dem Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter. § 5 Abs. 1 UVG sei die ungeschriebene Befugnis zu entnehmen, den dort geregelten Ersatzanspruch durch Verwaltungsakt geltend zu machen.

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Der Kläger verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts.

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Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht tritt dem Vorbringen des Beklagten bei, der Ersatzanspruch sei im Wege eines Verwaltungsakts durchzusetzen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist begründet.

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Zwar hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass die Verwaltung für die Geltendmachung des Ersatzanspruchs aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen (Unterhaltsvorschussgesetz - UVG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 17. Juli 2007 (BGBl I S. 1446), geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2007 (BGBl I S. 3194), durch Leistungsbescheid einer gesetzlichen Ermächtigung bedarf. Das angefochtene Urteil verletzt jedoch Bundesrecht, soweit das Verwaltungsgericht angenommen hat, dass sich eine entsprechende Verwaltungsaktbefugnis dem Gesetz nicht entnehmen lässt (1.). Der Senat kann aufgrund ausreichender Tatsachenfeststellungen abschließend über die Rechtmäßigkeit der Rückforderung der im Zeitraum vom 1. August bis zum 31. Oktober 2007 gezahlten Unterhaltsvorschussleistungen entscheiden (2.).

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1. Die Festsetzung und Durchsetzung des Ersatzanspruchs aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 UVG durch die Handlungsform des Verwaltungsakts bedarf der gesetzlichen Grundlage. Eine solche Ermächtigung ist hier gegeben.

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Die Behörde greift mit der Konkretisierung und Individualisierung der sich aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 UVG ergebenden Verpflichtung, den geleisteten Betrag an Unterhaltsleistung zu ersetzen, in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) der in Anspruch genommenen Person ein. Hierfür ist eine gesetzliche Grundlage erforderlich, die die Behörde gerade auch ermächtigt, durch Verwaltungsakt tätig zu werden (vgl. Urteile vom 7. Dezember 2011 - BVerwG 6 C 39.10 - Buchholz 442.09 § 5a AEG Nr. 1 Rn. 14 und vom 3. März 2011 - BVerwG 3 C 19.10 - BVerwGE 139, 125 = Buchholz 316 § 49a VwVfG Nr. 11 jeweils Rn. 16). Eine Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts muss nicht ausdrücklich geregelt sein. Die Behörde ist auch dann zum Erlass eines Leistungsbescheids ermächtigt, wenn sie und der Bürger gerade mit Blick auf den von ihr geltend gemachten Anspruch in einem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Über- und Unterordnungsverhältnis stehen (vgl. Urteil vom 24. Juni 1966 - BVerwG 6 C 183.62 - BVerwGE 24, 225 <226 ff.> und Beschluss vom 29. Dezember 1981 - BVerwG 5 B 18.81 - Buchholz 436.36 § 47a BAföG Nr. 1 S. 1 f.). So liegt es hier.

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Aus dem systematischen Zusammenhang zwischen § 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 1 Abs. 3 sowie § 6 Abs. 4 UVG folgt, dass zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Subordinationsbeziehung im angeführten Sinn besteht, die zur Geltendmachung des Leistungsanspruchs durch Verwaltungsakt berechtigt (a). Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1 UVG (b) und die Gesetzesmaterialien (c) weisen ebenfalls eindeutig in diese Richtung.

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a) Die Ersatzpflicht des Elternteils, bei dem der Berechtigte lebt, oder des gesetzlichen Vertreters des Berechtigten steht in unmittelbarem Zusammenhang zu § 1 Abs. 3 und § 6 Abs. 4 UVG. Gemäß § 1 Abs. 3 UVG obliegt es dem betroffenen Elternteil, Auskünfte wahrheitsgemäß zu erteilen. § 6 Abs. 4 UVG verpflichtet den Elternteil, bei dem der Berechtigte lebt, und den gesetzlichen Vertreter des Berechtigten, der zuständigen Stelle die Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen. Die Obliegenheit nach § 1 Abs. 3 UVG und die Auskunftspflicht nach § 6 Abs. 4 UVG sind jeweils öffentlich-rechtlich ausgestaltet. Beide begründen ein Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen den Beteiligten, an das § 5 Abs. 1 Nr. 1 UVG anknüpft, indem er die Verletzung jener Obliegenheit beziehungsweise Pflicht mit Mitteln des öffentlichen Rechts sanktioniert (vgl. Beschluss vom 29. Dezember 1981 a.a.O. S. 1 f.).

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b) Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1 Nr. 1 UVG, eine zweckentsprechende Verwendung der zur Durchführung der Unterhaltsvorschussgesetzes bereitgestellten öffentlichen Mittel sicherzustellen, bekräftigen die Annahme einer an ein Subordinationsverhältnis anknüpfenden Verwaltungsaktbefugnis. Einer solchen steht nicht entgegen, dass der Elternteil beziehungsweise der gesetzliche Vertreter an dem ausschließlich zwischen der zuständigen Stelle und dem Berechtigten bestehenden Leistungsverhältnis nicht beteiligt sind, der Ersatzanspruch mithin keine unmittelbare Umkehrung des Leistungsanspruchs darstellt. Obgleich jene bei förmlicher Betrachtung Dritte sind, stehen sie zu dem nicht oder nur beschränkt geschäftsfähigen Kind in einer besonderen, auch ihr Verhältnis zu der zuständigen Stelle prägenden Nähebeziehung. Der betroffene Elternteil beziehungsweise der gesetzliche Vertreter vertreten den nicht oder nur beschränkt geschäftsfähigen Leistungsempfänger im Rechtsverkehr. Ihre Handlungen und Erklärungen werden diesem zugerechnet. Sie sollen ihm indes weder zum Schaden gereichen, noch soll er für ein Fehlverhalten seiner Vertreter einstehen müssen (Urteil vom 26. Januar 2011 - BVerwG 5 C 19.10 - Buchholz 436.45 § 3 UVG Nr. 2 Rn. 15; Beschluss vom 22. Juni 2006 - BVerwG 5 B 42.06 und 5 PKH 14.06 - juris Rn. 4). Dieser Konzeption widerstreitet es, den betroffenen Elternteil beziehungsweise gesetzlichen Vertreter im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 UVG als unbeteiligte Dritte zu behandeln und dem Verhältnis zwischen ihnen und der zuständigen Stelle keinen Subordinationscharakter beizumessen. Die besondere Nähebeziehung, in der der Ersatzanspruch wurzelt, ermächtigt die zuständige Stelle im Zuge der "Rückabwicklung" der hoheitlichen Leistungsgewährung dazu, den Elternteil, bei dem der Berechtigte lebt, beziehungsweise dessen gesetzlichen Vertreter durch Leistungsbescheid in Anspruch zu nehmen (vgl. Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 3 C 13.10 - Buchholz 316 § 49a VwVfG Nr. 11 Rn. 14).

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c) Die Gesetzesmaterialien unterstreichen das vorstehende Normverständnis. Durch das Unterhaltsvorschussgesetz wollte der Gesetzgeber "den Schwierigkeiten begegne, die alleinstehende Elternteile und ihre Kinder haben, wenn sich ein Elternteil den Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem unterhaltsberechtigten Kind entzieht, hierzu ganz oder teilweise nicht in der Lage ist oder ein Elternteil verstorben ist" (BTDrucks 8/1952 S. 1). Die finanziellen Belastungen, denen alleinerziehende Elternteile dadurch ausgesetzt sind, dass sie die Unterhaltsansprüche ihrer minderjährigen Kinder gegen den jeweils anderen Elternteil verfolgen müssen und zugleich gemäß § 1607 BGB verpflichtet sind, im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit auch für den von dem jeweils anderen Elternteil geschuldeten Unterhalt aufzukommen, sollten durch die Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen gemildert werden (BTDrucks 8/1952 S. 6 und BTDrucks 8/2774 S. 11; vgl. auch Urteil 5. Juli 2007 - BVerwG 5 C 40.06 - Buchholz 436.45 § 3 UVG Nr. 1 Rn. 11). Insoweit stellen diese in der Sache eine besondere Sozialleistung auch für den alleinerziehenden Elternteil beziehungsweise gesetzlichen Vertreter dar, was die besondere Nähebeziehung zum Leistungsempfänger und den Subordinationscharakter ihres Verhältnisses zu der zuständigen Stelle bekräftigt.

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Dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, das Unterhaltsvorschussgesetz parallel zum Inkrafttreten des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch um eine dem § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X entsprechende Vorschrift zu ergänzen, erlaubt keinen verlässlichen Rückschluss auf ein "beredtes Schweigen". Insbesondere lässt sich aus der unterbliebenen Anpassung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 UVG nicht auf eine Absicht des Gesetzgebers schließen, eine Verwaltungsaktbefugnis insoweit "gerade nicht" vorzusehen, da das Erfordernis der Festsetzung der nach § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X zu erstattenden Leistung durch Verwaltungsakt ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs "aus Gründen der Rechtssicherheit" vorgesehen wurde (BTDrucks 8/2034 S. 36).

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2. § 5 Abs. 1 Nr. 1 UVG verpflichtet den Kläger auch materiell-rechtlich, die im Zeitraum vom 1. August bis zum 31. Oktober 2007 bewilligten Unterhaltsvorschussleistungen zu ersetzen. Das Verwaltungsgericht ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung bezogen auf den streitgegenständlichen Zeitraum nicht vorlagen (a) und der Kläger die Zahlung der Unterhaltsleistung dadurch herbeiführte, dass er zumindest fahrlässig unvollständige Angaben machte (b).

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a) § 5 Abs. 1 UVG knüpft die Ersatzpflicht desjenigen Elternteils, bei dem - dessen Vorbringen zufolge - der Berechtigte lebt, daran, dass die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in dem Monat, für den sie gezahlt wurde (Urteil vom 23. November 1995 - BVerwG 5 C 29.93 - BVerwGE 100, 42 <46> = Buchholz 436.45 § 5 UVG Nr. 1 S. 3 f.), nicht vorlagen.

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Gemäß § 1 Abs. 1 UVG hat unter anderem Anspruch auf Unterhaltsvorschuss nach diesem Gesetz, wer 1. das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, 2. im Geltungsbereich dieses Gesetzes bei einem seiner Elternteile lebt, der von seinem Ehegatten dauernd getrennt lebt und 3. nicht oder nicht regelmäßig Unterhalt von dem anderen Elternteil mindestens in der in § 2 Abs. 1 und 2 UVG bezeichneten Höhe erhält. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Kinder im streitgegenständlichen Zeitraum nicht im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG beim Kläger gelebt haben.

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Ein Kind lebt im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG bei einem seiner Elternteile, wenn es mit ihm eine auf Dauer angelegte häusliche Gemeinschaft unterhält, in der es auch betreut wird. Dem Sinn und Zweck des Unterhaltsvorschussgesetzes entsprechend ist das Merkmal nur dann erfüllt, wenn der alleinstehende leibliche Elternteil wegen des Ausfalls des anderen Elternteils die doppelte Belastung mit Erziehung und Unterhaltsgewährung in seiner Person zu tragen hat. Abgrenzungsprobleme entstehen, wenn das Kind - wie hier die Kinder des Klägers - regelmäßig einen Teil des Monats auch bei dem anderen Elternteil verbringt. Für die Beantwortung der Frage, ob das Kind in derartigen Fällen nur bei einem seiner Elternteile lebt, ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat, entscheidend auf die persönliche Betreuung und Versorgung, die das Kind bei dem anderen Elternteil erfährt, und die damit einhergehende Entlastung des alleinerziehenden Elternteils bei der Pflege und Erziehung des Kindes abzuheben. Trägt der den Unterhaltsvorschuss beantragende Elternteil trotz der Betreuungsleistungen des anderen Elternteils tatsächlich die alleinige Verantwortung für die Sorge und Erziehung des Kindes, weil der Schwerpunkt der Betreuung und Fürsorge des Kindes ganz überwiegend bei ihm liegt, so erfordert es die Zielrichtung des Unterhaltsvorschussgesetzes, das Merkmal "bei einem seiner Elternteile lebt" als erfüllt anzusehen und Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zu gewähren. Wird das Kind hingegen weiterhin auch durch den anderen Elternteil in einer Weise betreut, die eine wesentliche Entlastung des den Unterhaltsvorschuss beantragenden Elternteils bei der Pflege und Erziehung des Kindes zur Folge hat, ist das Merkmal zu verneinen. (VGH München, Beschlüsse vom 7. Februar 2006 - 12 ZB 04.2403 - juris Rn. 3, vom 16. Februar 2007 - 12 C 06.3229 - juris Rn. 2 und vom 4. Juli 2007 - 12 C 07.372 - juris Rn. 5; VGH Mannheim, Urteil vom 19. Dezember 1996 - 6 S 1668/94 - FEVS 47, 445 <446 f.>; OVG Münster, Beschluss vom 17. September 2009 - 12 E 1564/08 - juris Rn. 9 bis 12).

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Das Vorliegen des Merkmals "bei einem seiner Elternteile lebt" ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei ist als ein wesentlicher Gesichtspunkt zu berücksichtigen, welcher Elternteil zum vorrangig Kindergeldberechtigten bestimmt wurde. Gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. Oktober 2002 (BGBl I S. 4210) wird das Kindergeld bei mehreren Berechtigten demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Der Begriff der Aufnahme in den Haushalt ist zwar - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat - nicht deckungsgleich mit dem Begriff des "Lebens bei einem Elternteil"; er weist jedoch erhebliche Parallelen zu Letzterem auf. Danach liegt eine Haushaltsaufnahme vor, wenn das Kind in die Familiengemeinschaft mit einem dort begründeten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis aufgenommen worden ist. Neben dem örtlich gebundenen Zusammenleben müssen Voraussetzungen materieller (Versorgung, Unterhaltsgewährung) und immaterieller Art (Fürsorge, Betreuung) erfüllt sein (BFH, Beschluss vom 9. Dezember 2011 - III B 25/11 - juris Rn. 13 m.w.N.).

22

Der Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts zufolge ist die täglich-anteilige Betreuung der Kindesmutter über die bloße Wahrnehmung von Besuchskontakten hinausgegangen. Sie hat eine das "Leben bei einem Elternteil" und damit den Leistungsanspruch der Kinder ausschließende Entlastung des Klägers bewirkt. Familiengerichtlich ist nicht festgestellt worden, ob der Kläger die Kinder tatsächlich in seinen Haushalt aufgenommen hat. An diese tatsächlichen Feststellungen ist der Senat in Ermangelung zulässiger und begründeter Revisionsgründe gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO).

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b) § 5 Abs. 1 Nr. 1 UVG sanktioniert vorsätzliche oder fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben. Die Norm lässt ihrem Wortlaut entsprechend den Vorwurf der einfachen Fahrlässigkeit im Sinne des § 276 Abs. 2 BGB genügen (Beschluss vom 22. Juni 2006 a.a.O. juris Rn. 7). Danach handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

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Nach der bindenden Sachverhaltswürdigung (§ 137 Abs. 2 VwGO) des Verwaltungsgerichts hat der Kläger bei den Angaben zur Betreuungsleistung seiner Ehefrau die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und damit die Gewährung der Unterhaltsleistung zumindest fahrlässig herbeigeführt. Dem Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1 UVG entsprechend ist er daher ungeachtet der Tatsache, dass die Kinder - wie dargelegt - nicht im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG bei ihm gelebt haben, verpflichtet, den Betrag zu ersetzen, der infolge seiner fehlerhaften Angaben geleistet wurde.

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