Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (6. Senat) - 6 P 9/13

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Brandenburg - vom 28. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Im Streit ist die Reichweite des Mitwirkungsrechts in Bezug auf "Personalanforderungen zum Haushaltsvoranschlag" gemäß § 68 Abs. 2 Nr. 3 BrbgPersVG.

2

Bei der Aufstellung des Stellenplanentwurfs für das Haushaltsjahr 2011 vertrat der Beteiligte die Auffassung, das vom Antragsteller geltend gemachte Mitwirkungsrecht gemäß § 68 Abs. 2 Nr. 3 BrbgPersVG bestehe nur insoweit, als ein Stellenplanentwurf eine Stellenmehrung im Vergleich zum laufenden Haushaltsjahr vorsehe. Der Antragsteller vertrat demgegenüber die Auffassung, sein Mitwirkungsrecht beziehe sich auf jeden Stellenplanentwurf ohne eine dahingehende Einschränkung. Seinen entsprechenden Feststellungsantrag hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. Das Oberverwaltungsgericht hat ihm mit dem angefochtenen Beschluss stattgegeben: Das Mitwirkungsrecht bestehe unabhängig davon, inwiefern ein Stellenplanentwurf eine Stellenmehrung, einen gleichbleibenden Stellenbestand oder eine Stellenminderung vorsehe. Hierfür spreche der haushaltsrechtliche Bezug des Mitwirkungstatbestands. Ferner spreche hierfür Sinn und Zweck des Mitwirkungsrechts.

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Der Beteiligte trägt zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde vor, der Feststellungsantrag sei unzulässig, da mit ihm ein abstraktes Rechtsgutachten begehrt werde. Das Oberverwaltungsgericht habe § 92 Abs. 1 BrbgPersVG nicht berücksichtigt, der in Bezug auf Stellenpläne greife, da diese der Entscheidung der Gemeindevertretung unterlägen. § 68 Abs. 2 Nr. 3 BrbgPersVG gewähre bei Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein Mitwirkungsrecht nur bei vorgesehenen Stellenmehrungen. Stellenminderungen berührten zwar ebenso wie Stellenmehrungen die Personalplanung; insoweit regele das Personalvertretungsgesetz des Landes Brandenburg aber nur ein Beteiligungsrecht in Bezug auf die Aufstellung der einschlägigen Grundsätze (§ 65 Nr. 6 BrbgPersVG).

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Der Antragsteller verteidigt den angefochtenen Beschluss.

II.

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Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Der angefochtene Beschluss beruht nicht auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 95 Abs. 2 BrbgPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG).

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1. Das Feststellungsbegehren ist zulässig. Nichts Gegenteiliges folgt daraus, dass sich die ursprünglich vom Antragsteller beanspruchte Mitwirkung an der Aufstellung des Entwurfs des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2011 durch Zeitablauf erledigt hat. Der Antrag ist - losgelöst vom Ausgangsfall - darauf gerichtet, das Mitwirkungsrecht des Antragstellers bei der jährlichen Entwurfsaufstellung abstrakt festzustellen. Hinsichtlich dieser Feststellung steht dem Antragsteller ein Rechtsschutzinteresse zu. Der Beteiligte hält an seinem Rechtsstandpunkt fest, das Mitwirkungsrecht aus § 68 Abs. 2 Nr. 3 BrbgPersVG beschränke sich auf die Konstellation einer vorgesehenen Stellenmehrung. Die im Ausgangsfall streitig gebliebene Frage wird sich dementsprechend in Zukunft wieder stellen können.

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2. Das Mitwirkungsrecht des Personalrats gemäß § 68 Abs. 2 Nr. 3 BrbgPersVG besteht im Hinblick auf den Stellenplanentwurf ohne Rücksicht darauf, ob dieser in seinen Einzelansätzen gegenüber dem Stellenplan des laufenden Haushaltsjahrs Abweichungen vorsieht.

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a. Der in § 68 Abs. 2 Nr. 3 BrbgPersVG verwendete Begriff der "Personalanforderungen zum Haushaltsvoranschlag" nimmt Bezug auf das Verfahren der Haushaltsaufstellung. Der Haushaltsplan des Landes wird durch Haushaltsgesetz, derjenige einer Gemeinde durch Haushaltssatzung festgestellt (§ 1 Satz 1 BrbgLHO, § 65 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BrbgKVerf). Die Beschlussfassung erfolgt durch den Landtag bzw. die Gemeindevertretung auf der Grundlage eines von der Landesregierung bzw. vom Hauptverwaltungsbeamten vorzulegenden Entwurfs (§ 30 Satz 1 BrbgLHO bzw. § 67 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 BrbgKVerf). Innerhalb der Exekutive des Landes wird der Entwurf durch das Ministerium der Finanzen auf der Grundlage von Voranschlägen der für die Einzelpläne zuständigen Stellen aufgestellt und von der Landesregierung beschlossen (§ 27 Abs. 1 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 2, § 29 Abs. 1 Satz 1 BrbgLHO). Innerhalb der Gemeindeverwaltung obliegt die Aufstellung des Entwurfs dem Kämmerer; seine Feststellung obliegt dem Hauptverwaltungsbeamten (§ 67 Abs. 1 BrbgKVerf). Auf beiden Ebenen gilt der Grundsatz, dass im Entwurf sämtliche vorgesehenen Ausgaben- und Verpflichtungsermächtigungen aufzuführen sind (§ 11 Abs. 2 BrbgLHO, § 66 Abs. 1 BrbgKVerf). Dem Landes- bzw. Kommunalhaushaltsrecht ist eine Differenzierung von Haushaltsunterlagen anhand des Kriteriums, ob die jeweils vorgeschlagenen Einzelansätze Abweichungen gegenüber dem laufenden Haushaltsjahr aufweisen, fremd. Vor diesem Hintergrund liegt ein Verständnis, wonach von "Personalanforderungen zum Haushaltsvoranschlag" nur im Falle vorgesehener Stellenmehrungen die Rede sein könne, von vorneherein fern.

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b. Dem Oberverwaltungsgericht ist darin beizupflichten, dass die Zielrichtung des Mitwirkungsrechts durchgreifend gegen die Rechtsauffassung des Beteiligten spricht. § 68 Abs. 2 Nr. 3 BrbgPersVG zielt darauf, dem Personalrat die Gelegenheit zu verschaffen, im Rahmen des Haushaltsaufstellungsverfahrens die Beschäftigteninteressen zu Gehör zu bringen. In aller Regel werden die Beschäftigteninteressen dann, wenn die Dienststelle Stellenmehrungen vorschlägt, weniger nachteilig berührt sein, als wenn die Dienststelle auf einen solchen Vorschlag verzichtet oder sogar Stellenminderungen vorschlägt. Eine Beschränkung der Mitwirkung auf den Fall von Stellenmehrungen wäre daher mit Sinn und Zweck der Vorschrift nicht in Einklang zu bringen.

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c. Die bisherige Senatsrechtsprechung steht diesem Befund nicht entgegen. Zwar heißt es in dem Senatsbeschluss vom 2. März 1983 in Bezug auf die vergleichbare Vorschrift des § 82 Abs. 2 Satz 1 PersVG RP a.F., der Personalrat sei zur "Frage des personellen (...) Mehrbedarfs" anzuhören (BVerwG 6 P 12.80 - Buchholz 238.38 § 82 RPPersVG Nr. 1 S. 2). Hiermit ist jedoch nicht zum Ausdruck gebracht worden, jenseits der Fälle einer Anmeldung personellen Mehrbedarfs greife die betreffende Vorschrift nicht. Auch die nachfolgende Entscheidungspraxis des Senats lässt sich nicht in diesem Sinne verstehen (vgl. Beschlüsse vom 23. Januar 2002 - BVerwG 6 P 5.01 - juris Rn. 11 § 68 BPersVG Nr. 17> und vom 30. August 2005 - BVerwG 6 PB 11.05 - juris Rn. 4 f.).

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d. § 92 Abs. 1 Satz 1 BrbgPersVG ist nicht anwendbar. Das Mitwirkungsbegehren des Antragstellers bezieht sich nicht auf die Beschlussfassung der Gemeindevertretung über die Haushaltssatzung, sondern auf das vorgelagerte, verwaltungsinterne Verfahrensstadium. Der Entscheidungsprärogative des Gemeindeparlaments, die mit § 92 Abs. 1 Satz 1 BrbgPersVG geschützt werden soll (vgl. LTDrucks 1/2089 S. 16 f.), kann hier nicht berührt sein.

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