Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (3. Senat) - 3 B 37/17

Gründe

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Der Kläger begehrt eine nachträgliche Ausnahmegenehmigung für die Umwandlung von Grünland und wendet sich gegen eine Anordnung der Rückumwandlung.

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Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und eine Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

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1. Eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Dies ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darzulegen. Erforderlich ist die Formulierung einer bestimmten, jedoch fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2018 - 3 B 25.17 [ECLI:DE:BVerwG:2018:290118B3B25.17.0] - AUR 2018, 142 Rn. 3 m.w.N.). Revisibel ist die Verletzung von Bundesrecht und von Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmen (§ 137 Abs. 1 VwGO). Diese Beschränkung hat zur Folge, dass die Rüge, Bundesrecht sei bei der Auslegung und Anwendung irrevisiblen Landesrechts nicht beachtet worden, eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nur dann zu begründen vermag, wenn das als korrigierender Maßstab angeführte Bundesrecht seinerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Anderenfalls nimmt es das Revisionszulassungsrecht des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hin, sollte ein Gericht in Fragen des Landesrechts unter Verstoß gegen Bundesrecht fehlerhaft entschieden haben. Insoweit unterliegen eine zugelassene Revision und eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision unterschiedlichen Prüfungsmaßstäben (BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 2000 - 6 BN 2.99 - NVwZ-RR 2000, 339). Vor diesem Hintergrund genügt es für die Zulassung der Revision nicht, eine maßgebliche Vorschrift des Landesrechts als verfassungsrechtlich bedenklich zu beschreiben. Vielmehr ist im Einzelnen darzulegen, gegen welche Verfassungsnorm verstoßen wird und inwiefern sich bei deren Auslegung Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen, die sich noch nicht auf der Grundlage bisheriger höchstrichterlicher Rechtsprechung beantworten lassen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Februar 2011 - 6 B 37.10 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 173 m.w.N. und vom 3. Juni 2008 - 9 BN 3.08 - juris Rn. 9). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht.

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Der Kläger möchte in einem Revisionsverfahren die Vereinbarkeit des Grünlandumbruchverbots mit dem Grundgesetz geklärt wissen und stellt die Verhältnismäßigkeit des Verbots in Frage. Grundlage des Grünlandumbruchverbots ist § 27a des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes des Landes Baden-Württemberg (LLG) vom 14. März 1972 (GBl. S. 74). Die Vorschrift wurde mit Gesetz vom 13. Dezember 2011 (GBl. S. 551) in das Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz eingefügt und gilt seit 1. Januar 2016 - in seinen Grundzügen unverändert - in der Fassung vom 15. Dezember 2015 (GBl. S. 1155). Der Kläger formuliert hierzu die Frage,

"ob ein Grünlandumbruchverbot gemäß § 27a LLG BW stets und unabhängig von den tatsächlich feststellbaren positiven Wirkungen für Gewässer, Boden, Arten und Klima abhängig von der Nutzung des individuellen Grundstücks als Grünland statt als Acker für die Schutzgüter im Lichte einer Angemessenheitsprüfung und der dabei zu berücksichtigenden betroffenen Rechtsgüter des Adressaten verfassungsgemäß ist".

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Damit ist eine rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftige Frage hinsichtlich des (bundes-)verfassungsrechtlichen Maßstabs der Verhältnismäßigkeit nicht aufgeworfen. Abgesehen davon geht die Frage über die landesrechtlich vorgesehene Möglichkeit einer Ausnahme im Falle einer unzumutbaren Belastung (§ 27a Abs. 2 Nr. 3 LLG) ebenso hinweg wie darüber, dass dem angefochtenen Urteil ein solcher Rechtssatz nicht zugrunde liegt.

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Bei der Frage,

"ob in jedem Fall die präferierte Nutzung 'Grünland' (insbesondere bei hochintensiver Grünlandbewirtschaftung) eine günstigere Wirkung für die benannten Schutzgüter entfalten kann als eine Ackerbewirtschaftung, unabhängig von einer vom Bewirtschafter angestrebten Nutzung und unabhängig von der Lage des jeweiligen Grundstücks",

handelt es sich nicht um eine Rechts-, sondern eine Tatsachenfrage. Auch mit ihren weiteren Ausführungen zeigt die Beschwerde keine fallübergreifend klärungsbedürftige Rechtsfrage des revisiblen Rechts auf. Sie beschränkt sich in der Art einer Berufungsbegründung auf Angriffe gegen die Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung in dem angefochtenen Urteil.

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Im Übrigen wird aus dem Beschwerdevorbringen aber auch nicht ersichtlich, dass die Regelungen des § 27a LLG verfassungswidrig sein könnten. Das Grünlandumbruchverbot ist auf den Schutz von Arten, Boden, Gewässern und Klima gerichtet (LT-Drs. 15/854 S. 1, 2, 16 und 15/7676 S. 2, 12, 15). Der Gesetzgeber bezweckt mit ihm folglich den Schutz verfassungsrechtlicher Güter von hohem Wert (Art. 20a GG). Bei der Erfüllung des Auftrags zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen kommt ihm ein weiter (politischer) Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 - 1 BvF 1/05 [ECLI:DE:BVerfG:2007:fs20070313.1bvf000105] - BVerfGE 118, 79 Rn. 110). Hinsichtlich der Eignung des Grünlandumbruchverbots ist die verfassungsrechtliche Überprüfung darauf beschränkt, ob es schlechthin oder objektiv untauglich ist, den gewünschten Erfolg zu fördern (vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 u.a. [ECLI:DE:BVerfG:2016:rs20161206.1bvr282111] - BVerfGE 143, 246 Rn. 285). Sie lässt sich nicht schon mit dem Vorbringen ernstlich in Frage stellen, dass die ökologische Wertigkeit intensiver Grünlandnutzung gegenüber extensiver Grünlandnutzung geringer bzw. - namentlich mit Blick auf die Artenvielfalt - gering sei. Das gilt ebenso für die in der Beschwerde auf einzelne Autoren gestützte Behauptung, eine intensive Grünlandbewirtschaftung habe gegenüber einer Ackernutzung eine kaum günstigere Wirkung auf die Schutzgüter. Auch daraus, dass das Grünlandumbruchverbot des Landes zur Verlagerung des Ackeranbaus jenseits der Landesgrenzen führen könnte und der Klimaschutz einer globalen Lösung bedarf, ergibt sich nichts anderes. Abgesehen davon, dass der Schutz von Dauergrünland wegen dessen positiven Umweltauswirkungen, namentlich der Bindung von Kohlenstoff, seit längerem auch Teil der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union ist (vgl. z.B. Erwägungsgründe 37, 42 f., 62 VO (EU) Nr. 1307/2013), kann die Eignung der Maßnahme nicht deshalb verneint werden, weil ihr Erfolg - namentlich bezüglich des Klimaschutzes - auch vom Beitrag und Bemühen anderer abhängig ist. Gerade auch insoweit kommt dem Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative zu. Nichts anderes gilt für die Erforderlichkeit. Sie lässt sich nur verneinen, wenn die Mittelauswahl offensichtlich fehlsam ist und eindeutig feststeht, dass sich der Zweck mit einem milderen Mittel sachlich gleichwertig erreichen lässt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 19. Juli 2000 - 1 BvR 539/96 [ECLI:DE:BVerfG:2000:rs20000719.1bvr053996] - BVerfGE 102, 197 <218> und vom 18. Juli 2005 - 2 BvF 2/01 [ECLI:DE:BVerfG:2005:fs20050718.2bvf000201] - BVerfGE 113, 167 <252 f.>). Für die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, die Angemessenheit der Reglung, ist im Übrigen auf die Ausnahmemöglichkeit des § 27a Abs. 2 LLG zu verweisen.

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2. Der geltend gemachte Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor. Die Ablehnung des in Rede stehenden Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den Auswirkungen der Ackerlandnutzung verletzt entgegen der Auffassung des Klägers nicht die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO).

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Ein Beweisantrag kann mangels Substantiierung dann "als ins Blaue hinein" abgelehnt werden, wenn für den Wahrheitsgehalt der Beweistatsache nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, sie mithin ohne greifbaren Anhaltspunkt ohne tatsächliche Grundlage behauptet wird (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 26. Juni 2017 - 6 B 54.16 [ECLI:DE:BVerwG:2017:260617B6B54.16.0] - juris Rn. 7 und vom 22. Oktober 2014 - 8 B 99.13 [ECLI:DE:BVerwG:2014:221014B8B99.13.0] -juris Rn. 40). Welche Anforderungen dabei vom Tatsachengericht gestellt werden dürfen, bestimmt sich zum einen danach, ob die zu beweisende Tatsache in den eigenen Erkenntnisbereich des Beteiligten fällt, und zum anderen nach der konkreten prozessualen Situation (BVerwG, Beschluss vom 26. November 2014 - 1 B 25.14 - juris Rn. 10 m.w.N.).

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Zugrunde zu legen ist hier der rechtliche Ausgangspunkt des angefochtenen Urteils. Diesem folgend kommt eine Ausnahme von dem Grünlandumbruchverbot nur unter engen Voraussetzungen in atypischen Fällen in Betracht. Der Verwaltungsgerichtshof stellt hinsichtlich der Flächen darauf ab, ob diese eine atypisch geringe ökologische Wertigkeit besitzen oder aber die beabsichtigte Nutzung in atypischer Weise besonders schonend ist. Gegen diesen rechtlichen Ansatz wendet sich die Beschwerde nicht. In tatsächlicher Hinsicht geht der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts davon aus, dass die Flächen an einem Waldrand am Oberhang eines kleinen Tälchens gelegen und sie einer erhöhten Erosionsgefährdung ausgesetzt sind (Gefährdungsstufe CCWasser 1). Hierfür verweist er auch auf die fachliche Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde.

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Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, dass der Verwaltungsgerichtshof es abgelehnt hat, zu der Behauptung ein Gutachten einzuholen, die Nutzung der streitgegenständlichen Flächen als Ackerland habe gegenüber einer intensiven Grünlandnutzung keine negativen Auswirkungen auf Arten, Boden, Gewässer und Klima. Anhaltspunkte hierfür, die sich mit Blick auf die vom Kläger begehrte Ausnahme aus einer Atypik dieser Flächen ergeben müssten, sind nicht ersichtlich. Soweit der Kläger dem entgegenhält, bei guter fachlicher Ackerbewirtschaftung bestünden für die Schutzgüter Wasser und Boden keine Gefahren, steht diese Behauptung in keinem spezifischen Zusammenhang mit den betroffenen Flächen. Dieses Vorbringen gibt keinen Hinweis auf eine Atypik und die insoweit gebotene Substantiierung des Beweisantrags.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

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