Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (4. Senat) - 4 B 16/21

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischem Oberverwaltungsgerichts vom 25. März 2021 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.

Gründe

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Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist jedenfalls unbegründet.

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Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden, kl28;rungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 14. Oktober 2019 - 4 B 27.19 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 225 Rn. 4). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht.

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Die Klägerin hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob ein baulich selbständiges neues Betriebsgebäude isoliert als Neuerrichtung einer baulichen Anlage genehmigt werden muss oder ob eine bauliche Änderung oder Nutzungsänderung der bestehenden Betriebsanlage in das Genehmigungsverfahren einbezogen werden muss.

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Diese Frage bedarf der Auslegung. Der Sache nach geht es der Klägerin offensichtlich darum, wann bei der Erweiterung eines gewerblichen (Klein-)Betriebes dessen bauplanungsrechtliche Zulässigkeit unter Einbeziehung des Altbestandes (sog. Gesamtbetrachtung) zu berücksichtigen und wann eine auf die Erweiterung beschr28;nkte bauplanungsrechtliche Prüfung vorzunehmen ist. Die Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Sie ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt. Die bauplanungsrechtliche Prüfung hat sich auf das "Vorhaben" im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB zu beziehen. Dabei kann es sich - in der Begriffsbildung dieser Vorschrift - um die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung einer baulichen Anlage handeln. Den Begriff der Erweiterung kennt das Gesetz nicht; er ist einer der genannten Vorhabenskategorien zuzuordnen. Denkbar ist, dass sich eine Erweiterung als Errichtung einer - weiteren - baulichen Anlage darstellt, nämlich wenn es sich um ein selbständiges, abtrennbares Vorhaben handelt. In diesem Fall mag eine auf seine Zulässigkeit beschränkte Betrachtung geboten sein. Fehlt es an der Abtrennbarkeit, dann handelt es sich um die Änderung einer baulichen Anlage. Ob sie zulässig ist, kann nicht isoliert geprüft werden. Denn Gegenstand der bauplanungsrechtlichen Beurteilung nach § 29 BauGB ist nicht (nur) die Absicht oder die Durchführung der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung einer baulichen Anlage, sondern - vor allem - das vom Bauherrn angestrebte Ergebnis seiner Baumaßnahme. Immer dann, wenn eine Erweiterung zugleich den Bestand der vorhandenen baulichen Anlage verändert, ist folglich eine isolierte Beurteilung der Erweiterung nicht möglich. Ebenso wie bei einer Nutzungsänderung die bauliche Anlage in ihrer etwa ge28;nderten Funktion als Einheit zu prüfen ist (vgl. dazu z.B. BVerwG, Urteil vom 15. November 1974 - 4 C 32.71 - BVerwGE 47, 185), muss bei der Änderung einer baulichen Anlage das Gesamtvorhaben in seiner durch die Erweiterung geänderten Gestalt geprüft werden (grundlegend BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 - 4 C 17.91 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 158 S. 100; ferner Beschluss vom 29. November 2005 - 4 B 72.05 - Buchholz 406.11 § 29 BauGB Nr. 67). Ob danach ein hinzutretendes Betriebsgebäude ein selbständiges, abtrennbares Vorhaben oder eine Änderung einer baulichen Anlage darstellt, ist eine Frage des Einzelfalls und im Wege tatrichterlicher Würdigung zu klären (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10. Oktober 2005 - 4 B 60.05 - Buchholz 406.11 § 29 BauGB Nr. 66 Rn. 4 und vom 28. Februar 2008 - 4 B 60.07 - juris Rn. 24 insofern nicht abgedruckt in Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 19). Einen hierüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Sie wendet sich vielmehr in der Art eines zugelassenen oder zulassungsfreien Rechtsmittels gegen die tatsächliche und rechtliche W2;rdigung durch das Berufungsgericht. Das genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO (stRspr, siehe etwa BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 2019 - 4 B 36.19 - juris Rn. 6).

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

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