Urteil vom Europäischer Gerichtshof - C-687/13
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)
10. September 2015 ( *1 )
„Vorlage zur Vorabentscheidung — Dumping — Antidumpingzoll auf die Einfuhren von Keramikfliesen mit Ursprung in China — Durchführungsverordnung (EU) Nr. 917/2011 — Gültigkeit — Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 — Art. 2 Abs. 7 Buchst. a — Normalwert — Ermittlung auf der Grundlage des Preises in einem Drittland mit Marktwirtschaft — Wahl des geeigneten Drittlands — Sorgfaltspflicht — Verteidigungsrechte — Begründungspflicht — Stichprobenverfahren“
In der Rechtssache C‑687/13
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht München (Deutschland) mit Entscheidung vom 24. Oktober 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 30. Dezember 2013, in dem Verfahren
Fliesen-Zentrum Deutschland GmbH
gegen
Hauptzollamt Regensburg
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Ó Caoimh (Berichterstatter), der Richterin C. Toader sowie der Richter E. Jarašiūnas und C. G. Fernlund,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 2014,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
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der Fliesen-Zentrum Deutschland GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt B. Enders, |
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des Rates der Europäischen Union, vertreten durch S. Boelaert als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt R. Bierwagen, |
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der Europäischen Kommission, vertreten durch M. França, T. Maxian Rusche und R. Sauer als Bevollmächtigte, |
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 21. Mai 2015
folgendes
Urteil
1 |
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Gültigkeit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 917/2011 des Rates vom 12. September 2011 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von Keramikfliesen mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 238, S. 1). |
2 |
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Fliesen-Zentrum Deutschland GmbH (im Folgenden: Fliesen-Zentrum) und dem Hauptzollamt Regensburg (im Folgenden: Hauptzollamt) über einen Antidumpingzoll, den das Hauptzollamt auf vom Fliesen-Zentrum durchgeführte Einfuhren von Keramikfliesen mit Ursprung in China erhoben hat. |
Unionsrechtlicher Rahmen
Grundverordnung
3 |
Nach Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. L 343, S. 51, im Folgenden: Grundverordnung) kann „[e]in Antidumpingzoll … auf jede Ware erhoben werden, die Gegenstand eines Dumpings ist und deren Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der [Union] eine Schädigung verursacht“. |
4 |
Art. 2 („Feststellung des Dumpings“) sieht in seinen Abs. 1 bis 6 die Regeln für diese Feststellung bei Einfuhren aus Drittländern mit Marktwirtschaft vor. Insbesondere bestimmt Art. 2 Abs. 1: „Der Normalwert stützt sich normalerweise auf die Preise, die im normalen Handelsverkehr von unabhängigen Abnehmern im Ausfuhrland gezahlt wurden oder zu zahlen sind. Wird jedoch die gleichartige Ware von dem Ausführer im Ausfuhrland weder hergestellt noch verkauft, so kann der Normalwert anhand der Preise der anderen Verkäufer oder Hersteller ermittelt werden. …“ |
5 |
In Art. 2 Abs. 7 Buchst. a dieser Verordnung heißt es: „Im Fall von Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft … erfolgt die Ermittlung des Normalwerts auf der Grundlage des Preises oder des rechnerisch ermittelten Wertes in einem Drittland mit Marktwirtschaft oder des Preises, zu dem die Ware aus einem solchen Drittland in andere Länder sowie in die [Union] verkauft wird; falls dies nicht möglich ist, erfolgt die Ermittlung auf jeder anderen angemessenen Grundlage, einschließlich des für die gleichartige Ware in der [Union] tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises, der erforderlichenfalls um eine angemessene Gewinnspanne gebührend berichtigt wird. Ein geeignetes Drittland mit Marktwirtschaft wird auf nicht unvertretbare Weise unter gebührender Berücksichtigung aller zum Zeitpunkt der Auswahl zur Verfügung stehenden zuverlässigen Informationen ausgewählt. Ferner werden die Terminzwänge berücksichtigt, und es wird, soweit angemessen, ein Drittland mit Marktwirtschaft herangezogen, das Gegenstand der gleichen Untersuchung ist. …“ |
6 |
Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung lautet: „Zwischen dem Ausfuhrpreis und dem Normalwert wird ein gerechter Vergleich durchgeführt. Dieser Vergleich erfolgt auf derselben Handelsstufe und unter Zugrundelegung von Verkäufen, die zu möglichst nahe beieinander liegenden Zeitpunkten getätigt werden, sowie unter gebührender Berücksichtigung anderer Unterschiede, die die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussen. Ist die Vergleichbarkeit der ermittelten Normalwerte und Ausfuhrpreise nicht gegeben, werden, auf Antrag, jedes Mal gebührende Berichtigungen für Unterschiede bei Faktoren vorgenommen, die nachweislich die Preise und damit die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussen. …“ |
7 |
Art. 3 („Feststellung der Schädigung“) Abs. 2 und 3 dieser Verordnung sieht vor: „(2) Die Feststellung einer Schädigung stützt sich auf eindeutige Beweise und erfordert eine objektive Prüfung
(3) Im Zusammenhang mit dem Volumen der gedumpten Einfuhren ist zu berücksichtigen, ob diese Einfuhren entweder absolut oder im Verhältnis zu Produktion oder Verbrauch in der [Union] erheblich angestiegen sind. Im Zusammenhang mit den Auswirkungen der gedumpten Einfuhren auf die Preise ist in Betracht zu ziehen, ob im Vergleich zu dem Preis einer gleichartigen Ware des Wirtschaftszweigs der [Union] eine erhebliche Preisunterbietung durch die gedumpten Einfuhren stattgefunden hat oder ob diese Einfuhren auf andere Weise einen erheblichen Preisrückgang verursacht oder Preiserhöhungen, die andernfalls eingetreten wären, deutlich verhindert haben. Weder eines noch mehrere dieser Kriterien sind notwendigerweise ausschlaggebend.“ |
8 |
In Art. 9 Abs. 4 der Grundverordnung heißt es: „Ergibt sich aus der endgültigen Feststellung des Sachverhalts, dass Dumping und eine dadurch verursachte Schädigung vorliegen und im [Union]sinteresse ein Eingreifen … erforderlich ist, so führt der Rat … einen endgültigen Antidumpingzoll ein. … Der Antidumpingzoll darf die festgestellte Dumpingspanne nicht übersteigen, sollte aber niedriger sein als die Dumpingspanne, wenn ein niedrigerer Zoll ausreicht, um die Schädigung des Wirtschaftszweigs der [Union] zu beseitigen.“ |
9 |
Gemäß Art. 17 („Stichprobe“) Abs. 1 der Grundverordnung kann „[i]n Fällen, in denen die Anzahl der Antragsteller, der Ausführer oder der Einführer, der Warentypen oder der Geschäftsvorgänge sehr groß ist, … die Untersuchung auf eine vertretbare Anzahl von Parteien, Waren oder Geschäftsvorgängen durch Stichproben, die nach den normalen statistischen Verfahren auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Auswahl zur Verfügung stehenden Informationen gebildet werden, oder auf das größte repräsentative Volumen von Produktion, Verkäufen oder Ausfuhren beschränkt werden, die in angemessener Weise in der zur Verfügung stehenden Zeit untersucht werden können“. |
10 |
Nach Art. 17 Abs. 2 obliegt „[d]ie endgültige Auswahl der Parteien, Warentypen oder Geschäftsvorgänge gemäß diesen Bestimmungen über die Stichprobe … der Kommission, obgleich sie vorzugsweise in Absprache und im Einvernehmen mit den betroffenen Parteien erfolgt“. |
11 |
Art. 18 Abs. 1 und 5 der Grundverordnung lautet: „(1) Verweigert eine interessierte Partei den Zugang zu den erforderlichen Informationen oder erteilt sie nicht innerhalb der durch diese Verordnung gesetzten Fristen die erforderlichen Auskünfte oder behindert sie erheblich die Untersuchung, so können vorläufige oder endgültige positive oder negative Feststellungen auf der Grundlage der verfügbaren Fakten getroffen werden. Wird festgestellt, dass eine interessierte Partei unwahre oder irreführende Informationen vorgelegt hat, so werden diese Informationen nicht berücksichtigt, und die verfügbaren Informationen können zugrunde gelegt werden. Die interessierten Parteien sollten über die Folgen der mangelnden Bereitschaft zur Mitarbeit unterrichtet werden. … (5) Stützen sich die Feststellungen, einschließlich der Ermittlung des Normalwerts, auf Absatz 1, einschließlich der Angaben in dem Antrag, so werden sie, soweit möglich und unter gebührender Berücksichtigung der Fristen, für die Untersuchung anhand von Informationen aus anderen zugänglichen unabhängigen Quellen wie veröffentlichte Preislisten, amtliche Einfuhrstatistiken und Zollerklärungen oder anhand von Informationen geprüft, die von anderen interessierten Parteien während der Untersuchung vorgelegt wurden. Bei solchen Informationen kann es sich gegebenenfalls um einschlägige Informationen über den Weltmarkt oder andere repräsentative Märkte handeln.“ |
12 |
Art. 20 Abs. 4 dieser Verordnung, der den Antrag der Parteien auf Unterrichtung betrifft, sieht vor: „Die endgültige Unterrichtung erfolgt schriftlich. Sie erfolgt unter der erforderlichen Wahrung der Vertraulichkeit der Informationen so bald wie möglich und normalerweise spätestens einen Monat vor einer endgültigen Entscheidung oder der Vorlage eines Vorschlags der Kommission für endgültige Maßnahmen gemäß Artikel 9. Ist die Kommission nicht in der Lage, über bestimmte Tatsachen oder Erwägungen innerhalb dieser Frist zu unterrichten, so werden diese so bald wie möglich danach mitgeteilt. Die Unterrichtung greift einem etwaigen späteren Beschluss der Kommission oder des Rates nicht vor; stützt sich dieser Beschluss jedoch auf andere Tatsachen und Erwägungen, so erfolgt die Unterrichtung darüber so bald wie möglich.“ |
Vorläufige Verordnung
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Am 16. März 2011 erließ die Kommission die Verordnung (EU) Nr. 258/2011 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Keramikfliesen mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 70, S. 5, im Folgenden: vorläufige Verordnung). |
14 |
Teil A dieser Verordnung enthielt einen Abschnitt 2 über die von dem Verfahren betroffenen Parteien. Laut Rn. 4 in diesem Abschnitt 2 wurden, „[d]amit die Kommission über die Notwendigkeit eines Stichprobenverfahrens entscheiden und gegebenenfalls Stichproben bilden konnte, … alle ihr bekannten ausführenden Hersteller in der VR China, Einführer und Unionshersteller gebeten, mit der Kommission Kontakt aufzunehmen und ihr für den Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 1. März 2010 die in der Einleitungsbekanntmachung aufgeführten grundlegenden Informationen zu ihrer Tätigkeit in Verbindung mit der betroffenen Ware vorzulegen“. |
15 |
Teil A Abschnitt 2.1 betrifft die Bildung einer Stichprobe der ausführenden Hersteller der VR China. Er enthielt folgende Rn. 6 dieser Verordnung: „Nach Artikel 17 Absatz 1 der Grundverordnung bildete die Kommission eine Stichprobe der ausführenden Hersteller, und zwar auf der Grundlage des größten repräsentativen Ausfuhrvolumens der betroffenen Ware in die Union, das in der verfügbaren Zeit angemessen untersucht werden konnte. Die Stichprobe umfasste drei Gruppen, in denen 10 einzelne Hersteller vertreten waren und auf die im UZ 14,4 % der Gesamtmenge der Ausfuhren aus der VR China in die Union und 31,3 % der Gesamtmenge der mitarbeitenden Ausführer entfielen. Die betroffenen Parteien und die Behörden der VR China wurden nach Artikel 17 Absatz 2 der Grundverordnung zur Stichprobenbildung konsultiert. Es gingen einige Stellungnahmen dazu ein. Als begründet erachtete Stellungnahmen wurden bei der Bildung der endgültigen Stichprobe berücksichtigt.“ |
16 |
Teil A Abschnitt 2.2 über die Bildung einer Stichprobe der EU-Hersteller umfasste die Rn. 7 bis 14 der vorläufigen Verordnung. Insbesondere sahen die Rn. 7 bis 9 und 11 bis 13 vor:
…
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17 |
Die Rn. 46 bis 54 der vorläufigen Verordnung bezüglich der Wahl der USA als Vergleichsland gemäß Art. 2 Abs. 7 der Grundverordnung lauteten:
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18 |
In Rn. 61 der vorläufigen Verordnung, die am Normalwert vorgenommene Berichtigungen betraf, hieß es: „Im Interesse eines gerechten Vergleichs zwischen dem Normalwert und dem Ausfuhrpreis wurden nach Artikel 2 Absatz 10 der Grundverordnung für Unterschiede, die die Preise und ihre Vergleichbarkeit beeinflussten, gebührende Berichtigungen vorgenommen. Berichtigungen am Normalwert wurden vorgenommen für Unterschiede bei den Merkmalen … und für Qualitätsunterschiede bei bestimmten nicht vom Hersteller im Vergleichsland hergestellten Warentypen (aufgrund der geringeren Kosten von Steingutfliesen). Weitere Berichtigungen betrafen, soweit erforderlich, Seefracht-, Versicherungs-, Bereitstellungs-, Neben-, Verpackungs- und Kreditkosten sowie Bankgebühren und Provisionen; sie wurden in allen Fällen zugestanden, in denen die Anträge für begründet, korrekt und stichhaltig belegt befunden wurden.“ |
19 |
In Rn. 144 der vorläufigen Verordnung wurde darauf hingewiesen, dass „die [im Rahmen des Antidumpingverfahrens] untersuchte Ware in mehreren Ländern sowohl innerhalb der Union als auch außerhalb (Türkei, Vereinigte Arabische Emirate, [Ägypten], Südostasien, Brasilien u. a.) hergestellt [wurde]“. |
Verordnung Nr. 917/2011
20 |
In den Rn. 9 bis 33 der Verordnung Nr. 917/2011 werden die Parteien dargestellt, die von dem Verfahren betroffen sind, das zum Erlass des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Antidumpingzolls geführt hat. Sie enthalten Erwägungen zur Bildung der Stichprobe der ausführenden Hersteller der VR China und jener der Unionshersteller. Insbesondere lauten die Rn. 18, 23 und 31 dieser Verordnung:
…
…
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21 |
Die Rn. 55, 58 bis 63, 67 und 68, 70 bis 72 und 74 bis 77 der Verordnung Nr. 917/2011, die die Wahl der USA als Vergleichsland und die Festlegung des Normalwerts im Untersuchungsverfahren gemäß Art. 2 Abs. 7 der Grundverordnung betreffen, lauten:
…
…
…
…
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22 |
Die Rn. 86 und 87 der Verordnung Nr. 917/2011, die Berichtigungen des Normalwerts betreffen, lauten:
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23 |
Teil D der Verordnung Nr. 917/2011, der die Feststellung der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union betrifft, enthält die Rn. 99 bis 137 dieser Verordnung. Rn. 113 in Teil D Abschnitt 3 („Preisunterbietung“) sieht vor: „Die Untersuchung ergab Preisunterbietungen zwischen 43,2 und 55,7 %, was geringfügig von den vorläufig ermittelten Werten abweicht …“ |
24 |
Art. 1 der Verordnung Nr. 917/2011 bestimmt: „Es wird ein endgültiger Antidumpingzoll eingeführt auf Einfuhren von glasierten und unglasierten keramischen Fliesen, Boden- und Wandplatten, glasierten und unglasierten keramischen Steinchen, Würfeln und ähnlichen Waren für Mosaike, auch auf Unterlage, die derzeit unter den Codes 6907 10 00, 6907 90 20, 6907 90 80, 6908 10 00, 6908 90 11, 6908 90 20, 6908 90 31, 6908 90 51, 6908 90 91, 6908 90 93 und 6908 90 99 [der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1) in geänderter Fassung (im Folgenden: KN)] eingereiht werden, mit Ursprung in der Volksrepublik China.“ |
25 |
Nach Art. 1 Abs. 2 gelten je nach Hersteller auf den Nettopreis frei Grenze der Union, unverzollt, endgültige Antidumpingzollsätze von 26,3 % bis 69,7 %. |
26 |
Nach Art. 2 der Verordnung Nr. 917/2011 werden die Sicherheitsleistungen für die mit der vorläufigen Verordnung eingeführten vorläufigen Antidumpingzölle auf die Einfuhren von Keramikfliesen mit Ursprung in China endgültig vereinnahmt. |
Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
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Am 7. Mai 2010 ging bei der Kommission eine Beschwerde ein, wonach die Einfuhren von Keramikfliesen mit Ursprung in China Gegenstand von Dumpingpraktiken seien und somit eine erhebliche Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union verursachten. |
28 |
Daher veröffentlichte sie am 19. Juni 2010 eine Bekanntmachung der Einleitung eines Antidumpingverfahrens betreffend die Einfuhren von Keramikfliesen mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. C 160, S. 20). Die Untersuchung erstreckte sich auf alle Keramikfliesen, die unter den Tarifpositionen 6907 und 6908 der KN eingeführt wurden. |
29 |
Am 16. März 2011 erließ die Kommission die vorläufige Verordnung. |
30 |
Im Juli 2011 führte das Fliesen-Zentrum in China hergestellte unglasierte keramische Fliesen der Tarifposition 6907 9020 der KN in das Zollgebiet der Union ein. Am 15. Juli 2011 meldete es diese beim Hauptzollamt mit verschiedenen vereinfachten Zollanmeldungen, die am 18. Juli 2011 ergänzt wurden, zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Das Hauptzollamt setzte mit Bescheid vom 2. August 2011 neben Zoll und Einfuhrumsatzsteuer eine Sicherheit für vorläufigen Antidumpingzoll zum Abgabensatz von 32,3 % in Höhe von 9479,09 Euro fest, die das Fliesen-Zentrum leistete. |
31 |
Dagegen legte das Fliesen-Zentrum mit Schreiben vom 5. August 2011 Einspruch ein, den das Hauptzollamt mit Einspruchsentscheidung vom 19. Oktober 2011 zurückwies. |
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Am 12. September 2011 erließ der Rat die Verordnung Nr. 917/2011. |
33 |
Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 4. November 2011 setzte das Hauptzollamt den Antidumpingzoll in Höhe von 9479,09 Euro endgültig fest und verrechnete die für den vorläufigen Antidumpingzoll geleistete Sicherheit in voller Höhe. Dagegen legte das Fliesen-Zentrum ebenfalls Einspruch ein, den das Hauptzollamt mit Einspruchsentscheidung vom 3. Februar 2012 zurückwies. |
34 |
Das Fliesen-Zentrum erhob beim vorlegenden Gericht eine Klage auf Aufhebung dieser Bescheide und machte die Ungültigkeit der Verordnung Nr. 917/2011 geltend. Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, dass vier der vom Fliesen-Zentrum zur Stützung seiner Klage vorgetragenen Gründe durchgreifen könnten. |
35 |
Insoweit legt es seine Zweifel an der Gültigkeit der Verordnung Nr. 917/2011 dar. Insbesondere fragt es sich erstens, ob es einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 7 Buchst. a Unterabs. 2 und Art. 18 der Grundverordnung darstellt, dass der Rat in der Verordnung Nr. 917/2011 die USA als Vergleichsland für die Ermittlung des Normalwerts gleichartiger Waren wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Fliesen bestimmt hat. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Auswahl eines geeigneten Landes mit Marktwirtschaft zur Bestimmung des Normalwerts von aus einem Land ohne Marktwirtschaft eingeführten Waren weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass die Unionsorgane die für die Ermittlung der Geeignetheit des ausgewählten Drittlands wesentlichen Umstände zu berücksichtigen und diese mit der gebotenen Sorgfalt zu prüfen hätten. Im vorliegenden Fall stelle sich die Frage, ob die Wahl der USA als Vergleichsland angemessen im Sinne der vorläufigen Verordnung und der Verordnung Nr. 917/2011 sei, weil sich der US-amerikanische und der chinesische Keramikfliesenmarkt gravierend unterschieden. Die Unionsorgane seien von den Beteiligten des Antidumpingverfahrens ausdrücklich auf alternative Vergleichsländer hingewiesen worden. Außerdem hätte die Kommission auf der Grundlage von öffentlich zugänglichem Datenmaterial das Vergleichsland auswählen und den Normalwert der betreffenden Waren bestimmen können. |
36 |
Zweitens wirft das vorlegende Gericht die Frage auf, ob die Kommission dadurch, dass sie bei der Ermittlung des Normalwerts der eingeführten Waren lediglich Daten eines einzigen Vergleichsherstellers herangezogen habe, gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 7 Buchst. a der Grundverordnung verstoßen hat, wonach der Normalwert anhand von Daten mehrerer Hersteller ermittelt werden müsse, insbesondere wenn er anhand eines Vergleichslands ermittelt werde. Die Berücksichtigung eines einzigen Vergleichsherstellers gewährleiste nicht die Repräsentativität der Informationen. |
37 |
Drittens stellt sich das vorlegende Gericht die Frage, ob der Normalwert rechnerisch richtig ermittelt wurde und insoweit nicht gegen Art. 2 Abs. 7 Buchst. a und Abs. 10 der Grundverordnung verstoßen wurde. Außerdem fragt es sich, ob die Unionsorgane gegen die Begründungspflicht verstoßen und so die Verteidigungsrechte der Klägerin des Ausgangsverfahrens verletzt haben, weil die vagen Informationen, die die Kommission zur genauen Ermittlung des Normalwerts gegeben habe, eine sachlich fundierte Stellungnahme unmöglich machten. |
38 |
Viertens wirft das vorlegende Gericht die Frage auf, ob die Kommission bei der Bildung von Stichproben der ausführenden chinesischen Hersteller und der Unionshersteller gegen Art. 3 in Verbindung mit Art. 17 der Grundverordnung verstoßen hat. Einerseits könnten kleine und mittlere chinesische Unternehmen nicht oder kaum in der Stichprobe enthalten gewesen sein. Dies stehe im Widerspruch dazu, dass der chinesische Wirtschaftszweig der Keramikfliesen stark fragmentiert sei und sich im Wesentlichen aus kleinen und mittleren Unternehmen zusammensetze, wie sich aus Rn. 73 der Verordnung Nr. 917/2011 ergebe. Andererseits habe die Kommission bei der Bildung der Stichproben der Unionshersteller die starke Fragmentierung der Keramikbranche der Union berücksichtigt und alle Segmente, d. h. kleine, mittlere und große Unternehmen, einbezogen. Außerdem seien nur Hersteller aus westeuropäischen Ländern in die Stichprobe der Unionshersteller einbezogen worden, während Hersteller aus Mitgliedstaaten mit niedrigerem Preisniveau nicht vertreten gewesen seien. Somit habe die Bildung dieser beiden Stichproben dazu geführt, dass Stichproben von chinesischen Herstellen und Unionsherstellern gegenübergestellt worden seien, die nicht vergleichbar gewesen seien. |
39 |
Unter diesen Umständen hat das Finanzgericht München beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen: Ist die Verordnung Nr. 917/2011 gültig? |
Zur Vorlagefrage
Einleitende Bemerkungen
40 |
Als Erstes macht das Fliesen-Zentrum in seinen schriftlichen Erklärungen, hilfsweise, über die vier von ihm vor dem vorlegenden Gericht geltend gemachten und von diesem in seinem Vorabentscheidungsersuchen angeführten Gründe hinaus zwei weitere Gründe für die Ungültigkeit der Verordnung Nr. 917/2011 geltend. Mit ihnen werden ein Begründungsmangel und eine Verletzung der Verteidigungsrechte mangels Mitteilung der wesentlichen relevanten Informationen sowie, insbesondere, ein Verstoß gegen die Art. 19 bis 21 der Grundverordnung gerügt. |
41 |
Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung das Verfahren nach Art. 267 AEUV auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, so dass nur das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der Fragen zu beurteilen hat, die es dem Gerichtshof stellt (vgl. u. a. Urteil Hoesch Metals und Alloys, C‑373/08, EU:C:2010:68, Rn. 59). |
42 |
Zudem eröffnet nach gefestigter Rechtsprechung Art. 267 AEUV den Parteien eines bei einem innerstaatlichen Gericht anhängigen Rechtsstreits keinen Rechtsbehelf, so dass der Gerichtshof nicht gehalten ist, die Frage der Gültigkeit von Unionsrecht zu prüfen, nur weil eine Partei diese Frage in ihren schriftlichen Erklärungen aufgeworfen hat (vgl. Urteil MSD Sharp & Dohme, C‑316/09, EU:C:2011:275, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
43 |
Somit gibt es keinen Grund, die Prüfung der Gültigkeit der Verordnung Nr. 917/2011 in Bezug auf vom vorlegenden Gericht nicht aufgeführte Gründe zu erstrecken (vgl. entsprechend Urteil Hoesch Metals und Alloys, C‑373/08, EU:C:2010:68, Rn. 60). |
44 |
Als Zweites verfügen die Unionsorgane nach ständiger Rechtsprechung im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik, besonders im Bereich handelspolitischer Schutzmaßnahmen, wegen der Komplexität der von ihnen zu prüfenden wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Sachverhalte über ein weites Ermessen. Die gerichtliche Kontrolle einer entsprechenden Beurteilung ist daher auf die Prüfung der Fragen zu beschränken, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, ob der Sachverhalt, der der beanstandeten Entscheidung zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung dieses Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (vgl. Urteil Simon, Evers & Co., C‑21/13, EU:C:2014:2154, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
Zur Wahl der USA als Vergleichsdrittstaat
45 |
Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die von den Unionsorganen für die Ermittlung des Normalwerts der von der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Einfuhr betroffenen Waren getroffene Wahl der USA als geeignetes Drittland mit Marktwirtschaft einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 7 Buchst. a Unterabs. 2 und Art. 18 der Grundverordnung begründet. |
46 |
Insbesondere fragt sich das vorlegende Gericht, ob diese Wahl erstens angesichts der Tatsache, dass sich der US-amerikanische und der chinesische Keramikfliesenmarkt grundlegend voneinander unterschieden, angemessen ist. Zweitens könne die Angemessenheit der Wahl in Zweifel gezogen werden, weil die US-amerikanischen Ausführer nur sehr wenig ausführten und auf dem inländischen Markt nur ein schmales Segment qualitativ hochwertiger Fliesen bedienten, während drei Viertel des Marktes im Wesentlichen von Importen geprägt seien. Drittens sei sie fraglich, weil nicht sicher sei, dass die Kommission die erforderliche Sorgfalt an den Tag gelegt, andere mögliche Vergleichsländer erschöpfend geprüft und weitere öffentlich zugängliche statistische Daten berücksichtigt habe, um ihre Wahl zu begründen. |
47 |
Das Fliesen-Zentrum hält die Wahl der USA als Vergleichsland für nicht angemessen. Gestützt auf das Urteil Nölle (C‑16/90, EU:C:1991:402, Rn. 35) unterstreicht es, dass die Unionsorgane bei der Wahl des Vergleichslands dessen Geeignetheit mit der gebotenen Sorgfalt prüfen müssten. Im vorliegenden Fall sei die Kommission im Lauf des Verfahrens, das zum Erlass der Verordnung Nr. 917/2011 geführt habe, über die fehlende Vergleichbarkeit des US-amerikanischen und des chinesischen Marktes sowie darüber unterrichtet worden, dass die USA kein für die Zwecke der Antidumpinguntersuchung geeignetes Vergleichsland seien. Insbesondere hätte die Kommission auch andere Drittländer als Vergleichsländer in Erwägung ziehen können, wie etwa die Vereinigten Arabischen Emirate, die Arabische Republik Ägypten, Malaysia und die Tunesische Republik. |
48 |
Insoweit wird nach Art. 2 Abs. 7 Buchst. a der Grundverordnung im Fall von Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft der Normalwert in Abweichung von den Bestimmungen in den Abs. 1 bis 6 dieser Vorschrift grundsätzlich auf der Grundlage des Preises oder des rechnerisch ermittelten Wertes in einem Drittland mit Marktwirtschaft ermittelt. Die genannte Vorschrift soll die Berücksichtigung der in Ländern ohne Marktwirtschaft geltenden Preise und Kosten verhindern, da diese Parameter dort normalerweise nicht das Ergebnis der auf den Markt einwirkenden Kräfte sind (vgl. Urteile Rotexchemie, C‑26/96, EU:C:1997:261, Rn. 9, und GLS, C‑338/10, EU:C:2012:158, Rn. 20). |
49 |
Nach Art. 2 Abs. 7 Buchst. a Unterabs. 2 der Grundverordnung wird ein geeignetes Drittland mit Marktwirtschaft auf nicht unvertretbare Weise unter gebührender Berücksichtigung aller zum Zeitpunkt der Auswahl zur Verfügung stehenden zuverlässigen Informationen ausgewählt. Die Unionsorgane müssen unter Berücksichtigung der sich anbietenden Alternativen versuchen, ein Drittland zu finden, in dem der Preis einer gleichartigen Ware unter Bedingungen gebildet wird, die mit denen des Ausfuhrlands möglichst vergleichbar sind, wobei es sich um ein Marktwirtschaftsland handeln muss (Urteil GLS, C‑338/10, EU:C:2012:158, Rn. 21). |
50 |
Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass aus dem Wortlaut und dem Aufbau dieser Bestimmung hervorgeht, dass mit dem Vorrang, der der in dieser Bestimmung vorgeschriebenen Hauptmethode eingeräumt ist, nämlich die Ermittlung des Normalwerts im Fall von Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft anhand „des Preises oder des rechnerisch ermittelten Wertes in einem Drittland mit Marktwirtschaft“ oder „des Preises, zu dem die Ware aus einem solchen Drittland in andere Länder sowie in die [Union] verkauft wird“, bezweckt wird, eine angemessene Ermittlung des Normalwerts im Ausfuhrland durch Auswahl eines Drittlands zu erreichen, in dem der Preis einer gleichartigen Ware unter Bedingungen gebildet wird, die mit denen des Ausfuhrlands möglichst vergleichbar sind, wobei es sich um ein Marktwirtschaftsland handeln muss (Urteil GLS, C‑338/10, EU:C:2012:158, Rn. 24 und 25). |
51 |
Außerdem unterliegt nach der in Rn. 44 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung die Ausübung des Ermessens der Unionsorgane bei der Wahl des Vergleichslands der gerichtlichen Nachprüfung. Insbesondere ist zu prüfen, ob die Organe bei der Ermittlung der Geeignetheit des ausgewählten Landes wesentliche Umstände außer Acht gelassen haben und ob der Akteninhalt so sorgfältig geprüft worden ist, dass davon ausgegangen werden kann, dass der Normalwert auf angemessene und nicht unvertretbare Weise bestimmt worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteile Nölle, C‑16/90, EU:C:1991:402, Rn. 12 und 13, sowie GLS, C‑338/10, EU:C:2012:158, Rn. 22). |
52 |
Was im vorliegenden Fall zunächst die Ermittlung von Vergleichsländern betrifft, geht aus den dem Gerichtshof unterbreiteten Unterlagen hervor, dass die Partei, die die dem Antidumpingverfahren zugrunde liegende Beschwerde eingelegt hat, nach der ihr in Art. 2 Abs. 7 Buchst. a der Grundverordnung eingeräumten Möglichkeit die USA als Vergleichsland vorgeschlagen hat. Daher hat die Kommission in der Bekanntmachung der Einleitung eines Antidumpingverfahrens vom 19. Juni 2010 in Betracht gezogen, die USA als geeignetes Drittland mit Marktwirtschaft auszuwählen, und die von der Untersuchung betroffenen Parteien aufgefordert, hierzu Stellung zu nehmen. So ging aus Rn. 47 der vorläufigen Verordnung hervor, dass „mehrere andere Länder als alternatives Vergleichsland vorgeschlagen [wurden], unter anderem Brasilien, die Türkei, Nigeria, Thailand und Indonesien“. Danach bat die Kommission Hersteller von einer gewissen Bedeutung in diesen Ländern und in den USA, einen Fragebogen, den sie ihnen zusandte, zu beantworten. Wie in Rn. 48 der vorläufigen Verordnung ausgeführt, beantworteten nur zwei Hersteller der betroffenen Ware aus den USA den Fragebogen vollständig. |
53 |
Im Übrigen geht aus den dem Gerichtshof unterbreiteten Unterlagen hervor, dass im Untersuchungsverfahren auch die Russische Föderation als mögliches Drittland vorgeschlagen wurde. Ferner ergibt sich aus Rn. 144 der vorläufigen Verordnung, dass die von der Untersuchung betroffene Ware in mehreren Drittländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten, der Arabischen Republik Ägypten und den Ländern Südostasiens hergestellt wurde. |
54 |
Zum einen hat die Kommission jedoch, bevor sie in Rn. 54 der vorläufigen Verordnung den Schluss gezogen hat, dass „die USA ein geeignetes und angemessenes Vergleichsland im Sinne des Artikels 2 Absatz 7 der Grundverordnung [seien]“, in den Rn. 49 bis 53 der vorläufigen Verordnung alle Gesichtspunkte der Antidumpinguntersuchung dargelegt, die sie zu dieser Schlussfolgerung veranlassten, und hervorgehoben, dass die Daten, die von den US-amerikanischen Herstellern, die bei der Antidumpinguntersuchung kooperiert hätten, vorgelegt worden seien, vor Ort überprüft worden seien. |
55 |
Zum anderen geht aus den dem Gerichtshof unterbreiteten Unterlagen hervor, dass die Kommission in Betracht gezogen hat, weitere Drittländer als Vergleichsländer zu berücksichtigen, und vergeblich versucht hat, Hersteller in diesen Drittländern zu kontaktieren. Da außerdem die Hersteller in den als Vergleichsland in Betracht gezogenen Drittländern nicht verpflichtet sind, mitzuarbeiten, kann der Umstand, dass sie der Bitte der Kommission um Mitarbeit nicht nachkommen, keine Verletzung der der Kommission obliegenden Sorgfaltspflicht begründen. Somit ist davon auszugehen, dass die Unionsorgane das geeignete Vergleichsland mit der gebotenen Sorgfalt ermittelt haben. |
56 |
Was insbesondere das Vorbringen angeht, die Kommission habe bestimmte während dieser Untersuchung öffentlich zugängliche statistische Daten nicht berücksichtigt, hat der Gerichtshof im Urteil GLS (C‑338/10, EU:C:2012:158, Rn. 30) zwar entschieden, dass es den Unionsorganen obliegt, die ihnen zur Verfügung stehenden Informationen, darunter insbesondere die Eurostat-Statistiken, mit der gebotenen Sorgfalt zu prüfen, um zu untersuchen, ob ein Vergleichsland im Sinne von Art. 2 Abs. 7 Buchst. a der Grundverordnung berücksichtigt werden kann. Doch betrafen diese Erwägungen Verpflichtungen, die der Kommission in einem Fall oblagen, in dem keines der Unternehmen, die darum gebeten worden waren, zur Mitarbeit bereit war und sie die in dieser Bestimmung vorgesehene subsidiäre Methode anwandte, nach der der Normalwert der betroffenen Ware „auf jeder anderen angemessenen Grundlage“ ermittelt wird. Es steht jedoch fest, dass sich in dem hier fraglichen Antidumpingverfahren ein US-amerikanisches Unternehmen bereit erklärt hat, mit der Kommission zu kooperieren, und dass diese daher die nach dieser Bestimmung vorgeschriebene Hauptmethode angewandt hat, bei der sie diese Statistiken nicht zu prüfen braucht. |
57 |
Des Weiteren ergibt sich aus den Rn. 59, 67 und 68 der Verordnung Nr. 917/2011, dass die Unionsorgane die Unterschiede zwischen dem US-amerikanischen und dem chinesischen Keramikfliesenmarkt untersucht haben. Dabei haben sie festgestellt, dass der US-Markt von starkem Wettbewerb geprägt sei und dass es keine Belege für nichttarifäre Hemmnisse gebe, die den Marktwettbewerb wesentlich einschränken würden. Zudem decke die Produktion der USA eine breite Palette von Warentypen ab, die mit den in China hergestellten und von dort ausgeführten vergleichbar seien. |
58 |
Wie die Generalanwältin in Nr. 71 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, dürfte insbesondere, was zum einen die Auswirkung des Wettbewerbs auf den Markt betrifft, ein hohes Maß an Wettbewerb grundsätzlich einen Abwärtsdruck auf die Preise ausüben, so dass Daten aus einem äußerst wettbewerbsintensiven Markt nicht zwangsläufig eine höhere Dumpingspanne ergeben als Daten aus einem Land, in dem die Kosten niedriger sind, aber auch der Wettbewerb weniger stark ausgeprägt ist. Was zum anderen den Unterschied zwischen diesen beiden Märkten hinsichtlich des Grads der technischen Entwicklung angeht, ist davon auszugehen, dass ein höherer Grad der Entwicklung geeignet ist, die Wirkung niedrigerer Lohnkosten auszugleichen, so dass höhere Lohnkosten nicht unbedingt als Indiz für höhere Preise und einen höheren Normalwert angesehen werden können. |
59 |
Somit durften die Unionsorgane die Wahl der USA als geeignetes Drittland mit Marktwirtschaft trotz dieses Unterschieds auf das hohe Maß an Wettbewerb auf dem Keramikfliesenmarkt in den USA stützen. |
60 |
Daraus folgt, dass die Unionsorgane die Unterschiede zwischen dem US-amerikanischen und dem chinesischen Keramikfliesenmarkt mit der gebotenen Sorgfalt geprüft haben und die USA als Vergleichsland gemäß Art. 2 Abs. 7 Buchst. a der Grundverordnung ansehen durften. |
61 |
Was schließlich das Vorbringen betrifft, die US-amerikanischen Ausführer führten nur sehr wenig aus und bedienten auf dem inländischen Markt nur ein schmales Segment qualitativ hochwertiger Fliesen, ist darauf hinzuweisen, dass die Antidumpinguntersuchung, wie in den Rn. 49 und 50 der vorläufigen Verordnung ausgeführt, gezeigt hat, dass Keramikfliesen aus China und aus den USA im Wesentlichen dieselben materiellen Eigenschaften und Verwendungen aufweisen und sich auch die Herstellungsverfahren ähneln. |
62 |
Daher haben die Unionsorgane gemäß den Bestimmungen der Grundverordnung auf nicht unvertretbare Weise die USA als für die Ermittlung des Normalwerts geeignetes Vergleichsdrittland mit Marktwirtschaft bestimmt. |
Zur Ermittlung des Normalwerts auf der Grundlage von Informationen, die von einem einzigen Hersteller übermittelt wurden
63 |
Des Weiteren äußert das vorlegende Gericht mit seiner Frage Zweifel an der Repräsentativität des Normalwerts, der auf der Grundlage von Informationen ermittelt wurde, die von einem einzigen Hersteller übermittelt wurden. |
64 |
Insbesondere fragt sich das vorlegende Gericht erstens, ob sich aus dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 1 und 6 der Grundverordnung ergibt, dass der Normalwert anhand der Preise mehrerer Hersteller ermittelt werden muss. Zweitens möchte es wissen, ob die Heranziehung von Daten eines einzigen Herstellers es gleichwohl erlaubt, diesen Wert auf präzise und objektive Weise zu ermitteln, insbesondere wenn wie im Ausgangsverfahren die Gefahr besteht, dass der Hersteller, der seine Daten übermittelt hat, von einem Unionshersteller kontrolliert wird und daher wirtschaftlich nicht unabhängig ist. Drittens wirft das vorlegende Gericht die Frage auf, ob die Kommission in Anbetracht der Tatsache, dass die von einem einzigen Hersteller stammenden Daten durch dessen spezifische Unternehmenspolitik bedingt sind, nicht externes Expertenwissen in Anspruch nehmen muss. |
65 |
Hinsichtlich des Wortlauts von Art. 2 Abs. 1 und 6 der Grundverordnung sind das vorlegende Gericht und das Fliesen-Zentrum der Auffassung, dass der Normalwert anhand der Preise mehrerer Hersteller ermittelt werden müsse, da diese Bestimmung zur Ermittlung dieses Werts auf die „Preise“ und die „anderen Verkäufer oder Hersteller“ abstelle. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Grundverordnung bei Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft in Art. 2 Abs. 7 eine besondere Regelung für die Ermittlung des Normalwerts vorsieht, die sich von der in Art. 2 Abs. 1 bis 6 vorgesehenen unterscheidet, so dass deren Wortlaut für die Frage, ob der im Ausgangsverfahren fragliche Normalwert anhand der Preise eines oder mehrerer Hersteller zu ermitteln ist, nicht relevant ist. |
66 |
Des Weiteren hat die Kommission in Bezug auf die Bestimmung des Normalwerts nach Art. 2 Abs. 7 Buchst. a der Grundverordnung in ihren schriftlichen Erklärungen zwar eingeräumt, dass es grundsätzlich besser sei, Daten mehrerer im Vergleichsland ansässiger Hersteller statt eines einzigen heranzuziehen. Doch hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die bloße Tatsache, dass es im Vergleichsland nur einen Hersteller gibt, an sich nicht ausschließt, dass die dortigen Preise das Ergebnis eines echten Wettbewerbs sind, da sich bei fehlender Preiskontrolle ein solcher Wettbewerb ebenso gut daraus ergeben kann, dass nennenswerte Einfuhren aus anderen Ländern erfolgen (Urteil Rotexchemie, C‑26/96, EU:C:1997:261, Rn. 15). |
67 |
Somit ist der entscheidende Gesichtspunkt für die Wahl des oder der Hersteller im Vergleichsland, ob die Preise auf dem Inlandsmarkt des Drittlands das Ergebnis eines echten Wettbewerbs sind. Wie bereits in Rn. 57 des vorliegenden Urteils ausgeführt, haben die Unionsorgane diese Frage in der Antidumpinguntersuchung geprüft und sind zu der Auffassung gelangt, dass der US-Markt von starkem Wettbewerb geprägt sei und dass es keine Belege für nichttarifäre Hemmnisse gebe, die den Marktwettbewerb wesentlich einschränken würden. |
68 |
Was insbesondere die behauptete Gefahr angeht, dass der Hersteller, der seine Daten im Rahmen des Antidumpingverfahrens übermittelt habe, von einem Unionshersteller kontrolliert werde und daher wirtschaftlich nicht unabhängig sei, ist es, wie die Generalanwältin in Nr. 97 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, unwahrscheinlich, dass Daten eines Herstellers, der an mit ihm verbundene Abnehmer verkauft hat, eingeflossen sind, da den Unionsorganen vorgeworfen wird, einen künstlich hohen Normalpreis errechnet zu haben. Jedenfalls wurden diese Daten, wie in Rn. 62 der Verordnung Nr. 917/2011 angegeben, vor Ort überprüft. |
69 |
Schließlich ist die Inanspruchnahme externen Expertenwissens durch die Kommission nicht gerechtfertigt, wenn wie im Ausgangsverfahren die Daten eines Herstellers repräsentativ sind. Wie die Generalanwältin in Nr. 88 ihrer Schlussanträge unterstrichen hat, ist mangels eines konkreten Grundes grundsätzlich davon auszugehen, dass die Unionsorgane zu einer angemessenen eigenen Beurteilung der Daten fähig sind. |
70 |
Daher durften die Unionsorgane den Normalwert auf der Grundlage der von einem einzigen Hersteller übermittelten Daten ermitteln. |
Zur Begründungspflicht und den Verteidigungsrechten im Hinblick auf die rechnerische Ermittlung des Normalwerts
71 |
Ferner fragt sich das vorlegende Gericht im Wesentlichen, ob es den Unionsorganen obliegt, sich bei der Vornahme von Berichtigungen an dem anhand der Preise des Herstellers des Vergleichslands ermittelten Normalwert auf Beweise oder zumindest auf Anhaltspunkte zu stützen, die die Existenz des Faktors, aufgrund dessen die Berichtigung vorgenommen wird, und dessen Einfluss auf die Vergleichbarkeit des Ausfuhrpreises und des Normalwerts belegen. Daher möchte es wissen, ob diese Organe dadurch, dass sie nur vage Informationen zur genauen Ermittlung des Normalwerts gegeben und eine sachlich fundierte Stellungnahme somit unmöglich gemacht haben, gegen ihre Begründungspflicht verstoßen und damit die Verteidigungsrechte des Fliesen-Zentrums verletzt haben. |
72 |
Das Fliesen-Zentrum meint, nach Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung müssten Berichtigungen des Normalwerts vorgenommen werden, um Unterschiede bei Faktoren zu berücksichtigen, die nachweislich die Preise und damit die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussten, wie insbesondere Unterschiede in der Qualität. Es stützt sich u. a. auf das Urteil des Gerichts der Europäischen Union Kundan und Tata/Rat (T‑88/98, EU:T:2002:280, Rn. 95 und 96) und macht geltend, dass es den Unionsorganen obliege, sich auf die genannten Anhaltspunkte oder Beweise zu stützen. Im Ausgangsverfahren sei der von der Kommission bestimmte Normalwert so vage, dass er nicht als Grundlage für den Nachweis eines etwaigen Dumpings dienen könne. Die Kommission habe nicht dargetan, wie dieser Wert berechnet worden sei. |
73 |
Erstens ist darauf hinzuweisen, dass das Fliesen-Zentrum unstreitig nicht an dem Dumpinguntersuchungsverfahren beteiligt war und mit keinem chinesischen Hersteller verbunden ist. Somit kann es für sich keine Verteidigungsrechte in einem Verfahren beanspruchen, an dem es nicht beteiligt war. |
74 |
Daher ist zweitens zu prüfen, ob die Gründe für die Berichtigungen an dem auf der Grundlage der Preise des Herstellers des Vergleichslands ermittelten Normalwert die Anforderungen erfüllen, die sich aus der in Art. 296 AEUV verankerten Begründungspflicht ergeben. |
75 |
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass die in Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts entsprechen und die Überlegung des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. Urteil Italien/Kommission, C‑138/03, C‑324/03 und C‑431/03, EU:C:2005:714, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
76 |
Dieses Erfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil Italien/Kommission, C‑138/03, C‑324/03 und C‑431/03, EU:C:2005:714, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
77 |
Zudem kann sich die Begründung, wenn es sich um eine Verordnung handelt, darauf beschränken, die Gesamtlage anzugeben, die zu ihrem Erlass geführt hat, und die allgemeinen Ziele zu bezeichnen, die mit ihr erreicht werden sollen (Urteile Abrias u. a./Kommission, 3/83, EU:C:1985:283, Rn. 30, und Spanien/Rat, C‑342/03, EU:C:2005:151, Rn. 55). Daher kann nicht verlangt werden, dass die Unionsorgane die mitunter sehr zahlreichen und weitverzweigten tatsächlichen Umstände im Einzelnen anführen, auf deren Grundlage die Verordnung ergangen ist, und noch weniger, dass sie diese Umstände mehr oder weniger vollständig würdigen (vgl. in diesem Sinne Urteil Beus, 5/67, EU:C:1968:13, Rn. 4). |
78 |
Ergibt sich das von dem Organ im Wesentlichen verfolgte Ziel aus dem Rechtsakt mit allgemeiner Geltung, braucht dieser folglich keine besondere Begründung für jede Berichtigung des Normalwerts der betreffenden Ware zu enthalten. |
79 |
Im Ausgangsverfahren wurden die Gründe für die Berichtigung des Normalwerts in Rn. 61 der vorläufigen Verordnung genannt, wonach Berichtigungen vorgenommen wurden „für Unterschiede bei den Merkmalen … und für Qualitätsunterschiede bei bestimmten nicht vom Hersteller im Vergleichsland hergestellten Warentypen … Weitere Berichtigungen betrafen, soweit erforderlich, Seefracht-, Versicherungs-, Bereitstellungs-, Neben-, Verpackungs- und Kreditkosten sowie Bankgebühren und Provisionen; sie wurden in allen Fällen zugestanden, in denen die Anträge für begründet, korrekt und stichhaltig belegt befunden wurden.“ Ferner wurden der Verordnung Nr. 917/2011 zufolge, in deren Rn. 86 und 87 die in Rn. 61 der vorläufigen Verordnung genannten Gründe für die Berichtigung des Normalwerts aufgegriffen werden, soweit erforderlich, Berichtigungen vorgenommen, um einen fairen Vergleich zwischen dem Normalwert und dem Ausfuhrpreis zu gewährleisten. |
80 |
Somit erfüllen die Gründe für die Berichtigungen des auf der Grundlage der Preise des Herstellers des Vergleichslands bestimmten Normalwerts die Anforderungen, die sich aus der Begründungspflicht ergeben. |
Zur Bildung von Stichproben
81 |
Schließlich möchte das vorlegende Gericht mit seiner Frage wissen, ob, um die Preisunterbietung zu ermitteln, die Stichproben der chinesischen ausführenden Hersteller sowie der Hersteller und Einführer in der Union ordnungsgemäß gebildet wurden oder ob die Unionsorgane hierbei Art. 3 in Verbindung mit Art. 17 der Grundverordnung missachtet haben. |
82 |
Insbesondere fragt sich das vorlegende Gericht, ob die in Rn. 113 der Verordnung Nr. 917/2011 festgestellten Preisunterbietungen auf präzise und objektive Weise ermittelt wurden. Es weist darauf hin, dass sich die Unionsorgane bei der Anwendung des Stichprobenverfahrens zur Ermittlung der Preise der Unionshersteller gemäß Art. 17 Abs. 1 der Grundverordnung auf eine vertretbare Anzahl von Parteien, Waren oder Geschäftsvorgängen durch Stichproben, die nach den normalen statistischen Verfahren auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Auswahl zur Verfügung stehenden Informationen gebildet worden seien, beschränkt hätten. Dagegen hätten sie sich bei der Ermittlung der Preise der chinesischen Hersteller auf das größte repräsentative Volumen von Produktion, Verkäufen oder Ausfuhren der betreffenden Waren gestützt, das untersucht werden könne. Das vorlegende Gericht fragt sich, ob eine solche Vorgehensweise in Anbetracht des Umstands zulässig ist, dass die Stichprobe der Unionshersteller im Wesentlichen aus einer Vielzahl kleiner und mittlerer Unternehmen bestehe, während in die der chinesischen Hersteller wenige große Hersteller einbezogen seien, obwohl beide Märkte stark fragmentiert seien und sich überwiegend aus kleinen und mittleren Unternehmen zusammensetzten. Außerdem seien in die Stichprobe der Unionshersteller nur Hersteller aus westeuropäischen Ländern und nicht aus anderen Mitgliedstaaten mit niedrigerem Preisniveau einbezogen worden. |
83 |
Das Fliesen-Zentrum fügt hinzu, dass der Vergleich der Preise der großen chinesischen Hersteller mit den Preisen der kleinen und mittleren Unternehmen der Union einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und gegen Art. 3 Abs. 2 und Art. 9 Abs. 4 der Grundverordnung darstelle. Hinsichtlich der Repräsentativität der Stichprobe der Unionshersteller ist das Fliesen-Zentrum der Ansicht, dass mindestens 25 % der gesamten Unionsproduktion darin berücksichtigt werden müssten. Insbesondere was Art. 9 Abs. 4 der Grundverordnung angehe, der die sogenannte Regel des „niedrigeren Zolls“ enthalte, hätten die Unionsorgane die Preisunterbietungsspannen in unzutreffender Weise festgelegt. |
84 |
Es ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 3 Abs. 2 der Grundverordnung die Feststellung der Schädigung mit einer „objektiven Prüfung“ des Volumens der gedumpten Einfuhren, ihrer Auswirkungen auf die Preise auf dem Unionsmarkt und ihrer Auswirkungen auf den Wirtschaftszweig der Union einhergehen muss. Art. 3 Abs. 3 der Grundverordnung sieht vor, dass im Zusammenhang mit den Auswirkungen der gedumpten Einfuhren auf die Preise in Betracht zu ziehen ist, ob die gedumpten Einfuhren zu einer erheblichen Unterbietung des Preises einer gleichartigen Ware des Wirtschaftszweigs der Union durch die chinesischen Waren geführt hat. |
85 |
Unter diesen Umständen obliegt es dem Gerichtshof, im Rahmen seiner Prüfung der Gültigkeit der Verordnung Nr. 917/2011 zu überprüfen, ob die Unionsorgane eine derartige Preisunterbietung feststellen konnten. |
86 |
Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 17 Abs. 1 der Grundverordnung die Stichproben der Parteien, Waren oder Geschäftsvorgänge nach den normalen statistischen Verfahren auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Auswahl zur Verfügung stehenden Informationen gebildet werden müssen oder das größte repräsentative Volumen von Produktion, Verkäufen oder Ausfuhren, die in angemessener Weise in der zur Verfügung stehenden Zeit untersucht werden können, enthalten müssen. |
87 |
Weder diese Bestimmung noch Art. 3 der Grundverordnung noch der Grundsatz der Gleichbehandlung erfordern, dass für die Bildung der Stichprobe der chinesischen Hersteller und für die Bildung der Stichprobe der Unionshersteller die gleiche Methode angewandt wird. Vielmehr ergibt sich aus Art. 17 Abs. 2 der Grundverordnung, dass die endgültige Auswahl der Parteien, Warentypen oder Geschäftsvorgänge gemäß den Bestimmungen über die Stichprobe der Kommission obliegt. |
88 |
Wie sich aus Rn. 23 der Verordnung Nr. 917/2011 ergibt und wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen unterstrichen hat, ist die Anwendung zweier unterschiedlicher Methoden, um die Zusammensetzung der Stichprobe der Unionshersteller einerseits und die der chinesischen ausführenden Hersteller andererseits zu bestimmen, im vorliegenden Fall dadurch gerechtfertigt, dass die Stichproben einen unterschiedlichen Zweck haben. Im Hinblick auf die Stichprobe der chinesischen ausführenden Hersteller ist nämlich das Ziel, möglichst viele Einfuhren abzubilden, so dass die festgestellten mittleren Einfuhrpreise je Produkttyp so nahe wie möglich am tatsächlichen Mittelwert liegen und damit den Preisdruck, der auf der Unionsindustrie lastet, möglichst genau abbilden. Im Hinblick auf die Stichprobe der Unionshersteller ist das Ziel, zu überprüfen, ob sich die festgestellten mittleren Einfuhrpreise je Produkttyp auf alle Unionshersteller in gleicher Weise auswirken oder ob es eine bestimmte Kategorie von Unionsherstellern gibt, die in besonderer Weise betroffen ist. |
89 |
Des Weiteren ist insbesondere hinsichtlich der Stichprobe der Unionshersteller darauf hinzuweisen, dass nach Rn. 11 der vorläufigen Verordnung auf diese Stichprobenunternehmen 24 % der Gesamtproduktion der mitarbeitenden Hersteller und 7 % der EU-Gesamtproduktion entfielen. Zudem ging aus Rn. 13 dieser Verordnung hervor, dass die Repräsentativität der Stichprobe gemessen an sämtlichen für die Zusammensetzung dieser Stichprobe herangezogenen Kriterien hoch blieb, obwohl der polnische Hersteller die Mitarbeit eingestellt hatte. |
90 |
Außerdem muss nach Rn. 18 der Verordnung Nr. 917/2011 eine Stichprobe die geografische Verteilung und das Gewicht der Herstellermitgliedstaaten nicht exakt widerspiegeln, um repräsentativ zu sein, da die geografische Verteilung nur einer der repräsentativitätsbestimmenden Faktoren ist. Daher waren die Unionsorgane nicht verpflichtet, ein Unternehmen aus Mittel- oder Osteuropa einzubeziehen, um die Repräsentativität dieser Stichprobe zu gewährleisten. |
91 |
Jedenfalls entfielen auf die Stichprobe der Unionshersteller, wie in Rn. 31 der Verordnung Nr. 917/2011 angegeben und von der Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen hervorgehoben, nahezu 80 % der Unionsproduktion. Zudem ergab eine Überprüfung anhand der öffentlich verfügbaren Daten, dass die Einbeziehung eines Herstellers aus diesen Mitgliedstaaten die Feststellung der Schädigung nicht wesentlich beeinflusst hätte. |
92 |
Schließlich ist zu den Zweifeln des vorlegenden Gerichts, die sich daraus ergeben, dass ein niedrigerer Zoll hätte verhängt werden können, wenn die Preisunterbietungsspanne auf einer anderen Grundlage ermittelt worden wäre, darauf hinzuweisen, dass es sich bei dieser Spanne und der Dumpingspanne um zwei unterschiedliche Begriffe handelt. Insbesondere sollte nach Art. 9 Abs. 4 der Grundverordnung der Antidumpingzoll niedriger sein als die Dumpingspanne, wenn ein niedrigerer Zoll ausreicht, um die Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union zu beseitigen. Wie in Rn. 198 der Verordnung Nr. 917/2011 ausgeführt, sollte nach der Regel des niedrigeren Zolls die Dumpingspanne als Grundlage für die Ermittlung der Höhe des Zolls dienen. Daraus ergibt sich, dass die Preisunterbietungsspanne für die Anwendung der in Art. 9 Abs. 4 der Grundverordnung enthaltenen Regel des niedrigeren Zolls irrelevant ist. |
93 |
Folglich haben die Unionsorgane bei der Bildung von Stichproben in Anbetracht des weiten Ermessens, über das sie verfügen, weder gegen Art. 3 in Verbindung mit Art. 17 der Grundverordnung noch gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen. |
94 |
Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass deren Prüfung nichts ergeben hat, was die Gültigkeit der Verordnung Nr. 917/2011 in Frage stellen könnte. |
Kosten
95 |
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. |
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt: |
Die Prüfung der Vorlagefrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 917/2011 des Rates vom 12. September 2011 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von Keramikfliesen mit Ursprung in der Volksrepublik China in Frage stellen könnte. |
Unterschriften |
( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.
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Referenzen
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