Urteil vom Europäischer Gerichtshof - T-136/14
URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)
30. September 2015 ( *1 )
„Gemeinschaftsmarke — Widerspruchsverfahren — Anmeldung der Gemeinschaftsbildmarke BASmALI — Ältere nicht eingetragene Marke oder älteres Zeichen BASMATI — Relatives Eintragungshindernis — Art. 8 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“
In der Rechtssache T‑136/14
Tilda Riceland Private Ltd mit Sitz in Gurgaon (Indien), Prozessbevollmächtigte: S. Malynicz, Barrister, N. Urwin und D. Sills, Solicitors,
Klägerin,
gegen
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch P. Geroulakos und P. Bullock als Bevollmächtigte,
Beklagter,
andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM:
Siam Grains Co. Ltd mit Sitz in Bangkok (Thailand),
betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 18. Dezember 2013 (Sache R 1086/2012‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Tilda Riceland Private Ltd und der Siam Grains Co. Ltd
erlässt
DAS GERICHT (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen sowie der Richter F. Dehousse (Berichterstatter) und A. M. Collins,
Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,
aufgrund der am 24. Februar 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,
aufgrund der am 23. Juli 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,
auf die mündliche Verhandlung vom 21. April 2015
folgendes
Urteil
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1 |
Am 4. November 2003 meldete die Siam Grains Co. Ltd gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an. |
2 |
Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das folgende Bildzeichen:
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3 |
Die Marke wurde für „Langkornreis“ in Klasse 30 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet. |
4 |
Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 37/2004 vom 13. September 2004 veröffentlicht. |
5 |
Am 10. Dezember 2004 erhob die United Riceland Private Ltd, jetzt Tilda Riceland Private Ltd, die Klägerin, gemäß Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 aufgeführte Ware. |
6 |
Der Widerspruch war gestützt auf die ältere nicht eingetragene Marke oder das ältere Zeichen BASMATI, die oder das im geschäftlichen Verkehr für Reis verwendet würde. |
7 |
Als Widerspruchsgrund wurde der in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009) genannte Grund geltend gemacht. Die Klägerin machte insbesondere geltend, sie könne nach den im Vereinigten Königreich geltenden Rechtsvorschriften die Benutzung der Anmeldemarke mittels einer Klage wegen Kennzeichenverletzung (action for passing off) unterbinden. |
8 |
Mit Entscheidung vom 28. Januar 2008 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch in vollem Umfang zurück. Sie stellte insbesondere fest, dass die Klägerin keine Unterlagen vorgelegt habe, in denen beschrieben werde, wie der von ihr in das Vereinigte Königreich ausgeführte Reis vermarktet werde. Demnach habe die Klägerin nicht nachgewiesen, dass sie den nach den im Vereinigten Königreich geltenden Rechtsvorschriften über die Kennzeichenverletzung für eine erfolgreiche Klage erforderlichen „Goodwill“ erworben habe. |
9 |
Am 20. März 2008 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung gemäß den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009) beim HABM Beschwerde ein. |
10 |
Mit Entscheidung vom 19. März 2009 wies die Erste Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Sie war im Wesentlichen der Auffassung, dass nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 die Widersprechende hätte nachweisen müssen, dass sie Inhaberin des Rechts sei, auf das der Widerspruch gestützt sei. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin indessen nicht nachgewiesen, dass sie Inhaberin des geltend gemachten Rechts sei. Überdies sei der Ausdruck „Basmati“ keine Marke oder kein Zeichen, an denen gewerbliche Schutzrechte bestünden, sondern lediglich die geläufige Bezeichnung einer Reissorte. „Basmati“ sei eine Gattungsbezeichnung. Im Übrigen beziehe sich der mit der Klage wegen Kennzeichenverletzung geschützte Besitzstand nicht auf das in Rede stehende Kennzeichenrecht, sondern auf den „Goodwill“. Die Beschwerdekammer gelangte so zu dem Ergebnis, dass die Klägerin ihre Inhaberschaft an dem Ausdruck „Basmati“ nicht nachgewiesen habe und dass der Widerspruch daher nicht die in der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehene Voraussetzung des Vorliegens eines Inhaberrechts erfülle. |
11 |
Mit Urteil vom 18. Januar 2012, Tilda Riceland Private/HABM – Siam Grains (BASmALI) (T‑304/09, Slg, EU:T:2012:13), hob das Gericht die Entscheidung der Beschwerdekammer vom 19. März 2009 auf. Das Gericht war der Auffassung, dass die Beschwerdekammer zu Unrecht den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen habe, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie die Inhaberin des in Rede stehenden Kennzeichens sei, ohne im Einzelnen zu überprüfen, ob die Klägerin nach den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs Rechte an diesem Kennzeichen erworben hatte (Rn. 29 des Urteils). |
12 |
Infolge des Urteils BASmALI (oben in Rn. 11 angeführt, EU:T:2012:13), wurde die Sache an die Vierte Beschwerdekammer des HABM zurückverwiesen. |
13 |
Mit Entscheidung vom 18. Dezember 2013 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Sie war im Wesentlichen der Auffassung, dass die Klägerin die Verwendung des Ausdrucks „Basmati“ als unterscheidendes Zeichen im geschäftlichen Verkehr nicht bewiesen habe. Die Beschwerdekammer hat somit nicht geprüft, ob die Klägerin nach den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs Rechte an diesem Zeichen erworben hatte. |
Anträge der Beteiligten
14 |
Die Klägerin beantragt,
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Das HABM beantragt,
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Rechtliche Würdigung
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Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 geltend. |
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Sie führt erstens aus, dass das Zeichen BASMATI insoweit unterscheidend sei, als es eine besondere Reisart bezeichne, die aufgrund ihrer Qualität, ihres Dufts und anderer Eigenschaften Bekanntheit erlangt habe. Die Klägerin habe dem HABM entsprechende Beweise vorgelegt. Die Beschwerdekammer scheine ein weiteres Kriterium aufzustellen, nach dem eine ausschließliche Inhaberschaft an dem Zeichen bestehen müsse. In diesem Zusammenhang unterscheide sich das Zeichen BASMATI nicht von den Zeichen CHAMPAGNE oder SWISS CHOCOLATE und könne durch eine Klage wegen Kennzeichenverletzung ebenso geschützt werden. In Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falls führt die Klägerin aus, dass das Zeichen BASMATI sämtliche Kriterien erfülle, um nach den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs Schutz zu genießen. Zweitens ist die Klägerin der Auffassung, dass sie als ausländische Erzeugerin und Exporteurin der in Rede stehenden Ware Inhaberin des „Goodwill“ am Zeichen BASMATI sei (zusammen mit anderen Wirtschaftsteilnehmern), auch wenn eine andere Gesellschaft die Ware im Vereinigten Königreich tatsächlich vermarkte. Die Beschwerdekammer habe die von der Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Gesichtspunkte vernachlässigt. Drittens beeinträchtige der Umstand, dass mehrere Wirtschaftsteilnehmer ihre eigenen unterscheidungskräftigen Marken in Verbindung mit dem Zeichen BASMATI verwendeten, nicht den unterscheidenden Charakter dieses Zeichens. |
18 |
Das HABM gesteht zu, dass der von der Beschwerdekammer verfolgte Ansatz, auch wenn er mit dem nach dem Recht der Europäischen Union anzuwendenden Begriff der Unterscheidungskraft im Einklang stehe, schwer mit den spezifischen Besonderheiten der sogenannten „erweiterten“ Form der Kennzeichenverletzung sowie den von den Gerichten des Vereinigten Königreichs erlassenen Entscheidungen zu vereinbaren sei. Gleichwohl würden die von der Klägerin zur Akte gereichten Schriftstücke nicht zeigen, dass Basmatireis in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit im Vereinigten Königreich wegen seiner besonderen Eigenschaften – ein Kriterium, das sich aus der Rechtsprechung des Vereinigten Königreichs ergebe – ein „offensichtliches Ansehen“ genieße. Das HABM räumt ein, dass die Beschwerdekammer hierauf nicht ausdrücklich Bezug genommen habe. Jedoch gehe aus der Prüfung der Beschwerdekammer hervor, dass sie, wenn sie ausdrücklich auf diese Frage eingegangen wäre, entschieden hätte, dass die Beweisstücke in der Akte es nicht erlaubten, das Zeichen BASMATI mit einem „offensichtlichen Ansehen“ in Verbindung zu bringen. Schließlich trägt das HABM der Vollständigkeit halber vor, die Klägerin habe weder dargelegt, dass sie Inhaberin eines „Goodwill“ sei, noch dass ihr insoweit ein Schaden entstehe. Das HABM kommt daher zu dem Ergebnis, dass, selbst wenn die Auffassung der Beschwerdekammer bezüglich der Frage, ob der herkömmliche Begriff der Unterscheidungskraft als Element, das es ermöglicht, die betriebliche Herkunft der Waren zu identifizieren, auch auf einen Fall der sogenannten „erweiterten“ Form der Kennzeichenverletzung anzuwenden ist, unzutreffend sein sollte, die zur Akte gereichten Beweise nicht ausreichten, um nachzuweisen, dass das Zeichen BASMATI nach der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise im Vereinigten Königreich „offensichtliches Ansehen“ genießt. |
19 |
Es ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 der Inhaber einer nicht eingetragenen Marke oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung gegen die Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke Widerspruch erheben kann, wenn und soweit nach dem für den Schutz des Kennzeichens maßgeblichen Recht der Gemeinschaft oder des Mitgliedstaats zum einen Rechte an diesem Kennzeichen vor dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke oder gegebenenfalls vor dem Tag der für die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke in Anspruch genommenen Priorität erworben worden sind und zum anderen dieses Kennzeichen seinem Inhaber das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen. |
20 |
Soweit die Klägerin ihren Widerspruch auf die nach den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs vorgesehene Klage wegen Kennzeichenverletzung stützt, ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass die im vorliegenden Fall geltende rechtliche Regelung des Mitgliedstaats der Trade Marks Act 1994 (Markengesetz 1994 des Vereinigten Königreichs) ist, dessen Section 5 (4) u. a. bestimmt: „Eine Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen, wenn oder soweit ihre Benutzung im Vereinigten Königreich untersagt werden kann
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21 |
Aus dieser Bestimmung in ihrer Auslegung durch die nationalen Gerichte ergibt sich, dass der Widersprechende gemäß den Rechtsregeln, die für die im Recht des Vereinigten Königreichs vorgesehene Klage wegen Kennzeichenverletzung gelten, nachweisen muss, dass drei Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich erstens der erworbene „Goodwill“ (d. h. die Anziehungskraft auf Kunden) der nicht eingetragenen Marke oder des betreffenden Kennzeichenrechts, zweitens die irreführende Präsentationsweise durch den Inhaber der jüngeren Marke und drittens der an dem „Goodwill“ verursachte Schaden (vgl. Urteil BASmALI, oben in Rn. 11 angeführt, EU:T:2012:13, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
22 |
Im Übrigen kann nach der Rechtsprechung des Vereinigten Königreichs ein Zeichen für Waren oder Dienstleistungen ein Ansehen auf dem Markt im Sinne der für die Kennzeichenverletzung geltenden Rechtsvorschriften erworben haben, obgleich es von mehreren Wirtschaftsteilnehmern im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit benutzt wird (Chocosuisse Union des fabricants suisses de chocolat & Ors v Cadbury Ltd. [1999] EWCA Civ 856). Infolge dieser in der Rechtsprechung des Vereinigten Königreichs anerkannten sogenannten „erweiterten“ Form der Kennzeichenverletzung können somit mehrere Wirtschaftsteilnehmer über Rechte an einem Kennzeichen verfügen, das ein Ansehen auf dem Markt besitzt (Urteil BASmALI, oben in Rn. 11 angeführt, EU:T:2012:13, Rn. 28). |
23 |
Die Beschwerdekammer hat ausgeführt, dass die Voraussetzungen hinsichtlich der Benutzung des Namens „Basmati“ im geschäftlichen Verkehr und der Bedeutung des Zeichens im Licht der einheitlichen Maßstäbe des Unionsrechts auszulegen seien. Sie hat hierzu erklärt, dass, um die Anforderung der Benutzung im geschäftlichen Verkehr zu erfüllen, eine nicht eingetragene Marke oder ein Zeichen als unterscheidendes Element in dem Sinn benutzt werden müsse, dass es dazu dienen müsse, eine von seinem Inhaber ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit zu identifizieren. Im vorliegenden Fall kam die Beschwerdekammer zu dem Ergebnis, dass die zur Akte gereichten Schriftstücke nicht die Feststellung zuließen, dass die Klägerin den Namen „Basmati“ im geschäftlichen Verkehr als unterscheidendes Zeichen verwendet habe, und dass somit eine der Anwendungsvoraussetzungen von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 nicht erfüllt sei. |
24 |
Auch wenn die angefochtene Entscheidung nicht eindeutig ist, geht daraus hervor, dass die Beschwerdekammer der Ansicht war, dass die mögliche Unterscheidungskraft des Zeichens BASMATI es der Klägerin ermöglichen müsse, ihre Ware von der Ware anderer Unternehmen zu unterscheiden, auch von solchen, die ebenfalls Basmatireis vermarkteten. Dies ergibt sich insbesondere aus Rn. 33 der angefochtenen Entscheidung, in der die Beschwerdekammer klar ausführt, dass der Umstand, dass Basmatireis unter verschiedenen Marken vermarktet werde, „die Möglichkeit ausschließt“, dass der Ausdruck „Basmati“ als solcher als ein Element wahrgenommen werden könne, „das den Reis eines Unternehmens von dem anderer Unternehmen unterscheidet“. Außerdem hat die Beschwerdekammer in den Rn. 25 und 31 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass der von der Klägerin in das Vereinigte Königreich exportierte Basmatireis nicht von der Klägerin, sondern von einem anderen Unternehmen vermarktet werde. In Rn. 27 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer ferner erklärt, dass der Name eines landwirtschaftlichen Erzeugnisses, dessen Import in Anwendung der gemeinsamen Agrarpolitik der Union bestimmten Regelungen unterliege, als Bezeichnung für Eigenschaften der Ware „und nicht … seiner betrieblichen Herkunft“ verstanden werde. In den Rn. 29 und 32 der angefochtenen Entscheidung hat sie auch Bezug auf die „betriebliche Herkunft“ der fraglichen Ware genommen. In Rn. 31 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer ferner festgestellt, dass die zur „Kennzeichnung“ des von der Klägerin produzierten Reises „benutzte Marke“ TILDA und nicht der Ausdruck „Basmati“ sei. Zur Stützung ihrer Ansicht hat die Beschwerdekammer ausgeführt, dass das in das Verfahren eingebrachte Vorbringen belege, dass der Ausdruck „Basmati“ in Verbindung mit Marken oder Namen von Gesellschaften verwendet worden sei. |
25 |
Die Beschwerdekammer war mit anderen Worten der Auffassung, dass sich die Unterscheidungskraft des fraglichen Zeichens aus seiner Funktion ergeben müsse, die betriebliche Herkunft der Waren zu identifizieren. Das HABM hat diese Lesart der angefochtenen Entscheidung in der mündlichen Verhandlung bestätigt. |
26 |
Der von der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung verfolgte Ansatz läuft insoweit jedoch Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 zuwider. |
27 |
Zwar trifft es zu, wie die Beschwerdekammer festgestellt hat, dass das fragliche Zeichen im Rahmen von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 als unterscheidendes Element in dem Sinne benutzt werden muss, dass es dazu dienen muss, eine von seinem Inhaber ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit zu identifizieren (Urteil vom 29. März 2011, Anheuser-Busch/Budějovický Budvar, C‑96/09 P, Slg, EU:C:2011:189, Rn. 149). |
28 |
Dies kann jedoch nicht bedeuten, dass die Funktion der Benutzung eines Zeichens im Rahmen von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 ausschließlich auf die Identifizierung der betrieblichen Herkunft der betreffenden Waren oder Dienstleistungen abzielen muss. Mit diesem Ergebnis hat die Beschwerdekammer eine Bedingung aufgestellt, die in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 nicht vorgesehen ist, wie die Klägerin in ihren Schriftsätzen im Wesentlichen vorträgt. |
29 |
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 auf nicht eingetragene Marken und sämtliche „sonstige[n]“ im geschäftlichen Verkehr benutzten „Kennzeichenrecht[e]“ bezieht. In diesem Rahmen und mangels anderer Angaben kann die Funktion der Benutzung des fraglichen Zeichens nach Maßgabe der Art des Zeichens nicht nur in der Identifizierung der betrieblichen Herkunft der betreffenden Ware durch die maßgeblichen Verkehrskreise liegen, sondern u. a. auch in der Identifizierung ihrer geografischen Herkunft und ihrer spezifischen Eigenschaften (vgl. in diesem Sinne Urteil Anheuser‑Busch/Budějovický Budvar, oben in Rn. 27 angeführt, EU:C:2011:189, Rn. 147) oder der Merkmale, die ihr Ansehen begründen, was das HABM im Übrigen in seinen Schriftsätzen ausführt. Das betreffende Zeichen kann nach Maßgabe seiner Art somit als unterscheidendes Element eingestuft werden, wenn es dazu dient, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber denen eines anderen Unternehmens zu kennzeichnen, aber auch, insbesondere, wenn es dazu dient, bestimmte Waren oder Dienstleistungen gegenüber anderen Waren oder ähnlichen Dienstleistungen zu kennzeichnen. Der von der Beschwerdekammer gewählte Ansatz läuft somit darauf hinaus, Zeichen, die von mehreren Wirtschaftsteilnehmern oder in Verbindung mit Marken benutzt werden, von der Anwendung des Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 auszuschließen, obwohl diese Bestimmung einen solchen Ausschluss nicht vorsieht. Dies ist beispielsweise der Fall bei geografischen Angaben, die nicht in der Union eingetragen sind und auf die Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 Anwendung finden kann. Dies ist auch der Fall bei Zeichen, die, obwohl sie nicht eingetragen sind, durch eine Klage wegen Kennzeichenverletzung geschützt werden können. Die Beschwerdekammer hat im Übrigen selbst festgestellt, dass sich Klagen wegen Kennzeichenverletzung auf Zeichen bezögen, die es ermöglichten, eine Warenkategorie von „anderen ähnlichen Waren“ zu unterscheiden (Rn. 19 der angefochtenen Entscheidung). Es ist außerdem darauf hinzuweisen, dass infolge der in der Rechtsprechung des Vereinigten Königreichs anerkannten sogenannten „erweiterten“ Form der Kennzeichenverletzung mehrere Wirtschaftsteilnehmer über Rechte an einem Kennzeichen verfügen können, das ein Ansehen auf dem Markt erworben hat. |
30 |
In diesem Zusammenhang können bestimmte Zeichen, obwohl sie von mehreren Wirtschaftsteilnehmern oder in Verbindung mit Marken benutzt werden, unterscheidende Elemente sein, sofern sie die Identifizierung der wirtschaftlichen Tätigkeit ihrer Inhaber ermöglichen. Im Übrigen ist insoweit festzustellen, dass die Beschwerdekammer das Oxford English Dictionary zitierend ausgeführt hat, dass Basmatireis „eine hochwertige Sorte von indischem Reis [ist], der sich in gekochter Form durch seine Weiße und seinen Duft auszeichnet“. |
31 |
Es ist hinzuzufügen, dass auch wenn die Waren der Klägerin unter der Marke TILDA vermarktet wurden, wie die Beschwerdekammer in Rn. 25 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, aus der Akte des HABM hervorgeht, dass auch der Ausdruck „Basmati“ sehr deutlich auf den Verpackungen dieser Waren erscheint. Insoweit ist unstreitig, wie die Beschwerdekammer in Rn. 25 der angefochtenen Entscheidung feststellt, dass die Klägerin einem anderen Unternehmen „indischen Basmatireis“ verkauft hat. In diesem Zusammenhang ist es im Übrigen aus den oben angeführten Gründen unerheblich, dass die in das Vereinigte Königreich exportierten Waren der Klägerin dort von diesem anderen Unternehmen vermarktet wurden und nicht von der Klägerin selbst, denn die Benutzung des fraglichen Zeichens hat nicht unbedingt die Funktion der Identifizierung der betrieblichen Herkunft der betreffenden Ware. Außerdem gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Widersprechende im Rahmen von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 darlegen müsste, dass er selbst die Waren in dem betreffenden Gebiet vermarktet hat. |
32 |
Die von der Beschwerdekammer zur Begründung der Zurückweisung des Widerspruchs angeführten Gesichtspunkte lassen nicht die Annahme zu, dass das fragliche Zeichen nicht als ein unterscheidendes Element zur Identifizierung einer von der Klägerin ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeit benutzt wurde. |
33 |
Die übrigen Argumente des HABM stellen dieses Ergebnis nicht in Frage. Insbesondere hinsichtlich der Behauptung des HABM in seinen Schriftsätzen, dass das in das Verfahren eingebrachte Vorbringen es der Beschwerdekammer jedenfalls nicht ermöglicht habe, zu dem Ergebnis zu gelangen, dass das Zeichen BASMATI in dem betreffenden Gebiet ein „offensichtliches Ansehen“ erworben habe oder dass die Klägerin Inhaberin eines „Goodwill“ sei oder dass ihr insoweit ein Schaden entstanden sei, ist unstreitig, dass die Beschwerdekammer diese Fragen nicht geprüft hat. Gemäß Art. 65 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 führt das Gericht jedoch eine Rechtmäßigkeitskontrolle der Entscheidungen des HABM durch (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Juli 2011, Edwin/HABM, C‑263/09 P, Slg, EU:C:2011:452, Rn. 52). Wenn es zu dem Ergebnis kommt, dass eine mit einer vor ihm erhobenen Klage angefochtene Entscheidung rechtswidrig ist, hat es diese aufzuheben. Es kann jedoch nicht die Klage abweisen und die von der zuständigen Instanz des HABM, des Urhebers der angefochtenen Handlung, gegebene Begründung durch seine eigene ersetzen (Urteile vom 25. März 2009, Kaul/HABM – Bayer [ARCOL], T‑402/07, Slg, EU:T:2009:85, Rn. 49, und vom 9. September 2010, Axis/HABM – Etra Investigación y Desarrollo [ETRAX], T‑70/08, Slg, EU:T:2010:375, Rn. 29). Die vom HABM in seinen Schriftsätzen vorgebrachten Argumente können folglich nicht zur Abweisung der Klage führen. |
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Angesichts all dieser Umstände ist dem einzigen Klagegrund der Klägerin stattzugeben und die angefochtene Entscheidung demnach aufzuheben. |
Kosten
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Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. |
36 |
Da das HABM insofern unterlegen ist, als die angefochtene Entscheidung aufgehoben wird, sind ihm gemäß dem Antrag der Klägerin seine eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin aufzuerlegen. |
Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Sechste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: |
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Frimodt Nielsen Dehousse Collins Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 30. September 2015. Unterschriften |
( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.
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Referenzen
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