Urteil vom Europäischer Gerichtshof - C-198/14
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)
12. November 2015 ( * )
„Vorlage zur Vorabentscheidung — Art. 34 AEUV und 110 AEUV — Richtlinie 94/62/EG — Art. 1 Abs. 1 sowie Art. 7 und 15 — Versandgeschäft und Beförderung alkoholischer Getränke aus einem anderen Mitgliedstaat — Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen — Befreiung für den Fall, dass die Verpackungen zu einem Pfand- und Rücknahmesystem gehören — Art. 34 AEUV, 36 AEUV und 37 AEUV — Erlaubniserfordernis für den Einzelhandelsverkauf alkoholischer Getränke — Monopol für den Einzelhandelsverkauf alkoholischer Getränke — Rechtfertigung — Schutz der Gesundheit“
In der Rechtssache C‑198/14
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Helsingin hovioikeus (Berufungsgericht Helsinki, Finnland) mit Entscheidung vom 16. April 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 22. April 2014, in dem Verfahren
Valev Visnapuu
gegen
Kihlakunnansyyttäjä,
Suomen valtio – Tullihallitus
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer T. von Danwitz in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter D. Šváby, A. Rosas, E. Juhász und C. Vajda (Berichterstatter),
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 2015,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
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von Herrn Visnapuu, vertreten durch P. Snell, oikeustieteen kandidaatti, |
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der finnischen Regierung, vertreten durch S. Hartikainen als Bevollmächtigten, |
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der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk und U. Persson als Bevollmächtigte, |
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der norwegischen Regierung, vertreten durch T. Skjeie und K. Nordland Hansen als Bevollmächtigte, |
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der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Wilms, E. Sanfrutos Cano und I. Koskinen als Bevollmächtigte, |
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. Juli 2015
folgendes
Urteil
1 |
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 34 AEUV, 36 AEUV, 37 AEUV und 110 AEUV sowie der Art. 1 Abs. 1, 7 und 15 der Richtlinie 94/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 1994 über Verpackungen und Verpackungsabfälle (ABl. L 365, S. 10). |
2 |
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Visnapuu als Vertreter der European Investment Group Oü (im Folgenden: EIG) und dem Kihlakunnansyyttäjä (Bezirksstaatsanwaltschaft) wegen Versandgeschäften und Lieferungen alkoholischer Getränke an finnische Verbraucher unter Verstoß gegen die finnischen Rechtsvorschriften u. a. über die Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen und über den Einzelhandelsverkauf alkoholischer Getränke. |
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
3 |
Die Richtlinie 94/62 bezweckt nach ihrem Art. 1 Abs. 1, die Vorschriften der Mitgliedstaaten im Bereich der Verpackungs- und der Verpackungsabfallwirtschaft zu harmonisieren, um einerseits Auswirkungen dieser Abfälle in allen Mitgliedstaaten sowie in dritten Ländern auf die Umwelt zu vermeiden bzw. diese Auswirkungen zu verringern und so ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen und andererseits das Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten und zu verhindern, dass es in der Europäischen Union zu Handelshemmnissen und Wettbewerbsverzerrungen und ‑beschränkungen kommt. |
4 |
Nach ihrem Art. 2 Abs. 1 gilt die Richtlinie 94/62 für alle in der Union in Verkehr gebrachten Verpackungen und alle Verpackungsabfälle, unabhängig davon, ob sie in der Industrie, im Handel, in der Verwaltung, im Gewerbe, im Dienstleistungsbereich, in Haushalten oder anderswo anfallen, unabhängig von den Materialien, aus denen sie bestehen. |
5 |
Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie 94/62 definiert den Begriff „Verpackungen“. Nach dem ersten Absatz dieser Bestimmung bezeichnet der Ausdruck „Verpackungen“ insbesondere aus beliebigen Stoffen hergestellte Produkte zur Aufnahme, zum Schutz, zur Handhabung, zur Lieferung und zur Darbietung von Waren, die vom Rohstoff bis zum Verarbeitungserzeugnis reichen können und vom Hersteller an den Benutzer oder Verbraucher weitergegeben werden. |
6 |
Art. 7 („Rücknahme-, Sammel- und Verwertungssysteme“) der Richtlinie 94/62 bestimmt: „(1) Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen zur Einrichtung von Systemen für
um die Zielvorgaben dieser Richtlinie zu erfüllen. An diesen Systemen können sich alle Marktteilnehmer der betreffenden Wirtschaftszweige und die zuständigen Behörden beteiligen. Sie gelten auch für Importprodukte, die dabei keine Benachteiligung erfahren, auch nicht bei den Modalitäten und etwaigen Gebühren für den Zugang zu den Systemen, die so beschaffen sein müssen, dass gemäß dem [AEU-]Vertrag keine Handelshemmnisse oder Wettbewerbsverzerrungen entstehen. (2) Die Maßnahmen nach Absatz 1 sind Teil einer für alle Verpackungen und Verpackungsabfälle geltenden Politik und berücksichtigen im Besonderen Anforderungen des Umwelt- und Verbraucherschutzes in Bezug auf Gesundheit, Sicherheit und Hygiene, des Schutzes von Qualität, Echtheit und technischer Beschaffenheit des Verpackungsinhalts und der verwendeten Materialien sowie des Schutzes gewerblicher und kommerzieller Eigentumsrechte.“ |
7 |
Art. 15 („Marktwirtschaftliche Instrumente“) der Richtlinie 94/62 lautet: „Der Rat setzt auf der Grundlage der einschlägigen Bestimmungen des Vertrags marktwirtschaftliche Instrumente zur Erreichung der Ziele dieser Richtlinie ein. Werden keine derartigen Maßnahmen ergriffen, so können die Mitgliedstaaten in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Umweltpolitik der [Union], unter anderem dem Verursacherprinzip, und unter Einhaltung der sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen ihrerseits Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Ziele erlassen.“ |
Finnisches Recht
Gesetz über die Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen
8 |
Nach § 5 des Gesetzes Nr. 1037/2004 über die Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen (Eräiden juomapakkausten valmisteverosta annettu laki, im Folgenden: Getränkeverpackungsteuergesetz) beträgt diese Steuer 51 Eurocent pro Liter verpackter Ware. |
9 |
Die Pflicht zur Zahlung der Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen ist nach § 4 dieses Gesetzes u. a. im Gesetz Nr. 1469/1994 über die Verbrauchsteuern (Valmisteverotuslaki, im Folgenden: Verbrauchsteuergesetz) geregelt. |
10 |
Steuerfrei sind nach § 6 des Getränkeverpackungsteuergesetzes u. a. Getränkeverpackungen, die zu einem wirksamen Rücknahmesystem gehören. Unter einem „wirksamen Rücknahmesystem“ ist ein Pfandsystem zu verstehen, bei dem der Verpackungsbetrieb oder Importeur der Getränke allein oder in der nach dem Gesetz Nr. 1072/1993 über Abfälle (Jätelaki, im Folgenden: Abfallgesetz) oder den entsprechenden für die Provinz Ahvenanmaa (Finnland) geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Weise so für die Wiederverwendung oder Wiederverwertung der Getränkeverpackungen sorgt, dass die Verpackung wiederverwendet oder als Rohstoff verwertet wird. |
Verbrauchsteuergesetz
11 |
Nach § 2 Abs. 1 des zur Tatzeit geltenden Verbrauchsteuergesetzes regelte dieses Gesetz, sofern nichts anderes bestimmt war, die Erhebung von Verbrauchsteuern u. a. auf Alkohol und alkoholische Getränke. |
12 |
Der Verbrauchsteuer unterliegen nach § 3 Abs. 1 des Verbrauchsteuergesetzes die in § 2 genannten Waren, die in Finnland hergestellt oder aus einem anderen Mitgliedstaat in Empfang genommen werden, sowie Waren, die aus einem Drittland eingeführt werden. |
13 |
Nach § 10 Abs. 1 des Verbrauchsteuergesetzes hat, wenn bei einem Versandgeschäft kein Steuervertreter bestimmt wurde, der Versandhändler die in Finnland in Empfang genommenen Waren zu versteuern. Kauft eine Privatperson auf andere Weise als im Versandhandel aus einem anderen Mitgliedstaat Waren, die eine andere Privatperson oder ein Gewerbetreibender nach Finnland verbringt, unterliegen die Privatperson sowie derjenige, der sich an der Verbringung der Waren beteiligt, und derjenige, der die Waren in Finnland in seinem Besitz hat, der Steuer. Nach § 10 Abs. 5 dieses Gesetzes ist in anderen als den vorstehend in dieser Vorschrift genannten Fällen steuerpflichtig, wer zu geschäftlichen oder anderen Zwecken verbrauchsteuerpflichtige Waren in Empfang nimmt oder in seinem Besitz hat und beim Empfang oder Erwerb der Waren wusste oder bei verständiger Betrachtung hätte wissen müssen, dass die Waren in Finnland nicht ordnungsgemäß versteuert wurden. |
14 |
Unter einem Versandgeschäft ist nach § 7 Abs. 6 des Verbrauchsteuergesetzes ein Geschäft zu verstehen, bei dem ein anderer als der zugelassene Lagerinhaber oder ein registrierter oder nicht registrierter Gewerbetreibender aus einem anderen Mitgliedstaat verbrauchsteuerpflichtige Waren kauft, die der Versandhändler oder ein anderer für diesen versendet oder direkt oder über einen anderen Mitgliedstaat liefert. Versandhändler ist nach § 7 Abs. 6a, wer Waren gemäß Abs. 6 nach Finnland verkauft. |
15 |
In § 9 des Verbrauchsteuergesetzes ist u. a. geregelt, dass ein nicht registrierter Gewerbetreibender und ein Steuerpflichtiger im Sinne des § 10 Abs. 4 sowie ein Versandhändler, der in Finnland keinen Steuervertreter hat, vor der Ausfuhr der Ware aus einem anderen Mitgliedstaat nach Finnland die zu versendenden Waren bei der Zollbehörde im Sinne des § 25 anmelden und eine Sicherheit für die Entrichtung der auf die Waren zu erhebenden Verbrauchsteuern leisten müssen. |
16 |
Nach § 18 Abs. 1 des Verbrauchsteuergesetzes sind Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat verbrauchsteuerpflichtig sind und die eine nach Finnland einreisende Privatperson aus dem anderen Mitgliedstaat mitbringt, steuerfrei, sofern sie für den Eigenverbrauch dieser Person bestimmt sind. |
Abfallgesetz
17 |
Zum maßgeblichen Zeitpunkt waren die Schaffung eines wirksamen Rücknahmesystems für Getränkeverpackungen und der Anschluss an dieses System im Abfallgesetz geregelt. Nach § 18g Abs. 1 dieses Gesetzes kann ein Erzeuger, z. B. ein Verpackungsbetrieb oder ein Importeur, seinen Verpflichtungen nachkommen, indem er sich mit anderen Erzeugern und Wirtschaftsteilnehmern zusammenschließt und eine Vereinigung oder Stiftung mit Rechtsfähigkeit, wie z. B. eine Erzeugergemeinschaft, gründet und einer solchen Vereinigung beitritt oder einen Vertrag mit ihr schließt. |
18 |
§ 18g Abs. 2 des Abfallgesetzes bestimmt, dass die Pflichten innerhalb einer Erzeugergemeinschaft zwischen den Erzeugern und etwaigen anderen Wirtschaftsteilnehmern unter Berücksichtigung der Art und des Umfangs der Tätigkeiten gerecht verteilt werden, so dass es nicht zu Handelshemmnissen und Wettbewerbsverzerrungen kommt. Die Erzeugergemeinschaft akzeptiert als Gesellschafter, Mitglied oder Vertragspartner jeden neuen Erzeuger, für den es wegen geringer Produktionsmengen oder aus jedem anderen Grund wirtschaftlich unzweckmäßig wäre, die Wiederverwertung, Verwertung und jede andere Art der Abfallbewirtschaftung allein sicherzustellen, unter den gleichen Bedingungen wie die Erzeuger, die sich bereits in der Erzeugergemeinschaft befinden. |
Alkoholgesetz
19 |
Das Gesetz Nr. 1143/1994 über den Alkohol (Alkoholilaki, im Folgenden: Alkoholgesetz) bezweckt nach seinem § 1, den Alkoholkonsum zu kontrollieren, um den negativen Auswirkungen alkoholhaltiger Stoffe auf die Gesellschaft, auf das gesellschaftliche Leben und auf die Gesundheit vorzubeugen. |
20 |
Nach § 8 des Alkoholgesetzes dürfen alkoholische Getränke sowohl für den eigenen Verbrauch als auch zu gewerblichen Zwecken ohne besondere Einfuhrerlaubnis eingeführt werden, wobei die Einfuhr für den Eigenverbrauch in § 10 dieses Gesetzes näher geregelt ist. Wer alkoholische Getränke zu gewerblichen Zwecken verwendet, benötigt für seine die einzuführenden alkoholischen Getränke betreffende Tätigkeit eine besondere Erlaubnis nach diesem Gesetz. |
21 |
Zur erlaubnisfreien Einfuhr alkoholischer Getränke für den Eigenverbrauch haben die finnischen Behörden nach den Ausführungen des vorlegenden Gerichts in verschiedenen Richtlinien und Mitteilungen die Auffassung vertreten, dass, wenn eine Privatperson aus dem Ausland alkoholische Getränke bestelle, das Eigentum an den Getränken unstreitig auf den Besteller übergegangen sein müsse, bevor die Getränke eingeführt würden. In diesem Fall wird verlangt, dass der Besteller die Getränke selbst befördert oder für eine vom Verkäufer getrennte Beförderung sorgt. |
22 |
§ 13 Abs. 1 des Alkoholgesetzes bestimmt, dass die staatliche Alkoholgesellschaft Alko Oy (im Folgenden: Alko), von den in § 14 dieses Gesetzes vorgesehenen Ausnahmen abgesehen, das ausschließliche Recht hat, alkoholische Getränke im Einzelhandel zu verkaufen. |
23 |
Nach § 13 Abs. 2 des Alkoholgesetzes darf Alko die in § 13 Abs. 1 genannten alkoholischen Getränke nur in behördlich zugelassenen Einzelhandelsgeschäften verkaufen, die durch ihren Standort geeignet sind und eine effektive Überwachung erlauben. |
24 |
§ 13 Abs. 3 des Alkoholgesetzes sieht vor, dass Alko unbeschadet des § 13 Abs. 2 zum Einzelhandelsverkauf alkoholischer Getränke durch Versand an den Kunden oder Käufer gemäß durch Dekret festgelegte Bestimmungen berechtigt ist. |
25 |
In § 14 des Alkoholgesetzes sind jedoch zwei Ausnahmen vom Alko eingeräumten Monopol zum Einzelhandelsverkauf alkoholischer Getränke geregelt. |
26 |
§ 14 Abs. 1 des Alkoholgesetzes bestimmt, dass alkoholische Getränke, die durch Gärung hergestellt werden und höchstens 4,7 Volumenprozent Ethylalkohol enthalten, im Einzelhandel außer von Alko auch von Personen verkauft werden dürfen, die von der zuständigen Behörde eine Erlaubnis zum Einzelhandelsverkauf (im Folgenden auch: Einzelhandelserlaubnis) erhalten haben. |
27 |
Nach § 14 Abs. 2 des Alkoholgesetzes ist unter den vom Sozial- und Gesundheitsministerium festgesetzten Bedingungen zum Einzelhandelsverkauf alkoholischer Getränke, die durch Gärung hergestellt werden und höchstens 13 Volumenprozent Ethylalkohol enthalten, neben Alko auch zugelassen, wer von der zuständigen Behörde die Erlaubnis zur Herstellung des fraglichen Erzeugnisses erhalten hat. |
28 |
§ 14 Abs. 3 des Alkoholgesetzes sieht vor, dass die Erlaubnis zum Einzelhandelsverkauf alkoholischer Getränke jedem erteilt werden kann, bei dem davon auszugehen ist, dass er die notwendigen Voraussetzungen erfüllt und die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. |
29 |
§ 14 Abs. 4 des Alkoholgesetzes bestimmt, dass der Einzelhandel im Sinne der ersten beiden Absätze dieses Artikels nur in einer behördlich zugelassenen Verkaufsstelle erfolgen darf, die die Anforderungen an den Standort, den Verkaufsraum und die Funktionsweise erfüllt und den Verkauf so organisiert, dass eine effektive Überwachung möglich ist. |
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
30 |
EIG, die ihren Sitz in Estland hat und von Herrn Visnapuu geleitet wird, unterhielt im Internet die Website „www.alkotaxi.eu“, über die finnische Käufer schwache und starke alkoholische Getränke verschiedener Marken kaufen konnten. Nach Bezahlung der Einkäufe organisierte EIG für einen Teil ihrer Kunden die Lieferung von Estland nach Finnland zu ihnen nach Hause. |
31 |
EIG meldete die von ihr eingeführten alkoholischen Getränke nicht bei den finnischen Zollbehörden an, so dass die Festsetzung von Verbrauchsteuern in vollem Umfang unterblieb. EIG benannte keinen Steuervertreter nach § 7 Abs. 7 des Verbrauchsteuergesetzes, der die Verbrauchsteuern auf die in Finnland in Empfang genommenen Waren an die finnischen Zollbehörden hätte entrichten können. EIG gab auch keine Anmeldung für die zu versendenden Waren ab und leistete keine Sicherheit für die Zahlung der Verbrauchsteuern vor Versendung der Waren nach Finnland. Zudem entrichtete EIG keine Getränkeverpackungsteuer auf die Einzelhandelsverpackungen. Schließlich besaß EIG keine Groß- oder Einzelhandelserlaubnis nach § 8 des Alkoholgesetzes für den Verkauf der alkoholischen Getränke nach ihrer Einfuhr. |
32 |
Auf die von der Bezirksstaatsanwaltschaft betriebene Anklage sah es das Helsingin käräjäoikeus (erstinstanzliches Gericht Helsinki) als erwiesen an, dass EIG in der Zeit vom 24. Juni bis 18. August 2009 im Rahmen der Einfuhr von 4507,30 Liter Bier, 1499,40 Liter Cider, 238,70 Liter Wein und 3450,30 Liter Spirituosen nach Finnland bewirkte, dass keine Verbrauchsteuern festgesetzt wurden. Die hinterzogene Steuer auf alkoholische Getränke belief sich somit auf 23144,89 Euro und die hinterzogene Getränkeverpackungsteuer auf 5233,52 Euro. Insgesamt beliefen sich die hinterzogenen Steuern auf 28378,40 Euro. |
33 |
Dieses Gericht stellte außerdem fest, dass Herr Visnapuu die genannten Mengen alkoholischer Getränke von Estland nach Finnland befördert und sie in Finnland verkauft hatte. Daher verurteilte es ihn wegen schwerer Steuerhinterziehung und Verstoßes gegen das Alkoholgesetz zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zudem verurteilte es ihn, an den finnischen Staat Ersatz für die nicht entrichteten Steuern in Höhe von 28378,40 Euro zuzüglich Zinsen zu leisten, und erlegte ihm die Kosten des Verfahrens auf. |
34 |
Im Rahmen der Berufung beim vorlegenden Gericht beantragt Herr Visnapuu Freispruch, Befreiung von der Schadensersatzpflicht und Erstattung seiner Verfahrenskosten zuzüglich Zinsen. Hilfsweise beantragt er, den Gerichtshof der Europäischen Union um eine Vorabentscheidung zu ersuchen. |
35 |
Nach den Ausführungen des vorlegenden Gerichts ist der tatsächliche Geschehensablauf im Berufungsverfahren unstreitig. Finnische Kunden bestellten über das Internet bei EIG alkoholische Getränke, und Herr Visnapuu als Vertreter von EIG lieferte die Getränke an einen Teil der Kunden, indem er sie aus Estland nach Finnland einführte, obwohl er keine Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 des Alkoholgesetzes besaß. EIG, die kein Wiederverwendungs- oder Wiederverwertungssystem für die Getränkeverpackungen eingeführt und sich einem solchen System auch nicht angeschlossen hat, meldete die alkoholischen Getränke bei deren Ankunft nicht bei den Zollbehörden an, so dass die Festsetzung der Verbrauchsteuern in vollem Umfang unterblieb. Unstreitig ist im Berufungsverfahren ferner, dass Herr Visnapuu die vom Helsingin käräjäoikeus (erstinstanzliches Gericht Helsinki) festgestellten Mengen alkoholischer Getränke einführte und nicht die in dessen Urteil genannten Steuern entrichtete. |
36 |
Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, dass die Anwendung der nationalen Rechtsvorschriften im Ausgangsverfahren mehrere Fragen zum Unionsrecht aufwerfe, die danach unterschieden werden könnten, ob sie die Vorschriften über die Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen oder das Erfordernis einer Einzelhandelserlaubnis für die Einfuhr alkoholischer Getränke mit dem Ziel ihres Einzelhandelsverkaufs in Finnland beträfen. |
37 |
Unter diesen Umständen hat das Helsingin hovioikeus (Berufungsgericht Helsinki) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
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Zu den Vorlagefragen
38 |
Die Fragen 1 bis 4 zur Regelung über die Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen sind getrennt von den Fragen 5 bis 8 zum Erfordernis einer Einzelhandelserlaubnis für die Einfuhr alkoholischer Getränke mit dem Ziel ihres Einzelhandelsverkaufs in Finnland zu prüfen. |
Zur den Fragen 1 bis 4
39 |
Mit seinen Fragen 1 bis 4 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 34 AEUV und 110 AEUV sowie die Art. 1 Abs. 1, 7 und 15 der Richtlinie 94/62 dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegenstehen, die eine Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen, aber eine Befreiung für den Fall vorsieht, dass diese Verpackungen zu einem wirksamen Rücknahmesystem gehören. |
Zur Anwendbarkeit der Bestimmungen des Vertrags
40 |
Da sich die Vorlagefragen 1 bis 4 sowohl auf Bestimmungen der Richtlinie 94/62 als auch auf Bestimmungen des Vertrags beziehen, ist auf die ständige Rechtsprechung hinzuweisen, nach der jede nationale Regelung in einem Bereich, der auf Unionsebene abschließend harmonisiert wurde, anhand der fraglichen Harmonisierungsmaßnahme und nicht anhand des Primärrechts zu beurteilen ist (Urteil UNIC und Uni.co.pel, C‑95/14, EU:C:2015:492, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
41 |
Daher ist als Erstes zu prüfen, ob die mit den Art. 1 Abs. 1, 7 und 15 der Richtlinie 94/62 vorgenommene Harmonisierung einen solchen abschließenden Charakter hat. |
42 |
Zu diesem Zweck hat der Gerichtshof diese Vorschriften auszulegen und dabei nicht nur ihren Wortlaut, sondern auch ihren Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehören, verfolgt werden (Urteil UNIC und Uni.co.pel, C‑95/14, EU:C:2015:492, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
43 |
Die Richtlinie 94/62 bezweckt nach ihrem Art. 1 Abs. 1, die Vorschriften der Mitgliedstaaten im Bereich der Verpackungs- und der Verpackungsabfallwirtschaft zu harmonisieren, um einerseits Auswirkungen dieser Abfälle in allen Mitgliedstaaten sowie in dritten Ländern auf die Umwelt zu vermeiden bzw. diese Auswirkungen zu verringern und so ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen und andererseits das Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten und zu verhindern, dass es in der Union zu Handelshemmnissen und Wettbewerbsverzerrungen und ‑beschränkungen kommt. |
44 |
Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass Art. 5 der Richtlinie 94/62 die nationalen Systeme, mit denen die Wiederverwendung von Verpackungen gefördert werden soll, nicht abschließend harmonisiert (vgl. in diesem Sinne Urteile Radlberger Getränkegesellschaft und S. Spitz, C‑309/02, EU:C:2004:799, Rn. 56, sowie Kommission/Deutschland, C‑463/01, EU:C:2004:797, Rn. 44). Der Gerichtshof hat insbesondere festgestellt, dass Art. 5 dieser Richtlinie den Mitgliedstaaten die Förderung von Systemen zur Wiederverwendung von Verpackungen nur „nach Maßgabe des Vertrags“ erlaubt (vgl. Urteile Radlberger Getränkegesellschaft und S. Spitz, C‑309/02, EU:C:2004:799, Rn. 58, sowie Kommission/Deutschland, C‑463/01, EU:C:2004:797, Rn. 46). |
45 |
Desgleichen bestimmt Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 94/62, dass die Rücknahme- und/oder Sammelsysteme sowie die Wiederverwendungs- oder Verwertungssysteme auch für Importprodukte gelten, die dabei keine Benachteiligung erfahren dürfen, auch nicht bei den Modalitäten und etwaigen Gebühren für den Zugang zu den Systemen, die so beschaffen sein müssen, dass „gemäß dem Vertrag“ keine Handelshemmnisse oder Wettbewerbsverzerrungen entstehen. |
46 |
Wie Art. 5 nimmt daher auch Art. 7 der Richtlinie 94/62 keine abschließende Harmonisierung vor, sondern verweist auf die einschlägigen Bestimmungen des Vertrags. |
47 |
Art. 15 der Richtlinie 94/62 nimmt ebenfalls keine Harmonisierung vor, sondern ermächtigt den Rat, marktwirtschaftliche Instrumente zur Erreichung der Ziele dieser Richtlinie einzusetzen, oder, wenn dies nicht geschieht, die Mitgliedstaaten, die „unter Einhaltung der sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen“ tätig werden. Somit verlangt auch diese Bestimmung die Anwendung der einschlägigen Bestimmungen des Vertrags. |
48 |
Wie der Generalanwalt in Nr. 75 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, folgt aus alledem, dass die Harmonisierung durch die Art. 1 Abs. 1, 7 und 15 der Richtlinie 94/62 nicht abschließend ist. Die nationalen Maßnahmen, mit denen diese Artikel umgesetzt werden, sind daher nicht nur nach den Bestimmungen dieser Richtlinie, sondern auch nach den einschlägigen Bestimmungen des Primärrechts zu beurteilen. |
Zur Anwendbarkeit von Art. 34 AEUV oder Art. 110 AEUV
49 |
Da die nationalen Maßnahmen, mit denen die Art. 1 Abs. 1, 7 und 15 der Richtlinie 94/62 umgesetzt werden, nach den einschlägigen Bestimmungen des Primärrechts zu beurteilen sind, ist zu klären, ob eine Regelung, die wie die im Ausgangsverfahren streitige eine Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen vorsieht, nach Art. 34 AEUV und/oder Art. 110 AEUV zu beurteilen ist. Herr Visnapuu, die finnische Regierung und die Europäische Kommission sind der Auffassung, dass diese Regelung nach Art. 110 AEUV zu beurteilen ist. |
50 |
Der Gerichtshof hat wiederholt entschieden, dass die Anwendungsbereiche der Art. 34 AEUV und 110 AEUV einander ausschließen. Der Anwendungsbereich des Art. 34 AEUV erfasst nämlich nach ständiger Rechtsprechung solche Beeinträchtigungen nicht, für die sonstige spezifische Vorschriften des Vertrags gelten, und die in Art. 110 AEUV bezeichneten Beeinträchtigungen fiskalischer Art unterliegen nicht dem Verbot des Art. 34 AEUV (vgl. u. a. Urteil Tatu, C‑402/09, EU:C:2011:219, Rn. 33). |
51 |
Eine finanzielle Belastung stellt eine inländische Abgabe im Sinne von Art. 110 AEUV dar, wenn sie zu einem allgemeinen inländischen Abgabensystem gehört, das Warengruppen systematisch nach objektiven Kriterien unabhängig vom Ursprung oder der Bestimmung der Waren erfasst (vgl. u. a. Urteile Koornstra, C‑517/04, EU:C:2006:375, Rn. 16, sowie Stadtgemeinde Frohnleiten und Gemeindebetriebe Frohnleiten, C‑221/06, EU:C:2007:657, Rn. 31). |
52 |
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Rn. 8 bis 10 des vorliegenden Urteils, dass die im Ausgangsverfahren streitige Regelung eine Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen in Höhe von 51 Eurocent pro Liter verpackter Ware vorsieht, die zu einem wirksamen Rücknahmesystem gehörenden Getränkeverpackungen von dieser Verbrauchsteuer jedoch befreit sind. |
53 |
In Anbetracht dieser Merkmale ist zum einen festzustellen, dass die im Ausgangsverfahren streitige Verbrauchsteuer eine finanzielle Belastung ist, die zu einem allgemeinen inländischen Abgabensystem gehört und eine Warengruppe, nämlich Getränkeverpackungen, systematisch erfasst. Der Gerichtshof hat insoweit bereits entschieden, dass zur Beseitigung bestimmte Abfälle als Waren im Sinne von Art. 110 AEUV anzusehen sind (Urteil Stadtgemeinde Frohnleiten und Gemeindebetriebe Frohnleiten, C‑221/06, EU:C:2007:657, Rn. 36 bis 38). Bei einer Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen ist daher anzunehmen, dass sie auf Waren im Sinne dieser Bestimmung erhoben wird. |
54 |
Zum anderen ist der Vorlageentscheidung zu entnehmen, dass die Verbrauchsteuer die Getränkeverpackungen nach objektiven Kriterien unabhängig von ihrem Ursprung oder ihrer Bestimmung erfasst. Sie wird nämlich sowohl auf Getränkeverpackungen inländischen Ursprungs als auch auf eingeführte Getränkeverpackungen erhoben, wenn die Verpackungen nicht zu einem wirksamen Rücknahmesystem gehören. |
55 |
Somit stellt eine Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen wie die im Ausgangsverfahren streitige eine inländische Abgabe im Sinne von Art. 110 AEUV dar. In Anwendung der in Rn. 50 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ist eine solche Verbrauchsteuer nach Art. 110 AEUV und nicht nach Art. 34 AEUV zu beurteilen. |
Zur Auslegung von Art. 110 AEUV
56 |
Nach Ansicht der finnischen Regierung und der Kommission ist die im Ausgangsverfahren streitige Regelung, die eine Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen vorsieht, mit Art. 110 AEUV vereinbar. Im Gegensatz dazu macht Herr Visnapuu geltend, dass diese Regelung diskriminierend sei und gegen Art. 110 AEUV verstoße, da sich ein Verkäufer, der von einem anderen Mitgliedstaat aus tätig werde, in der Praxis keinem wirksamen Rücknahmesystem anschließen könne. |
57 |
Nach Art. 110 Abs. 1 AEUV erheben die Mitgliedstaaten auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten weder unmittelbar noch mittelbar höhere inländische Abgaben gleich welcher Art, als gleichartige inländische Waren unmittelbar oder mittelbar zu tragen haben. Nach Art. 110 Abs. 2 AEUV erheben die Mitgliedstaaten auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten keine inländischen Abgaben, die geeignet sind, andere Produktionen mittelbar zu schützen. |
58 |
Im Ausgangsverfahren ergibt sich aus den beim Gerichtshof eingereichten Akten nicht, dass das im Ausgangsverfahren streitige Getränkeverpackungsteuergesetz im Sinne von Art. 110 Abs. 2 AEUV geeignet wäre, andere nationale Produktionen als die Verpackung von Getränken mittelbar zu schützen. Daher ist die Beurteilung durch den Gerichtshof auf Art. 110 Abs. 1 AEUV zu beschränken und zu prüfen, ob die Verbrauchsteuer auf eingeführte Getränkeverpackungen höher ist als die Verbrauchsteuer, die auf Getränkeverpackungen nationalen Ursprungs erhoben wird. |
59 |
Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verletzung von Art. 110 Abs. 1 AEUV vor, wenn die Steuer auf die eingeführte Ware und die Steuer auf die gleichartige inländische Ware in unterschiedlicher Weise und nach unterschiedlichen Modalitäten berechnet werden, so dass die eingeführte Ware – und sei es auch nur in bestimmten Fällen – höher belastet wird. Eine Akzise darf somit nach dieser Bestimmung Waren aus anderen Mitgliedstaaten nicht stärker belasten als gleichartige inländische Waren (Urteil Brzeziński, C‑313/05, EU:C:2007:33, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
60 |
Im Ausgangsverfahren tragen die finnische Regierung und die Kommission zu Recht vor, dass die Modalitäten der Erhebung der Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen wie der Betrag, die Bemessungsgrundlage und die Befreiungsvoraussetzungen für Getränkeverpackungen aus anderen Mitgliedstaaten und für ähnliche nationale Waren gleich seien. Wie der Generalanwalt in den Nrn. 79 und 80 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist daher im vorliegenden Fall keine unmittelbare Diskriminierung von Getränkeverpackungen aus anderen Mitgliedstaaten im Sinne von Art. 110 Abs. 1 AEUV festzustellen. |
61 |
Herr Visnapuu macht hingegen geltend, dass die Voraussetzungen für die Befreiung aufgrund der Zugehörigkeit der Getränkeverpackungen zu einem wirksamen Rücknahmesystem mittelbar diskriminierend seien, da ein Versandhändler, der aus einem anderen Mitgliedstaat Onlinehandel betreibe, diese Befreiung nie erhalten könne. |
62 |
Zur Stützung dieses Vorbringens trägt Herr Visnapuu vor, dass der Anschluss an ein wirksames Rücknahmesystem für einen Versandhändler, der aus einem anderen Mitgliedstaat Onlinehandel betreibe, u. a wegen der Verpflichtung zum Abdruck bestimmter Hinweise auf den Getränkeverpackungen und der Verpflichtung zur Hinterlegung einer Sicherheit und Zahlung eines Anschlussbeitrags übermäßig teuer sei. Die Schaffung eines eigenen wirksamen Rücknahmesystems sei für ein kleines Online-Unternehmen aufgrund der Fixkosten für die Unterhaltung eines solchen Systems ebenfalls keine wirtschaftlich vertretbare Option. |
63 |
Insoweit ist festzustellen, dass die von Herrn Visnapuu vorgetragenen Schwierigkeiten, selbst wenn sie erwiesen wären, keine Ungleichbehandlung von Getränkeverpackungen aus anderen Mitgliedstaaten und ähnlichen nationalen Waren im Sinne von Art. 110 AEUV belegen würden. Aus solchen Schwierigkeiten eines kleinen Versandhändlers, sich einem wirksamen Rücknahmesystem anzuschließen oder ein solches System zu schaffen, lässt sich nämlich nicht ableiten, dass Getränkeverpackungen aus anderen Mitgliedstaaten weniger für eine Befreiung aufgrund der Zugehörigkeit zu einem solchen System in Frage kommen und daher höher besteuert werden als ähnliche nationale Waren. |
64 |
Wie die finnische Regierung in der mündlichen Verhandlung vorgetragen und der Generalanwalt in den Nrn. 89 bis 91 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, begegnen in Finnland ansässige und in einem anderen Mitgliedstaat ansässige kleinere Wirtschaftsteilnehmer außerdem den gleichen Schwierigkeiten. |
65 |
Aus dem Vorstehenden folgt, dass Art. 110 AEUV einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die wie die im Ausgangsverfahren streitige eine Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen vorsieht. |
Zur Auslegung der Art. 1 Abs. 1, 7 und 15 der Richtlinie 94/62
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Das vorlegende Gericht möchte außerdem wissen, ob die Art. 1 Abs. 1, 7 und 15 der Richtlinie 94/62 einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen, die eine Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen vorsieht, entgegenstehen. Nach Ansicht der finnischen Regierung und der Kommission entspricht diese Regelung den Bestimmungen der Richtlinie 94/62. |
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Zunächst ist festzustellen, dass Getränkeverpackungen „Verpackungen“ im Sinne von Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie 94/62 sind und damit nach Art. 2 Abs. 1 in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen. |
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Jedoch steht keine der Bestimmungen der Art. 1 Abs. 1, 7 und 15 der Richtlinie 94/62 einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen, die eine Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen vorsieht, entgegen. |
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Insbesondere bestimmt Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 94/62, dass die Systeme für die Rücknahme, Sammlung, Wiederverwendung oder Verwertung von gebrauchten Verpackungen und/oder Verpackungsabfällen auch für Importprodukte gelten müssen, die dabei keine Benachteiligung erfahren, und dass diese Systeme so beschaffen sein müssen, dass gemäß dem Vertrag keine Handelshemmnisse oder Wettbewerbsverzerrungen entstehen. |
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Allerdings betrifft diese Verpflichtung die Funktionsweise solcher Systeme und nicht die einer Regelung über die Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen wie die im Ausgangsverfahren streitige, für die zudem in Rn. 63 des vorliegenden Urteils festgestellt wurde, dass sie die Getränkeverpackungen aus anderen Mitgliedstaaten nicht diskriminiert. |
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Die finnische Regierung macht in diesem Zusammenhang ferner geltend, dass nach § 18g Abs. 2 des Abfallgesetzes die Pflichten innerhalb einer Erzeugergemeinschaft zwischen den Erzeugern und etwaigen anderen Wirtschaftsteilnehmern unter Berücksichtigung der Art und des Umfangs der Tätigkeiten gerecht verteilt werden, so dass es nicht zu Handelshemmnissen und Wettbewerbsverzerrungen kommt. Nach dieser Bestimmung ist eine Erzeugergemeinschaft auch dazu verpflichtet, als Gesellschafter, Mitglied oder Vertragspartner jeden neuen Erzeuger, für den es wegen geringer Produktionsmengen oder aus jedem anderen Grund wirtschaftlich unzweckmäßig wäre, die Wiederverwertung, Verwertung und jede andere Art der Abfallbewirtschaftung allein sicherzustellen, unter den gleichen Bedingungen wie die Erzeuger zu akzeptieren, die sich bereits in der Gemeinschaft befinden. |
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Art. 15 der Richtlinie 94/62 ermächtigt den Rat, „marktwirtschaftliche Instrumente zur Erreichung der Ziele dieser Richtlinie“ einzusetzen. Werden vom Rat keine derartigen Maßnahmen ergriffen, ermächtigt diese Bestimmung die Mitgliedstaaten, „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Umweltpolitik der [Union], unter anderem dem Verursacherprinzip, und unter Einhaltung der sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen ihrerseits Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Ziele“ zu erlassen. |
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Eine Regelung, die wie die im Ausgangsverfahren streitige eine Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen vorsieht, kann als von einem Mitgliedstaat erlassene Maßnahme angesehen werden, die der Verwirklichung der Ziele der Richtlinie 94/62 im Sinne von Art. 15 dieser Richtlinie dienen soll. Wie die finnische Regierung ausgeführt hat, hält diese Regelung die Wirtschaftsteilnehmer nämlich dazu an, sich einem Rücknahmesystem für Getränkeverpackungen anzuschließen oder ihr eigenes Rücknahmesystem zu schaffen, um der Entrichtung dieser Verbrauchsteuer zu entgehen. |
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Nach Art. 15 der Richtlinie 94/62 ist eine solche Maßnahme in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Umweltpolitik der Union, u. a. dem „Verursacherprinzip“, und unter Einhaltung der sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen zu erlassen. Die finnische Regierung hat in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf hingewiesen, dass die im Ausgangsverfahren streitige Regelung das Verursacherprinzip umsetze, da die Verbrauchsteuer von den Wirtschaftsteilnehmern zu entrichten sei, die sich keinem Rücknahmesystem für Getränkeverpackungen anschlössen. Zudem wurde bereits festgestellt, dass eine solche Regelung mit den Pflichten aus Art. 110 AEUV vereinbar ist. |
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Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Art. 1 Abs. 1, 7 und 15 der Richtlinie 94/62 einer Regelung nicht entgegenstehen, die wie die im Ausgangsverfahren streitige eine Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen vorsieht. |
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Nach alledem ist auf die Fragen 1 bis 4 zu antworten, dass Art. 110 AEUV sowie die Art. 1 Abs. 1, 7 und 15 der Richtlinie 94/62 dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegenstehen, die eine Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen, aber eine Befreiung für den Fall vorsieht, dass diese Verpackungen zu einem wirksamen Rücknahmesystem gehören. |
Zu den Fragen 5 bis 8
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Mit seinen Fragen 5 bis 8 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 34 AEUV, 36 AEUV und 37 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegenstehen, nach der ein Verkäufer, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, für die Einfuhr alkoholischer Getränke mit dem Ziel ihres Einzelhandelsverkaufs an im ersten Mitgliedstaat ansässige Verbraucher eine Einzelhandelserlaubnis besitzen muss, wenn er die Getränke selbst befördert oder damit einen Dritten beauftragt. |
Zur Anwendbarkeit von Art. 34 AEUV oder 37 AEUV
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Zunächst ist zu klären, ob das im Ausgangsverfahren streitige Erlaubniserfordernis nach Art. 34 AEUV oder nach Art. 37 AEUV zu beurteilen ist. |
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Dafür ist der rechtliche und tatsächliche Kontext des Ausgangsverfahrens zusammenzufassen. |
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§ 13 des Alkoholgesetzes schafft ein Handelsmonopol, dem ein ausschließliches Recht zum Einzelhandelsverkauf alkoholischer Getränke in Finnland verliehen wurde. Dieses Monopol wurde Alko eingeräumt. |
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§ 14 des Alkoholgesetzes sieht jedoch zwei Ausnahmen vom Alko eingeräumten Monopol vor. Nach § 14 Abs. 1 dieses Gesetzes dürfen alkoholische Getränke, die durch Gärung hergestellt werden und höchstens 4,7 Volumenprozent Ethylalkohol enthalten, im Einzelhandel außer von Alko auch von Personen verkauft werden, die von der zuständigen Behörde eine Einzelhandelserlaubnis erhalten haben. Nach § 14 Abs. 2 des Alkoholgesetzes ist unter den vom Sozial- und Gesundheitsministerium festgesetzten Bedingungen zum Einzelhandelsverkauf alkoholischer Getränke, die durch Gärung hergestellt werden und höchstens 13 Volumenprozent Ethylalkohol enthalten, neben Alko auch zugelassen, wer von der zuständigen Behörde die Erlaubnis zur Herstellung des fraglichen Erzeugnisses erhalten hat. |
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Nach § 8 des Alkoholgesetzes benötigt jeder, der alkoholische Getränke zu gewerblichen Zwecken verwendet, für seine die einzuführenden alkoholischen Getränke betreffende Tätigkeit eine besondere Erlaubnis nach diesem Gesetz. Nach den Ausführungen der finnischen Regierung kann diese besondere Erlaubnis u. a. in einer Einzelhandelserlaubnis nach § 14 Abs. 1 des Alkoholgesetzes bestehen. |
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Im Ausgangsverfahren ist unstrittig, dass weder EIG noch Herr Visnapuu über die Einzelhandelserlaubnis verfügten, die nach den §§ 8 und 14 des Alkoholgesetzes für die Einfuhr alkoholischer Getränke mit dem Ziel ihres Einzelhandelsverkaufs an in Finnland ansässige Verbraucher erforderlich ist. |
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Vor diesem Hintergrund ist zu klären, ob das im Ausgangsverfahren streitige Erfordernis einer Einzelhandelserlaubnis für die Einfuhr alkoholischer Getränke mit dem Ziel ihres Einzelhandelsverkaufs an in Finnland ansässige Verbraucher nach Art. 34 AEUV oder nach Art. 37 AEUV zu beurteilen ist. |
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Die finnische und die norwegische Regierung sind der Ansicht, dass die Monopolregelung in § 13 des Alkoholgesetzes nach Art. 37 AEUV zu beurteilen sei, während die Erlaubnisregelungen in § 14 dieses Gesetzes nach Art. 34 AEUV zu beurteilen seien. Die schwedische Regierung und die Kommission vertreten die Auffassung, dass das im Ausgangsverfahren streitige Erfordernis einer Einzelhandelserlaubnis nach Art. 37 AEUV zu beurteilen sei, während Herr Visnapuu Art. 34 AEUV für einschlägig hält. |
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Nach ständiger Rechtsprechung sind die Bestimmungen über das Bestehen und die Funktionsweise eines Monopols an Art. 37 AEUV zu messen, der speziell den Fall betrifft, dass ein staatliches Handelsmonopol seine Ausschließlichkeitsrechte ausübt (Urteile Rosengren u. a., C‑170/04, EU:C:2007:313, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie ANETT, C‑456/10, EU:C:2012:241, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
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Dagegen ist die Auswirkung der anderen Bestimmungen der nationalen Regelung, die sich von der Funktionsweise des Monopols trennen lassen, auch wenn sie sich auf dieses auswirken, auf den Handel innerhalb der Union an Art. 34 AEUV zu messen (Urteile Rosengren u. a., C‑170/04, EU:C:2007:313, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie ANETT, C‑456/10, EU:C:2012:241, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
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In Anwendung dieser Rechtsprechung ist zu prüfen, ob das den Gegenstand der Vorlagefragen 5 bis 8 bildende Erfordernis einer Einzelhandelserlaubnis für die Einfuhr alkoholischer Getränke mit dem Ziel ihres Einzelhandelsverkaufs an in Finnland ansässige Verbraucher eine Bestimmung über das Bestehen und die Funktionsweise des Monopols oder eine Bestimmung darstellt, die sich von der Funktionsweise des Monopols trennen lässt. |
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Die besondere Funktion, die § 13 des Alkoholgesetzes dem Monopol zugewiesen hat, besteht darin, dass ihm das ausschließliche Recht zum Einzelhandelsverkauf alkoholischer Getränke in Finnland vorbehalten wird. Ausgenommen von den Ausschließlichkeitsrechten von Alko ist allerdings der Einzelhandelsverkauf der beiden Kategorien alkoholischer Getränke, die von den Ausnahmen in § 14 des Alkoholgesetzes erfasst werden, nämlich der Verkauf durch dazu ordnungsgemäß ermächtigte Personen. |
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Folglich ist die Monopolregelung in § 13 des Alkoholgesetzes an Art. 37 AEUV zu messen, da er das Bestehen und die Funktionsweise eines staatlichen Handelsmonopols regelt. |
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Die beiden Erlaubnistatbestände in § 14 des Alkoholgesetzes regeln hingegen nicht die Funktionsweise des Alko eingeräumten Monopols oder die Ausübung der Ausschließlichkeitsrechte im Sinne der angeführten Rechtsprechung, denn sie sehen für andere Personen als Alko, wenn sie ordnungsgemäß ermächtigt sind, das Recht vor, bestimmte Kategorien alkoholischer Getränke im Einzelhandel zu verkaufen. Somit lassen sich diese beiden Erlaubnistatbestände von der Funktionsweise des Alko eingeräumten Monopols trennen und sind an Art. 34 AEUV zu messen, wie dies die finnische und die norwegische Regierung zutreffend geltend gemacht haben. |
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In den Fragen 5 bis 8 des vorlegenden Gerichts geht es ausdrücklich um das Erfordernis einer Einzelhandelserlaubnis, das Herrn Visnapuu im Ausgangsverfahren trifft. Ein solches Erlaubniserfordernis fällt zwangsläufig unter § 14 des Alkoholgesetzes und ist damit an Art. 34 AEUV und nicht an Art. 37 AEUV zu messen. |
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Den in Rn. 32 des vorliegenden Urteils zusammengefassten Tatsachenfeststellungen der Vorlageentscheidung ist jedoch zu entnehmen, dass einige von Herrn Visnapuu eingeführte alkoholische Getränke, insbesondere Spirituosen, nicht von den beiden Erlaubnistatbeständen des § 14 des Alkoholgesetzes erfasst wurden und daher allein unter das Alko nach § 13 dieses Gesetzes eingeräumte Monopol fielen. |
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Insoweit ist deshalb darauf hinzuweisen, dass Art. 37 AEUV nicht die völlige Abschaffung der staatlichen Handelsmonopole verlangt, sondern vorschreibt, sie in der Weise umzuformen, dass jede Diskriminierung in den Versorgungs- und Absatzbedingungen zwischen den Angehörigen der Mitgliedstaaten ausgeschlossen ist (Urteile Franzén, C‑189/95, EU:C:1997:504, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Hanner, C‑438/02, EU:C:2005:332, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
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Art. 37 AEUV verlangt somit, dass die Organisation und die Funktionsweise des Monopols so umgeformt wird, dass jede Diskriminierung in den Versorgungs- und Absatzbedingungen zwischen den Angehörigen der Mitgliedstaaten ausgeschlossen ist, so dass der Handel mit Waren aus anderen Mitgliedstaaten gegenüber dem mit einheimischen Waren weder rechtlich noch tatsächlich benachteiligt und der Wettbewerb zwischen den Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten nicht verfälscht wird (Urteil Franzén, C‑189/95, EU:C:1997:504, Rn. 40). |
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Da die dem Gerichtshof vorgelegten Akten hierzu keine hinreichenden Angaben enthalten, ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob das Alko durch § 13 des Alkoholgesetzes eingeräumte Monopol für den Einzelhandelsverkauf alkoholischer Getränke die oben angeführten Voraussetzungen erfüllt. |
Zum Vorliegen einer Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Art. 34 AEUV
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Nach dem Vorstehenden ist zu prüfen, ob eine Regelung eines Mitgliedstaats wie die im Ausgangsverfahren streitige, nach der ein Verkäufer, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, für die Einfuhr alkoholischer Getränke mit dem Ziel ihres Einzelhandelsverkaufs an im ersten Mitgliedstaat ansässige Verbraucher eine Einzelhandelserlaubnis besitzen muss, wenn er die Getränke selbst befördert oder damit einen Dritten beauftragt, eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Art. 34 AEUV darstellt. |
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Das in Art. 34 AEUV aufgestellte Verbot von Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen erfasst nach ständiger Rechtsprechung jede Regelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innerstaatlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern (vgl. u. a. Urteile Dassonville, 8/74, EU:C:1974:82, Rn. 5, sowie Rosengren u. a., C‑170/04, EU:C:2007:313, Rn. 32). |
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In Anbetracht dieser Rechtsprechung ist festzustellen, dass das Erfordernis einer Einzelhandelserlaubnis für die Einfuhr alkoholischer Getränke wie das im Ausgangsverfahren streitige die in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Wirtschaftsteilnehmer daran hindert, alkoholische Getränke mit dem Ziel ihres Einzelhandelsverkaufs frei nach Finnland einzuführen. |
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Insbesondere werden in den einschlägigen Bestimmungen der nationalen Regelung für die Erteilung der im Ausgangsverfahren streitigen Einzelhandelserlaubnis mehrere Voraussetzungen aufgestellt. Zum einen bestimmt § 14 Abs. 3 des Alkoholgesetzes, dass die Erlaubnis zum Einzelhandelsverkauf alkoholischer Getränke jedem erteilt werden kann, bei dem davon auszugehen ist, dass er die notwendigen Voraussetzungen erfüllt und die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. |
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Zum anderen sieht § 14 Abs. 4 des Alkoholgesetzes vor, dass der Einzelhandel im Sinne der ersten beiden Absätze dieses Artikels nur in einer behördlich zugelassenen Verkaufsstelle erfolgen darf, die die Anforderungen an den Standort, den Verkaufsraum und die Funktionsweise erfüllt und den Verkauf so organisiert, dass eine effektive Überwachung möglich ist. |
102 |
Unter diesen Umständen ist das im Ausgangsverfahren streitige Erfordernis einer Einzelhandelserlaubnis für die Einfuhr alkoholischer Getränke mit dem Ziel ihres Einzelhandelsverkaufs an finnische Verbraucher geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne der angeführten Rechtsprechung zu beeinträchtigen, da es in anderen Mitgliedstaaten ansässige Wirtschaftsteilnehmer daran hindert, alkoholische Getränke mit dem Ziel ihres Einzelhandelsverkaufs frei nach Finnland einzuführen. |
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Der Gerichtshof hat zwar entschieden, dass nationale Bestimmungen, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten und die zum einen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und zum anderen den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in gleicher Weise berühren, nicht geeignet sind, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne der Dassonville-Rechtsprechung (8/74, EU:C:1974:82) zu behindern (vgl. u. a. Urteile Keck und Mithouard, C‑267/91 und C‑268/91, EU:C:1993:905, Rn. 16, sowie Ahokainen und Leppik, C‑434/04, EU:C:2006:609, Rn. 19). |
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Doch erfüllt das im Ausgangsverfahren streitige Erfordernis einer Einzelhandelserlaubnis nicht die erste vom Gerichtshof im Urteil Keck und Mithouard (C‑267/91 und C‑268/91, EU:C:1993:905, Rn. 16) aufgestellte Voraussetzung, nach der die fraglichen nationalen Bestimmungen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten müssen, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben. |
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Zum einen ist festzustellen, dass das Erfordernis einer Einzelhandelserlaubnis nach § 14 Abs. 1 des Alkoholgesetzes nicht für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gilt, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben. Alko besitzt auf der Grundlage einer gesetzlichen Bestimmung (§ 13 des Alkoholgesetzes) nämlich das Recht, alle Arten alkoholischer Getränke einschließlich der in § 14 des Alkoholgesetzes genannten im Einzelhandel zu verkaufen. Somit muss Alko nicht bei den zuständigen Behörden zu ähnlichen Bedingungen, wie sie in § 14 Abs. 3 des Alkoholgesetzes festgelegt sind, um eine Einzelhandelserlaubnis ersuchen. |
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Zum anderen können die Einzelhandelserlaubnis nach § 14 Abs. 2 des Alkoholgesetzes nur in Finnland ansässige Hersteller alkoholischer Getränke und nicht in anderen Mitgliedstaaten ansässige Hersteller erhalten. |
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Das im Ausgangsverfahren streitige Erfordernis einer Einzelhandelserlaubnis für die Einfuhr alkoholischer Getränke mit dem Ziel ihres Einzelhandelsverkaufs an finnische Verbraucher erfüllt daher nicht die erste im Urteil Keck und Mithouard (C‑267/91 und C‑268/91, EU:C:1993:905, Rn. 16) aufgestellte Voraussetzung, so dass sich die Prüfung erübrigt, ob das Erfordernis den Absatz inländischer Erzeugnisse und von Erzeugnissen aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in gleicher Weise berührt. |
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Nach alledem stellt eine Regelung eines Mitgliedstaats wie die im Ausgangsverfahren streitige, nach der ein Verkäufer, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, für die Einfuhr alkoholischer Getränke mit dem Ziel ihres Einzelhandelsverkaufs an im erstgenannten Mitgliedstaat ansässige Verbraucher eine Einzelhandelserlaubnis besitzen muss, wenn er die Getränke selbst befördert oder damit einen Dritten beauftragt, eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Art. 34 AEUV dar. |
Zum Vorliegen einer Rechtfertigung im Sinne von Art. 36 AEUV
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Nach Art. 36 AEUV stehen die Bestimmungen der Art. 34 AEUV und 35 AEUV Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder ‑beschränkungen nicht entgegen, die aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind. Diese Verbote oder Beschränkungen dürfen jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen. |
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Nach ständiger Rechtsprechung kann eine Beschränkung des freien Warenverkehrs durch die in Art. 36 AEUV aufgezählten Gründe des Allgemeininteresses oder durch zwingende Erfordernisse gerechtfertigt sein. In beiden Fällen muss die nationale Maßnahme geeignet sein, die Erreichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was dazu erforderlich ist (vgl. u. a. Urteil Ker-Optika, C‑108/09, EU:C:2010:725, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
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Anders als Herr Visnapuu sind die finnische, die schwedische und die norwegische Regierung der Auffassung, das Erfordernis, dass ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiger Verkäufer für die Einfuhr alkoholischer Getränke mit dem Ziel ihres Einzelhandelsverkaufs an im Inland ansässige Verbraucher eine Einzelhandelserlaubnis benötigt, wenn er die Getränke selbst befördert oder damit einen Dritten beauftragt, sei durch das in Art. 36 AEUV genannte Ziel des Schutzes der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt. Die finnische Regierung macht u. a. geltend, dass es, wie sich aus § 1 des Alkoholgesetzes ergebe, Ziel dieses Gesetzes sei, den Alkoholkonsum durch die Schaffung einer Monopol- und Erlaubnisregelung im Stadium des Einzelhandels in einer Weise zu beeinflussen, dass den schädlichen Auswirkungen alkoholhaltiger Stoffe auf die menschliche Gesundheit und die Gesellschaft vorgebeugt werde. |
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Im Einzelnen kann nach § 14 Abs. 3 des Alkoholgesetzes eine Einzelhandelserlaubnis nur Personen erteilt werden, die die notwendigen Voraussetzungen erfüllen und die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen, und nach § 14 Abs. 4 dieses Gesetzes darf der Einzelhandel nur in einer behördlich zugelassenen Verkaufsstelle erfolgen, die so organisiert ist, dass eine effektive Überwachung möglich ist. |
113 |
Die finnische Regierung trägt in diesem Zusammenhang vor, dass die eingeführte Regelung über die Einzelhandelserlaubnis eine Kontrolle ermögliche, ob die Einzelhändler die Bestimmungen für den Verkauf alkoholischer Getränke einhielten, wie z. B. die Verpflichtung, den Verkauf auf die Zeit zwischen 7.00 Uhr morgens und 9.00 Uhr abends zu beschränken sowie das Verbot des Verkaufs an Personen unter 18 Jahren und an betrunkene Personen. |
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Zudem könne das Schutzniveau für die öffentliche Gesundheit und Ordnung, das sich die finnische Alkoholpolitik zum Ziel gesetzt habe, nicht durch weniger restriktive Maßnahmen als das Erfordernis einer vorherigen Erlaubnis für den Einzelhandelsverkauf und das ausschließliche Recht des Monopols erreicht werden. Würde nämlich den in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Verkäufern gestattet, alkoholische Getränke frei an in Finnland ansässige Käufer zu verkaufen und zu liefern, entstünde ein neuer Vertriebsweg für alkoholische Getränke, der keiner Kontrolle durch die zuständigen Behörden unterläge. |
115 |
Wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, liegen einer Regelung, die zum Ziel hat, den Alkoholkonsum in einer Weise zu beeinflussen, dass den schädlichen Auswirkungen alkoholhaltiger Stoffe auf die menschliche Gesundheit und die Gesellschaft vorgebeugt wird, und die so den Alkoholmissbrauch bekämpfen soll, die in Art. 36 AEUV anerkannten Belange des Gesundheitsschutzes und der öffentlichen Ordnung zugrunde (Urteile Ahokainen und Leppik, C‑434/04, EU:C:2006:609, Rn. 28, sowie Rosengren u. a., C‑170/04, EU:C:2007:313, Rn. 40). |
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Diese Belange können eine Beschränkung, wie sie das im Ausgangsverfahren streitige System der vorherigen Erlaubnis mit sich bringt, jedoch nur dann rechtfertigen, wenn die betreffende Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis zu dem zu erreichenden Ziel steht und weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten ist (Urteil Ahokainen und Leppik, C‑434/04, EU:C:2006:609, Rn. 29, vgl. auch in diesem Sinne Urteil Rosengren u. a., C‑170/04, EU:C:2007:313, Rn. 41 und 43). |
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Bei einer Ausnahme vom Grundsatz des freien Warenverkehrs haben die Mitgliedstaaten erstens darzutun, dass ihre Regelung erforderlich ist, um das angestrebte Ziel zu erreichen, und dass das angestrebte Ziel nicht durch Verbote oder Beschränkungen erreicht werden könnte, die weniger umfangreich sind oder den innergemeinschaftlichen Handel weniger beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteile Ahokainen und Leppik, C‑434/04, EU:C:2006:609, Rn. 31, sowie Rosengren u. a., C‑170/04, EU:C:2007:313, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
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Fällt eine nationale Maßnahme in den Bereich der öffentlichen Gesundheit, ist jedoch zu berücksichtigen, dass unter den vom Vertrag geschützten Gütern und Interessen die Gesundheit und das Leben von Menschen den höchsten Rang einnehmen und dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, zu bestimmen, auf welchem Niveau sie den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gewährleisten wollen und wie dieses Niveau erreicht werden soll. Da sich dieses Niveau von einem Mitgliedstaat zum anderen unterscheiden kann, ist den Mitgliedstaaten ein Wertungsspielraum zuzuerkennen (Urteil Ker-Optika, C‑108/09, EU:C:2010:725, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie in diesem Sinne Urteil Ahokainen und Leppik, C‑434/04, EU:C:2006:609, Rn. 32 und 33). |
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Im vorliegenden Fall bedarf die Prüfung der Verhältnismäßigkeit und der Erforderlichkeit der ergriffenen Maßnahmen einer Untersuchung der rechtlichen und tatsächlichen Umstände, die die Lage in Finnland kennzeichnen, die durchzuführen das vorlegende Gericht besser in der Lage ist als der Gerichtshof. Es ist daher Sache des vorlegenden Gerichts, gestützt auf die ihm zur Verfügung stehenden rechtlichen und tatsächlichen Angaben zu prüfen, ob das im Ausgangsverfahren streitige System der vorherigen Erlaubnis geeignet ist, das Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit und Ordnung zu gewährleisten, und ob dieses Ziel durch weniger restriktive Maßnahmen mindestens ebenso wirksam erreicht werden könnte (vgl. in diesem Sinne Urteile Ahokainen und Leppik, C‑434/04, EU:C:2006:609, Rn. 37 und 38 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und Rosengren u. a., C‑170/04, EU:C:2007:313, Rn. 55). |
120 |
Insoweit ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass § 14 Abs. 4 des Alkoholgesetzes vorschreibt, dass der Einzelhandel in einer behördlich zugelassenen Verkaufsstelle erfolgen muss. Wie die finnische Regierung in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, ist es den nach § 14 Abs. 1 oder 2 des Alkoholgesetzes ermächtigten Personen damit untersagt, Versandhandel mit alkoholischen Getränken zu betreiben, wenn sie die Beförderung dieser Getränke durchführen oder einen Dritten damit beauftragen. |
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Auch Alko ist zwar grundsätzlich nach § 13 Abs. 2 des Alkoholgesetzes verpflichtet, den Einzelhandel in einer zugelassenen Verkaufsstelle durchzuführen, doch ergibt sich aus § 13 Abs. 3 dieses Gesetzes, dass Alko zum Einzelhandelsverkauf alkoholischer Getränke durch Versand an den Kunden oder Käufer gemäß durch Dekret festgelegte Bestimmungen berechtigt ist. Auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung hat die finnische Regierung bestätigt, dass Alko in bestimmten Fällen tatsächlich berechtigt ist, alkoholische Getränke im Versandhandel zu verkaufen. |
122 |
Unter diesen Umständen ist es Sache des vorlegenden Gerichts, u. a. zu prüfen, ob das Ziel, es den zuständigen Behörden zu ermöglichen, die Einhaltung der Bestimmungen für den Verkauf alkoholischer Getränke, wie z. B. die Verpflichtung, den Verkauf auf die Zeit zwischen 7.00 Uhr morgens und 9.00 Uhr abends zu beschränken, sowie das Verbot des Verkaufs an Personen unter 18 Jahren und an betrunkene Personen, zu kontrollieren, durch ein Erlaubnissystem, das nicht vorschreibt, dass der Einzelhandelsverkauf alkoholischer Getränke nur in behördlich zugelassenen Verkaufsstellen erfolgen darf, mindestens ebenso wirksam erreicht werden kann. |
123 |
Damit die Belange des Gesundheitsschutzes und der öffentlichen Ordnung eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Art. 34 AEUV, wie sie das im Ausgangsverfahren streitige Erfordernis einer Einzelhandelserlaubnis darstellt, rechtfertigen können, ist nach Art. 36 AEUV zweitens noch erforderlich, dass dieses Erlaubniserfordernis weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten ist (vgl. in diesem Sinne Urteile Ahokainen und Leppik, C‑434/04, EU:C:2006:609, Rn. 29, sowie Rosengren u. a., C‑170/04, EU:C:2007:313, Rn. 41). |
124 |
Insoweit ist zur Regelung der Einzelhandelserlaubnis in § 14 Abs. 1 des Alkoholgesetzes, der die alkoholischen Getränke erfasst, die durch Gärung hergestellt werden und höchstens 4,7 Volumenprozent Ethylalkohol enthalten, festzustellen, dass dem Gerichtshof keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Gründe des Schutzes der öffentlichen Gesundheit und Ordnung, die von den finnischen Behörden geltend gemacht werden, missbraucht und zur Diskriminierung von Waren aus anderen Mitgliedstaaten oder zum mittelbaren Schutz bestimmter nationaler Produktionen verwandt worden wären (vgl. in diesem Sinne Urteile Ahokainen und Leppik, C‑434/04, EU:C:2006:609, Rn. 30, sowie Rosengren u. a., C‑170/04, EU:C:2007:313, Rn. 42). |
125 |
Zur Regelung der Einzelhandelserlaubnis in § 14 Abs. 2 des Alkoholgesetzes, die es den Herstellern alkoholischer Getränke ermöglicht, ihre eigenen Erzeugnisse zu verkaufen, wenn diese durch Gärung hergestellt werden und höchstens 13 Volumenprozent Ethylalkohol enthalten, wurde bereits festgestellt, dass sie nur für in Finnland ansässige Hersteller unter Ausschluss von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Herstellern gilt. |
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Indem diese Bestimmung die Ausnahme in Finnland ansässigen Herstellern vorbehält, könnte sie den Schutz der nationalen Produktion von durch Gärung hergestellten alkoholischen Getränken, die höchstens 13 Volumenprozent Ethylalkohol enthalten, zur Folge haben. Eine solche Folge reicht jedoch noch nicht für den Nachweis, dass die Gründe des Schutzes der öffentlichen Gesundheit und Ordnung, die von den finnischen Behörden geltend gemacht werden, im Sinne von Art. 36 AEUV und der angeführten Rechtsprechung missbraucht und zur Diskriminierung von Waren aus anderen Mitgliedstaaten oder zum mittelbaren Schutz bestimmter nationaler Produktionen verwandt worden wären. |
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Auf Nachfrage hierzu in der mündlichen Verhandlung hat die finnische Regierung ausgeführt, dass mit dieser Erlaubnisregelung über die zuvor geltend gemachten Gründe des Schutzes der öffentlichen Gesundheit und Ordnung hinaus auch Ziele der Tourismusförderung verfolgt würden, da sie einer begrenzten Zahl von in Finnland ansässigen Herstellern alkoholischer Getränke, die traditionelle handwerkliche Methoden anwendeten, die Möglichkeit geben solle, ihre Erzeugnisse am Ort der Herstellung zu verkaufen. Als Beispiele hat die finnische Regierung einige Beerenweine angeführt, die auf Höfen in Finnland hergestellt würden und von den Verbrauchern am Ort ihrer Herstellung erworben werden könnten. Die finnische Regierung hat hinzugefügt, dass sie nicht befugt sei, den in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Herstellern alkoholischer Getränke zu gestatten, ihre Erzeugnisse am Ort der Herstellung zu verkaufen. Dieser befinde sich definitionsgemäß außerhalb des finnischen Hoheitsgebiets. |
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Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, auf der Grundlage aller maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, u. a. des von der finnischen Regierung in ihren Erklärungen vor dem Gerichtshof angeführten begrenzten Umfangs und des traditionellen und handwerklichen Charakters der unter die Ausnahme fallenden nationalen Produktion, zu prüfen, ob die Gründe des Schutzes der öffentlichen Gesundheit und Ordnung, die von den finnischen Behörden geltend gemacht werden, im Sinne von Art. 36 AEUV missbraucht und zur Diskriminierung von Waren aus anderen Mitgliedstaaten oder zum mittelbaren Schutz bestimmter nationaler Produktionen verwandt wurden. |
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Nach alledem ist auf die Fragen 5 bis 8 zu antworten, dass die Art. 34 AEUV und 36 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren streitigen, nach der ein Verkäufer, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, für die Einfuhr alkoholischer Getränke mit dem Ziel ihres Einzelhandelsverkaufs an im ersten Mitgliedstaat ansässige Verbraucher eine Einzelhandelserlaubnis besitzen muss, wenn er die Getränke selbst befördert oder damit einen Dritten beauftragt, nicht entgegenstehen, sofern diese Regelung geeignet ist, die Erreichung des verfolgten Ziels, hier des Schutzes der öffentlichen Gesundheit und Ordnung, zu gewährleisten, dieses Ziel nicht durch weniger restriktive Maßnahmen mindestens ebenso wirksam erreicht werden könnte und diese Regelung weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellt, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist. |
Kosten
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Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. |
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt: |
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Unterschriften |
( * ) Verfahrenssprache: Finnisch.
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Referenzen
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