Urteil vom Europäischer Gerichtshof - C-241/14

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

19. November 2015 ( * )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Steuerrecht — Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit — Beziehung zwischen diesem Abkommen und den bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen — Gleichbehandlung — Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit — Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats der Europäischen Union — Grenzgänger — Einkommensteuer — Aufteilung der Steuerhoheit — Steuerliche Anknüpfung — Staatsangehörigkeit“

In der Rechtssache C‑241/14

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht Baden-Württemberg (Deutschland) mit Entscheidung vom 19. Dezember 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Mai 2014, in dem Verfahren

Roman Bukovansky

gegen

Finanzamt Lörrach

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Zweiten Kammer M. Ilešič in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer, der Richterin C. Toader und des Richters C. G. Fernlund (Berichterstatter),

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2015,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

von Herrn Bukovansky, vertreten durch Rechtsanwalt H. Hauswirth,

des Finanzamts Lörrach, vertreten durch D. Gress und S. Parodi-Neef als Bevollmächtigte,

der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und B. Beutler als Bevollmächtigte,

der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk, C. Meyer-Seitz, U. Persson, N. Otte Widgren, F. Sjövall, L. Swedenborg und E. Karlsson als Bevollmächtigte,

der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch M. Holt als Bevollmächtigten im Beistand von S. Ford, Barrister,

der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Lyal und M. Wasmeier als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 30. April 2015

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des am 21. Juni 1999 in Luxemburg unterzeichneten Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (ABl. 2002, L 114, S. 6, im Folgenden: Abkommen über die Freizügigkeit).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Bukovansky, einem deutschen Staatsangehörigen, und dem Finanzamt Lörrach über dessen Entscheidung, die Einkünfte von Herrn Bukovansky aus nicht selbständiger Arbeit nach seiner Wohnsitzverlegung von Deutschland in die Schweiz in Deutschland zu besteuern.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten einerseits und die Schweizerische Eidgenossenschaft andererseits unterzeichneten am 21. Juni 1999 sieben Abkommen, darunter das Abkommen über die Freizügigkeit. Diese sieben Abkommen wurden mit dem Beschluss 2002/309/EG, Euratom des Rates und der Kommission vom 4. April 2002 (ABl. L 114, S. 1) im Namen der Gemeinschaft gebilligt und traten am 1. Juni 2002 in Kraft.

4

Nach dem Wortlaut der Präambel des Abkommens über die Freizügigkeit sind die Vertragsparteien „entschlossen, [die] Freizügigkeit zwischen ihnen auf der Grundlage der in der Europäischen Gemeinschaft geltenden Bestimmungen zu verwirklichen“.

5

Nach Art. 1 Buchst. a und d des Abkommens über die Freizügigkeit besteht dessen Ziel in der Einräumung eines Rechts auf Einreise, Aufenthalt, Zugang zu einer unselbständigen Erwerbstätigkeit und Niederlassung als Selbständiger sowie des Rechts auf Verbleib im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien und in der Einräumung der gleichen Lebens‑, Beschäftigungs‑ und Arbeitsbedingungen wie für Inländer zugunsten der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

6

Art. 2 („Nichtdiskriminierung“) des Abkommens über die Freizügigkeit sieht vor:

„Die Staatsangehörigen einer Vertragspartei, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei aufhalten, werden bei der Anwendung dieses Abkommens gemäß den Anhängen I, II und III nicht aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert.“

7

In Art. 4 („Recht auf Aufenthalt und Zugang zu einer Erwerbstätigkeit“) des Abkommens über die Freizügigkeit heißt es:

„Das Recht auf Aufenthalt und Zugang zu einer Erwerbstätigkeit wird … nach Maßgabe des Anhangs I eingeräumt.“

8

Nach Art. 15 des Abkommens über die Freizügigkeit sind die Anhänge und Protokolle Bestandteile dieses Abkommens.

9

Art. 16 („Bezugnahme auf das Gemeinschaftsrecht“) des Abkommens über die Freizügigkeit lautet:

„1.   Zur Erreichung der Ziele dieses Abkommens treffen die Vertragsparteien alle erforderlichen Maßnahmen, damit in ihren Beziehungen gleichwertige Rechte und Pflichten wie in den Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft, auf die Bezug genommen wird, Anwendung finden.

2.   Soweit für die Anwendung dieses Abkommens Begriffe des Gemeinschaftsrechts herangezogen werden, wird hierfür die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung berücksichtigt. Über die Rechtsprechung nach dem Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Abkommens wird die Schweiz unterrichtet. Um das ordnungsgemäße Funktionieren dieses Abkommens sicherzustellen, stellt der Gemischte Ausschuss auf Antrag einer Vertragspartei die Auswirkungen dieser Rechtsprechung fest.“

10

Art. 21 („Beziehung zu den bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen“) des Abkommens über die Freizügigkeit bestimmt in Abs. 1:

„Die Bestimmungen der bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft bleiben von den Bestimmungen dieses Abkommens unberührt. Insbesondere lassen die Bestimmungen dieses Abkommens die in den Doppelbesteuerungsabkommen festgelegte Begriffsbestimmung des Grenzgängers unberührt.“

11

Art. 7 („Abhängig beschäftigte Grenzgänger“) des Anhangs I des Abkommens über die Freizügigkeit bestimmt in Abs. 1:

„Ein abhängig beschäftigter Grenzgänger ist ein Staatsangehöriger einer Vertragspartei mit Wohnsitz im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei, der eine Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei ausübt und in der Regel täglich oder mindestens einmal in der Woche an seinen Wohnort zurückkehrt.“

12

Art. 9 („Gleichbehandlung“) des Anhangs I des Abkommens über die Freizügigkeit bestimmt in Abs. 1 und 2:

„1.   Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist, darf aufgrund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer.

2.   Ein Arbeitnehmer und seine in Artikel 3 dieses Anhangs genannten Familienangehörigen genießen dort die gleichen steuerlichen und sozialen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen.“

Völkervertragsrecht

13

Das Abkommen vom 11. August 1971 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland (BGBl. 1972 II S. 1022) in der Fassung des Revisionsprotokolls vom 12. März 2002 (BGBl. 2003 II S. 67, im Folgenden: deutsch-schweizerisches Abkommen) ist ein bilaterales Abkommen, das zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen geschlossen wurde.

14

Art. 4 des deutsch-schweizerischen Abkommens sieht vor:

„(1)   Im Sinne dieses Abkommens bedeutet der Ausdruck ‚eine in einem Vertragsstaat ansässige Person‘ eine Person, die nach dem in diesem Staat geltenden Recht dort unbeschränkt steuerpflichtig ist.

(4)   Bei einer in der Schweiz ansässigen natürlichen Person, die nicht die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzt und die in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt mindestens fünf Jahre unbeschränkt steuerpflichtig war, kann die Bundesrepublik Deutschland in dem Jahr, in dem die unbeschränkte Steuerpflicht zuletzt geendet hat, und in den folgenden fünf Jahren die aus der Bundesrepublik Deutschland stammenden Einkünfte und die in der Bundesrepublik Deutschland belegenen Vermögenswerte, ungeachtet anderer Bestimmungen des Abkommens, besteuern. Die nach diesem Abkommen zulässige Besteuerung dieser Einkünfte oder Vermögenswerte in der Schweiz bleibt unberührt. Die Bundesrepublik Deutschland rechnet jedoch in entsprechender Anwendung der Vorschriften des deutschen Rechts über die Anrechnung ausländischer Steuern die in Übereinstimmung mit diesem Abkommen von diesen Einkünften oder Vermögenswerten erhobene schweizerische Steuer auf den Teil der deutschen Steuer (mit Ausnahme der Gewerbesteuer) an, der auf Grund dieser Bestimmung von diesen Einkünften oder Vermögenswerten über die deutsche Steuer hinaus erhoben wird, die nach den Artikeln 6 bis 22 hierfür erhoben werden dürfte. Die Bestimmungen dieses Absatzes gelten nicht, wenn die natürliche Person in der Schweiz ansässig geworden ist, um hier eine echte unselbständige Arbeit für einen Arbeitgeber auszuüben, an dem sie über das Arbeitsverhältnis hinaus weder unmittelbar noch mittelbar durch Beteiligung oder in anderer Weise wirtschaftlich wesentlich interessiert ist.

(5)   Gilt eine natürliche Person nur für einen Teil des Jahres als im Sinne dieses Artikels in einem Vertragsstaat ansässig, für den Rest des gleichen Jahres aber als in dem anderen Vertragsstaat ansässig (Wohnsitzwechsel), so können in jedem Staat die Steuern auf der Grundlage der unbeschränkten Steuerpflicht nur nach Maßgabe der Zeit erhoben werden, während welcher diese Person als in diesem Staat ansässig gilt.

…“

15

Art. 15 des deutsch-schweizerischen Abkommens bestimmt:

„(1)   Vorbehaltlich der Artikel 15a bis 19 können Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so können die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden.

(2)   Ungeachtet des Absatzes 1 können Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine in dem anderen Vertragsstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur in dem erstgenannten Staat besteuert werden, wenn

a)

der Empfänger sich in dem anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Kalenderjahres aufhält,

b)

die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht in dem anderen Staat ansässig ist, und

c)

die Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber in dem anderen Staat hat.

(4)   Vorbehaltlich des Artikels 15a kann eine natürliche Person, die in einem Vertragsstaat ansässig, aber als Vorstandsmitglied, Direktor, Geschäftsführer oder Prokurist einer in dem anderen Vertragsstaat ansässigen Kapitalgesellschaft tätig ist, mit den Einkünften aus dieser Tätigkeit in diesem anderen Staat besteuert werden, sofern ihre Tätigkeit nicht so abgegrenzt ist, dass sie lediglich Aufgaben außerhalb dieses anderen Staates umfasst. Besteuert dieser andere Vertragsstaat diese Einkünfte nicht, so können sie in dem Staat besteuert werden, in dem die natürliche Person ansässig ist.“

16

Art. 15a des deutsch-schweizerischen Abkommens bestimmt:

„(1)   Ungeachtet des Artikels 15 können Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die ein Grenzgänger aus unselbständiger Arbeit bezieht, in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem dieser ansässig ist. Zum Ausgleich kann der Vertragsstaat, in dem die Arbeit ausgeübt wird, von diesen Vergütungen eine Steuer im Abzugsweg erheben. Diese Steuer darf 4,5 vom Hundert des Bruttobetrages der Vergütungen nicht übersteigen, wenn die Ansässigkeit durch eine amtliche Bescheinigung der zuständigen Finanzbehörde des Vertragsstaates, in dem der Steuerpflichtige ansässig ist, nachgewiesen wird. Artikel 4 Absatz 4 bleibt vorbehalten.

(2)   Grenzgänger im Sinne des Absatzes 1 ist jede in einem Vertragsstaat ansässige Person, die in dem anderen Vertragsstaat ihren Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückkehrt. Kehrt diese Person nicht jeweils nach Arbeitsende an ihren Wohnsitz zurück, entfällt die Grenzgängereigenschaft nur dann, wenn die Person bei einer Beschäftigung während des gesamten Kalenderjahres an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund ihrer Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt.

(3)   Der Vertragsstaat, in dem der Grenzgänger ansässig ist, berücksichtigt die nach Absatz 1 Satz 3 erhobene Steuer ungeachtet des Artikels 24 wie folgt:

a)

in der Bundesrepublik Deutschland wird die Steuer entsprechend § 36 Einkommensteuergesetz unter Ausschluss von § 34c Einkommensteuergesetz auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet; die Steuer wird auch bei der Festsetzung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen berücksichtigt;

…“

Deutsches Recht

17

Nach § 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (im Folgenden: EStG) in der geänderten Fassung vom 20. Dezember 2007 (BGBl. 2007 I S. 3150) sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

18

§ 1 Abs. 4 EStG sieht vor:

„Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.“

19

§ 49 EStG, der beschränkt steuerpflichtige Einkünfte betrifft, bestimmt:

„(1)   Inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Absatz 4) sind

4.

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19), die

a)

im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist,

c)

als Vergütung für eine Tätigkeit als Geschäftsführer, Prokurist oder Vorstandsmitglied einer Gesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland bezogen werden,

…“

Vorgeschichte des Rechtsstreits und Vorlagefrage

20

Herr Bukovansky besitzt die deutsche und die tschechische Staatsangehörigkeit und lebte von 1969 bis Juli 2008 in Deutschland. Von Januar 1999 bis Februar 2006 arbeitete er in der Schweiz, wo er bei verschiedenen Gesellschaften des Novartis-Konzerns beschäftigt war. Er war damals in seinem Wohnsitzstaat, der Bundesrepublik Deutschland, einkommensteuerpflichtig.

21

Im März 2006 wurde Herr Bukovansky von seinem schweizerischen Arbeitgeber im Rahmen einer Transfervereinbarung zu einer Tochtergesellschaft dieses Konzerns, der Novartis Pharma Produktions GmbH (im Folgenden: W‑GmbH), mit Sitz in Deutschland transferiert. Ursprünglich sollte Herr Bukovansky zwei Jahre in Deutschland als Arbeitnehmer tätig sein; dieser Zeitraum wurde aber bis zum Ende des Jahres 2012 schrittweise verlängert.

22

Am 1. August 2008 verlegte Herr Bukovansky seinen Wohnsitz in die Schweiz, arbeitete aber weiterhin für die W‑GmbH in Deutschland. In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2008 ging Herr Bukovansky davon aus, dass er für den Zeitraum, in dem er seinen Wohnsitz in der Schweiz gehabt habe, d. h. von August bis Dezember 2008, nach Art. 15a Abs. 1 des deutsch-schweizerischen Abkommens für seine Arbeitnehmereinkünfte bei der W-GmbH als „umgekehrter“ Grenzgänger in der Schweiz steuerpflichtig sei.

23

Das Finanzamt Lörrach war dagegen der Ansicht, dass die fraglichen Einkünfte für das gesamte Steuerjahr 2008 der deutschen Besteuerung zu unterwerfen seien. Herr Bukovansky unterliege für den Zeitraum von August bis Dezember 2008 gemäß den §§ 1 Abs. 4 und 49 Abs. 1 EStG der Einkommensteuer in Deutschland. Außerdem seien die von der W‑GmbH an Herrn Bukovansky gezahlten Arbeitnehmereinkünfte gemäß Art. 4 Abs. 4 des deutsch-schweizerischen Abkommens in Deutschland zu besteuern.

24

Nach einem Einspruch von Herrn Bukovansky bestätigte das Finanzamt Lörrach den zur Veranlagung der betreffenden Einkünfte ergangenen Steuerbescheid und berücksichtigte die Beträge, die Herr Bukovansky als Steuer auf das Einkommen ab August 2008 an die schweizerische Steuerverwaltung gezahlt hatte.

25

Im Rahmen seiner Klage beim Finanzgericht Baden-Württemberg hielt Herr Bukovansky an seinem Vorbringen fest, dass das von August bis Dezember 2008 für seine Tätigkeit bei der W‑GmbH bezogene Gehalt in Deutschland von der Steuer zu befreien und nur in der Schweiz zu besteuern sei. Das Finanzamt Lörrach beantragte die Abweisung der Klage.

26

Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass nach Art. 15a Abs. 1 des deutsch-schweizerischen Abkommens die Schweizerische Eidgenossenschaft ab August 2008 als Wohnsitzstaat von Herrn Bukovansky und ab diesem Monat als zur Besteuerung seiner Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit berechtigt anzusehen sei.

27

Da Herr Bukovansky nicht die schweizerische Staatsangehörigkeit besitze, in Deutschland insgesamt mindestens fünf Jahre unbeschränkt steuerpflichtig gewesen sei und nach der Verlegung seines Wohnsitzes in die Schweiz weiterhin in Deutschland einer nicht selbständigen Arbeit nachgegangen sei, sehe Art. 4 Abs. 4 des deutsch-schweizerischen Abkommens allerdings auch vor, dass die Bundesrepublik Deutschland bei Herrn Bukovansky in dem Jahr, in dem seine unbeschränkte Steuerpflicht zuletzt geendet habe, und in den folgenden fünf Jahren die aus Deutschland stammenden Einkünfte und die in diesem Mitgliedstaat belegenen Vermögenswerte ungeachtet anderer Bestimmungen des Abkommens besteuern könne, wobei die Bundesrepublik Deutschland jedoch die von den fraglichen Einkünften erhobene schweizerische Steuer auf den betreffenden Teil der deutschen Steuer anrechne. Für diesen Zeitraum liege die Steuerlast von Herrn Bukovansky auf der Höhe der für die deutschen Einkünfte veranlagten Steuer.

28

Die in Art. 4 Abs. 4 des deutsch-schweizerischen Abkommens vorgesehene Besteuerung von Personen ohne schweizerische Staatsangehörigkeit sei jedoch eine gegenüber der Behandlung schweizerischer Staatsangehöriger ungünstigere Behandlung. Das Recht zur Besteuerung der Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit eines in Deutschland ansässigen schweizerischen Staatsangehörigen, der seinen Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat aufgebe, dabei aber weiterhin dort einer nicht selbständigen Arbeit nachgehe, stehe nämlich allein der Schweiz zu. Daher stelle sich die Frage, ob diese unterschiedliche Behandlung mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung nach Art. 9 des Anhangs I des Abkommens über die Freizügigkeit und dem Verbot von Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit nach Art. 2 dieses Abkommens vereinbar sei.

29

Art. 21 Abs. 1 des Abkommens über die Freizügigkeit stehe einer Nichtanwendung der in Art. 4 Abs. 4 des deutsch-schweizerischen Abkommens in Verbindung mit dessen Art. 15a Abs. 1 Satz 4 enthaltenen Besteuerungsbestimmungen nicht entgegen. Die Bestimmungen des deutsch-schweizerischen Abkommens blieben grundsätzlich zwar von den Bestimmungen des Abkommens über die Freizügigkeit unberührt. Dennoch dürften auch Bestimmungen in Doppelbesteuerungsabkommen nicht den unionsrechtlichen Diskriminierungsverboten zuwider laufen. Die Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen müsse unter Beachtung der Pflichten erfolgen, die sich aus den im Abkommen über die Freizügigkeit verankerten Grundfreiheiten ergäben.

30

Unter diesen Umständen hat das Finanzgericht Baden-Württemberg beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Sind die Vorschriften des Abkommens über die Freizügigkeit, insbesondere dessen Präambel, Art. 1, 2, 21, sowie Art. 7, 9 des Anhangs I dahin auszulegen, dass sie es nicht zulassen, einen aus dem Inland in die Schweiz verzogenen Arbeitnehmer, der nicht die Schweizer Staatsangehörigkeit besitzt und seit dem Zuzug in die Schweiz sogenannter umgekehrter Grenzgänger im Sinne von Art. 15a Abs. 1 des deutsch-schweizerischen Abkommens ist, nach Art. 4 Abs. 4 des deutsch-schweizerischen Abkommens in Verbindung mit Art. 15a Abs. 1 Satz 4 des deutsch-schweizerischen Abkommens der deutschen Besteuerung zu unterwerfen?

Zur Vorlagefrage

31

Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die in Art. 2 des Abkommens über die Freizügigkeit und in Art. 9 des Anhangs I dieses Abkommens enthaltenen Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung dahin auszulegen sind, dass sie einem bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen wie dem deutsch-schweizerischen Abkommen entgegenstehen, nach dem für die Besteuerung der Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit eines deutschen Steuerpflichtigen, der nicht die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzt, der Staat, in dem diese Einkünfte erzielt werden, d. h. die Bundesrepublik Deutschland, auch dann zuständig ist, wenn der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz von Deutschland in die Schweiz verlegt hat, aber weiterhin im erstgenannten Staat einer nicht selbständigen Arbeit nachgeht, während für die Besteuerung der Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit eines schweizerischen Staatsbürgers, der sich in einer entsprechenden Situation befindet, der neue Wohnsitzstaat, hier die Schweizerische Eidgenossenschaft, zuständig ist.

32

In Bezug auf die Umstände des Ausgangsverfahrens und die anwendbaren Bestimmungen des Abkommens über die Freizügigkeit ist festzustellen, dass Art. 7 Abs. 1 des Anhangs I dieses Abkommens seinem Wortlaut nach auf die Situation von Herrn Bukovansky anwendbar ist. Er ist nämlich Staatsangehöriger „einer Vertragspartei“, und zwar der Bundesrepublik Deutschland, er hat seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet „einer Vertragspartei“, hier der Schweizerischen Eidgenossenschaft, und er übt im Hoheitsgebiet „der anderen Vertragspartei“, d. h. der Bundesrepublik Deutschland, eine Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer aus.

33

In dieser Bestimmung wird, ungeachtet der Staatsangehörigkeit des Betroffenen, zwischen dem Wohnort im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei und dem Ort unterschieden, an dem eine Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer ausgeübt wird, der im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei liegen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil Ettwein, C‑425/11, EU:C:2013:121, Rn. 35). Nach dieser Bestimmung ist Herr Bukovansky für die Zwecke der Anwendung des Abkommens über die Freizügigkeit als „abhängig beschäftigter Grenzgänger“ einzustufen, da zudem feststeht, dass er grundsätzlich täglich oder mindestens einmal in der Woche zwischen seinem Wohnort und dem Ort pendelt, an dem er seine Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer ausübt.

34

Hinsichtlich der zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Unionsmitgliedstaaten geschlossenen bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen ist festzustellen, dass die Bestimmungen dieser Abkommen nach Art. 21 Abs. 1 des Abkommens über die Freizügigkeit von dessen Bestimmungen unberührt bleiben.

35

Gleichwohl ist zu überprüfen, ob diese Bestimmung des Abkommens über die Freizügigkeit es den Vertragsstaaten gestattet, von allen Bestimmungen des Abkommens abzuweichen.

36

Insoweit ist festzustellen, dass Art. 9 („Gleichbehandlung“) des Anhangs I des Abkommens über die Freizügigkeit in Abs. 2 eine Sonderregelung aufstellt, damit ein Arbeitnehmer und seine Familienangehörigen die gleichen steuerlichen und sozialen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen genießen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Bereich steuerlicher Vergünstigungen entschieden hat, dass der in dieser Bestimmung vorgesehene Grundsatz der Gleichbehandlung auch von einem erwerbstätigen Staatsangehörigen einer Vertragspartei geltend gemacht werden kann, der gegenüber seinem Herkunftsstaat sein Freizügigkeitsrecht ausgeübt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Ettwein, C‑425/11, EU:C:2013:121, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung sowie Rn. 42 und 43).

37

Der Gerichtshof hat in Bezug auf Vorabentscheidungsersuchen über die Frage, ob die zwischen den Unionsmitgliedstaaten geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung und im Allgemeinen mit den vom Primärrecht garantierten Verkehrsfreiheiten vereinbar sein müssen, entschieden, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen bilateraler Abkommen zur Beseitigung der Doppelbesteuerung die Anknüpfungspunkte für die Bestimmung ihrer jeweiligen Steuerhoheit festlegen können, bei der Ausübung der in dieser Weise aufgeteilten Steuerhoheit aber verpflichtet sind, diesen Grundsatz und diese Freiheiten zu beachten (vgl. Urteile Gilly, C‑336/96, EU:C:1998:221, Rn. 30, Renneberg, C‑527/06, EU:C:2008:566, Rn. 48 bis 51, sowie Imfeld und Garcet, C‑303/12, EU:C:2013:822, Rn. 41 und 42).

38

Wenn daher in einem zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung das Kriterium der Staatsangehörigkeit in einer Bestimmung aufgeführt wird, mit der die Steuerhoheit aufgeteilt werden soll, kann diese auf die Staatsangehörigkeit gestützte Unterscheidung nicht so gewertet werden, als begründe sie eine verbotene unterschiedliche Behandlung (Urteil Gilly, C‑336/96, EU:C:1998:221, Rn. 30). Bei der Ausübung der durch eine solche Bestimmung gewährten Steuerhoheit muss der über diese Steuerhoheit verfügende Mitgliedstaat dagegen den Grundsatz der Gleichbehandlung beachten.

39

Diese Rechtsprechung über das Verhältnis zwischen dem Primärrecht der Union und den zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen muss entsprechend für das Verhältnis zwischen dem Abkommen über die Freizügigkeit und den zwischen den Mitgliedstaaten und der Schweizerischen Eidgenossenschaft geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen gelten.

40

Wie aus der Präambel sowie den Art. 1 Buchst. d und 16 Abs. 2 des Abkommens über die Freizügigkeit hervorgeht, besteht dessen Ziel darin, im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien dieses Abkommens die Freizügigkeit zugunsten der Staatsangehörigen der Union und denen der Schweizerischen Eidgenossenschaft auf der Grundlage der in der Union geltenden Bestimmungen zu verwirklichen, deren Begriffe im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs ausgelegt werden müssen.

41

Zwar bestimmt Art. 21 des Abkommens über die Freizügigkeit, dass die Bestimmungen der Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den Unionsmitgliedstaaten und der Schweizerischen Eidgenossenschaft von den Bestimmungen dieses Abkommens unberührt bleiben. Dieser Artikel darf jedoch in seiner Tragweite nicht mit den Grundsätzen kollidieren, die dem Abkommen, zu dem dieser Artikel gehört, zugrunde liegen (vgl. entsprechend Urteil TNT Express Nederland, C‑533/08, EU:C:2010:243, Rn. 51). Dieser Artikel kann daher nicht in dem Sinne verstanden werden, dass er es den Unionsmitgliedstaaten und der Schweizerischen Eidgenossenschaft gestatte, die Verwirklichung der Freizügigkeit dadurch zu beeinträchtigen, dass sie in Ausübung der entsprechend ihren bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen aufgeteilten Steuerhoheit Art. 9 Abs. 2 des Anhangs I des Abkommens über die Freizügigkeit die praktische Wirksamkeit nehmen.

42

Im Ausgangsverfahren steht fest, dass Herr Bukovansky auch nach der Verlegung seines Wohnsitzes von Deutschland in die Schweiz in steuerlicher Hinsicht von dem Staat, in dem seine Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit erzielt werden – hier der Bundesrepublik Deutschland –, wie ein Steuerpflichtiger behandelt wird, der in diesem Staat arbeitet und ansässig ist.

43

Herr Bukovansky macht geltend, dass er anders als ein schweizerischer Staatsangehöriger behandelt worden sei, der wie er seinen Wohnsitz von Deutschland in die Schweiz verlegt habe, aber weiterhin im erstgenannten Staat einer nicht selbständigen Arbeit nachgehe, da für die Besteuerung seiner Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit sein Wohnsitzstaat zuständig sei, d. h. die Schweizerische Eidgenossenschaft, und nicht – wie in seinem Fall – der Staat, in dem seine Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit erzielt würden, d. h. die Bundesrepublik Deutschland.

44

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass ein Doppelbesteuerungsabkommen wie das deutsch-schweizerische Abkommen verhindern soll, dass ein und dieselben Einkünfte in beiden Vertragsstaaten des Abkommens besteuert werden, und nicht gewährleisten soll, dass die Steuern, die von dem Steuerpflichtigen in dem einen Vertragsstaat erhoben werden, nicht höher sind als diejenigen, die von ihm in dem anderen Vertragsstaat erhoben werden (Urteil Gilly, C‑336/96, EU:C:1998:221, Rn. 46).

45

Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die unterschiedliche Behandlung, die Herrn Bukovansky nach seinem Vorbringen widerfahren ist, die Folge der Aufteilung der Steuerhoheit zwischen den Parteien des deutsch-schweizerischen Abkommens ist und sich aus den Unterschieden zwischen den Steuerordnungen dieser Parteien ergibt. Wie in den Rn. 37 und 38 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, begründet jedoch die Wahl verschiedener Anknüpfungspunkte, die zur Aufteilung der Steuerhoheit unter diesen Parteien vorgenommen wird, als solche keine verbotene unterschiedliche Behandlung.

46

Da Herr Bukovansky im Vergleich zu in Deutschland ansässigen Steuerpflichtigen keinen steuerlichen Nachteil erleidet, besteht somit kein Grund zur Annahme, dass eine Diskriminierung vorliegt, die die Folge einer gegen Art. 9 Abs. 2 des Anhangs I des Abkommens über die Freizügigkeit verstoßende Ungleichbehandlung wäre.

47

Zu dem in Art. 2 des Abkommens über die Freizügigkeit aufgestellten Grundsatz der Nichtdiskriminierung ist festzustellen, dass nach diesem Artikel jede Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit generell verboten ist. Da Art. 9 des Anhangs I des Abkommens über die Freizügigkeit die Durchführung dieses Grundsatzes im Bereich der Freizügigkeit der Erwerbstätigen gewährleistet, besteht auch kein Grund zur Annahme, dass eine gegen den genannten Art. 2 verstoßende Diskriminierung vorliegt (vgl. entsprechend Urteil Werner, C‑112/91, EU:C:1993:27, Rn. 19 und 20 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

48

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass die in Art. 2 des Abkommens über die Freizügigkeit und die in Art. 9 des Anhangs I dieses Abkommens enthaltenen Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung dahin auszulegen sind, dass sie einem bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen wie dem deutsch-schweizerischen Abkommen nicht entgegenstehen, nach dem für die Besteuerung der Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit eines deutschen Steuerpflichtigen, der nicht die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzt, der Staat, in dem diese Einkünfte erzielt werden, d. h. die Bundesrepublik Deutschland, auch dann zuständig ist, wenn der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz von Deutschland in die Schweiz verlegt hat, aber weiterhin im erstgenannten Staat einer nicht selbständigen Arbeit nachgeht, während für die Besteuerung der Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit eines schweizerischen Staatsbürgers, der sich in einer entsprechenden Situation befindet, der neue Wohnsitzstaat, hier die Schweizerische Eidgenossenschaft, zuständig ist.

Kosten

49

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

 

Die in Art. 2 des am 21. Juni 1999 in Luxemburg unterzeichneten Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit und in Art. 9 des Anhangs I dieses Abkommens enthaltenen Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung sind dahin auszulegen, dass sie einem bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen wie dem Abkommen vom 11. August 1971 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland in der Fassung des Revisionsprotokolls vom 12. März 2002 nicht entgegenstehen, nach dem für die Besteuerung der Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit eines deutschen Steuerpflichtigen, der nicht die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzt, der Staat, in dem diese Einkünfte erzielt werden, d. h. die Bundesrepublik Deutschland, auch dann zuständig ist, wenn der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz von Deutschland in die Schweiz verlegt hat, aber weiterhin im erstgenannten Staat einer nicht selbständigen Arbeit nachgeht, während für die Besteuerung der Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit eines schweizerischen Staatsbürgers, der sich in einer entsprechenden Situation befindet, der neue Wohnsitzstaat, hier die Schweizerische Eidgenossenschaft, zuständig ist.

 

Unterschriften


( * )   Verfahrenssprache: Deutsch.

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