Beschluss vom Europäischer Gerichtshof - T-522/15
BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DES GERICHTS
15. Dezember 2015 ( *1 )
„Vorläufiger Rechtsschutz — Wettbewerb — Kartelle — Lebensmittelverpackungen für den Einzelhandel — Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden — Bankbürgschaft — Antrag auf Aussetzung des Vollzugs — Fumus boni iuris — Dringlichkeit — Interessenabwägung“
In der Rechtssache T‑522/15 R
CCPL – Consorzio Cooperative di Produzione e Lavoro SC mit Sitz in Reggio Emilia (Italien),
Coopbox group SpA mit Sitz in Reggio Emilia,
Poliemme Srl mit Sitz in Reggio Emilia,
Coopbox Hispania SL mit Sitz in Lorca (Spanien),
Coopbox Eastern s.r.o. mit Sitz in Nové Mesto nad Váhom (Slowakei),
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte S. Bariatti und E. Cucchiara,
Antragstellerinnen,
gegen
Europäische Kommission, vertreten zunächst durch F. Jimeno Fernandez, A. Biolan und P. Rossi, dann durch F. Jimeno Fernandez, P. Rossi und L. Malferrari als Bevollmächtigte,
Antragsgegnerin,
wegen Aussetzung des Vollzugs des Beschlusses C(2015)4336 final der Kommission vom 24. Juni 2015 in einem Verfahren nach Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens (AT.39563 – Lebensmittelverpackungen für den Einzelhandel), soweit in dem Beschluss von den Antragstellerinnen die Stellung einer Bankbürgschaft oder die vorläufige Zahlung der verhängten Geldbußen als Voraussetzung für die Abwendung der sofortigen Beitreibung dieser Geldbußen verlangt wird,
erlässt
DER PRÄSIDENT DES GERICHTS
folgenden
Beschluss ( 1 )
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1 |
In der vorliegenden Rechtssache geht es um Kartelle in der Lebensmittelverpackungsbranche im Zusammenhang mit Polystyrol- und Polypropylen-Schaumstoffschalen zur Verpackung frischer Lebensmittel wie z. B. Fleisch, Geflügel und Fisch für den Einzelhandel. Die Kartelle deckten u. a. Italien, Südwesteuropa sowie Mittel- und Osteuropa ab. Die wichtigsten Ziele der wettbewerbswidrigen Absprachen bestanden in der Aufrechterhaltung hoher Preise, in der aufeinander abgestimmten Weitergabe der steigenden Rohstoffpreise und in der Erhaltung des Status quo hinsichtlich der bestehenden Aufteilung von Kunden und Märkten. Die Europäische Kommission wirft den Antragstellerinnen CCPL – Consorzio Cooperative di Produzione e Lavoro SC, Coopbox group SpA, Poliemme Srl, Coopbox Hispania SL und Coopbox Eastern s.r.o. vor, an diesen Kartellen beteiligt gewesen zu sein. |
2 |
Nach den Erläuterungen der Kommission in ihrem Beschluss C(2015)4336 final vom 24. Juni 2015 in einem Verfahren nach Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens (AT.39563 – Lebensmittelverpackungen für den Einzelhandel) (im Folgenden: angefochtener Beschluss), der am 1. Juli 2015 zugestellt worden ist, gehören die Antragstellerinnen zur Coopbox-Gruppe, deren Muttergesellschaft die Gesellschaften kontrolliert, die zum Bereich Verpackungen für frische Lebensmittel der CCPL-Gruppe gehören. Die CCPL-Gruppe ist ein Zusammenschluss von zehn Genossenschaften. Sie ist an verschiedenen anderen Gesellschaften beteiligt und in mehreren unterschiedlichen Bereichen wie dem für die Verpackung frischer Lebensmittel vermittels Coopbox, dem für Baumaterialien, dem für Unternehmensdienstleistungen und im Energie- und Immobiliensektor tätig. Nach Aussage der Kommission ist CCPL die Dachgesellschaft der CCPL-Gruppe. Gegen die Antragstellerinnen wurden Geldbußen von insgesamt 33694000 Euro verhängt, davon 22137000 Euro für die Zuwiderhandlung in Italien, 10955000 Euro für die Zuwiderhandlung in Südwesteuropa und 602000 Euro für die Zuwiderhandlung in Mittel- und Osteuropa. |
3 |
Die Höhe dieser Geldbußen wurde nach einer im Rahmen der Kronzeugenbehandlung gewährten 20%igen Ermäßigung der Geldbuße, die gegen die Antragstellerinnen für die Zuwiderhandlung in Italien hätte verhängt werden müssen, und einer 30%igen Ermäßigung der Geldbuße, die gegen sie für die Zuwiderhandlungen in Südwest-, Mittel- und Osteuropa hätte verhängt werden müssen, d. h. nach einer Ermäßigung von ungefähr 14 Mio. Euro gemäß der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2006, C 298, S. 17) festgesetzt. Außerdem hat die Kommission nach Ziffer 35 ihrer Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 2006) dem Antrag der Antragstellerinnen auf Berücksichtigung ihrer fehlenden Leistungsfähigkeit teilweise stattgegeben und den endgültigen Betrag der gegen sie zu verhängenden Geldbußen um [vertraulich] ( 2 ) verringert, was ungefähr [vertraulich] Euro entspricht. |
4 |
Art. 2 des angefochtenen Beschlusses sieht in seinem letzten Absatz vor, dass die Geldbußen innerhalb einer Frist von drei Monaten ab dem Datum der Zustellung zu zahlen sind und nach Ablauf dieser Frist, ohne dass es einer weiteren Rechtshandlung bedarf, Verzugszinsen zu dem Zinssatz fällig werden, den die Europäische Zentralbank (EZB) für Hauptrefinanzierungsgeschäfte am ersten Tag des Monats, in dem dieser Beschluss erlassen wurde, anwendet, zuzüglich 3,5 Prozentpunkten. Wenn ein mit einer Geldbuße belegtes Unternehmen Rechtsmittel einlegt, entrichtet es die Geldbuße bis zum Fälligkeitstag entweder mit einer Bankbürgschaft oder mit einer vorläufigen Bezahlung der Geldbuße. |
5 |
In dem Schreiben, mit dem der angefochtene Beschluss zugestellt wurde, wird dazu ausgeführt, dass die Kommission nach Ablauf der Zahlungsfrist die Forderung beitreiben werde und dabei Zinsen ab dem Tag nach dem genannten Fälligkeitszeitpunkt bis einschließlich zum Tag der tatsächlichen Zahlung anfielen. Die Zinsen berechneten sich nach dem Basissatz von 0,05 % zuzüglich 3,5 Punkten, d. h. einem Zinssatz von 3,55 %. Im Fall eines Rechtsmittels müssten die Antragstellerinnen vor Fristablauf die Geldbuße entrichten, entweder mit einer für den Rechnungsführer der Kommission akzeptablen finanziellen Sicherheit oder mit einer vorläufigen Zahlung der Geldbuße. Bei Stellung einer finanziellen Sicherheit fielen auf den Betrag der Geldbuße Zinsen zu einem Satz von 1,55 % an. Bei Zahlungsverzug oder verspäteter Stellung einer finanziellen Sicherheit fielen Verzugszinsen zu dem oben genannten Basissatz zuzüglich 3,5 Prozentpunkten an. |
Verfahren und Anträge der Parteien
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Mit Klageschrift, die am 10. September 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Antragstellerinnen Klage auf Nichtigerklärung der gegen sie mit dem angefochtenen Beschluss verhängten Geldbußen, hilfsweise auf Herabsetzung dieser Geldbußen erhoben. Zur Begründung ihrer Klage machen sie insbesondere eine Verletzung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Angemessenheit bei der Bemessung dieser Geldbußen geltend. |
7 |
Mit besonderem Schriftsatz, der bei der Kanzlei des Gerichts am 29. September 2015 eingegangen ist, haben die Antragstellerinnen den vorliegenden Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt, mit dem sie im Wesentlichen begehren,
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8 |
In ihrer Stellungnahme, die am 15. Oktober 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission beantragt,
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9 |
Die Antragstellerinnen haben auf die Stellungnahme der Kommission mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2015 erwidert. Zu dieser Erwiderung hat die Kommission mit Schriftsatz vom 6. November 2015 Stellung genommen, woraufhin weitere Schriftsätze vom 18., 23. und 30. November sowie vom 3. Dezember 2015 gewechselt wurden. |
Rechtliche Würdigung
Allgemeine Erwägungen
[nicht wiedergegeben]
14 |
Unter den Umständen des vorliegenden Falles ist zuerst zu prüfen, ob die Voraussetzung des fumus boni iuris erfüllt ist. Was den genauen Umfang dieser Prüfung angeht, so folgt aus Art. 2 des angefochtenen Beschlusses und dem Schreiben, mit dem dieser Beschluss zugestellt wurde (siehe oben, Rn. 4 und 5), dass der Antrag auf eine einstweilige Anordnung sinnvollerweise nur darauf gerichtet sein kann, die Antragstellerinnen von der Verpflichtung zu entbinden, eine Bankbürgschaft, die gegenüber der vorläufigen Zahlung der Geldbußen weniger belastend ist, zu stellen, was notwendige Voraussetzung für die Abwendung der sofortigen Beitreibung der Geldbußen durch die Kommission ist (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 29. Oktober 2009, Novácke chemické závody/Kommission,T‑352/09 R, EU:T:2009:422, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
Zum fumus boni iuris
[nicht wiedergegeben]
16 |
Im vorliegenden Fall machen die Klägerinnen zur Begründung ihres im Hauptsacheverfahren, hilfsweise, gestellten Antrags auf Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbußen u. a. geltend, dass die Kommission die fehlende Leistungsfähigkeit der CCPL-Gruppe, der sie angehörten, nicht hinreichend berücksichtigt habe. Die Kommission habe zwar die dramatische finanzielle Krise dieser Gruppe anerkannt, es jedoch abgelehnt, den Antragstellerinnen eine größere Ermäßigung der gegen sie verhängten Geldbußen zu gewähren, die es ihnen erlaubte, wirtschaftlich zu überleben. |
17 |
Die Antragstellerinnen erinnern daran, dass die CCPL-Gruppe derzeit eine sehr schwere finanzielle Krise durchlaufe, weshalb sie einen Restrukturierungsplan erarbeitet habe, dessen Inhalt der Kommission im Laufe des Verwaltungsverfahrens mitgeteilt worden sei. Der Plan bestehe im Wesentlichen in der Rationalisierung des Beteiligungsportfolios einschließlich des Verkaufs von Beteiligungen in anderen Sektoren als der Lebensmittelverpackung. Gemäß diesem Plan habe CCPL am 8. August 2014 eine Stillhaltevereinbarung mit den Gläubigerbanken geschlossen, die bis zum 30. Juni 2015 gültig gewesen sei und ein Moratorium bezüglich der Rückzahlung der Kapitalanteile sowie die Verpflichtung zum Gegenstand gehabt habe, die gewährten Kredite nicht zu widerrufen. Dieses Stillhalteabkommen habe es ihnen ermöglichen sollen, ihren Restrukturierungsplan weiter durchzuführen und zu vollenden. Nach Ansicht der Antragstellerinnen reichen die Einnahmen aus den geplanten Veräußerungen nicht aus, um alle Bankschulden der CCPL-Gruppe in Höhe von [vertraulich] Euro zurückzuzahlen, so dass diese Schulden mit den Gläubigerbanken neu verhandelt, refinanziert und über die Dauer des Restrukturierungsplans hinaus zurückgezahlt werden müssten. Der Restrukturierungsplan sei von den Gläubigerbanken noch nicht genehmigt worden, und die CCPL-Gruppe verfüge über keine Finanzmittel außerhalb des Restrukturierungsplans, um die mit dem angefochtenen Beschluss verhängten Geldbußen zu zahlen. |
18 |
Die Antragstellerinnen heben hervor, dass die Kommission in Anhang IV des angefochtenen Beschlusses nach Ziffer 35 der Leitlinien von 2006 (siehe oben, Rn. 3) die ihnen drohende Gefahr der Zwangsliquidation selbst anerkannt habe. Folglich sei vollkommen unverständlich, wie sie habe annehmen können, die Antragstellerinnen seien in der Lage, bis zum 1. Oktober 2015 Geldbußen von insgesamt mehr als 33 Mio. Euro zu bezahlen, zumal ihnen hierfür keine der von der Kommission in Anhang IV des angefochtenen Beschlusses genannten Finanzierungsquellen zur Verfügung stehe. |
19 |
Zum Vorwurf der Kommission gegenüber Coopbox, der Restrukturierungsplan sehe Einnahmen in Höhe von [vertraulich] Euro vor, bestimme für die Zahlung der Geldbußen jedoch nur [vertraulich] Euro, obwohl Coopbox im Haushalt 2013 dafür [vertraulich] Euro an Rückstellungen gebildet habe, tragen die Antragstellerinnen vor, dass die Bildung von Rückstellungen von [vertraulich] Euro an sich keineswegs bedeute, dass ihnen zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung gestanden hätten, um eine mögliche Geldbuße zu bezahlen. Sie wiederholen, dass der CCPL-Gruppe nur die Ressourcen zur Verfügung ständen, die sich aus der Durchführung des Restrukturierungsplans ergäben. Dieser sei von den Gläubigerbanken jedoch noch nicht genehmigt worden. Jedenfalls reichten die Einnahmen aus den geplanten Veräußerungen nicht aus, um die Bankschulden in Höhe von [vertraulich] Euro zurückzuzahlen. |
20 |
Außerdem hätten nicht die Antragstellerinnen „entschieden“, für die Zahlung der Geldbußen nur [vertraulich] Euro vorzusehen, sondern es habe sich hierbei um die von den Gläubigerbanken im Restrukturierungsplan festgesetzte Grenze der Überlebensfähigkeit gehandelt. Die Banken seien nämlich nur dann bereit gewesen, den Restrukturierungsplan zu akzeptieren, wenn die Höhe der Geldbuße die Obergrenze von [vertraulich] Euro nicht übersteige. Die Antragstellerinnen hätten ihrerseits, um die Insolvenz abzuwenden, keine andere Wahl, als den Plan unter den faktisch von den Gläubigerbanken auferlegten Bedingungen zu akzeptieren. |
21 |
Zur Ansicht der Kommission, dass die CCPL-Gruppe sich außerhalb dieses Plans zusätzliche Mittel, insbesondere durch den Verkauf von Minderheitsbeteiligungen wie den an den Gesellschaften Refincoop SpA, Erzelli Energia Srl, Smec Srl, Sagif SpA und Athenia Net Srl oder dank einer etwaigen finanziellen Unterstützung ihrer Mitglieder wie der Genossenschaften CMB SC oder CCFS SC beschaffen könne, machen die Antragstellerinnen zum einen geltend, dass die Verwendung der Einnahmen aus dem Verkauf von Beteiligungen für die Bezahlung von Geldbußen und nicht für die Bezahlung der Schulden zu ihrer Zwangsliquidation führen würde. Somit müssten, wenn durch den Verkauf dieser Beteiligungen überhaupt Einnahmen erzielt würden, diese zuerst für die Bezahlung der Schulden verwendet werden. Zum anderen [vertraulich]. [nicht wiedergegeben] |
26 |
Zu der Möglichkeit, sich zusätzliche Mittel durch die etwaige finanzielle Unterstützung der Mitglieder von CCPL zu beschaffen, tragen die Antragstellerinnen vor, dass vier der Mitgliedsgenossenschaften von CCPL, Coopsette SC, Unieco SC, Open Co SC und CEAP SC, sich in einer kritischen finanziellen Situation befänden. Was die anderen, namentlich die Genossenschaften CMB und CCFS angehe, so sei CMB nur mit weniger als 20 % an CCPL beteiligt, und diese Beteiligung habe nur institutionellen Charakter. CCPL sei nämlich ein Zusammenschluss von Genossenschaften auf der ersten Ebene und ihr Hauptzweck sei es, die Genossenschaftsziele ihrer Mitglieder zu fördern. Daher sei es schwierig, ein konkretes wirtschaftliches oder unternehmerisches Interesse von CMB an einer finanziellen Unterstützung von CCPL auszumachen. Andererseits legten die internen Bestimmungen über die Finanzgeschäfte von CCFS einen Risikogrenzwert in Bezug auf jedes Mitglied fest, nämlich ein Sechstel des buchhalterischen Nettovermögens der letzten geprüften Bilanz, um eine hohe Konzentration von Risiken in einem einzigen Unternehmen zu vermeiden. Angesichts der drastischen Verminderung des Nettovermögens von CCPL aufgrund ihrer Verluste in den Jahren 2013 und 2014 sei es ausgeschlossen, dass CCFS dem Kreditantrag von CCPL entspreche. [nicht wiedergegeben] |
32 |
Dazu ist zunächst festzustellen, dass die allgemeine und grundsätzliche Argumentation der Kommission, dass sie bei der Bemessung einer Geldbuße nicht verpflichtet sei, die defizitäre Finanzlage des betroffenen Unternehmens zu berücksichtigen, da sonst den am wenigsten den Marktbedingungen angepassten Unternehmen ein ungerechtfertigter Wettbewerbsvorteil verschafft würde, im vorliegenden Fall ins Leere geht. Es ist nämlich unstreitig, dass die Kommission die defizitäre Finanzlage der Antragstellerinnen in Anhang IV des angefochtenen Beschlusses gemäß Ziffer 35 der Leitlinien von 2006 tatsächlich berücksichtigt hat. |
33 |
So war die Kommission in diesem Anhang der Auffassung, dass [vertraulich]. Ihrer Ansicht nach [vertraulich], da diese Lage hauptsächlich auf [vertraulich] zurückzuführen sei, was die Verschuldung von Coopbox wesentlich beeinflusst habe, [vertraulich]. Auch weise in der derzeitigen Lage von Coopbox nichts darauf hin, dass [vertraulich] bestehe. Die Kommission sieht daher [vertraulich]. |
34 |
Im vorliegenden Fall geht es somit nicht um die Entscheidung grundsätzlicher Fragen wie der von der Kommission behandelten, sondern um die Prüfung, ob die Kommission die von der CCPL-Gruppe zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses durchlaufene finanzielle Krise hinreichend berücksichtigt hat, indem sie eine Ermäßigung der Geldbuße nur um [vertraulich] gewährt hat, um der fehlenden Zahlungsfähigkeit von Coopbox Rechnung zu tragen. In diesem Zusammenhang weist mehreres darauf hin, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss den Ernst der defizitären Finanzlage der Antragstellerinnen im Kontext der CCPL-Gruppe, zu der sie gehören, tatsächlich unterschätzt zu haben scheint. |
35 |
Zunächst hat die Kommission, indem sie Coopbox eine Ermäßigung der Geldbuße nur um [vertraulich] gewährt hat, ganz offensichtlich versäumt, die finanzielle Stärke der Gruppe nach ihrem wirklichen Wert einzuschätzen. Dazu ist anzumerken, dass die Parteien sich im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes über die durch die Akten belegte Tatsache einig sind, dass die CCPL-Gruppe sich in einer finanziellen Krise befindet, die die Ausarbeitung eines Restrukturierungsplans notwendig gemacht hat, der in seiner anfänglichen Fassung von 2014 mit einer Stillhaltevereinbarung mit den Gläubigerbanken der Gruppe verbunden war und im April 2015 aktualisiert wurde. Der Plan besteht im Wesentlichen in der Umstrukturierung der Schulden der CCPL-Gruppe und der Veräußerung von Beteiligungen an bestimmten Gesellschaften, wobei die Einnahmen aus diesen Veräußerungen für die Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit der Gruppe bestimmt sind und gleichzeitig die Bezahlung ihrer Bankschulden ermöglichen sollen. |
36 |
Die Antragstellerinnen betonen die – von der Kommission nicht substantiiert bestrittene – Notwendigkeit einer effizienten Durchführung des Restrukturierungsplans, die für das finanzielle Überleben der Gruppe entscheidend zu sein scheint. Die schwierige Lage der Gruppe habe sich nämlich dadurch verschärft, dass die Gläubigerbanken den Restrukturierungsplan gerade wegen der aus ihrer Sicht beträchtlichen Höhe der gegen die Antragstellerinnen verhängten Geldbußen noch nicht abschließend genehmigt hätten. In diesem Zusammenhang erscheint es, obwohl die Kommission diesbezüglich eine gewisse Skepsis geäußert hat, auf den ersten Blick nicht überraschend, dass diese Banken versuchen, die CCPL-Gruppe zur vorrangigen Bezahlung ihrer vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses entstandenen Bankschulden zu verpflichten, indem sie – im Rahmen eines ebenfalls vor diesem Beschluss ausgearbeiteten Plans – nur eine nachgeordnete Zahlung der künftigen Geldbuße vorsehen. Die Tatsache, dass hierfür nur ein Betrag von [vertraulich] Euro vorgesehen ist, zeigt die Ungewissheit über die Höhe der aus der Umstrukturierung der Gruppe erhofften Einnahmen, insbesondere aus dem Verkauf der Aktiva, bei denen die Banken nicht ohne Grund befürchten, dass sie selbst für die vorrangige Begleichung ihrer Forderungen nicht ausreichen. [nicht wiedergegeben] |
39 |
Drittens scheint die Kommission mit ihrer Behauptung, die Antragstellerinnen könnten die ihnen auferlegten Geldbußen bezahlen, indem sie auf die Ressourcen bestimmter Mitgliedsgenossenschaften von CCPL, insbesondere von CMB und CCFS zurückgriffen, die genossenschaftliche Struktur der CCPL-Gruppe zu verkennen. Im Gegensatz zu einer wirtschaftlichen Gruppe, die im Rahmen einer integrierten vertikalen Organisation von einer Muttergesellschaft geführt wird, welche die wirtschaftliche Strategie und die gemeinsamen Interessen aller Mitglieder der Gruppe bestimmt, woraus eine gegenseitige finanzielle Verantwortung folgt, behalten die Mitglieder einer Genossenschaft in aller Regel eine größere wirtschaftliche und finanzielle Unabhängigkeit. Gegründet auf dem Kooperationsprinzip soll die Genossenschaft nur den Interessen ihrer Mitglieder dienen, u. a. indem sie ihnen Dienstleistungen erbringt, den zentralen Verkauf ihrer Produkte organisiert, sich um den gemeinsamen Einkauf von Rohstoffen kümmert oder Möglichkeiten der Geschäftstätigkeit erschließt. Infolgedessen wird ein Mitglied nur ein sehr begrenztes Interesse daran haben, ein anderes Mitglied innerhalb derselben Genossenschaft finanziell zu unterstützen. Ebenso wird das Interesse eines Mitglieds, das finanzielle Überleben „seiner“ Genossenschaft im Fall einer drohenden Zwangsliquidation sicherzustellen, begrenzt sein, weil das Interesse davon abhängen wird, welche konkreten Vorteile das Mitglied aus seiner Mitgliedschaft zieht, welche Möglichkeiten es hat, einer anderen, gegebenenfalls neu gegründeten Genossenschaft beizutreten, falls die alte aufgelöst wird, und welche Kosten mit einem solchen neuen Beitritt verbunden sind. |
40 |
Das Gleiche gilt im Prinzip für die Struktur der CCPL-Gruppe. Dazu tragen die Antragstellerinnen, von der Kommission unwidersprochen, im Wesentlichen vor, dass es sich um einen Zusammenschluss von Genossenschaften der ersten Ebene handele, dessen Hauptzweck es sei, die Genossenschaftsziele der Mitglieder, u. a. von CMB, zu fördern, deren Beteiligungen ausschließlich institutionellen Charakter hätten. Dies lässt den Schluss zu, dass CMB – vor die Wahl gestellt, ob sie ihre offensichtlich beträchtlichen Ressourcen (siehe oben, Rn. 28) einsetzen soll, um eine hoch verschuldete und gerade wegen der verhängten Geldbußen der Gefahr einer Zwangsliquidation ausgesetzte genossenschaftliche Struktur zu unterstützen oder gegebenenfalls in eine neue genossenschaftliche Struktur zu investieren – kaum ein objektives Interesse daran haben wird, sich zu einer größeren finanziellen Unterstützung der Dachgesellschaft oder ihrer Schwestergenossenschaften zu verpflichten. Aus den gleichen Gründen erscheint dieses Interesse bei der CCFS gering, deren Tätigkeit darüber hinaus strengen Bankregelungen unterliegt und die unter den Banken bereits der bedeutendste Gläubiger der CCPL-Gruppe ist, wobei ihre Forderung gemäß ihrer internen Regelung durch angemessene Sicherheiten abgedeckt werden musste. Aufgrund ihrer schwierigen finanziellen Lage ist die CCPL-Gruppe also offensichtlich kaum in der Lage, CCFS zusätzliche Sicherheiten zu bieten, was prima facie eine vernünftige Möglichkeit für CCFS, die mit dem angefochtenen Beschluss verhängten Geldbußen zu finanzieren, ausschließt. |
41 |
Dem Vorbringen der Antragstellerinnen, dass die Kommission die defizitäre Finanzlage der CCPL-Gruppe unterschätzt habe, fehlt es daher dem ersten Anschein nach nicht an ernst zu nehmenden Gründen. Jedenfalls kann der Richter im Verfahren der einstweiligen Anordnung nur feststellen, dass die Würdigung des vorgetragenen Sachverhalts eine eingehendere Prüfung durch den Richter im Hauptsacheverfahren verdient. Demzufolge besteht ein fumus boni iuris dahin gehend, dass den Antragstellerinnen eine höhere Ermäßigung der gegen sie verhängten Geldbußen einzuräumen ist, als sie ihnen von der Kommission im angefochtenen Beschluss gewährt worden ist. |
42 |
Außerdem hat das Gericht gemäß Art. 261 AEUV und Art. 31 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 AEUV] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) bei Klagen gegen Entscheidungen, mit denen die Kommission eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld festgesetzt hat, die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Entscheidung. Im vorliegenden Fall besteht nämlich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass das Gericht bei der Entscheidung über die Klage von dieser Befugnis Gebrauch macht und die gegen die Antragstellerinnen festgesetzten Geldbußen noch weiter herabsetzen wird (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 13. April 2011, Westfälische Drahtindustrie u. a./Kommission,T‑393/10 R, Slg, EU:T:2011:178, Rn. 60). Der zu unbeschränkter Nachprüfung befugte Richter kann bei der Ausübung seiner Abänderungsbefugnis nämlich den rechtlichen und tatsächlichen Umständen Rechnung tragen, die zum Zeitpunkt seiner Entscheidung vorliegen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. März 1974, Istituto Chemioterapico Italiano und Commercial Solvents/Kommission, 6/73 und 7/73, Slg, EU:C:1974:18, Rn. 51 und 52; vom 14. Juli 1995, CB/Kommission,T‑275/94, Slg, EU:T:1995:141, Rn. 61, und vom 5. Oktober 2011, Romana Tabacchi/Kommission,T‑11/06, Slg, EU:T:2011:560, Rn. 282 bis 285). In den Rn. 3 und 42 ihres Schriftsatzes vom 28. Oktober 2015 weisen die Antragstellerinnen, was von der Kommission nicht substantiiert bestritten worden ist, darauf hin, dass die wirtschaftliche und finanzielle Lage der CCPL-Gruppe, insbesondere die der Genossenschaften Coopsette und Open, sich im dritten Quartal des Jahres 2015 gegenüber der im angefochtenen Beschluss zugrunde gelegten Lage weiter verschlechtert hat. |
43 |
Nach Prüfung des fumus boni iuris stellt der Richter im Verfahren der einstweiligen Anordnung fest, dass prima facie eine hinreichend große Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Richter im Hauptsacheverfahren den Antragstellerinnen eine wesentliche Ermäßigung der von der Kommission im angefochtenen Beschluss verhängten Geldbußen gewähren wird. |
Zur Dringlichkeit
[nicht wiedergegeben]
48 |
Wie sich aus Art. 2 des angefochtenen Beschlusses und aus dem Schreiben, mit dem dieser Beschluss zugestellt wurde (siehe oben, Rn. 4 und 5) ergibt, hat die Kommission den Antragstellerinnen gestattet, eine Bankbürgschaft zu stellen, durch die sie von ihrer Verpflichtung zur Zahlung der verhängten Geldbußen vorläufig entbunden werden und die verlangten Beträge nicht zum Fälligkeitszeitpunkt zahlen müssen. |
49 |
Dazu ist festzustellen, dass die Möglichkeit, die Beibringung einer Bankbürgschaft zu verlangen, einer allgemeinen und vernünftigen Vorgehensweise der Kommission entspricht und die Antragstellerinnen daher nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände von der Verpflichtung entbunden werden können, eine Bankbürgschaft zu stellen, die Voraussetzung dafür ist, dass die verhängten Geldbußen nicht sofort beigetrieben werden (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse vom 23. März 2001, FEG/Kommission,C‑7/01 P(R), Slg, EU:C:2001:183, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Fapricela/Kommission, oben in Rn. 46 angeführt, EU:T:2011:395, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
50 |
Um das Vorliegen solcher außergewöhnlicher Umstände darzutun, müssen die Antragstellerinnen grundsätzlich den Beweis dafür erbringen, dass es ihnen entweder objektiv unmöglich ist, eine Bankbürgschaft beizubringen, oder die Stellung der Bankbürgschaft ihre Existenz gefährden würde (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse Westfälische Drahtindustrie u. a./Kommission, oben in Rn. 42 angeführt, EU:T:2011:178, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Fapricela/Kommission, oben in Rn. 46 angeführt, EU:T:2011:395, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
51 |
Diese beiden außergewöhnlichen Umstände stellen alternative und keine kumulativen Voraussetzungen dar. Wenn die Antragstellerinnen in der Lage sind, rechtlich hinreichend nachzuweisen, dass es ihnen objektiv unmöglich ist, für die verhängten Geldbußen eine Bankbürgschaft zu stellen, ist folglich nach der in Rn. 50 angeführten Rechtsprechung die Dringlichkeit der beantragten Aussetzung des Vollzugs zu bejahen. [nicht wiedergegeben] |
56 |
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten, dass sich die CCPL-Gruppe im Juli 2015 an 13 Finanzinstitute – Unicredit, Intesa SanPaolo, Monte dei Paschi di Siena, Banca Nazionale del Lavoro, Unipol Banca, Banca Popolare di Milano, Banco Popolare, BPER, Cariparma, Carige, CCFS, Coopfond und Carisbo – gewandt hatte, um eine Bankbürgschaft in Höhe der Geldbußen zu erhalten, die gegen die Antragstellerinnen in dem angefochtenen Beschluss festgesetzt worden waren. Sämtliche Anträge wurden abgelehnt. [nicht wiedergegeben] |
61 |
Diesen Unterlagen lässt sich entnehmen, dass die weit überwiegende Mehrheit der angesprochenen Finanzinstitute ihre Ablehnung eingehend mit der ungewissen wirtschaftlichen und finanziellen Situation der CCPL-Gruppe begründet haben, welche es ihnen nicht erlaube, die beantragte Bankbürgschaft zu gewähren. Dabei haben sie sich insbesondere auf die maßgeblichen Unterlagen der Vermögens- und Finanzbuchhaltung der CCPL-Gruppe, den für die Restrukturierung der Gruppe aufgestellten Plan und die Höhe der verhängten Geldbußen gestützt. |
62 |
Was den Hintergrund der entsprechenden Anträge auf eine Bankbürgschaft betrifft, so geht aus den Akten hervor, dass ein Strategieberatungsunternehmen als Vertreterin der CCPL-Gruppe mit den angesprochenen Finanzinstituten, darunter den Hausbanken der CCPL-Gruppe in ihrer Rolle als Gläubiger, sowie mit mehreren Rechtsanwälten Anfang Juli 2015 per E‑Mail Kontakt aufgenommen hat. Dabei übersandte dieses Unternehmen ihnen ein Dokument mit „möglichen Alternativszenarien“ für die CCPL-Gruppe, in dem es zwei alternative Lösungen aufzeigte: entweder die Erhebung einer Klage gegen den angefochtenen Beschluss einschließlich der Gewährung einer Bankbürgschaft und der Einreichung einer Vereinbarung über die Restrukturierung der Schulden der Gruppe zur Abwendung der Insolvenz oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, das zur Liquidation führt. In diesem Dokument wurden insbesondere die Vorteile einer Restrukturierung mit der Gewährung einer Bankbürgschaft gegenüber einem Vergleichsverfahren im Hinblick auf den Liquidationswert der Aktiva und die Beitreibung der Forderungen aufgezeigt. Dabei wurden die Möglichkeiten dargestellt, die Bankbürgschaft zwischen den Banken in der Weise aufzuteilen, dass acht Banken – unter ihnen die Hausbanken, die auch Gläubiger sind – Teilbürgschaften gewähren, deren individueller Betrag der jeweiligen Forderung der Bank gegenüber der CCPL-Gruppe entspricht. |
63 |
Angesichts aller vorstehenden Erwägungen hat der Richter im Verfahren der einstweiligen Anordnung keine vernünftigen Zweifel, dass das genannte Dokument – das die Kommission für ein einfaches Arbeitspapier zur Vorbereitung der Gespräche mit den Gläubigerbanken hält – tatsächlich einer der Gründe war, weshalb die angesprochenen Finanzinstitute es abgelehnt haben, die beantragte Bankbürgschaft zu gewähren. Diese Ablehnung bezog sich auch auf die Teilbürgschaften. |
64 |
Folglich haben sich die Antragstellerinnen als Mitglieder der CCPL-Gruppe frühzeitig und ernsthaft darum bemüht, eine Bankbürgschaft für die gegen sie verhängten Geldbußen zu erhalten. Diese Bemühungen sind erfolglos geblieben, weil die angesprochenen Finanzinstitute die Bürgschaftsanträge nach gründlicher Prüfung der finanziellen und wirtschaftlichen Lage der CCPL-Gruppe abgelehnt haben, wie sich aus nahezu allen ihren Ablehnungsschreiben ergibt, die zeigen, dass diese Finanzinstitute über die Lage der ganzen Gruppe genau im Bilde waren. Unter diesen Umständen spielt es keine Rolle, dass nur die Gesellschaft Unipol Banca ihre Ablehnung mit dem lapidaren Hinweis auf „eine eingehende Prüfung des Antrags“ begründet hat. [nicht wiedergegeben] |
66 |
Da insgesamt zwölf Finanzinstitute die von den Antragstellerinnen beantragte Bankbürgschaft aus den vorstehend dargelegten Gründen abgelehnt haben, haben die Antragstellerinnen rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass es ihnen objektiv unmöglich ist, diese Bankbürgschaft beizubringen, zumal die Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen bereits zwei oder drei Ablehnungen für ausreichend gehalten hat (Beschlüsse vom 13. Juli 2006, Romana Tabacchi/Kommission,T‑11/06 R, Slg, EU:T:2006:217, Rn. 102 und 103, und 1. garantovaná/Kommission, oben in Rn. 44 angeführt, EU:T:2011:63, Rn. 56). |
67 |
Keines der von der Kommission hiergegen vorgebrachten Argumente greift durch. |
68 |
Erstens wirft die Kommission den Antragstellerinnen vor, die Ressourcen der CCPL-Gruppe nicht hinreichend ausgeschöpft zu haben, indem sie sich nicht an die Mitgliedsgenossenschaften von CCPL, insbesondere an CMB oder an CCFS gewandt hätten, die jeweils 19,42 % des Kapitals von CCPL besäßen und über ausreichende Ressourcen verfügten (siehe oben, Rn. 28), um eine finanzielle Hilfe zu erhalten, die als Stütze für etwaige Bankbürgschaften dienen könnte. |
69 |
Dazu ist festzustellen, dass die Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit eines Konzerns, zu der ein Unternehmen gehört, das den Erlass vorläufiger Maßnahmen beantragt, darauf beruht, dass die objektiven Interessen dieses Unternehmens nicht unabhängig von den Interessen der Personen sind, die sie kontrollieren oder zum selben Konzern gehören, wobei dies unter Berücksichtigung der Eigentümerstruktur sogar für Minderheitsbeteiligungen in Höhe von 50 %, 40 % und selbst 30 % des Kapitals des betreffenden Unternehmens gilt (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse Westfälische Drahtindustrie u. a./Kommission, oben in Rn. 42 angeführt, EU:T:2011:178, Rn. 38, und vom 21. Juni 2011, MB System/Kommission,T‑209/11 R, EU:T:2011:297, Rn. 35, und vom 26. September 2013, Tilly-Sabco/Kommission,T‑397/13 R, EU:T:2013:502, Rn. 41). |
70 |
Jedoch besteht, wie oben in Rn. 39 und 40 ausgeführt, keine hinreichend große Übereinstimmung zwischen den Interessen innerhalb der CCPL-Gruppe, insbesondere den Genossenschaften CMB und CCFS einerseits und den Antragstellerinnen, der Dachgesellschaft und den Schwestergenossenschaften andererseits. Das Konzept des Konzerns im Sinne der vorstehenden Randnummer ist in einem genossenschaftlichen Umfeld daher nicht einschlägig, so dass die finanziellen Ressourcen von CMB und CCFS im vorliegenden Fall nicht berücksichtigt werden können. Unter diesen Umständen muss nicht festgestellt werden, ob eine Minderheitsbeteiligung von nur 19,42 % des Kapitals groß genug ist, um das Konzept des Konzerns zugrunde legen zu können. [nicht wiedergegeben] |
75 |
Nach alledem haben die Antragstellerinnen die Dringlichkeit der von ihnen begehrten einstweiligen Anordnung rechtlich hinreichend dargetan. |
Zur Interessenabwägung
[nicht wiedergegeben]
77 |
Im vorliegenden Fall haben die Antragstellerinnen nicht nur die Dringlichkeit der beantragten vorläufigen Maßnahmen dargetan, indem sie aufgezeigt haben, dass es ihnen unmöglich ist, eine Bankbürgschaft für ihre Geldbußen beizubringen, sondern auch das Vorliegen eines fumus boni iuris in Bezug auf ihren Hilfsantrag auf Herabsetzung der Geldbußen nachgewiesen. Es ist daher anzuerkennen, das sie ein berechtigtes Interesse an der Aussetzung des Vollzugs ihrer Verpflichtung zur Beibringung einer Bankbürgschaft für die Geldbußen haben (vgl. in diesem Sinne Beschluss Westfälische Drahtindustrie u. a./Kommission, oben in Rn. 42 angeführt, EU:T:2011:178, Rn. 63). Würde ihrem Antrag auf Erlass vorläufiger Maßnahmen nicht entsprochen, könnte die Kommission nämlich die Geldbußen sofort beitreiben, was aller Wahrscheinlichkeit nach zur Zwangsliquidation der Antragstellerinnen führen würde, die nach den Ausführungen der Kommission in Anhang IV des angefochtenen Beschlusses vermieden werden sollte. Außerdem steht fest, dass die CCPL-Gruppe derzeit 822 Arbeitnehmer beschäftigt, davon 647 im Bereich der Verpackungen für frische Lebensmittel. Im Fall einer Zwangsliquidation stiege die Zahl der Arbeitslosen, was die Kommission in Anhang IV des angefochtenen Beschlusses ausdrücklich eingeräumt hat. |
78 |
Soweit die Kommission sich auf das öffentliche Interesse an der Erhaltung der Wirksamkeit der Wettbewerbsregeln der Europäischen Union und die Abschreckungswirkung der von ihr verhängten Geldbußen beruft, ist festzustellen, dass dieses Interesse dem Grundsatz einer selbst beträchtlichen Herabsetzung dieser Geldbußen nicht entgegensteht. Nach Art. 35 der Leitlinien von 2006 behält sich die Kommission nämlich ausdrücklich das Recht vor, Geldbußen zu ermäßigen, um der fehlenden Leistungsfähigkeit der betroffenen Unternehmen Rechnung zu tragen. Somit kann dem Richter im Verfahren der einstweiligen Anordnung, der für die Dauer des Hauptsacheverfahrens einen Ausgleich zwischen der Abschreckungswirkung der verhängten Geldbuße und der finanziellen Situation des mit der Geldbuße belegten Unternehmens finden muss, nicht das Recht abgesprochen werden, eine Befreiung von der Verpflichtung zur Beibringung einer Bankbürgschaft zu gewähren. |
80 |
Nach alledem ist angesichts der besonderen Umstände, die die tatsächliche und die rechtliche Lage der Antragstellerinnen kennzeichnen, insbesondere des Umstands, dass es ihnen objektiv unmöglich ist, zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Bankbürgschaft für die gegen sie festgesetzten Geldbußen beizubringen, den Interessen der Antragstellerinnen Vorrang vor den Interessen der Kommission einzuräumen. |
81 |
Es ist jedoch zu beachten, dass zum einen ein fumus boni iuris nur für den auf eine Herabsetzung der Geldbußen gerichteten Hilfsantrag bejaht worden ist und zum anderen die Antragstellerinnen sich in ihren Schriftsätzen vom 28. Oktober und vom 18. und 30. November 2015 zu einer Ratenzahlung der Geldbußen bereit erklärt haben. Hierzu haben sie vorgetragen, dass der Restrukturierungsplan der CCPL-Gruppe, der den Gläubigerbanken zur Genehmigung vorliege, ihnen gegenwärtig erlaube, einen Betrag von [vertraulich] Euro für die Zahlung der Geldbußen vorzusehen. Außerdem haben sie – vorbehaltlich der Zustimmung der Gläubigerbanken – ihre Bereitschaft erklärt, die möglichen Erlöse von bis zu [vertraulich] Euro oder sogar noch mehr aus dem geplanten Verkauf der Anteile an Refincoop, Erzelli Energia und Smec für die Zahlung der Geldbußen zu verwenden. |
82 |
In ihrem Schriftsatz vom 30. November 2015 haben die Antragstellerinnen hinzugefügt, dass sie nach dem Verkauf der Anteile an Refincoop, Erzelli Energia und Smec als einzigen Vermögenswert nur noch die Anteile an [vertraulich] hätten. Sie erwögen den Verkauf von [vertraulich], deren Bilanzwert sich auf über [vertraulich] Euro belaufe, damit die Kommission von Handlungen zur Vollstreckung des angefochtenen Beschlusses gegen sie absehe und sie den Gesamtbetrag der gegen sie verhängten Geldbußen bezahlen könnten. In diesem Fall lasse sich unmöglich vorhersagen, wann die Veräußerung stattfinde und innerhalb welchen Zeitraums die daraus erzielten Einnahmen für die Zahlung der Geldbußen verwendet werden könnten. Außerdem unterliege der mögliche Verkauf von [vertraulich] der Zustimmung der Gläubigerbanken. [nicht wiedergegeben] |
85 |
Unter diesen Umständen ist, um den finanziellen Interessen der Union und der Abschreckungswirkung der verhängten Geldbußen Rechnung zu tragen, die beantragte Befreiung nur unter der Bedingung zu gewähren, dass die Antragstellerinnen:
[nicht wiedergegeben] |
Aus diesen Gründen hat DER PRÄSIDENT DES GERICHTS beschlossen: |
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Luxemburg, den 15. Dezember 2015 |
Der Kanzler E. Coulon Der Präsident M. Jaeger |
( *1 ) Verfahrenssprache: Italienisch.
( 1 ) Es werden nur die Randnummern des Beschlusses wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.
( 2 ) Nicht wiedergegebene vertrauliche Daten.
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Referenzen
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