Urteil vom Europäischer Gerichtshof - C-517/13

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

17. Dezember 2015 ( * )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste — Richtlinie 97/13/EG — Art. 4 und 11 — Richtlinie 2002/20/EG — Art. 6 — Bedingungen bei Allgemeingenehmigungen und Nutzungsrechten für Funkfrequenzen und für Nummern sowie besondere Verpflichtungen — Art. 13 — Entgelt für Rechte für die Installation von Einrichtungen — Geltungsbereich — Regelung einer Provinz — Abgabe auf Masten und/oder Sende- und Empfangseinrichtungen des Mobilfunknetzes“

In der Rechtssache C‑517/13

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal de première instance de Namur (Gericht erster Instanz Namur, Belgien) mit Entscheidung vom 11. September 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 27. September 2013, in dem Verfahren

Proximus SA, ehemals Belgacom SA, die das von der Belgacom Mobile SA in Gang gesetzte Verfahren aufgenommen hat,

gegen

Province de Namur

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Zweiten Kammer M. Ilešič in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer, der Richterin C. Toader sowie der Richter D. Šváby, E. Jarašiūnas (Berichterstatter) und C. G. Fernlund,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. September 2015,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Proximus SA, ehemals Belgacom SA, die das von der Belgacom Mobile SA in Gang gesetzte Verfahren aufgenommen hat, vertreten durch H. De Bauw und B. Den Tandt, advocaten,

der Provinz Namur (Province de Namur), vertreten durch J. Bourtembourg und N. Fortemps, avocats,

der belgischen Regierung, vertreten durch J. Van Holm und M. Jacobs als Bevollmächtigte im Beistand von J. Bourtembourg, avocat,

der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Hottiaux und L. Nicolae als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 6 und 13 der Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste (Genehmigungsrichtlinie) (ABl. L 108, S. 21).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Proximus SA, ehemals Belgacom SA, die das von der Belgacom Mobile SA in Gang gesetzte Verfahren aufgenommen hat, und der Provinz Namur über eine Abgabe auf im Gebiet dieser Provinz errichtete Masten sowie Sende- und Empfangseinrichtungen des Mobilfunknetzes.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 97/13/EG

3

Die Richtlinie 97/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. April 1997 über einen gemeinsamen Rahmen für Allgemein- und Einzelgenehmigungen für Telekommunikationsdienste (ABl. L 117, S. 15) wurde mit Wirkung vom 25. Juli 2003 durch Art. 26 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. L 108, S. 33, im Folgenden: Rahmenrichtlinie) aufgehoben.

4

Die Richtlinie 97/13 war, wie aus ihren Erwägungsgründen 1, 3, 4 und 5 hervorging, Teil der Maßnahmen zur vollständigen Liberalisierung der Telekommunikationsdienste und ‑infrastrukturen. Sie hat zu diesem Zweck einen gemeinsamen Rahmen für Genehmigungsregelungen geschaffen, der den Markteintritt neuer Betreiber erheblich erleichtern sollte. Dieser Rahmen sah zum einen Regelungen in Bezug auf die Verfahren zur Erteilung der Genehmigungen und den Inhalt dieser Genehmigungen und zum anderen Regelungen in Bezug auf die Art bzw. den Umfang der mit diesen Verfahren verbundenen finanziellen Belastungen vor, die die Mitgliedstaaten den Unternehmen im Sektor der Telekommunikationsdienste auferlegen konnten.

5

Art. 4 („Auflagen bei Allgemeingenehmigungen“) der Richtlinie 97/13 sah in seinem Abs. 1 vor:

„Falls die Mitgliedstaaten die Erbringung von Telekommunikationsdiensten von einer Allgemeingenehmigung abhängig machen, kann diese – soweit dies begründet ist – mit den im Anhang unter den Nummern 2 und 3 aufgeführten Auflagen versehen werden. Diese Genehmigungen sollen das System mit der geringstmöglichen Belastung zum Ziel haben, mit dem die Erfüllung der einschlägigen grundlegenden Anforderungen und der einschlägigen anderen im öffentlichen Interesse liegenden Anforderungen der Nummern 2 und 3 des Anhangs sichergestellt wird.“

6

Art. 11 („Gebühren und Abgaben für Einzelgenehmigungen“) dieser Richtlinie bestimmte:

„(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass von dem Unternehmen im Rahmen der Genehmigungsverfahren nur die Gebühren erhoben werden, die die für die Ausstellung, Verwaltung, Kontrolle und Durchsetzung der jeweiligen Einzelgenehmigungen anfallenden Verwaltungskosten abdecken. Die Gebühren für eine Einzelgenehmigung müssen in Relation zu dem damit verbundenen Aufwand stehen und sind mit ausreichenden Einzelheiten in geeigneter Form zu veröffentlichen, damit die Kenntnisnahme ohne Schwierigkeiten möglich ist.

(2)   Ungeachtet des Absatzes 1 können die Mitgliedstaaten ihren nationalen Regulierungsbehörden für den Fall, dass auf knappe Ressourcen zurückgegriffen werden soll, gestatten, Abgaben zu erheben, die die Notwendigkeit widerspiegeln, die optimale Nutzung dieser Ressourcen sicherzustellen. Diese Abgaben müssen nichtdiskriminierend sein und insbesondere der Notwendigkeit Rechnung tragen, die Entwicklung innovativer Dienste und den Wettbewerb zu fördern.“

Genehmigungsrichtlinie

7

Art. 1 („Ziel und Geltungsbereich“) der Genehmigungsrichtlinie bestimmt in seinem Abs. 2:

„Diese Richtlinie gilt für Genehmigungen, die für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste erteilt werden.“

8

Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) dieser Richtlinie sieht in seinem Abs. 2 Buchst. a vor, dass unter dem Begriff der „Allgemeingenehmigung“„der in einem Mitgliedstaat errichtete rechtliche Rahmen“ zu verstehen ist, „mit dem gemäß dieser Richtlinie Rechte für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze oder ‑dienste gewährleistet werden und in dem sektorspezifische Verpflichtungen festgelegt werden, die für alle oder für bestimmte Arten von elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten gelten können“.

9

Art. 6 der Genehmigungsrichtlinie umfasst die Bedingungen bei Allgemeingenehmigungen und Nutzungsrechten für Funkfrequenzen und für Nummern sowie besondere Verpflichtungen. In seinem Abs. 1 heißt es:

„Die Allgemeingenehmigung für elektronische Kommunikationsnetze oder ‑dienste und die Nutzungsrechte für Funkfrequenzen und Nutzungsrechte für Nummern können nur an die jeweils in den Teilen A, B und C des Anhangs genannten Bedingungen geknüpft werden. Die Bedingungen müssen in Bezug auf das betreffende Netz oder den betreffenden Dienst objektiv gerechtfertigt, nichtdiskriminierend, verhältnismäßig und transparent sein.“

10

Art. 13 („Entgelte für Nutzungsrechte und für Rechte für die Installation von Einrichtungen“) der Genehmigungsrichtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten können der zuständigen Behörde gestatten, bei Nutzungsrechten für Funkfrequenzen oder Nummern oder bei Rechten für die Installation von Einrichtungen auf, über oder unter öffentlichem oder privatem Grundbesitz Entgelte zu erheben, die eine optimale Nutzung dieser Ressourcen sicherstellen sollen. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Entgelte objektiv gerechtfertigt, transparent, nichtdiskriminierend und ihrem Zweck angemessen sind, und tragen den in Artikel 8 der [Rahmenrichtlinie] genannten Zielen Rechnung.“

Belgisches Recht

11

Am 17. Oktober 1997 erließ der Provinzrat Namur (Conseil provincial de Namur) eine Abgabenverordnung, mit der eine jährliche Abgabe auf Masten sowie Sende- und Empfangseinrichtungen des Mobilfunknetzes für das Steuerjahr 1998 (im Folgenden: Abgabenverordnung) eingeführt wurde.

12

Die Abgabenverordnung stellt in ihrem Art. 1 klar, dass diese Abgabe auf „im Gebiet der Provinz Namur errichtete Masten sowie Sende- und Empfangseinrichtungen [des Mobilfunkn]etzes“ zu erheben ist.

13

Nach Art. 2 dieser Abgabenverordnung ist diese Abgabe „von der natürlichen oder juristischen Person zu entrichten, die den Mast und/oder die Sende- und Empfangseinrichtung des [Mobilfunkn]etzes betreibt“.

14

Art. 3 der Abgabenverordnung sieht vor, dass die Höhe der in Rede stehenden Abgabe 100000 belgische Francs (BEF) (ungefähr 2478 Euro) pro Mast und 50000 BEF (ungefähr 1239 Euro) pro Sende- und Empfangseinrichtung des Mobilfunknetzes beträgt.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

15

Der dem Gerichtshof vorliegenden Akte ist zu entnehmen, dass die Belgacom Mobile SA, in deren Rechte die Belgacom SA eingetreten ist, aus der dann die Proximus SA geworden ist, Betreiber eines öffentlichen elektronischen Kommunikationsnetzes ist und als solcher Eigentümer und Betreiber von im Gebiet der Provinz Namur errichteten Masten und Sende- und Empfangseinrichtungen des Mobilfunknetzes.

16

Die Behörden der Provinz Namur erließen im Laufe des Jahres 1999 gemäß der Abgabenverordnung einen Abgabenbescheid, mit dem der Belgacom Mobile SA die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Abgabe für das Steuerjahr 1998 in Höhe von 328458,92 Euro auferlegt wurde. Gegen diesen Abgabenbescheid wurde Beschwerde beim Gouverneur der Provinz eingelegt. Nach deren Zurückweisung erhob die Belgacom Mobile SA am 14. Juni 2000 Klage beim Tribunal de première instance de Namur (Gericht erster Instanz Namur).

17

Zur Stützung ihrer Klage vor dem vorlegenden Gericht machte die Belgacom Mobile SA geltend, dass die Abgabenverordnung nicht mit der Genehmigungsrichtlinie vereinbar sei, da sie eine Abgabe einführe, die in den Geltungsbereich dieser Richtlinie falle und nicht die in Art. 13 der Richtlinie genannten Voraussetzungen erfülle.

18

Die Provinz Namur brachte vor, dass die Genehmigungsrichtlinie hier nicht anwendbar sein könne, da es sich bei der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Abgabe weder um eine Abgabe im Zusammenhang mit einer Allgemeingenehmigung für den Betrieb eines elektronischen Kommunikationsnetzes noch um ein Entgelt für die Installation von Einrichtungen auf, über oder unter öffentlichem oder privatem Grundbesitz handle.

19

Angesichts dieser Ausführungen hegt das vorlegende Gericht Zweifel hinsichtlich der Vereinbarkeit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Abgabe mit der Genehmigungsrichtlinie.

20

Vor diesem Hintergrund hat das Tribunal de première instance de Namur (Gericht erster Instanz Namur) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie dahin gehend auszulegen, dass er der Regelung einer nationalen Behörde oder einer Gebietskörperschaft entgegensteht, mit der zu anderen Zwecken als dem der Genehmigung eine Abgabe auf Infrastrukturen der Mobilkommunikation eingeführt wird, die im Rahmen der Tätigkeiten genutzt werden, die von einer mit der Anwendung der genannten Richtlinie zustehenden Allgemeingenehmigung gedeckt sind (gegebenenfalls indem der Fall der Errichtung der Infrastrukturen auf Privateigentum und der Fall ihrer Errichtung auf öffentlichem Eigentum unterschieden werden)?

2.

Ist Art. 6 Abs. 1 der Genehmigungsrichtlinie dahin gehend auszulegen, dass er der Regelung einer nationalen Behörde oder einer Gebietskörperschaft entgegensteht, mit der zu anderen Zwecken als denen dieser Genehmigung eine Abgabe auf Infrastrukturen der Mobilkommunikation eingeführt wird, die nicht unter den in Teil A des Anhangs der genannten Richtlinie aufgezählten Bedingungen vorkommt, insbesondere weil sie keine Verwaltungsabgabe im Sinne des Art. 12 dieser Richtlinie darstellt?

Zu den Vorlagefragen

21

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich das Vorabentscheidungsersuchen auf die Genehmigungsrichtlinie bezieht. Der Gerichtshof wird daher die Auslegungen dieser Richtlinie vornehmen, um die das vorlegende Gericht ersucht hat. Diese Richtlinie ist jedoch gemäß ihrem Art. 19 am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, d. h. am 24. April 2002, in Kraft getreten und war gemäß ihrem Art. 18 erst ab dem 25. Juli 2003 anwendbar. Dem Vorlagebeschluss ist aber zu entnehmen, dass die von der Belgacom Mobile SA am 14. Juli 2000 eingereichte Klage des Ausgangsverfahrens auf Aufhebung eines Abgabenbescheids gerichtet ist, der 1999 erlassen wurde, als noch die Richtlinie 97/13 in Kraft stand.

22

Sollte das vorlegende Gericht feststellen, dass das Ausgangsverfahren unter die Richtlinie 97/13 fällt, sind jedoch die Antworten, die im vorliegenden Urteil auf die Vorlagefragen gegeben werden, auf diesen früheren Rechtsakt übertragbar.

23

Im Wesentlichen entspricht nämlich zum einen Art. 6 Abs. 1 der Genehmigungsrichtlinie Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 97/13, denn jede dieser Bestimmungen bezweckt, die Bedingungen festzulegen, die die Mitgliedstaaten an die Allgemeingenehmigung knüpfen konnten oder können. Zum anderen entspricht Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 97/13, denn jede dieser Bestimmungen schafft den Rahmen für die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, unter bestimmten Bedingungen Entgelte einzuführen, die eine optimale Nutzung der knappen Ressourcen sicherstellen sowie den Wettbewerb, die Entwicklung des Binnenmarkts oder die Durchsetzung der Interessen der Unionsbürger fördern sollen. Aus der Entsprechung dieser Bestimmungen ergibt sich, dass die Auslegung dieser Bestimmungen der Genehmigungsrichtlinie auf die Bestimmungen der Richtlinie 97/13 übertragbar ist.

24

Mit seinen zusammen zu prüfenden Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 6 und 13 der Genehmigungsrichtlinie dahin auszulegen sind, dass sie der Erhebung einer Abgabe wie der des Ausgangsverfahrens bei einer natürlichen oder juristischen Person, die einen Mast und/oder eine Sende- und Empfangseinrichtung des Mobilfunknetzes betreibt, entgegenstehen.

25

Gemäß ihrem Art. 1 Abs. 2 gilt die Genehmigungsrichtlinie für Genehmigungen, die für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste erteilt werden.

26

Diese Richtlinie sieht nicht nur Vorschriften über die Verfahren zur Erteilung von Allgemeingenehmigungen oder Nutzungsrechten an Funkfrequenzen oder Nummern sowie zum Inhalt dieser Genehmigungen vor, sondern auch Vorschriften über die Natur bzw. das Ausmaß der finanziellen Belastungen im Zusammenhang mit diesen Verfahren, die die Mitgliedstaaten den Unternehmen im Sektor der elektronischen Kommunikationsdienste auferlegen können (vgl. Urteile Belgacom und Mobistar, C‑256/13 und C‑264/13, EU:C:2014:2149, Rn. 29, und Base Company, C‑346/13, EU:C:2015:649, Rn. 15).

27

So dürfen die Mitgliedstaaten nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen der Genehmigungsrichtlinie keine anderen Abgaben oder Entgelte für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste als die in der Richtlinie vorgesehenen erheben (Urteil Base Company, C‑346/13, EU:C:2015:649, Rn. 16; vgl. auch in diesem Sinne Urteile Vodafone España und France Telecom España, C‑55/11, C‑57/11 und C‑58/11, EU:C:2012:446, Rn. 28 und 29, und Belgacom und Mobistar, C‑256/13 und C‑264/13, EU:C:2014:2149, Rn. 30).

28

Folglich setzt die Anwendbarkeit der Bestimmungen der Genehmigungsrichtlinie auf eine Abgabe wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende voraus, dass deren Entstehungstatbestand an das Verfahren der Allgemeingenehmigung anknüpft, mit der nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Genehmigungsrichtlinie Rechte für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze oder ‑dienste gewährleistet werden (Urteil Base Company, C‑346/13, EU:C:2015:649, Rn. 17; vgl. auch in diesem Sinne Urteile Fratelli De Pra und SAIV, C‑416/14, EU:C:2015:617, Rn. 41, Kommission/Frankreich, C‑485/11, EU:C:2013:427, Rn. 30, 31 und 34, und Vodafone Malta und Mobisle Communications, C‑71/12, EU:C:2013:431, Rn. 24 und 25).

29

Insoweit hat der Gerichtshof zum einen darauf hingewiesen, dass Art. 6 der Genehmigungsrichtlinie die Bedingungen und besonderen Verpflichtungen regelt, mit denen die Allgemeingenehmigung und die Rechte zur Nutzung von Funkfrequenzen und von Nummern einhergehen können. Danach können die Allgemeingenehmigung für elektronische Kommunikationsnetze oder -dienste sowie die Nutzungsrechte für Funkfrequenzen und Nutzungsrechte für Nummern nur an die jeweils in den Teilen A, B und C des Anhangs dieser Richtlinie genannten Bedingungen geknüpft werden (Urteil Belgacom und Mobistar, C‑256/13 und C‑264/13, EU:C:2014:2149, Rn. 26).

30

Zum anderen hat der Gerichtshof angemerkt, dass Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie nicht alle Entgelte erfasst, die für Infrastrukturen erhoben werden, die die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste ermöglichen (Urteile Belgacom und Mobistar, C‑256/13 und C‑264/13, EU:C:2014:2149, Rn. 34, und Base Company, C‑346/13, EU:C:2015:649, Rn. 18).

31

Dieser Artikel betrifft nämlich die Modalitäten der Erhebung von Entgelten bei Nutzungsrechten für Funkfrequenzen oder Nummern oder bei Rechten für die Installation von Einrichtungen auf, über oder unter öffentlichem oder privatem Grundbesitz (Urteile Belgacom und Mobistar, C‑256/13 und C‑264/13, EU:C:2014:2149, Rn. 31, und Base Company, C‑346/13, EU:C:2015:649, Rn. 19).

32

Hier ist der Vorlageentscheidung zu entnehmen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Abgabe „von der natürlichen oder juristischen Person zu entrichten [ist], die den Mast und/oder die Sende- und Empfangseinrichtung des [Mobilfunkn]etzes betreibt“.

33

Wie sich aus den beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen ergibt, knüpft der Entstehungstatbestand dieser Abgabe, die bei einer natürlichen oder juristischen Person erhoben wird, die einen Mast und/oder eine Sende- und Empfangseinrichtung des Mobilfunknetzes betreibt, gleichgültig, ob sie Inhaberin einer nach der Genehmigungsrichtlinie erteilten Genehmigung ist, offenbar weder an das Verfahren der Allgemeingenehmigung, das die Unternehmen berechtigt, elektronische Kommunikationsnetze oder ‑dienste bereitzustellen, noch an die Allgemeingenehmigung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Genehmigungsrichtlinie an, was jedoch von dem vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

34

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs verweisen außerdem die Begriffe „Einrichtungen“ und „Installation“ in Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie auf physische Infrastrukturen, die die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste ermöglichen, bzw. auf deren physische Schaffung auf dem betreffenden öffentlichen oder privaten Grundbesitz (Urteile Belgacom und Mobistar, C‑256/13 und C‑264/13, EU:C:2014:2149, Rn. 33, und Base Company, C‑346/13, EU:C:2015:649, Rn. 21).

35

Obwohl also die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Abgabe bei einer natürlichen oder juristischen Person erhoben wird, die einen Mast und/oder eine Sende- und Empfangseinrichtung des Mobilfunknetzes betreibt, die physische Infrastrukturen darstellen, die die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste ermöglichen, ist nicht ersichtlich, dass diese Abgabe Merkmale eines Entgelts aufweist, das bei den Unternehmen, die elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste bereitstellen, für die Gewährung des Rechts der Installation von Einrichtungen erhoben wird.

36

Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass die Art. 6 und 13 der Genehmigungsrichtlinie dahin auszulegen sind, dass sie der Erhebung einer Abgabe wie der des Ausgangsverfahrens bei einer natürlichen oder juristischen Person, die einen Mast und/oder eine Sende- und Empfangseinrichtung des Mobilfunknetzes betreibt, nicht entgegenstehen.

Kosten

37

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

 

Die Art. 6 und 13 der Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste (Genehmigungsrichtlinie) sind dahin auszulegen, dass sie der Erhebung einer Abgabe wie der des Ausgangsverfahrens bei einer natürlichen oder juristischen Person, die einen Mast und/oder eine Sende- und Empfangseinrichtung des Mobilfunknetzes betreibt, nicht entgegenstehen.

 

Unterschriften


( * )   Verfahrenssprache: Französisch.

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Referenzen

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