Urteil vom Europäischer Gerichtshof - T-404/12

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

19. Januar 2016 ( *1 )

„Wettbewerb — Kartelle — Markt für Projekte im Bereich gasisolierter Schaltanlagen — Entscheidung, die nach der teilweisen Nichtigerklärung der ursprünglichen Entscheidung durch das Gericht getroffen wurde — Geldbußen — Verteidigungsrechte — Begründungspflicht — Gleichbehandlung — Ausgangsbetrag — Ausmaß des Beitrags zur Zuwiderhandlung“

In der Rechtssache T‑404/12

Toshiba Corp. mit Sitz in Tokyo (Japan), Prozessbevollmächtigte: J. MacLennan, Solicitor, A. Schulz und S. Sakellariou, Rechtsanwälte,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch N. Khan und F. Ronkes Agerbeek als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung des Beschlusses C(2012) 4381 der Kommission vom 27. Juni 2012 zur Änderung der Entscheidung K(2006) 6762 endg. vom 24. Januar 2007 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (nunmehr Art. 101 AEUV) und Artikel 83 des EWR-Abkommens, soweit sie an die Mitsubishi Electric Corp. und die Toshiba Corp. gerichtet war (Sache COMP/39.966 – Gasisolierte Schaltanlagen – Geldbußen), hilfsweise, Herabsetzung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße,

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen sowie der Richterin I. Pelikánová (Berichterstatterin) und des Richters E. Buttigieg,

Kanzler: L. Grzegorczyk, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. April 2015

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1

Die Klägerin, die Toshiba Corp., ist ein japanisches Unternehmen, das in mehreren Industriezweigen, u. a. im Bereich der gasisolierten Schaltanlagen (im Folgenden: GIS), tätig ist. Von Oktober 2002 bis April 2005 wurde ihre Tätigkeit im GIS-Bereich von dem Gemeinschaftsunternehmen TM T&D Corp. ausgeübt, das sich zu jeweils 50 % im Besitz der Klägerin und der Mitsubishi Electric Corp. (im Folgenden: Melco) befand und 2005 aufgelöst wurde.

2

Am 24. Januar 2007 erließ die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Entscheidung K(2006) 6762 endg. in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache COMP/F/38.899 – Gasisolierte Schaltanlagen) (im Folgenden: Entscheidung von 2007).

3

In der Entscheidung von 2007 stellte die Kommission eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum auf dem GIS-Markt im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zwischen dem 15. April 1988 und dem 11. Mai 2004 fest und verhängte gegen die Adressaten dieser Entscheidung, europäische und japanische GIS-Hersteller, Geldbußen, die nach der Methode berechnet wurden, die in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), und in der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3) vorgesehen ist.

4

Die in der Entscheidung von 2007 bezeichnete Zuwiderhandlung umfasste drei wesentliche Elemente:

eine am 15. April 1988 in Wien unterzeichnete Vereinbarung (im Folgenden: GQ-Abkommen) über die Zuteilung von GIS-Projekten weltweit nach vereinbarten Regeln, um Kontingente beizubehalten, die weitgehend den „geschätzten historischen Marktanteilen“ entsprachen; das Abkommen galt für die ganze Welt, ausgenommen die Vereinigten Staaten, Kanada, Japan und 17 westeuropäische Länder, und beruhte auf der Zuteilung eines „gemeinsamen japanischen Gesamtkontingents“ an japanische Hersteller und eines „gemeinsamen europäischen Gesamtkontingents“ an europäische Hersteller;

eine parallele Vereinbarung (im Folgenden: Übereinkunft), nach der einerseits die GIS-Projekte in Japan und in den Ländern der europäischen Kartellmitglieder den japanischen bzw. den europäischen Kartellmitgliedern vorbehalten waren und andererseits die GIS-Projekte in den sonstigen europäischen Ländern ebenfalls der europäischen Gruppe vorbehalten waren, da sich die japanischen Hersteller verpflichtet hatten, für Projekte in Europa keine Angebote einzureichen; im Gegenzug mussten solche Projekte der japanischen Gruppe gemeldet und auf das im GQ-Abkommen vorgesehene „gemeinsame europäische Gesamtkontingent“ angerechnet werden;

eine am 15. April 1988 in Wien unterzeichnete Vereinbarung mit der Bezeichnung „E‑Group Operation Agreement for GQ-Agreement“ (Vereinbarung der E‑Gruppe über die Durchführung des GQ-Abkommens, im Folgenden: EQ-Abkommen), unterzeichnet von den Mitgliedern der europäischen Herstellergruppe, die zum Ziel hatte, die der genannten Gruppe gemäß dem GQ-Abkommen zugeteilten GIS-Projekte aufzuteilen.

5

In Art. 1 der Entscheidung von 2007 stellte die Kommission fest, dass die Klägerin im Zeitraum vom 15. April 1988 bis zum 11. Mai 2004 an der Zuwiderhandlung teilgenommen habe.

6

Für die in Art. 1 der Entscheidung von 2007 bezeichnete Zuwiderhandlung wurde gegen die Klägerin in Art. 2 dieser Entscheidung eine Geldbuße in Höhe von 90900000 Euro verhängt. Davon waren 4650000 Euro, die für die von TM T&D begangene Zuwiderhandlung verhängt wurden, gesamtschuldnerisch mit Melco zu zahlen.

7

Am 18. April 2007 erhob die Klägerin Klage gegen die Entscheidung von 2007.

8

Mit Urteil vom 12. Juli 2011, Toshiba/Kommission (T‑113/07, Slg, EU:T:2011:343), wies das Gericht zum einen die Klage ab, soweit sie auf die Nichtigerklärung von Art. 1 der Entscheidung von 2007 gerichtet war. Zum anderen erklärte es Art. 2 Buchst. h und i der Entscheidung von 2007, soweit er die Klägerin betraf, mit der Begründung für nichtig, dass die Kommission dadurch, dass sie bei der Berechnung der Geldbuße für die Klägerin ein anderes Referenzjahr herangezogen habe als für die europäischen Teilnehmer an der Zuwiderhandlung, den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt habe.

9

Am 23. September 2011 legte die Klägerin gegen das Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), beim Gerichtshof ein Rechtsmittel ein.

10

Am 15. Februar 2012 übermittelte die Kommission der Klägerin ein Sachverhaltsschreiben, in dem sie ihre Absicht bekundete, der Klägerin mit einer neuen Entscheidung eine Geldbuße aufzuerlegen (im Folgenden: Sachverhaltsschreiben). Die Kommission legte die Tatsachen dar, die sie für die Berechnung dieser Geldbuße unter Berücksichtigung des Urteils Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), als relevant erachtete.

11

Mit Schreiben vom 7. und 23. März 2012 nahm die Klägerin zum Sachverhaltsschreiben Stellung.

12

Am 12. Juni 2012 fand ein Treffen zwischen den Vertretern der Klägerin und den mit der Sache betrauten Kommissionsbediensteten statt.

13

Mit dem Beschluss C(2012) 4381 der Kommission vom 27. Juni 2012 zur Änderung der Entscheidung von 2007, soweit sie an Melco und an die Klägerin gerichtet war (Sache COMP/39.966 – Gasisolierte Schaltanlagen – Geldbußen) (im Folgenden: angefochtener Beschluss), wurde Art. 2 der Entscheidung von 2007 durch Hinzufügung der neuen Buchst. h und i geändert. Mit Buchst. h wurde gegen die Klägerin eine gesamtschuldnerisch mit Melco zu zahlende Geldbuße in Höhe von 4650000 Euro verhängt. Mit Buchst. i wurde gegen die Klägerin eine Geldbuße in Höhe von 56793000 Euro verhängt, für die sie allein haftet.

14

Zur Behebung der vom Gericht im Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), gerügten Ungleichbehandlung stützte sich die Kommission im angefochtenen Beschluss auf den weltweiten GIS-Umsatz im Jahr 2003. Da in diesem Jahr die GIS-Projekte der Klägerin und von Melco von TM T&D ausgeführt wurden, berücksichtigte die Kommission deren Umsatz im Jahr 2003 (Rn. 59 und 60 des angefochtenen Beschlusses).

15

Daher berechnete die Kommission erstens, um im Rahmen einer differenzierten Behandlung die jeweiligen Beiträge der verschiedenen Kartellteilnehmer widerzuspiegeln, den Marktanteil von TM T&D an gasisolieren Schaltanlagen (15 % bis 20 %) im Jahr 2003 und ordnete ihn entsprechend der in den Rn. 482 bis 488 der Entscheidung von 2007 vorgenommenen Einstufung der zweiten Kategorie zu. Folglich wurde TM T&D ein hypothetischer Ausgangsbetrag von 31000000 Euro zugewiesen (Rn. 61 des angefochtenen Beschlusses).

16

Zweitens wurde, um die unterschiedliche Fähigkeit der Klägerin und von Melco zu berücksichtigen, zur Zuwiderhandlung während des Zeitraums vor der Gründung von TM T&D beizutragen, der Ausgangsbetrag Letzterer unter ihren Anteilsinhabern im Verhältnis ihrer jeweiligen GIS-Verkäufe im Jahr 2001, dem letzten vollen Jahr vor der Gründung von TM T&D, aufgeteilt. Folglich wurde der Klägerin ein Ausgangsbetrag von 10863199 Euro und Melco ein Ausgangsbetrag von 20136801 Euro zugewiesen (Rn. 62 und 63 des angefochtenen Beschlusses).

17

Drittens wandte die Kommission auf die Klägerin auf Basis ihres Umsatzes im Jahr 2005 einen Abschreckungsmultiplikator 2 an, um die abschreckende Wirkung der Geldbuße sicherzustellen (Rn. 69 bis 71 des angefochtenen Beschlusses).

18

Viertens wurde der Ausgangsbetrag der Klägerin um 140 % erhöht, um die Dauer der Zuwiderhandlung während der Zeit vor der Gründung von TM T&D zu berücksichtigen (Rn. 73 bis 76 des angefochtenen Beschlusses).

19

Fünftens wurde der Klägerin und Melco ein Betrag auferlegt, der 15 % des hypothetischen Ausgangsbetrags von TM T&D entsprach und für den sie gesamtschuldnerisch haften, um die Dauer der Zuwiderhandlung während der Tätigkeit von TM T&D zu berücksichtigen (Rn. 77 des angefochtenen Beschlusses).

20

Sechstens schließlich wurde die gesamtschuldnerisch auferlegte Geldbuße mit dem Abschreckungsmultiplikator der Klägerin multipliziert, und dieser wurde der Differenzbetrag zwischen dem sich aus dieser Multiplikation ergebenden Betrag und dem Betrag der gesamtschuldnerisch auferlegten Geldbuße auf individueller Basis auferlegt (Rn. 78 des angefochtenen Beschlusses).

Verfahren und Anträge der Parteien

21

Mit Klageschrift, die am 12. September 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

22

Mit Beschluss des Präsidenten der Vierten Kammer des Gerichts vom 2. Mai 2013 ist das Verfahren bis zur Verkündung des Urteils in der Rechtssache C‑498/11 P, Toshiba Corp./Kommission, ausgesetzt worden.

23

Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Ersten Kammer zugeteilt worden, der deshalb die vorliegende Rechtssache zugewiesen worden ist.

24

Mit Urteil vom 19. Dezember 2013, Siemens/Kommission (C‑239/11 P, C‑489/11 P und C‑498/11 P, EU:C:2013:866), hat der Gerichtshof das von der Klägerin gegen das Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), eingelegte Rechtsmittel zurückgewiesen. Daher ist das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache wieder aufgenommen worden.

25

Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Erste Kammer) am 3. Februar 2015 beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen und die Parteien im Rahmen der in Art. 64 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 vorgesehenen prozessleitenden Maßnahmen aufgefordert, Unterlagen vorzulegen und schriftliche Fragen zu beantworten. Die Parteien sind der Aufforderung des Gerichts nachgekommen.

26

Mit Schriftsatz vom 15. April 2015, der zu den Akten genommen worden ist, hat die Klägerin zu den Antworten der Kommission auf die vom Gericht gestellten Fragen Stellung genommen. In der Anlage zu diesem Schriftsatz hat sie dem Gericht eine von ihren Anwälten nach dem Treffen vom 12. Juni 2012 erstellte Zusammenfassung übermittelt.

27

Die Parteien haben in der Sitzung vom 21. April 2015 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

28

Die Klägerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

hilfsweise, die Geldbuße herabzusetzen;

der Kommission die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten im Zusammenhang mit der Bankbürgschaft aufzuerlegen.

29

Die Kommission beantragt,

die Klage als teils offensichtlich unzulässig und teils offensichtlich jeder rechtlichen Grundlage entbehrend abzuweisen;

der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

Zum Hauptantrag auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses

30

Zur Stützung ihres Hauptantrags macht die Klägerin fünf Klagegründe geltend. Mit dem ersten rügt sie einen Verstoß gegen die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Verhältnismäßigkeit. Mit dem zweiten Klagegrund wird eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte gerügt. Mit dem dritten Klagegrund rügt sie eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung bezüglich des Ausgangsbetrags der Geldbuße. Mit dem vierten Klagegrund wird ein Verstoß gegen die Begründungspflicht geltend gemacht. Mit dem fünften Klagegrund wird ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung bei der Bestimmung des Ausmaßes der Verantwortung der Klägerin im Vergleich zu den europäischen Teilnehmern an der Zuwiderhandlung gerügt.

31

In Beantwortung der schriftlichen Frage des Gerichts hat die Klägerin erklärt, sie ziehe nach Verkündung des Urteils Siemens/Kommission, oben in Rn. 24 angeführt (EU:C:2013:866), ihren ersten Klagegrund zurück. Folglich sind nur die Klagegründe 2 bis 5 zu prüfen. Das Gericht hält es für angebracht, zunächst die Klagegründe zu prüfen, die das Verfahren, das zur Verabschiedung des angefochtenen Beschlusses geführt hat, und deren Begründung betreffen, also den zweiten und den vierten Klagegrund, und dann den dritten und den fünften Klagegrund, die die Stichhaltigkeit der Berechnung der Geldbuße in diesem Beschluss betreffen.

Zum zweiten Klagegrund, mit dem die Klägerin eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte rügt

32

Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe ihre Verteidigungsrechte verletzt, indem sie einerseits vor Erlass des angefochtenen Beschlusses keine erneute Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt habe und andererseits im Sachverhaltsschreiben nicht alle für die Berechnung der auferlegten Geldbuße wichtigen Gesichtspunkte behandelt habe.

33

Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet.

– Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes, mit dem das Fehlen einer erneuten Mitteilung der Beschwerdepunkte gerügt wird

34

Mit dem ersten Teil des zweiten Klagegrundes macht die Klägerin geltend, die Kommission hätte ihr vor Erlass des angefochtenen Beschlusses anstelle eines bloßen Sachverhaltsschreibens eine erneute Mitteilung der Beschwerdepunkte übermitteln müssen.

35

Die Mitteilung der Beschwerdepunkte stelle eine „wesentliche Verfahrensgarantie“ dar, die das rechtliche Gehör des Adressaten des Beschlusses der Kommission sicherstelle, und ein Sachverhaltsschreiben biete nicht dieselben Garantien, da es insbesondere nicht erlaube, eine Anhörung bei dem vom Sachbearbeiter-Team unabhängigen Anhörungsbeauftragten zu beantragen.

36

Die Kommission meine zu Unrecht, dass eine Mitteilung der Beschwerdepunkte nur nötig sei, wenn neue Beschwerdepunkte geltend gemacht würden. Nach der Rechtsprechung sei eine Mitteilung der Beschwerdepunkte erforderlich, um das betroffene Unternehmen in die Lage zu versetzen, sich nicht nur gegen die Feststellung einer Zuwiderhandlung, sondern auch gegen die Verhängung einer neuerlichen Geldbuße zu wehren. Diese Schlussfolgerung werde durch die Bekanntmachung der Kommission über bewährte Vorgehensweisen in Verfahren nach Artikel 101 und 102 des AEUV (ABl. 2011, C 308, S. 6, im Folgenden: Bekanntmachung über bewährte Vorgehensweisen) und auch durch die Erklärungen des für Wettbewerb zuständigen Mitglieds der Kommission bestätigt. Zudem entspreche das Ergehen einer erneuten Mitteilung der Beschwerdepunkte der Entscheidungspraxis der Kommission in mit der vorliegenden vergleichbaren Rechtssachen, in denen eine Entscheidung vom Unionsrichter für nichtig erklärt worden sei.

37

Zudem müsse nach der Rechtsprechung das Verfahren, das an die Stelle eines für nichtig erklärten Verfahrens trete, grundsätzlich genau an dem Punkt wieder aufgenommen werden, an dem der Rechtsverstoß eingetreten sei. Im vorliegenden Fall habe es sich bei dem Fehler, der die Nichtigerklärung der Entscheidung von 2007 gerechtfertigt habe, um einen materiellen Rechtsfehler gehandelt, der sich unvermeidlich auf die Gültigkeit der Vorbereitungsmaßnahmen für diese Entscheidung ausgewirkt habe, so dass eine erneute Mitteilung der Beschwerdepunkte nötig gewesen sei.

38

Nach Ansicht der Kommission war im vorliegenden Fall keine erneute Mitteilung der Beschwerdepunkte nötig, da sie sich nicht auf neue Gesichtspunkte zulasten der Klägerin gestützt habe.

39

Nach der Rechtsprechung müssen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte diese, sei es auch nur in gedrängter Form, so klar abgefasst sein, dass die Betroffenen tatsächlich erkennen können, welches Verhalten ihnen die Kommission zur Last legt. Nur unter dieser Voraussetzung kann die Mitteilung der Beschwerdepunkte nämlich den ihr durch die Unionsverordnungen zugewiesenen Zweck erfüllen, der darin besteht, den Unternehmen alle erforderlichen Angaben zur Verfügung zu stellen, damit sie sich sachgerecht verteidigen können, bevor die Kommission eine endgültige Entscheidung erlässt (vgl. Urteil vom 15. März 2006, BASF/Kommission,T‑15/02, Slg, EU:T:2006:74, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40

Zur Ausübung der Verteidigungsrechte in Bezug auf die Verhängung von Geldbußen geht aus einer ständigen Rechtsprechung hervor, dass die Kommission ihre Verpflichtung zur Wahrung des Anhörungsrechts der Unternehmen erfüllt, wenn sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich darauf hinweist, dass sie prüfen wird, ob gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen festzusetzen sind, und die für die etwaige Festsetzung einer Geldbuße wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte wie Schwere und Dauer der vermuteten Zuwiderhandlung sowie den Umstand anführt, ob diese vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde. Damit macht sie gegenüber den Unternehmen die Angaben, die diese für ihre Verteidigung nicht nur gegen die Feststellung der Zuwiderhandlung, sondern auch gegen die Festsetzung einer Geldbuße benötigen (vgl. Urteil BASF/Kommission, oben in Rn. 39 angeführt, EU:T:2006:74, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41

Hat die Kommission die tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte angegeben, auf die sie ihre Berechnung der Geldbußen stützen wird, so braucht sie in diesem Zusammenhang nicht zu erläutern, in welcher Weise sie jeden dieser Gesichtspunkte bei der Bemessung der Geldbuße heranziehen wird. Solche Angaben über den Betrag der beabsichtigten Geldbußen wären eine nicht sachgerechte Vorwegnahme der Entscheidung der Kommission, solange den Unternehmen keine Gelegenheit gegeben wurde, zu den ihnen zur Last gelegten Beschwerdepunkten Stellung zu nehmen (vgl. Urteil BASF/Kommission, oben in Rn. 39 angeführt, EU:T:2006:74, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42

Im vorliegenden Fall wird nicht bestritten, dass dem Erlass der Entscheidung von 2007 eine der Klägerin am 20. April 2006 übersandte Mitteilung der Beschwerdepunkte vorausgegangen ist (im Folgenden: Mitteilung der Beschwerdepunkte von 2006). Da der angefochtene Beschluss ausdrücklich vorsieht, dass er eine die Entscheidung von 2007 abändernde Entscheidung darstellt, ist das Verfahren zu seinem Erlass als Folge des Verfahrens anzusehen, das zur Entscheidung von 2007 geführt hat. Somit kann der Inhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte von 2006 bei der Prüfung, ob die Verteidigungsrechte der Klägerin in dem Verfahren, das zum angefochtenen Beschluss geführt hat, gewahrt worden sind, berücksichtigt werden, soweit er nicht durch das Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:34), in Frage gestellt worden ist.

43

In Punkt 9.2 der Mitteilung der Beschwerdepunkte hat die Kommission ausdrücklich ihre Absicht angekündigt, gegen die Adressaten dieses Dokuments Geldbußen zu verhängen (Rn. 408), und die wesentlichen Faktoren für die Festsetzung dieser Geldbußen angeführt (Rn. 409 bis 416), darunter insbesondere die Schwere der Zuwiderhandlung, ihre vorsätzliche und dauerhafte Natur, den geheimen und institutionalisierten Charakter des Kartells, seine geografische Ausdehnung, das relative Gewicht der von den verschiedenen Unternehmen begangenen Zuwiderhandlung, insbesondere in Bezug auf die Dauer ihrer Teilnahme und ihre Bedeutung auf dem GIS-Markt, und den Willen, eine abschreckende Wirkung der Geldbußen sicherzustellen.

44

Daher erfüllt die Mitteilung der Beschwerdepunkte von 2006 entgegen dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung die Anforderungen, die nach der oben in Rn. 40 angeführten Rechtsprechung in Bezug auf die Achtung der Verteidigungsrechte zu erfüllen sind.

45

Zudem wurde zwar die Entscheidung von 2007 mit dem Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), für nichtig erklärt, soweit der Klägerin eine Geldbuße auferlegt worden war, doch wurden in diesem Urteil Richtigkeit, Relevanz und Stichhaltigkeit der der Berechnung der Geldbußen zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte von 2006 dargelegt werden und oben in Rn. 43 zusammengefasst worden sind, nicht in Frage gestellt.

46

Insbesondere hat das Gericht weder den Willen der Kommission, eine abschreckende Wirkung der Geldbußen sicherzustellen, noch ihre Entscheidung, das relative Gewicht der von den verschiedenen Unternehmen begangenen Zuwiderhandlungen in Bezug auf deren Wichtigkeit auf dem GIS-Markt zu berücksichtigen, beanstandet, da es nur festgestellt hat, dass es unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht gerechtfertigt sei, dabei für verschiedene Unternehmen verschiedene Referenzjahre zugrunde zu legen.

47

Folglich stehen die im Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), getroffenen Feststellungen einer Berücksichtigung der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte von 2006 enthaltenen Angaben über die Bestimmung der Geldbuße bei der Prüfung der Frage, ob die Verteidigungsrechte der Klägerin in dem Verfahren, das zum angefochtenen Beschluss führte, gewahrt worden sind, nicht entgegen.

48

Die anderen von der Klägerin zur Stützung des ersten Teils des zweiten Klagegrundes vorgebrachten Argumente vermögen diese Schlussfolgerung nicht in Frage zu stellen.

49

Die Klägerin beruft sich auf die Rechtsprechung, wonach eine Mitteilung der Beschwerdepunkte erforderlich sei, um das betroffene Unternehmen in die Lage zu versetzen, sich nicht nur gegen die Feststellung einer Zuwiderhandlung, sondern auch gegen die Verhängung einer Geldbuße zu wehren, die in der vorherigen Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht erwähnt worden sei (Urteil vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission,T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, Slg, EU:T:2000:77, Rn. 480).

50

Diese Rechtsprechung betrifft jedoch Situationen, in denen die Kommission in der endgültigen Entscheidung sowohl gegen Unternehmen als auch gegen Unternehmensvereinigungen Geldbußen festgesetzt hatte, während in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nur auf die Absicht der Kommission Bezug genommen worden war, gegen die Unternehmen Geldbußen zu verhängen. Daher waren die Verteidigungsrechte der Unternehmensvereinigungen insofern verletzt worden, als sie nicht aufgefordert worden waren, zur möglichen Ausübung der Befugnis der Kommission, gegen sie Geldbußen zu verhängen, Stellung zu nehmen (Urteil Cimenteries CBR u. a./Kommission, oben in Rn. 49 angeführt, EU:T:2000:77, Rn. 480).

51

Demgegenüber wurde im vorliegenden Fall in Rn. 408 der Mitteilung der Beschwerdepunkte von 2006 ausdrücklich auf die Absicht der Kommission hingewiesen, gegen die Adressaten dieses Dokuments, einschließlich der Klägerin, Geldbußen zu verhängen. Folglich erging das Urteil Cimenteries CBR u. a./Kommission, oben in Rn. 49 angeführt (EU:T:2000:77) unter deutlich andersgelagerten tatsächlichen Umständen, so dass es die Argumente der Klägerin nicht stützen kann.

52

Gleiches gilt für die angebliche Entscheidungspraxis der Kommission, für die drei Entscheidungen angeführt werden.

53

Was die Entscheidung 94/215/EGKS der Kommission vom 16. Februar 1994, erneut erlassen am 8. November 2006 (Sache COMP/38.907 – Stahlträger), betrifft, so war die Übermittlung einer erneuten Mitteilung der Beschwerdegründe deshalb nötig, weil die vorherige Mitteilung der Beschwerdegründe an die TradeArbed SA geschickt worden war, während die Geldbuße schließlich gegen ihre Muttergesellschaft Arbed SA verhängt wurde. Was die Entscheidung 98/247/EGKS der Kommission vom 21. Januar 1998, erneut erlassen am 20. Dezember 2006 (Sache COMP/39.234 – Neuerlass Legierungszuschlag), betrifft, so bestand deren Rechtswidrigkeit darin, dass in der endgültigen Entscheidung die ThyssenKrupp Stainless AG für die Teilnahme der Thyssen Stahl AG am Kartell haftbar gemacht wurde, ohne dass diese Zuweisung der Verantwortung in der Mitteilung der Beschwerdepunkte angekündigt worden war und ohne dass sich folglich die ThyssenKrupp Stainless AG dagegen hatte verteidigen können. Was die Entscheidung der Kommission vom 20. Dezember 2001, erneut erlassen am 23. Juni 2010 (Sache COMP/36.212 – Selbstdurchschreibepapier), betrifft, so bestand deren Rechtswidrigkeit demgegenüber darin, dass die Bolloré SA der früheren Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht die Absicht der Kommission entnehmen konnte, sich auf ihre direkte Beteiligung am Kartell zu stützen und nicht bloß auf die Beteiligung ihrer Tochtergesellschaft Copigraph.

54

Daher lag in diesen drei Fällen der Grund für die Übermittlung einer erneuten Mitteilung der Beschwerdepunkte darin, dass die Kommission entschieden hatte, den Unternehmen ein Verhalten zuzurechnen, auf das in den früheren Mitteilungen der Beschwerdepunkte nicht Bezug genommen worden war. Dies ist hier nicht der Fall, was die Klägerin im Übrigen auch nicht bestreitet.

55

Die Bekanntmachung über bewährte Vorgehensweisen sieht zum Inhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte in Bezug auf die Verhängung von Geldbußen Folgendes vor:

„84.

Aus der Mitteilung der Beschwerdepunkte geht eindeutig hervor, ob die Kommission beabsichtigt, eine Geldbuße gegen ein Unternehmen zu verhängen, wenn sich die Beschwerdepunkte bestätigen sollten (Artikel 23 der Verordnung [EG] Nr. 1/2003). In der Mitteilung der Beschwerdepunkte wird dann auf die einschlägigen Grundsätze der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen verwiesen. In der Mitteilung der Beschwerdepunkte sind die tatsächlichen und rechtlichen Umstände genannt, die zur Verhängung einer Geldbuße führen können, so z. B. die Dauer und Schwere einer Zuwiderhandlung und die Frage, ob die Zuwiderhandlung vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde. Aus der Mitteilung der Beschwerdepunkte geht ferner deutlich genug hervor, dass bestimmte Sachverhalte als erschwerende bzw. soweit möglich als mildernde Umstände angesehen werden könnten.

85.

Obwohl für die Kommission diesbezüglich keine rechtliche Verpflichtung besteht, ist sie im Sinne einer verbesserten Transparenz bestrebt, (unter Verwendung der verfügbaren Informationen) außerdem weitere Umstände, die anschließend in die Berechnung der Geldbuße einfließen können, in der Mitteilung der Beschwerdepunkte anzugeben, wie z. B. relevante Absatzzahlen oder das Jahr/die Jahre, die für diese Zahlen herangezogen werden. Solche Informationen können den Parteien auch nach der Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt werden. In beiden Fällen erhalten die Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme.“

56

Zunächst bestimmt, wie die Kommission geltend macht, Rn. 7 der Bekanntmachung über bewährte Vorgehensweisen ausdrücklich, dass diese „Bekanntmachung … weder neue Rechte oder Pflichten [begründet,] noch ändern sich durch sie die Rechte und Pflichten, die aus dem AEUV, der Verordnung (EG) Nr. 1/2003, der Durchführungsverordnung und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union erwachsen“. Daher kann die Bekanntmachung über bewährte Vorgehensweisen in keinem Fall von der oben in den Rn. 39 bis 41 dargelegten Rechtsprechung abweichen.

57

Diese Feststellung gilt sodann umso mehr in Bezug auf die in Rn. 85 der Bekanntmachung über bewährte Vorgehensweisen angeführten Umstände, da die Kommission ausdrücklich erklärt hat, dass deren Angabe in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung erfolgt sei und sie den betroffenen Unternehmen diese Umstände jedenfalls auch in einem späteren Stadium hätte mitteilen können.

58

Schließlich entsprechen die in Rn. 84 der Bekanntmachung über bewährte Vorgehensweisen angeführten Umstände jenen, auf die sich die oben in den Rn. 39 bis 41 erörterte Rechtsprechung bezieht. Unter diesen Umständen geht aus der oben in den Rn. 43 und 44 durchgeführten Prüfung hervor, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte von 2006 den Anforderungen von Rn. 84 der Bekanntmachung über bewährte Vorgehensweisen genügt.

59

Folglich wird das Vorbringen der Klägerin durch die Prüfung der Bekanntmachung über bewährte Vorgehensweisen nicht erhärtet.

60

Gleiches gilt für die Erklärungen vom 14. April 2011 des für Wettbewerb zuständigen Kommissionsmitglieds, auf die sich die Klägerin beruft. Zum einen sind solche Erklärungen für die Kommission beim Erlass von Entscheidungen, mit denen Geldbußen wegen Verstoßes gegen Wettbewerbsregeln verhängt werden, nicht verbindlich. Zum anderen deutet die Stellungnahme des Kommissionsmitglieds, so wie sie von der Klägerin berichtet wird, auf ein mögliches politisches Engagement hin und ist nicht Ausdruck einer bestehenden bindenden Rechtsregel.

61

Die Klägerin macht auch geltend, dass es sich bei dem Fehler, der die Nichtigerklärung der Entscheidung von 2007 gerechtfertigt habe, um einen materiellen Rechtsfehler gehandelt habe, der sich unvermeidlich auf die Gültigkeit der Vorbereitungsmaßnahmen für diese Entscheidung ausgewirkt habe, so dass eine erneute Mitteilung der Beschwerdepunkte nötig gewesen sei.

62

Jedoch erläutert die Klägerin nicht, inwiefern sich aus dem Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), die Fehlerhaftigkeit der Vorbereitungsmaßnahmen für die Entscheidung von 2007 ergeben soll.

63

Zudem bezogen sich jedenfalls, wie bereits im Wesentlichen oben in den Rn. 45 und 46 festgestellt worden ist, die Beanstandungen des Gerichts im Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), weder auf die Feststellung der Tatsachen und die rechtliche Würdigung der von der Klägerin begangenen Zuwiderhandlung noch auf die Bestimmung der Faktoren, die bei der Berechnung der Geldbuße zu berücksichtigen waren. Das Gericht hat nur die Auswahl der Referenzdaten beanstandet, die für die detaillierte Berechnung heranzuziehen waren, was folglich die einzige Vorbereitungsmaßnahme ist, deren Fehlerhaftigkeit sich aus dem Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), ergeben kann. Aus der oben in den Rn. 39 bis 41 angeführten Rechtsprechung geht hervor, dass die Berechnung in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht enthalten sein muss, da es im Hinblick auf die Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen ausreicht, wenn die maßgeblichen Faktoren angegeben sind. Folglich wird auch mit dem Argument betreffend die Vorbereitungsmaßnahmen nicht dargetan, dass im vorliegenden Fall eine erneute Mitteilung der Beschwerdepunkte nötig war.

64

Nach alledem ist zunächst festzustellen, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte von 2006 der Klägerin alle für eine sachgerechte Verteidigung erforderlichen Gesichtspunkte zur Verfügung gestellt hat, auch was die Verhängung der Geldbuße betraf, dass ferner Richtigkeit, Relevanz und Stichhaltigkeit dieser Gesichtspunkte durch das Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), nicht berührt worden sind, und schließlich, dass sich die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht auf neue gegen die Klägerin gerichtete Gesichtspunkte gestützt hat, die nicht schon in der Mitteilung der Beschwerdepunkte von 2006 enthalten waren.

65

Unter diesen Umständen war die Kommission nicht verpflichtet, der Klägerin eine erneute Mitteilung der Beschwerdepunkte zu übermitteln, so dass der erste Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen ist.

– Zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes, mit dem ein Verstoß gegen den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör in Bezug auf den zusätzlichen Betrag gerügt wird

66

Mit dem zweiten Teil des zweiten Klagegrundes trägt die Klägerin vor, ihre Verteidigungsrechte seien dadurch verletzt worden, dass das Sachverhaltsschreiben trotz der Verpflichtung der Kommission, darin so viele Angaben zur Berechnungsmethode wie möglich zu machen, nicht alle für die Berechnung des Betrags der Geldbuße wichtigen Gesichtspunkte enthalten habe.

67

Aus dem Sachverhaltsschreiben sei die Absicht der Kommission hervorgegangen, gegen die Klägerin aufgrund der Anwendung des oben in Rn. 20 beschriebenen Abschreckungsmultiplikators für den Zeitraum der Tätigkeit von TM T&D einen zusätzlichen Betrag von 4,65 Mio. Euro als Geldbuße zu verhängen (im Folgenden: zusätzlicher Betrag).

68

Folglich habe die Klägerin keine Gelegenheit zur Stellungnahme zur Anwendung des in Rn. 78 des angefochtenen Beschlusses angesprochenen zusätzlichen Betrags gehabt, so dass die Kommission ihre Verteidigungsrechte verletzt habe.

69

Die Klägerin vertritt zudem die Ansicht, dass die Auferlegung des zusätzlichen Betrags, neben der TM T&D auferlegten Geldbuße, falsch sei.

70

Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet.

71

Was die Rüge einer Verletzung der Verteidigungsrechte anlangt, erfordert nach der Rechtsprechung deren Wahrung, der betroffenen Person im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zu geben, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte sowie zu den von ihr zur Stützung ihrer Auffassung, dass eine Zuwiderhandlung gegen den Vertrag vorliege, herangezogenen Schriftstücken sachgerecht Stellung zu nehmen (Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission,C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg, EU:C:2004:6, Rn. 66).

72

Zudem ist bereits oben in Rn. 40 darauf hingewiesen worden, dass die Kommission ihre Verpflichtung zur Wahrung des Anhörungsrechts der Unternehmen erfüllt, wenn sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich darauf hinweist, dass sie prüfen wird, ob gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen festzusetzen sind, und die für die etwaige Festsetzung einer Geldbuße wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte anführt, womit sie gegenüber den Unternehmen die Angaben macht, die diese für ihre Verteidigung nicht nur gegen die Feststellung der Zuwiderhandlung, sondern auch gegen die Festsetzung einer Geldbuße benötigen (vgl. Urteil BASF/Kommission, oben in Rn. 39 angeführt, EU:T:2006:74, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

73

Im vorliegenden Fall geht aus Rn. 78 des angefochtenen Beschlusses ausdrücklich hervor, dass der zusätzliche Betrag die abschreckende Wirkung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße sicherstellen soll. Wie oben in Rn. 43 festgestellt, wurde der Wille, die abschreckende Wirkung der Geldbuße sicherzustellen, in Punkt 9.2 der Mitteilung der Beschwerdepunkte von 2006 hinreichend dargelegt, die im vorliegenden Fall berücksichtigt werden kann (siehe oben, Rn. 42). Folglich hat die Kommission in Bezug auf den zusätzlichen Betrag die oben in den Rn. 40 bis 72 dargestellten Anforderungen der Rechtsprechung erfüllt.

74

Diese Feststellung gilt jedoch unbeschadet der Tatsache, dass die Kommission nach der Übermittlung der Mitteilung der Beschwerdepunkte verpflichtet war, gemäß der oben in Rn. 71 angeführten Rechtsprechung der Klägerin zusätzliche Gesichtspunkte zu der Art und Weise zu nennen, wie sie die abschreckende Wirkung der Geldbuße sicherzustellen beabsichtigte, um ihr zu ermöglichen, dazu sachgerecht Stellung zu nehmen, und zwar auch bezüglich der Verhängung des zusätzlichen Betrags.

75

Entgegen dem Vorbringen der Klägerin musste die Kommission allerdings, da das Sachverhaltsschreiben keinen bestimmten verfahrensrechtlichen Status hat, die betreffenden Gesichtspunkte nicht ausdrücklich in diesem Dokument anführen. Vielmehr ist zu klären, ob die Klägerin in Bezug auf den Ablauf des gesamten Verfahrens, das zum Erlass des angefochtenen Beschlusses führte, angemessen in die Lage versetzt worden ist, diese Absicht zu erkennen und darauf zu reagieren.

76

Dazu ist erstens festzustellen, dass die in diesem Zusammenhang maßgeblichen Gesichtspunkte aus der Entscheidung von 2007 hervorgehen. Rn. 491 dieser Entscheidung legt den auf die Klägerin anwendbaren Abschreckungskoeffizienten fest, während deren Rn. 503, entgegen dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, ausdrücklich vorsieht, dass der Klägerin für den Zeitraum der Tätigkeit von TM T&D ein zusätzlicher Betrag, berechnet auf Basis dieses Koeffizienten, auferlegt wird. Im Licht dieser Randnummer war die Klägerin somit auch hinsichtlich des Zeitraums der Tätigkeit von TM T&D in der Lage, zu erkennen, dass die Kommission beabsichtigte, die abschreckende Wirkung der Geldbuße sicherzustellen.

77

Zweitens enthält das Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), nichts dafür, dass die Entscheidung der Kommission, die abschreckende Wirkung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße auch hinsichtlich des Zeitraums der Tätigkeit von TM T&D sicherzustellen, nicht rechtmäßig oder unangemessen wäre, da diese Frage in diesem Urteil nicht behandelt wird.

78

Drittens hat die Kommission in Punkt 20 des Sachverhaltsschreibens dargelegt, dass sie in der neuen Entscheidung, die nach dem Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), zu erlassen war, gegen die Klägerin keine neuen Beschwerdepunkte erheben werde und dass die Berechnung der neuen Geldbuße auf der Sachverhaltswürdigung der Entscheidung von 2007 beruhen werde, womit die im Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), und im Urteil vom 12. Juli 2011, Mitsubishi Electric/Kommission (T‑133/07, Slg, EU:T:2011:345), aufgestellten Grundsätze berücksichtigt würden. In den Punkten 22, 31 und 32 des Sachverhaltsschreibens hat die Kommission an ihre Absicht erinnert, den Betrag der Geldbuße hoch genug anzusetzen, um deren abschreckende Wirkung sicherzustellen, und ausgeführt, dass sie sich bei der Beurteilung auf den Gesamtumsatz der Klägerin und von Melco stützen werde. In den Punkten 21 und 41 des Sachverhaltsschreibens hat die Kommission die Klägerin und Melco zur Stellungnahme aufgefordert, insbesondere was die Berechnungsmethode und die maßgeblichen Parameter betrifft, und ihnen dafür eine Frist gesetzt.

79

Dem Sachverhaltsschreiben konnte die Klägerin entnehmen, dass zum einen die Parameter für die Berechnung der mit der Entscheidung von 2007 verhängten Geldbuße insoweit, als sie mit dem Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), vereinbar waren, in die zu treffende Entscheidung übernommen würden und dass zum anderen diese Parameter den Willen beinhalteten, eine abschreckende Wirkung der Geldbuße sicherzustellen. Da die Kommission aufgrund dieses Willens in der Entscheidung von 2007 gegen die Klägerin einen zusätzlichen Betrag für den Zeitraum der Tätigkeit von TM T&D verhängt hatte, konnte die Klägerin erkennen, dass die Kommission ihr im angefochtenen Beschluss einen entsprechenden zusätzlichen Betrag auferlegen konnte.

80

Die Klägerin trägt vor, dass im Sachverhaltsschreiben in den Punkten 31 und 32 hinsichtlich der Verhängung eines zusätzlichen Betrags nicht auf die Entscheidung von 2007 Bezug genommen worden sei, während dies hinsichtlich sonstiger Aspekte der Berechnung des Betrags der Geldbuße sehr wohl geschehen sei, insbesondere in den Punkten 26 und 39.

81

Ohne dass auf die Zulässigkeit dieses Arguments, die von der Kommission in Frage gestellt wird, eingegangen zu werden braucht, genügt der Hinweis, dass, wie bereits oben in den Rn. 78 und 79 dargelegt, der Umstand, dass die zu erlassende Entscheidung so weit wie möglich auf den Parametern der Entscheidung von 2007 beruhen werde, eindeutig aus dem Sachverhaltsschreiben hervorging, ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichem Bezugnahme auf die Entscheidung von 2007 in den Punkten 31 und 32 dieses Schreibens.

82

Viertens hat die Klägerin in den Punkten 21 und 22 ihrer Stellungnahme zum Sachverhaltsschreiben auf den auf sie anzuwendenden Abschreckungskoeffizienten Bezug genommen, ohne die Frage aufzuwerfen, auf welchen Zeitraum er anzuwenden sei. Somit geht aus der Stellungnahme der Klägerin nicht hervor, dass es Unsicherheiten bezüglich dieses Zeitraums gegeben hätte.

83

Fünftens besteht zwischen den Parteien Uneinigkeit darüber, ob die Anwendung des Abschreckungskoeffizienten für den Zeitraum der Tätigkeit von TM T&D beim Treffen vom 12. Juni 2012 erörtert worden ist. Die Kommission behauptet, dies sei der Fall gewesen, und verweist auf das von ihr intern von diesem Treffen erstellte Protokoll. Die Klägerin bestreitet die Auslegung der Kommission und verweist auf eine von ihren Anwälten nach diesem Treffen erstellte Zusammenfassung, die ihrem Schriftsatz vom 15. April 2015 als Anlage beigefügt ist.

84

Hierzu ist festzustellen, dass zwar das interne Protokoll der Kommission unter dem zweiten Gedankenstrich auf Seite 3 eine Passage enthält, die möglicherweise dahin ausgelegt werden kann, dass sie sich auf den Abschreckungskoeffizienten für den Zeitraum der Tätigkeit von TM T&D bezieht, dass diese Passage allerdings, wie die Kommission selbst einräumt, nicht hinreichend klar formuliert ist, so dass sie vom Gericht nicht berücksichtigt werden kann.

85

Gleichwohl geht sowohl aus den anderen Teilen des internen Protokolls der Kommission, die klar und genau formuliert sind, als auch aus der von den Anwälten der Klägerin erstellten Zusammenfassung, die berücksichtigt werden kann, da sie eine Reaktion auf das Vorbringen der Kommission in Beantwortung der Fragen des Gerichts darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. April 2005, Gaki-Kakouri/Gerichtshof,C‑234/04 P, EU:C:2005:238, Rn. 32), hervor, dass nach Ansicht der Kommission keine Änderung der in der Entscheidung von 2007 angewandten und vom Gericht nicht beanstandeten Parameter für die Berechnung des Betrags der Geldbuße nötig war und dass die einzige Änderung der Methode daher das Referenzjahr betreffen musste. Wie oben in den Rn. 76 und 77 dargelegt, wandte die Kommission in der Entscheidung von 2007 den Abschreckungskoeffizienten auf den Zeitraum der Tätigkeit von TM T&D an, ohne dass dieser Gesichtspunkt für die Berechnung der Geldbuße in der Folge vom Gericht beanstandet wurde.

86

Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die von der Kommission beim Treffen vom 12. Juni 2012 vertretene Position, die aus ihrem internen Protokoll und auch aus der von den Anwälten der Klägerin erstellten Zusammenfassung hervorgeht, die anderen relevanten Gesichtspunkte bestätigte, aus denen hervorging, dass sie beabsichtigte, den Abschreckungskoeffizienten auf den Zeitraum der Tätigkeit von TM T&D anzuwenden und daher der Klägerin einen zusätzlichen Betrag aufzuerlegen.

87

Aus alledem ist zu schließen, dass die Klägerin seit der Mitteilung der Beschwerdepunkte von 2006 von der Absicht der Kommission informiert war, die abschreckende Wirkung der auferlegten Geldbuße sicherzustellen. Zumindest seit der Entscheidung von 2007 konnte sie erkennen, dass diese Absicht die Auferlegung eines zusätzlichen Betrags für den Zeitraum der Tätigkeit von TM T&D bedeutete. Diese Absicht ist durch das Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), nicht in Frage gestellt worden und wurde sowohl im Sachverhaltsschreiben als auch beim Treffen vom 12. Juni 2012 bekräftigt.

88

Unter diesen Umständen ist das Vorbringen der Klägerin nicht geeignet, darzutun, dass ihre Verteidigungsrechte hinsichtlich der Absicht der Kommission, ihr den zusätzlichen Betrag aufzuerlegen, verletzt wurden. Daher ist der zweite Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen, soweit damit eine Verletzung dieser Rechte gerügt wird.

89

Soweit die Klägerin zudem geltend macht, dass die Auferlegung einer zusätzlichen Geldbuße falsch sei, ist festzustellen, dass dieses Argument im Rahmen dieses Klagegrundes ins Leere geht, da damit keine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte gerügt wird.

90

Im Übrigen behauptet die Klägerin jedenfalls nur, dass der zusätzliche Betrag, da der angefochtene Beschluss unterschiedliche Geldbußen „für Toshiba“ und „für TM T&D“ vorgesehen habe, nicht zusätzlich zur zweiten Geldbuße auferlegt werden könne, da sich TM T&D von ihren Anteilseignern unterscheide und ihr Umsatz nicht hoch genug sei, um die Anwendung eines Abschreckungskoeffizienten zu rechtfertigen. Dieses Vorbringen beruht auf einer falschen Prämisse, denn der angefochtene Beschluss sah nicht verschiedene Geldbußen „für die Klägerin“ und „für TM T&D“ vor, sondern gegen die Klägerin wurde eine einzige Geldbuße wegen ihrer Teilnahme an der Zuwiderhandlung verhängt. Auch lässt sich aus der Tatsache, dass ein Teil der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße mit dem Zeitraum der Tätigkeit von TM T&D in Beziehung steht, nicht ableiten, dass dieser Teil der Geldbuße nicht um den zusätzlichen Betrag erhöht werden darf, um eine abschreckende Wirkung gegenüber der Klägerin sicherzustellen, die als verantwortlich für die von TM T&D begangene Zuwiderhandlung erachtet worden ist.

91

Nach alledem ist daher der zweite Teil des zweiten Klagegrundes und somit dieser Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

Zum vierten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt wird

92

Mit ihrem vierten Klagegrund macht die Klägerin geltend, die Kommission habe den Ausgangsbetrag von TM T&D, der in dem angefochtenen Beschluss für die Berechnung des Ausgangsbetrags für die Geldbuße der Klägerin verwendet worden sei, die Geldbuße für den Zeitraum der Tätigkeit von TM T&D sowie den zusätzlichen Betrag nicht in rechtlich hinreichender Weise begründet. Die Klägerin führt aus, die Basis, auf der die Kommission für TM T&D einen Ausgangsbetrag von 31000000 Euro berechnet habe, sei in der Entscheidung von 2007 nicht erläutert worden, und dieser Betrag werde in dem angefochtenen Beschluss ohne eine zusätzliche Erklärung übernommen. Folglich habe die Kommission bei der Festsetzung des Ausgangsbetrags von TM T&D willkürlich gehandelt und ihre Begründungspflicht verletzt.

93

Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet.

94

Nach der Rechtsprechung muss die in Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung die Überlegungen der Behörde, die den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen zur Wahrnehmung ihrer Rechte die Gründe für die getroffene Maßnahme erfahren können und der Unionsrichter seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. entsprechend Urteil vom 18. September 2003, Volkswagen/Kommission,C‑338/00 P, Slg, EU:C:2003:473, Rn. 124 und die dort angeführt Rechtsprechung). Die Kommission hat zwar gemäß Art. 296 AEUV die sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, von denen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung abhängt, sowie die rechtlichen Erwägungen aufzuführen, die sie zu ihrem Erlass veranlasst haben; sie braucht jedoch nicht auf alle sachlichen und rechtlichen Fragen einzugehen, die während des Verwaltungsverfahrens aufgeworfen wurden (vgl. entsprechend Urteil Volkswagen/Kommission, oben angeführt, EU:C:2003:473, Rn. 127 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können (vgl. Urteil vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg, EU:C:1998:154, Rn. 63 und die dort angeführt Rechtsprechung). Die vorstehende Rechtsprechung gilt entsprechend für Entscheidungen der Kommission, mit denen diese einen Verstoß gegen Art. 53 Abs. 1 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum feststellt.

95

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der angefochtene Beschluss ausdrücklich vorsieht, dass er eine die Entscheidung von 2007 abändernde Entscheidung darstellt, was die gegen die Klägerin und Melco verhängten Geldbußen anlangt. Unter diesen Umständen kann die Begründung der Entscheidung von 2007, soweit sie durch das Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), nicht berührt worden ist und ihr der Wortlaut dem angefochtenen Beschluss nicht entgegensteht, bei der Prüfung dieses Klagegrundes berücksichtigt werden.

96

In den Rn. 57 bis 61 des angefochtenen Beschlusses vertritt die Kommission die Auffassung, da die betreffende Zuwiderhandlung sehr schwerwiegend sei, müsse bei der Behandlung der verschiedenen Unternehmen differenziert werden, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass sie in unterschiedlicher Weise in der Lage gewesen seien, den Wettbewerb spürbar zu beeinträchtigen. Diese differenzierte Behandlung müsse in Form einer Kategorisierung der Ausgangsbeträge auf Basis der weltweiten GIS-Umsätze erfolgen, die die verschiedenen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen für das Jahr 2003 vorgelegt hätten. Unter Bezugnahme auf die in den Rn. 484 bis 488 der Entscheidung von 2007 festgesetzten Kategorisierung stellt die Kommission in Rn. 61 des angefochtenen Beschlusses fest, dass TM T&D aufgrund ihres weltweiten GIS-Umsatzes in die zweite Kategorie falle, was einem hypothetischen Ausgangsbetrag von 31000000 Euro entspreche.

97

In Rn. 483 der Entscheidung von 2007 wird zudem klargestellt, dass die Kategorien so festgelegt worden seien, dass die Unterschiede zwischen den Anteilen am GIS-Markt von Unternehmen derselben Kategorie weniger wichtig gewesen seien als die Unterschiede zwischen den Marktanteilen von Unternehmen, die verschiedenen Kategorien zugeteilt waren.

98

Im Übrigen geht aus Punkt 1A der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen hervor, dass der Ausgangsbetrag bei besonders schweren Verstößen oberhalb von 20000000 Euro liegt.

99

Aufgrund dieser Angaben konnte die Klägerin erkennen, welche Beurteilungskriterien es der Kommission ermöglicht haben, die Schwere der von ihr begangenen Zuwiderhandlung zu ermessen, so dass die Kommission ihrer Begründungspflicht genügt hat und insbesondere nicht verpflichtet war, eingehendere Ausführungen oder Zahlenangaben zur genauen Festsetzung des Ausgangsbetrags von TM T&D zu machen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission,T‑236/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg, EU:T:2004:118, Rn. 252).

100

Auch wenn die Kommission in dem angefochtenen Beschluss nicht angibt, aus welchem Grund sie für die in die zweite Kategorie eingestuften Unternehmen, darunter TM T&D, gerade einen Betrag von 31000000 Euro gewählt hat, kann diese Wahl nicht als willkürlich eingestuft werden und überschreitet nicht die Grenzen des der Kommission insoweit zustehenden Ermessens (vgl. entsprechend Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, oben in Rn. 99 angeführt, EU:T:2004:118, Rn. 224), da sie aufgrund der oben in den Rn. 96 bis 98 dargelegten Gesichtspunkte getroffen wurde.

101

Unter diesen Umständen ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen.

Zum dritten Klagegrund, mit dem die Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung bezüglich des Ausgangsbetrags der Geldbuße gerügt wird

102

Mit dem dritten Klagegrund macht die Klägerin geltend, die Kommission habe den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt, indem sie die gegen sie verhängte Geldbuße auf der Grundlage des Ausgangsbetrags von TM T&D und nicht anhand von deren Umsatz berechnet habe.

103

Die Klägerin meint, die Kommission hätte, anstatt einen hypothetischen Ausgangsbetrag für TM T&D zu bestimmen und ihn zwischen ihr und Melco aufzuteilen, zunächst den Umsatz des Jahres 2003 von TM T&D zwischen ihnen beiden aufteilen, sodann auf der Grundlage ihres jeweiligen Anteils am Umsatz von TM T&D ihre Anteile am Weltmarkt im Jahr 2003 berechnen und sie schließlich in die passende Gruppe der Ausgangsbeträge einstufen müssen, die in der Entscheidung von 2007 gemäß ihren Anteilen am Weltmarkt festgesetzt worden sei. Dann wäre sie ebenso behandelt worden wie die europäischen Hersteller.

104

Die Klägerin stützt ihre Position auf vier Argumentationslinien.

105

Erstens beruft sie sich auf die Entscheidung von 2007, das Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), und auf bestimmte Passagen des angefochtenen Beschlusses, aus denen hervorgehe, dass die Festsetzung der Geldbußen auf der Grundlage des Wertes der GIS-Verkäufe im Jahr 2003 hätte erfolgen müssen.

106

Zweitens trägt die Klägerin mehrere Argumente vor, mit denen sie im Wesentlichen eine Inkohärenz zwischen der Entscheidung, einen Ausgangsbetrag für TM T&D festzusetzen, und der Tatsache, dass die Geldbußen der Klägerin selbst auferlegt worden sind, rügt.

107

Drittens kritisiert die Klägerin die Feststellung der Kommission in Rn. 66 des angefochtenen Beschlusses, wonach die von der Klägerin vorgeschlagene Methode dazu führen würde, dass auf ihren virtuellen Umsatz im Jahr 2001 abgestellt werde.

108

Viertens habe sich die Kommission geweigert, die von ihr vorgeschlagene Methode anzuwenden, ohne eine ausreichende Begründung zu liefern und insbesondere ohne die Gründe dafür anzugeben, weshalb diese Methode falsch oder ungeeignet gewesen sein solle.

109

Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet.

110

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission bei der Festsetzung der Geldbußen über ein Ermessen verfügt, damit sie die Unternehmen dazu anhalten kann, die Wettbewerbsregeln einzuhalten (vgl. Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, oben in Rn. 99 angeführt, EU:T:2004:118, Rn. 216 und die dort angeführte Rechtsprechung).

111

Die Kommission setzt die Geldbuße anhand der Schwere und gegebenenfalls der Dauer der Zuwiderhandlung fest. Die Schwere der Zuwiderhandlung ist anhand von Kriterien wie den besonderen Umständen der Sache, ihrem Kontext und der Abschreckungswirkung der Geldbußen zu ermitteln. Objektive Gesichtspunkte wie Inhalt und Dauer der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, deren Zahl und Intensität, der Umfang des betroffenen Marktes und die Schädigung der öffentlichen Wirtschaftsordnung sind einzubeziehen. Bei der Analyse sind auch die relative Bedeutung und der Marktanteil der verantwortlichen Unternehmen sowie ein etwaiger Wiederholungsfall zu berücksichtigen (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Rn. 71 angeführt, EU:C:2004:6, Rn. 89 bis 91).

112

Jedoch muss die Kommission in jedem Einzelfall, wenn sie die Festsetzung von Geldbußen nach dem Wettbewerbsrecht beschließt, die allgemeinen Rechtsgrundsätze einhalten, zu denen der Grundsatz der Gleichbehandlung in seiner Auslegung durch die Unionsgerichte gehört (Urteil vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission,T‑59/02, Slg, EU:T:2006:272, Rn. 315). Nach der ständigen Rechtsprechung verlangt der Grundsatz der Gleichbehandlung oder Nichtdiskriminierung, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil vom 14. Mai 1998, BPB de Eendracht/Kommission,T‑311/94, Slg, EU:T:1998:93, Rn. 309 und die dort angeführte Rechtsprechung).

113

Im vorliegenden Fall ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nicht bestreitet, dass sie während des Referenzjahrs 2003 selbst keine GIS-Verkäufe verzeichnet hat, da sie ihre Tätigkeit auf diesem Sektor im Jahr 2002 an TM T&D abgetreten hatte.

114

Dieser Umstand bedeutet, dass die Geldbuße der Klägerin nicht genauso berechnet werden konnte wie jene der europäischen Adressaten der Entscheidung von 2007 und dass ihre Lage daher nicht mit der Lage Letzterer vergleichbar war.

115

Unter diesen Umständen hat sich die Kommission zu Recht dafür entschieden, für TM T&D einen hypothetischen Ausgangsbetrag festzusetzen und ihn unter ihren Anteilsinhabern aufzuteilen, anstatt die weltweiten GIS-Verkäufe von TM T&D zwischen ihren Anteilsinhabern aufzuteilen und deren individuelle Ausgangsbeträge auf der Grundlage ihrer jeweiligen Anteile an diesen Verkäufen festzusetzen.

116

Wie aus Rn. 2 des angefochtenen Beschlusses und aus Rn. 61 der Entscheidung von 2007 hervorgeht, war TM T&D ein Gemeinschaftsunternehmen, das in vollem Umfang für die Herstellung und den Verkauf gasisolierter Schaltanlagen verantwortlich war. TM T&D war also eine von ihren Anteilsinhabern verschiedene juristische Person, wenngleich sie von ihnen gemeinsam kontrolliert wurde.

117

Dies geht auch aus Punkt 7.2.7 der Entscheidung von 2007 hervor, der der Bestimmung ihrer Adressaten gewidmet ist. In den Rn. 407 und 435 dieser Entscheidung werden die Klägerin und Melco als Anteilsinhaberinnen ausdrücklich für die „von TM T&D zwischen dem 1. Oktober 2002 und dem 11. Mai 2004 begangene Zuwiderhandlung“ haftbar gemacht.

118

Das Vorbringen der Klägerin ist nicht geeignet, dieses Ergebnis in Frage zu stellen.

119

Mit ihrer ersten, oben in Rn. 105 angesprochenen Argumentationslinie macht die Klägerin geltend, aus der Entscheidung von 2007, dem Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), und den Rn. 59, 60, 62 und 66 des angefochtenen Beschlusses gehe hervor, dass die Festsetzung der Geldbußen auf der Grundlage des Werts der individuellen GIS-Verkäufe von ihr und Melco im Jahr 2003 hätte erfolgen müssen.

120

Aus den Rn. 59 und 60 des angefochtenen Beschlusses geht jedoch im Wesentlichen hervor, dass auf die Klägerin die allgemeine Regel, die in der Entscheidung von 2007 angewandt und vom Gericht im Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), übernommen worden ist, nämlich die Verwendung des Jahrs 2003 als Referenzjahr für die Festsetzung des Werts der Verkäufe, gemäß besonderen Modalitäten anzuwenden ist, da die Klägerin im genannten Jahr aufgrund der Tatsache, dass sie ihre Tätigkeit auf diesem Sektor an TM T&D abgetreten hatte, selbst keine GIS-Verkäufe verzeichnet hat.

121

Diese Auslegung wird sowohl durch die Rn. 62 und 66 des angefochtenen Beschlusses als auch durch das Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), bestätigt, in dem das Gericht die von der Kommission im angefochtenen Beschluss verwendete Methode ausdrücklich als geeignetes Beispiel angeführt hat.

122

Was die zweite, oben in Rn. 106 angesprochene Argumentationslinie betrifft, macht die Klägerin geltend, die Kommission beziehe sich zu Unrecht auf den „Anteil von TM T&D an der Zuwiderhandlung“, da sie nicht die Geldbuße von TM T&D, sondern die ihrer Muttergesellschaften habe festsetzen müssen. In diesem Zusammenhang stelle der Umsatz von TM T&D die Summe des Umsatzes der Klägerin und von Melco im Bereich der GIS dar.

123

Wie aus der vorstehenden Rn. 117 hervorgeht, steht zunächst die Tatsache, dass die Kommission sich auf die von TM T&D begangene Zuwiderhandlung bezieht, völlig im Einklang mit den Feststellungen in der Entscheidung von 2007.

124

Da TM T&D eine eigene juristische Person ist, macht die Klägerin sodann zu Unrecht geltend, dass der Umsatz von TM T&D bloß die Summe ihres eigenen und des Umsatzes von Melco im Bereich der GIS darstelle.

125

Schließlich und allgemeiner ausgedrückt kann die Tatsache, dass im angefochtenen Beschluss wegen der Auflösung von TM T&D im Jahr 2005 die Geldbußen nur gegen die Klägerin und Melco verhängt wurden, nicht zur Folge haben, dass die Kommission verpflichtet war, den Umsatz von TM T&D ungeachtet dessen künstlich aufzuspalten, dass Letztere während des Referenzjahrs auf dem Markt als eigenständiges Unternehmen unabhängig von ihren Anteilsinhabern tätig war. Dies würde nämlich bedeuten, von der Absicht der Kommission abzugehen, sich bei der Festsetzung des Betrags der Geldbußen auf die Umsätze während des genannten Jahres zu stützen.

126

Im Rahmen der dritten, oben in Rn. 107 angesprochenen Argumentationslinie bestreitet die Klägerin, dass mit einem Rückgriff auf die von ihr vorgeschlagene Methode auf „virtuelle Umsätze im Jahr 2001“ abgestellt würde. Sie trägt vor, sie habe im Jahr 2001 einen realen Umsatz gehabt und die Kommission hätte jedenfalls nicht ihren virtuellen Umsatz für das Jahr 2001, sondern jenen für das Jahr 2003 berechnen müssen, um ihn mit dem realen Umsatz der sonstigen Teilnehmer an der Zuwiderhandlung zu vergleichen.

127

In der Tat ist der Sinn des fünften Satzes von Rn. 66 des angefochtenen Beschlusses, wonach die von den Klägerinnen vorgeschlagene Methode „ungeeignet [wäre], weil sie dazu führte, dass die virtuellen Umsätze des Jahres 2001 von Melco und Toshiba mit den Umsätzen des Jahres 2003 der anderen Unternehmen verglichen würden“, nicht ganz klar, weil die Kommission u. a. den Begriff „virtueller Umsatz des Jahres 2001“ nicht definiert hat.

128

Gleichwohl hat die Kommission im dritten und vierten Satz von Rn. 66 des angefochtenen Beschlusses erklärt, dass es mit der von der Klägerin vorgeschlagenen Methode nicht möglich gewesen wäre, das Gewicht von TM T&D als einem Unternehmen, das an der Zuwiderhandlung im Jahr 2003 teilgenommen habe, ausreichend widerzuspiegeln. Im Zusammenhang mit den unmittelbar vorangehenden Sätzen drückt der fünfte Satz von Rn. 66 aus, dass nach Ansicht der Kommission die von der Klägerin vorgeschlagene Methode zur Folge hätte, den Umsatz von TM T&D unter Außerachtlassung ihrer Eigenschaft als eigenständige juristische Person künstlich aufzuspalten, um die virtuellen Umsätze ihrer Anteilsinhaber zu bestimmen. Wie aus den vorstehenden Rn. 115 bis 117 und 123 bis 125 hervorgeht, ist diese Feststellung der Kommission begründet.

129

Mit der vierten, oben in Rn. 108 angesprochenen Argumentationslinie rügt die Klägerin, dass die Kommission die Zurückweisung der von ihr vorgeschlagenen Methode nicht begründet und insbesondere keine Gründe dafür angegeben habe, weshalb diese Methode falsch oder ungeeignet gewesen sein solle.

130

Zum einen geht jedoch dieses Vorbringen der Klägerin ins Leere, da mit dem hier geprüften Klagegrund kein Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt wird.

131

Zum anderen geht dieses Vorbringen jedenfalls offensichtlich in tatsächlicher Hinsicht fehl. Wie oben in den Rn. 127 und 128 angeführt, hat die Kommission in Rn. 66 des angefochtenen Beschlusses die Gründe dargelegt, weshalb sie die von der Klägerin vorgeschlagene Methode als ungeeignet erachtet hat.

132

Aus alledem ergibt sich, dass der dritte Klagegrund zurückzuweisen ist.

Zum fünften Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung bei der Bestimmung des Ausmaßes der Verantwortung der Klägerin im Vergleich zu den europäischen Herstellern gerügt wird

133

Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt, weil sie bei der Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbußen nicht berücksichtigt habe, dass die Klägerin im Vergleich zu den europäischen Herstellern ein geringeres Maß an Verantwortung trage. Sie erklärt dazu in ihrer Klageschrift, während die europäischen Teilnehmer an zwei Zuwiderhandlungen teilgenommen hätten, nämlich an der Übereinkunft und an der Zuteilung von GIS-Projekten im EWR, hätten die japanischen Teilnehmer, darunter sie selbst, nur an der Übereinkunft teilgenommen.

134

Die Klägerin trägt vor, nach der Rechtsprechung müsse die Tatsache, dass ein Unternehmen nicht an allen Bestandteilen eines Kartells beteiligt gewesen sei, bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung und der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt werden. Im Rahmen der Anwendung der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen müsse diese Beurteilung notwendigerweise im Stadium der Festsetzung des Ausgangsbetrags erfolgen, da ein Unternehmen, das nur an einem Aspekt des Kartells beteiligt gewesen sei, eine weniger schwere Zuwiderhandlung begangen habe als ein Unternehmen, das an mehreren Aspekten dieses Kartells beteiligt gewesen sei.

135

In ihrer Erwiderung trägt die Klägerin in Beantwortung der Argumente der Kommission vor, der fünfte Klagegrund beziehe sich weder auf den Begriff der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung noch auf die Schwere ihres Verhaltens, auf die in Rn. 260 des Urteils Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt (EU:T:2011:343), Bezug genommen werde, sondern auf ihren Beitrag zum Kartell, der bei der Festsetzung des Betrags der Geldbuße zu berücksichtigen sei.

136

Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet. Sie trägt insbesondere vor, die mit der Entscheidung von 2007 festgestellte Zuwiderhandlung stelle eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung dar und die Teilnahme der japanischen Unternehmen an dieser Zuwiderhandlung sei nicht weniger schwerwiegend gewesen als jene der europäischen Unternehmen.

137

Bei Begehung einer Zuwiderhandlung durch mehrere Unternehmen ist nach der Rechtsprechung die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen von ihnen zu prüfen (vgl. Urteil vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni,C‑49/92 P, Slg, EU:C:1999:356, Rn. 150 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dass sich ein Unternehmen nicht an allen Tatbestandsmerkmalen eines Kartells beteiligt oder aber bei seiner Beteiligung eine weniger bedeutende Rolle gespielt hat, ist somit bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung und bei der Bemessung der Geldbuße zu berücksichtigen (Urteil Kommission/Anic Partecipazioni, oben angeführt, EU:C:1999:356, Rn. 90).

138

Im vorliegenden Fall ist erstens oben in den Rn. 2 bis 4 darauf hingewiesen worden, dass die Kommission in der Entscheidung von 2007 eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung festgestellt hat, die die Übereinkunft, das GQ-Abkommen und das EQ-Abkommen einschließt. Daher behauptet die Klägerin zu Unrecht, dass die europäischen Unternehmen an zwei Zuwiderhandlungen teilgenommen hätten, sie selbst jedoch nur an einer.

139

Zweitens ist der Beitrag der Klägerin, entgegen ihrem Vorbringen, nicht deshalb geringer, weil sie nicht an der Zuteilung von GIS-Projekten im EWR teilgenommen hat, die im EQ-Abkommen geregelt ist.

140

Sicherlich ist richtig, dass die japanischen Hersteller in anderer Weise als die europäischen Hersteller an den in der Entscheidung von 2007 festgestellten, auf den EWR abzielenden Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen beteiligt waren. Die japanischen Hersteller, darunter die Klägerin, verpflichteten sich nämlich im Rahmen der Übereinkunft, nicht in den EWR-Markt einzudringen, ihre Beteiligung bestand also in einem Unterlassen. Die europäischen Unternehmen hingegen teilten die verschiedenen GIS-Projekte auf diesem Markt durch aktives kollusives Handeln untereinander auf (vgl. in diesem Sinne Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt, EU:T:2011:343, Rn. 260).

141

Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass das Unterlassen der japanischen Unternehmen, einschließlich der Klägerin, eine Vorbedingung dafür war, dass die Aufteilung der GIS-Projekte im EWR unter den europäischen Herstellern nach den dafür vereinbarten Regeln erfolgen konnte (vgl. in diesem Sinne Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt, EU:T:2011:343, Rn. 261). Dadurch, dass sie ihre Verpflichtungen gemäß der Übereinkunft einhielten, leisteten die japanischen Unternehmen einen notwendigen Beitrag zum Funktionieren der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit.

142

Folglich ist der Schluss zu ziehen, dass der Beitrag der Klägerin zur Zuwiderhandlung mit jenem der europäischen Unternehmen vergleichbar ist, so dass die Kommission den Grundsatz der Gleichbehandlung nicht verletzt hat.

143

Unter diesen Umständen ist der fünfte Klagegrund zurückzuweisen.

144

Da alle zur Stützung des Hauptantrags angeführten Klagegründe zurückgewiesen worden sind, ist dieser insgesamt zurückzuweisen.

Zum hilfsweise gestellten Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße

145

Die Klägerin ersucht das Gericht, die mit dem angefochtenen Beschluss gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen. Hierzu verweist sie auf eine als Anlage zur Klageschrift vorgelegte andere Berechnung.

146

Die Kommission bestreitet die Zulässigkeit dieses Antrags und macht geltend, dass er nicht auf einen Klagegrund gestützt sei.

147

Ohne dass über die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit entschieden zu werden braucht, ist festzustellen, dass die von der Klägerin vorgeschlagene andere Berechnung nicht durch andere als die im Rahmen des Hauptantrags geprüften Argumente untermauert wird und dass sie im Wesentlichen in der Anwendung der Methode besteht, die die Klägerin im Rahmen des dritten Klagegrundes befürwortet hat. Angesichts der vorstehenden Erwägungen und wegen Fehlens weiterer Gesichtspunkte, die im vorliegenden Fall zu einer Herabsetzung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße führen könnten, besteht daher für das Gericht kein Anlass, in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung dem hilfsweise gestellten Klageantrag stattzugeben.

148

Die Klage ist daher in vollem Umfang abzuweisen.

Kosten

149

Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Klage wird abgewiesen.

 

2.

Die Toshiba Corp. trägt die Kosten.

 

Kanninen

Pelikánová

Buttigieg

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19. Januar 2016.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis

 

Vorgeschichte des Rechtsstreits

 

Verfahren und Anträge der Parteien

 

Rechtliche Würdigung

 

Zum Hauptantrag auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses

 

Zum zweiten Klagegrund, mit dem die Klägerin eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte rügt

 

– Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes, mit dem das Fehlen einer erneuten Mitteilung der Beschwerdepunkte gerügt wird

 

– Zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes, mit dem ein Verstoß gegen den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör in Bezug auf den zusätzlichen Betrag gerügt wird

 

Zum vierten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt wird

 

Zum dritten Klagegrund, mit dem die Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung bezüglich des Ausgangsbetrags der Geldbuße gerügt wird

 

Zum fünften Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung bei der Bestimmung des Ausmaßes der Verantwortung der Klägerin im Vergleich zu den europäischen Herstellern gerügt wird

 

Zum hilfsweise gestellten Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße

 

Kosten


( *1 )   Verfahrenssprache: Englisch.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen

This content does not contain any references.