Urteil vom Europäischer Gerichtshof - C-143/15

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)

25. Februar 2016 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 — Gemeinsamer Zolltarif — Kombinierte Nomenklatur — Tarifierung der Waren — Positionen 8517, 8521, 8531 und 8543 — Ware mit der Bezeichnung ‚Videomultiplexer‘“

In der Rechtssache C‑143/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) mit Entscheidung vom 13. März 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 26. März 2015, in dem Verfahren

G. E. Security BV

gegen

Staatssecretaris van Financiën,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. Biltgen (Berichterstatter) sowie der Richter A. Borg Barthet und E. Levits,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der G. E. Security BV, vertreten durch C. Bouwmeester und M. van de Leur, belastingadviseurs,

der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman und M. Gijzen als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Caeiros und R. Troosters als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Tarifpositionen 8517, 8521, 8531 und 8543 der Kombinierten Nomenklatur (im Folgenden: KN) in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1214/2007 der Kommission vom 20. September 2007 (ABl. L 286, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 2658/87).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der G. E. Security BV (im Folgenden: G. E. Security) und dem Staatssecretaris van Financiën (Staatssekretär für Finanzen) wegen der zolltariflichen Einreihung einer Ware mit der Bezeichnung „Videomultiplexer“ in die KN.

Rechtlicher Rahmen

Völkerrecht

3

Der Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens, jetzt Weltzollorganisation (WZO), wurde durch das am 15. Dezember 1950 in Brüssel unterzeichnete Abkommen zur Gründung dieses Rates errichtet. Das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS) wurde von der WZO ausgearbeitet und mit dem am 14. Juni 1983 in Brüssel geschlossenen Internationalen Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren eingeführt und mit dem dazugehörenden Änderungsprotokoll vom 24. Juni 1986 durch den Beschluss 87/369/EWG des Rates vom 7. April 1987 (ABl. L 198, S. 1) im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft genehmigt. Gemäß seinem letzten Satz wurde dieses Übereinkommen in englischer und französischer Sprache erstellt, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

4

Nach Art. 3 Abs. 1 dieses Übereinkommens verpflichtet sich jede Vertragspartei, darunter die Europäische Union, ihre Zolltarifnomenklatur und ihre Statistiknomenklaturen mit dem HS in Übereinstimmung zu bringen, alle Positionen und Unterpositionen des HS sowie die dazugehörigen Codenummern zu verwenden, ohne etwas hinzuzufügen oder zu ändern, und die Nummernfolge des HS einzuhalten. Die Vertragsparteien verpflichten sich außerdem, die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung des HS sowie alle Anmerkungen zu den Abschnitten, Kapiteln und Unterpositionen des HS anzuwenden und die Tragweite der Abschnitte, Kapitel, Positionen oder Unterpositionen des HS nicht zu verändern.

5

Gemäß der HS-Erläuterung zu Anmerkung 4 zu Abschnitt XVI des HS, die der Anmerkung 4 zu Abschnitt XVI der KN entspricht, erfasst der Ausdruck „gemeinsam eine einzige, genau bestimmte Funktion ausüben“ nur Maschinen und Maschinenkombinationen, die für die Ausübung der für die funktionelle Einheit als Ganzes charakteristischen Funktion notwendig sind; ausgeschlossen sind demnach Maschinen und Apparate mit Hilfsfunktionen, die nicht zur Funktion des Ganzen beitragen.

6

Die HS-Erläuterung zu Anmerkung 4 zu Abschnitt XVI („Funktionelle Einheiten“) lautet wie folgt:

„Diese Anmerkung ist anzuwenden, wenn eine Maschine (auch eine Maschinenkombination) aus voneinander getrennten Einzelkomponenten besteht, die dazu bestimmt sind, gemeinsam eine einzige, genau bestimmte Funktion auszuüben, die in einer der Positionen des Kapitels 84 oder – häufiger – des Kapitels 85 aufgeführt ist. Das Ganze ist in diesem Falle der Position zuzuweisen, die dieser Funktion entspricht, auch wenn (aus Gründen der Zweckmäßigkeit) die verschiedenen Einzelkomponenten voneinander getrennt oder durch Rohrleitungen (für Luft, Druckgas, Öl usw.), Kraftübertragungsvorrichtungen, elektrische Kabel oder andere Vorrichtungen miteinander verbunden sind.

Im Sinne der Anmerkung erfasst der Ausdruck ‚gemeinsam eine einzige, genau bestimmte Funktion ausüben‘ nur Maschinen und Maschinenkombinationen, die für die Ausübung der für die funktionelle Einheit als Ganzes charakteristischen Funktion notwendig sind; ausgeschlossen sind demnach Maschinen und Apparate mit Hilfsfunktionen, die nicht zur Funktion des Ganzen beitragen.

Derartige funktionelle Einheiten im Sinne der Anmerkung 4 zu diesem Abschnitt sind z. B.:

13)

Diebstahlalarmgeräte, die z. B. aus einer Infrarotlampe, einer Photozelle und einer Klingelanlage bestehen (Pos. 8531).

Einzelkomponenten, die die Bestimmungen der Anmerkung 4 zu Abschnitt XVI nicht erfüllen, sind nach eigener Beschaffenheit einzureihen. Dies ist der Fall bei Videoüberwachungssystemen im geschlossenen Schaltkreis, die aus einer Kombination einer veränderlichen Anzahl von Fernsehkameras und Videomonitoren bestehen, die durch Koaxialkabel mit einer Systemsteuerung, Schaltern, Tonanlagen/Empfängern und ggf. mit automatischen Datenverarbeitungsmaschinen (zur Datensicherung) und/oder Videorecordern (zur Bildaufzeichnung) verbunden sind.“

7

Die HS-Erläuterung zu Position 8521 lautet:

„A) Aufzeichnungsgeräte und kombinierte Aufzeichnungs- und Wiedergabegeräte

Diese Geräte können, wenn sie an eine Fernsehkamera oder ein Fernsehempfangsgerät angeschlossen werden, elektrische Impulse (analoge Signale) oder analoge Signale, die in digitale Signale (oder eine Kombination dieser Signale) gewandelt wurden, die den Bildern und dem Ton entsprechen, wie sie von der Fernsehkamera oder einem Fernsehempfangsgerät empfangen wurden, auf einen Träger aufzeichnen. Gewöhnlich werden die Bilder oder der Ton auf demselben Träger gespeichert. Die Aufzeichnung kann magnetisch oder optisch erfolgen. Gewöhnlich werden Bänder oder Platten als Aufzeichnungsträger verwendet.

Zu dieser Position gehören auch Geräte, die gewöhnlich digitale Codes, die Videobildern und Tönen entsprechen, auf eine magnetische Platte aufzeichnen, indem sie den digitalen Code von einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine übertragen (z. B. digitale Videorecorder).

Bei der magnetischen Aufzeichnung auf Band werden die Bilder und Töne in getrennten Spuren auf das Band aufgezeichnet, während bei der magnetischen Aufzeichnung auf eine Platte die Bilder und Töne als magnetisierte Muster oder Stellen in spiralförmigen Spuren auf die Oberfläche der Platte aufgezeichnet werden.

Bei der optischen Aufzeichnung werden digitale Daten, die Bildern und Tönen entsprechen[,] durch einen Laser auf eine Platte geschrieben.

Videorekorder, die Signale von einem Fernsehempfangsgerät aufzeichnen, enthalten auch einen Tuner, der die Auswahl des gewünschten Signals (oder Fernsehkanals) aus dem Frequenzband, das von der Fernsehsendestation übertragen wird, ermöglicht.

Werden die Geräte zur Wiedergabe verwendet, wandeln sie die Aufzeichnungen in Videosignale um. Diese Signale werden entweder an eine Sendestation oder an ein Fernsehempfangsgerät weitergeleitet.

…“

8

Die HS-Erläuterung zu Position 8531 hat folgenden Wortlaut:

„Zu dieser Position gehören mit Ausnahme der Signalgeräte der Pos. 8512 und 8530 alle elektrischen Hörsignalgeräte (Läutewerke, Summer und andere akustische Signalgeräte) oder Sichtsignalgeräte (Signalgeräte mit Lampen, Fallklappen, Ziffern usw.), die entweder mit der Hand zu betätigen sind, wie Türklingeln, oder automatisch betätigt werden, wie Einbruchs- oder Diebstahlalarmgeräte.

Hierher gehören u. a.:

E)

Einbruchs- oder Diebstahlalarmgeräte. Diese Geräte bestehen aus einer Alarmauslösevorrichtung und einer von ihr automatisch in Betrieb gesetzten Alarmvorrichtung (Summer, Läutewerk, Schauzeichen usw.). Von diesen Geräten gibt es mehrere Arten, z. B.:

1)

Alarmgeräte mit elektrischen Kontakten, bei denen die Alarmvorrichtung in Betrieb gesetzt wird, dadurch, dass eine Tür geöffnet wird, unsichtbar an Stufen angebrachte feine Drähte berührt oder zerrissen werden, bestimmte Fußbodenteile betreten werden usw.

2)

Alarmgeräte, die nach dem Kondensatorprinzip arbeiten und vor allem für Panzerschränke verwendet werden. Bei diesen Geräten wirken die Kapazitätsschwankungen, die durch die Annäherung einer Person hervorgerufen werden, auf einen Stromkreis und lösen so das Alarmsignal aus.

3)

Alarmgeräte mit fotoelektrischer Einrichtung, bei denen ein Strahlenbündel (meist Infrarotstrahlen) auf eine Fotozelle gerichtet wird. Wenn dieses Strahlenbündel unterbrochen wird, entstehen im Stromkreis der Fotozelle Stromschwankungen (Impulse), welche die Alarmvorrichtung betätigen.

…“

9

In der HS-Erläuterung zu Position 8543 wird Folgendes ausgeführt:

„Zu dieser Position gehören alle elektrischen Maschinen, Apparate und Geräte, die in anderen Positionen dieses Kapitels weder genannt oder inbegriffen noch in irgendeiner Position eines anderen Kapitels (vor allem der Kapitel 84 oder 90) genauer erfasst sind und auch nicht durch die Anmerkungen zu Abschnitt XVI oder zu diesem Kapitel ausgenommen sind.

Die zu dieser Position gehörenden elektrischen Maschinen, Apparate und Geräte müssen eine eigene Funktion besitzen. Die einführenden Bestimmungen in den Erläuterungen zu Pos. 8479 über Maschinen, Apparate und Geräte mit eigener Funktion sind sinngemäß auf Maschinen, Apparate und Geräte dieser Position anzuwenden.

Die meisten Maschinen, Apparate und Geräte dieser Position sind aus elektrischen Waren oder Teilen (z. B. Elektronenröhren, Transformatoren, Kondensatoren, Drosselspulen, Widerständen usw.) zusammengesetzt und arbeiten (funktionieren) rein elektrisch. Jedoch gehören auch elektrische Maschinen, Apparate und Geräte mit mechanischen Vorrichtungen zu dieser Position, sofern diese Vorrichtungen im Vergleich zu den elektrisch arbeitenden Teilen der Maschinen, Apparate oder Geräte von untergeordneter Bedeutung sind.

…“

Unionsrecht

Verordnung Nr. 2658/87

10

Die Tarifierung von Waren, die in die Union eingeführt werden, richtet sich nach der KN, die die Überschriften und Unterüberschriften des HS übernimmt.

11

Art. 2 der Verordnung Nr. 2658/87 bestimmt:

„Von der Kommission wird ein Integrierter Tarif der Europäischen Gemeinschaften, nachstehend ‚Taric‘ genannt, erstellt, der den Erfordernissen des Gemeinsamen Zolltarifs, der Außenhandelsstatistiken, der Handels- und Agrarpolitik sowie sonstiger Politiken der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Wareneinfuhr oder ‑ausfuhr genügt.

Dieser Tarif beruht auf der Kombinierten Nomenklatur und umfasst:

d)

die Zollsätze und anderen Einfuhr- und Ausfuhrabgaben, insbesondere die Abgabenbefreiungen und Präferenzzollsätze, die bei der Ein- oder Ausfuhr bestimmter Waren gelten;

…“

12

Nach Art. 12 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2658/87 veröffentlicht die Kommission gemäß Art. 1 jährlich in Form einer Verordnung die vollständige Fassung der KN zusammen mit den Zollsätzen, wie sie sich aus den vom Rat der Europäischen Union oder von der Kommission beschlossenen Maßnahmen ergeben. Diese Verordnung gilt jeweils ab dem 1. Januar des folgenden Jahres.

13

Die KN enthält in ihrem Teil I, Titel I, Abschnitt A, eine Reihe Allgemeiner Vorschriften für die Auslegung dieser Nomenklatur, die den Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung des HS entsprechen. Dieser Abschnitt sieht vor:

„Für die Einreihung von Waren in die [KN] gelten folgende Grundsätze:

1.

Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln …

…“

14

Teil II („Zolltarif“) der KN enthält den Abschnitt XVI über „Maschinen, Apparate, mechanische Geräte und elektrotechnische Waren, Teile davon; Tonaufnahme- oder Tonwiedergabegeräte, Fernseh-Bild- und ‑Tonaufzeichnungsgeräte oder Fernseh-Bild- und ‑Tonwiedergabegeräte, Teile und Zubehör für diese Geräte“.

15

Anmerkung 2 zu Abschnitt XVI der KN lautet:

„Teile von Maschinen (ausgenommen Teile von Waren der Position 8484, 8544, 8545, 8546 oder 8547), die nicht durch Anmerkung 1 zu Abschnitt XVI, Anmerkung 1 zu Kapitel 84 oder Anmerkung 1 zu Kapitel 85 von Abschnitt XVI ausgenommen werden, sind nach folgenden Regeln einzureihen:

a)

Teile, die sich als Waren einer Position des Kapitels 84 oder 85 (ausgenommen die Positionen 8409, 8431, 8448, 8466, 8473, 8487, 8503, 8522, 8529, 8538 und 8548) darstellen, sind dieser Position zuzuweisen, ohne Rücksicht darauf, für welche Maschine sie bestimmt sind;

b)

andere Teile sind, wenn sie erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für eine bestimmte Maschine oder für mehrere in der gleichen Position (auch in Position 8479 oder Position 8543) erfasste Maschinen bestimmt sind, der Position für diese Maschine oder Maschinen oder, soweit zutreffend, der Position 8409, 8431, 8448, 8466, 8473, 8503, 8522, 8529 oder 8538 zuzuweisen. Teile, die hauptsächlich sowohl für Waren der Position 8517 als auch für Waren der Positionen 8525 bis 8528 bestimmt sind, gehören zu Position 8517;

c)

alle übrigen Teile sind der Position 8409, 8431, 8448, 8466, 8473, 8503, 8522, 8529 oder 8538 oder, soweit diese nicht zutreffen, der Position 8487 oder 8548 zuzuweisen.“

16

Anmerkung 3 zu Abschnitt XVI der KN sieht vor:

„Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind kombinierte Maschinen aus zwei oder mehr Maschinen verschiedener Art, die zusammen arbeiten sollen und ein Ganzes bilden, sowie Maschinen, die ihrer Beschaffenheit nach dazu bestimmt sind, zwei oder mehrere verschiedene, sich abwechselnde oder ergänzende Tätigkeiten (Funktionen) auszuführen, nach der das Ganze kennzeichnenden Haupttätigkeit (Hauptfunktion) einzureihen.“

17

Anmerkung 4 zu diesem Abschnitt lautet:

„Besteht eine Maschine oder eine Kombination aus Maschinen aus entweder voneinander getrennten oder durch Leitungen, Übertragungsvorrichtungen, elektrische Kabel oder andere Vorrichtungen miteinander verbundenen Einzelkomponenten, die gemeinsam eine genau bestimmte, in einer der Positionen des Kapitels 84 oder 85 erfasste Funktion ausüben, so ist das Ganze in die Position einzureihen, die diese Funktion erfasst.“

18

Abschnitt XVI der KN enthält ein Kapitel 85 („Elektrische Maschinen, Apparate, Geräte und andere elektrotechnische Waren, Teile davon; Tonaufnahme- oder Tonwiedergabegeräte, Bild- und Tonaufzeichnungs- oder ‑wiedergabegeräte, für das Fernsehen, Teile und Zubehör für diese Geräte“).

19

Position 8517, die in diesem Kapitel enthalten ist, lautet wie folgt:

„Fernsprechapparate, einschließlich Telefone für zellulare Netzwerke oder für andere drahtlose Netzwerke; andere Sende- oder Empfangsgeräte für Töne, Bilder oder andere Daten, einschließlich Apparate für die Kommunikation in einem drahtgebundenen oder drahtlosen Netzwerk (wie ein lokales Netzwerk oder ein Weitverkehrsnetzwerk), ausgenommen solche der Position 8443, 8525, 8527 oder 8528“.

20

Position 8521 lautet:

„8521 Videogeräte zur Bild- und Tonaufzeichnung oder ‑wiedergabe, auch mit eingebautem Videotuner:

8521 10 – Magnetbandgeräte:

8521 10 20 – – für Magnetbänder mit einer Breite von 1,3 cm oder weniger und einer Bandlaufgeschwindigkeit bei der Bild- und Tonaufzeichnung oder ‑wiedergabe von 50 mm oder weniger pro Sekunde

8521 10 95 – – andere

8521 90 00 – andere“.

21

Position 8531 lautet:

„8531 Elektrische Hör- und Sichtsignalgeräte (z. B. Läutewerke, Sirenen, Anzeigetafeln, Einbruchs- oder Diebstahlalarmgeräte und Feuermelder), ausgenommen solche der Position 8512 oder 8530:

8531 10 – Einbruchs- oder Diebstahlalarmgeräte, Feuermelder und ähnliche Geräte:

8531 10 30 – – von der für Gebäude verwendeten Art

8531 10 95 – – andere

8531 90 – Teile:

8531 90 20 – – von Geräten der Unterpositionen 8531 20 und 8531 80 20

8531 90 85 – – andere“.

22

Position 8543 der KN erfasst elektrische Maschinen, Apparate und Geräte mit eigener Funktion, die in Kapitel 85 der KN anderweit weder genannt noch inbegriffen sind.

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

23

G. E. Security, eine auf den Verkauf von Hightech-Sicherheitssystemen spezialisierte Gesellschaft, entwickelte ein Sicherheitssystem mit der Bezeichnung „Videomultiplexer“.

24

Auf ihrer Website stellt G. E. Security den „Videomultiplexer“ als „Aufzeichnungsgerät für digitale Videoübertragungen“ dar.

25

„Videomultiplexer“ werden ausschließlich an Unternehmen verkauft, die sich auf den Verkauf von Sicherheitsvorrichtungen und Überwachungssystemen spezialisiert haben und die Verbrauchern die komplette Installation dieser Vorrichtungen und Systeme anbieten.

26

Der „Videomultiplexer“ wird innerhalb eines Systems oder einer Vorrichtung zur Sicherung oder zur Überwachung von Gebäuden verwendet. Genauer gesagt stellt er einen Bestandteil eines Videoüberwachungssystems im geschlossenen Schaltkreis dar, an das externe Kameras und/oder externe Sensoren, wie Bewegungs- oder Brandmelder, angeschlossen sind.

27

Der „Videomultiplexer“ erfüllt drei verschiedene Funktionen.

28

Erstens erfüllt der „Videomultiplexer“ eine Aufzeichnungs- und Wiedergabefunktion, indem er zum einen Signale, die von Sensoren stammen, sowie Bilder und Töne, die von Kameras stammen, empfangen und diese Töne wiederherstellen bzw. diese Bilder auf Bildschirmen wiedergeben kann.

29

Hierzu verfügt der „Videomultiplexer“ über Video- und Audioeingänge, an die bis zu 16 Kameras gleichzeitig angeschlossen werden können. Mit dem „Videomultiplexer“ können die angeschlossenen Kameras aus der Ferne ein- und ausgeschaltet und gesteuert werden. So ist es möglich, gewisse Teile der mit diesen Kameras aufgenommenen Bilder zu vergrößern und zu verkleinern oder die Kameras zu blockieren, so dass die Aufzeichnung auf bestimmte Tage oder Stunden in der Woche und/oder auf bestimmte Teile eines Gebäudes oder Grundstücks beschränkt werden kann. Es ist auch möglich, Bewegungen von in einem Gebäude anwesenden Haustieren zu ignorieren.

30

Der „Videomultiplexer“ verfügt auch über Videoausgänge, an die ein oder mehrere Bildschirme angeschlossen werden können, auf denen die Bilder mehrerer Kameras gleichzeitig gezeigt werden können, sowie über einen Audioausgang zum Anschluss an einen externen Verstärker/Lautsprecher. Der „Videomultiplexer“ kann allerdings keine Fernsehsignale empfangen.

31

Zum anderen kann der „Videomultiplexer“ die von den Kameras stammenden analogen und digitalen Bild- und Tonaufzeichnungen und/oder die von den Sensoren stammenden Signale auf einer Festplatte speichern. Diese Aufzeichnungen werden gesichert, um zu vermeiden, dass sie versehentlich überschrieben oder manipuliert werden. Sie werden in einem speziellen Format gespeichert und können nur mit Hilfe eines „Videomultiplexers“ oder spezieller Software wiedergegeben werden.

32

Zweitens erfüllt der „Videomultiplexer“ eine Alarmfunktion. Hierzu verfügt er über eine eingebaute Alarmanzeige, die sich so einstellen lässt, dass der „Videomultiplexer“, sofern wahrgenommene Bewegungen, Geräusche oder Signale Anlass dazu geben, Geräte aktiviert, die Ton- oder Lichtsignale geben, und/oder ein Warnsignal in Form einer E‑Mail an einen oder mehrere an das System angeschlossene Nutzer (wie etwa die Polizei, die Feuerwehr, den Grundeigentümer oder ein Bewachungsunternehmen) sendet.

33

Drittens erfüllt der „Videomultiplexer“ eine Datenübertragungs- und Empfangsfunktion. Hierzu verfügt er über Vorrichtungen, die es ihm ermöglichen, E‑Mails an die Nutzer des Systems zu senden und/oder sich mit dem Internet, mit digitalen Netzwerken oder mit einem Gerät zur automatischen Datenverarbeitung zu verbinden.

34

Am 14. Oktober 2008 beantragte G. E. Security beim zuständigen Zollinspektor (im Folgenden: Inspektor) die Erteilung verbindlicher Zolltarifauskünfte für drei „Videomultiplexer“. Sie beantragte deren Einreihung in die Unterposition 8543 70 90 der KN oder in die Unterposition 8531 10 30 der KN, für die ein Zolltarif von 3,7 % bzw. von 2,2 % galt.

35

Mit Schreiben vom 27. November 2008 reihte der Inspektor die drei „Videomultiplexer“ als „Videogeräte zur Bild- und Tonaufzeichnung oder ‑wiedergabe“ im Sinne der Unterposition 8521 90 00 der KN ein, für die ein Zolltarif von 13,9 % galt.

36

G. E. Security legte gegen diese Einreihungsentscheidung Einspruch ein, der vom Inspektor zurückgewiesen wurde. Daraufhin erhob sie gegen diese Zurückweisung Klage bei der Rechtbank te Haarlem (Gericht von Haarlem). Die Rechtbank te Haarlem erklärte die Klage für begründet und reihte die drei „Videomultiplexer“ als Alarmgeräte von der für Gebäude verwendeten Art im Sinne der Unterposition 8531 10 30 der KN ein.

37

Der Inspektor legte beim Gerechtshof Amsterdam (Berufungsgericht Amsterdam) Berufung gegen dieses Urteil ein.

38

Dieses Gericht entschied, dass der „Videomultiplexer“ in Anbetracht seiner objektiven Merkmale und Eigenschaften zwar als Teil eines Alarmsystems im Sinne der Position 8531 der KN angesehen werden könne, dass er jedoch in Anwendung der Anmerkung 2 Buchst. a zu Abschnitt XVI der KN in die Unterposition 8521 90 00 der KN einzureihen sei.

39

G. E. Security legte beim vorlegenden Gericht Kassationsbeschwerde gegen das Urteil des Gerechtshof Amsterdam (Berufungsgericht Amsterdam) ein.

40

Unter diesen Umständen hat der Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Sind die Positionen 8517, 8521, 8531 und 8543 der KN dahin auszulegen, dass in eine dieser Positionen eine Ware wie ein „Videomultiplexer“ einzureihen ist, die entwickelt worden ist, um Bestandteil eines Systems zu sein, das Bilder und Töne von daran angeschlossenen Kameras und Alarmsensoren analysieren kann und, falls gewünscht, Bilder und Töne aufnimmt, speichert, verarbeitet und auf einem angeschlossenen Bildschirm wiedergibt und/oder, falls Bilder oder Töne dazu Anlass geben, ein Warnsignal in Form einer E‑Mail an einen oder mehrere an das System angeschlossene Nutzer abgibt und/oder Geräte ansteuern kann, die Ton- oder Lichtsignale geben?

Zur Vorlagefrage

41

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es in einem Vorabentscheidungsverfahren auf dem Gebiet der zolltariflichen Einreihung Aufgabe des Gerichtshofs ist, dem nationalen Gericht die Kriterien aufzuzeigen, anhand deren es die betreffenden Waren richtig in die KN einreihen kann, nicht aber, diese Einreihung selbst vorzunehmen, zumal der Gerichtshof nicht unbedingt über alle hierfür erforderlichen Angaben verfügt. Somit ist das nationale Gericht hierzu jedenfalls besser in der Lage (vgl. Urteil Lukoyl Neftohim Burgas, C‑330/13, EU:C:2014:1757, Rn. 27).

42

Es ist daher Sache des vorlegenden Gerichts, die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Waren anhand der Antwort einzureihen, die der Gerichtshof auf die ihm vorgelegte Frage gibt.

43

Um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben, ist vorab hervorzuheben, dass zum einen nach den Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN, wie sich aus Rn. 13 des vorliegenden Urteils ergibt, für die Einreihung von Waren der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln maßgebend ist, während die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel nur Hinweise sind.

44

Zum anderen ist nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zolltarifliche Einreihung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der KN-Position und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (vgl. Urteil Lukoyl Neftohim Burgas, C‑330/13, EU:C:2014:1757, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45

Hinsichtlich der HS-Erläuterungen ist hinzuzufügen, dass sie zwar nicht verbindlich sind, aber wichtige Hilfsmittel darstellen, um eine einheitliche Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs zu gewährleisten, und deshalb als wertvolle Erkenntnismittel für die Auslegung des Tarifs angesehen werden können (vgl. in diesem Sinne Urteile Kloosterboer Services, C‑173/08, EU:C:2009:382, Rn. 25, und Agroferm, C‑568/11, EU:C:2013:407, Rn. 28). Gleiches gilt für die KN-Erläuterungen (vgl. in diesem Sinne Urteile Develop Dr. Eisbein, C‑35/93, EU:C:1994:252, Rn. 21, sowie British Sky Broadcasting Group und Pace, C‑288/09 und C‑289/09, EU:C:2011:248, Rn. 92).

46

Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, in welche Position der KN, nämlich 8517, 8521, 8531 oder 8543, eine Ware wie die mit der Bezeichnung „Videomultiplexer“, um die es im Ausgangsverfahren geht, einzureihen ist.

47

Hierzu ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut der Positionen 8517, 8521, 8531 und 8543 der KN und den dazugehörigen Erläuterungen, dass die Funktion der betreffenden Ware für deren Einordnung in eine dieser Positionen entscheidend ist.

48

Diese Positionen beschreiben nämlich spezifisch die Funktion, die die von ihnen erfassten Waren erfüllen. So bezieht sich die Position 8517 der KN u. a. auf „Sende- und Empfangsgeräte für Töne, Bilder oder andere Daten, einschließlich Apparate für die Kommunikation in einem drahtgebundenen oder drahtlosen Netzwerk“. Die Position 8521 der KN betrifft „Videogeräte zur Bild- und Tonaufzeichnung oder ‑wiedergabe, auch mit eingebautem Videotuner“. Die Position 8531 der KN erfasst „[e]lektrische Hör- und Sichtsignalgeräte (z. B. Läutewerke, Sirenen, Anzeigetafeln, Einbruchs- oder Diebstahlalarmgeräte und Feuermelder)“. Die Position 8543 der KN umfasst „[e]lektrische Maschinen, Apparate und Geräte, mit eigener Funktion, in Kapitel 85 [der KN] anderweit weder genannt noch inbegriffen“.

49

Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass der „Videomultiplexer“ drei verschiedene Funktionen erfüllt.

50

Aus der von dem vorlegenden Gericht vorgenommenen und in den Rn. 28 bis 31 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Beschreibung ergibt sich nämlich, dass der „Videomultiplexer“ eine Funktion der Bild- und Tonaufzeichnung und ‑wiedergabe hat, die dem Wortlaut der Position 8521 der KN entspricht.

51

Der „Videomultiplexer“ erfüllt auch eine Alarmfunktion – wie sie in Rn. 32 des vorliegenden Urteils beschrieben wird –, die dem Wortlaut der Position 8531 der KN entspricht.

52

Des Weiteren erfüllt der „Videomultiplexer“ die Funktion eines Sende- und Empfangsgeräts für Daten in einem Netzwerk, deren Beschreibung in Rn. 33 des vorliegenden Urteils dem Wortlaut der Position 8517 der KN entspricht.

53

Nach Anmerkung 3 zu Abschnitt XVI der KN, worunter die Positionen 8517, 8521 und 8531 der KN fallen, „sind … Maschinen, die ihrer Beschaffenheit nach dazu bestimmt sind, zwei oder mehrere verschiedene, sich abwechselnde oder ergänzende Tätigkeiten (Funktionen) auszuführen, nach der das Ganze kennzeichnenden Haupttätigkeit (Hauptfunktion) einzureihen“.

54

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus Rn. 24 bzw. Rn. 25 des vorliegenden Urteils zum einen, dass G. E. Security den „Videomultiplexer“ auf ihrer Website als „Aufzeichnungsgerät für digitale Videoübertragungen“ darstellt, und zum anderen, dass der „Videomultiplexer“ ausschließlich an Unternehmen verkauft wird, die sich auf den Verkauf von Sicherheitsvorrichtungen und Überwachungssystemen spezialisiert haben.

55

Aus diesen Umständen und aus der in den Rn. 24 bis 33 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Beschreibung des „Videomultiplexers“ durch das vorlegende Gericht ergibt sich, dass der „Videomultiplexer“ im Hinblick auf seine objektiven Merkmale und Eigenschaften sowie im Hinblick auf seinen Verwendungszweck die Hauptfunktion der Bild- und Tonaufzeichnung und ‑wiedergabe im Rahmen eines Sicherheits- und Überwachungssystems hat.

56

Wie die niederländische Regierung und die Kommission ausführen, stellen die anderen vom „Videomultiplexer“ erfüllten Funktionen, nämlich die Alarm- und die Netzwerkfunktion, nur Hilfsfunktionen dar, die dazu bestimmt sind, das Funktionieren des Systems, in das der „Videomultiplexer“ eingegliedert ist, zu verbessern.

57

Die KN ist demzufolge dahin auszulegen, dass eine Ware wie die mit der Bezeichnung „Videomultiplexer“, um die es im Ausgangsverfahren geht, vorbehaltlich der von dem vorlegenden Gericht vorzunehmenden Würdigung sämtlicher ihm vorliegender Tatsachen in die Position 8521 der KN einzureihen ist.

58

Diese Feststellung kann durch die Anmerkungen 2 und 4 zu Abschnitt XVI der KN nicht in Frage gestellt werden.

59

Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich nämlich, dass Anmerkung 2 zu Abschnitt XVI der KN nur die zolltarifliche Einreihung von „Maschinenteilen“ betrifft (vgl. Urteil Data I/O, C‑297/13, EU:C:2014:331, Rn. 34).

60

Da der Begriff „Teil“ im Sinne dieser Anmerkung in dieser Anmerkung nicht definiert wird, hat der Gerichtshof im Interesse einer kohärenten und einheitlichen Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs darauf Wert gelegt, diesem Begriff eine einheitliche Definition zu geben, die allen Kapiteln der KN gemein ist (vgl. in diesem Sinne Urteile HARK, C‑450/12, EU:C:2013:824, Rn. 37, und Rohm Semiconductor, C‑666/13, EU:C:2014:2388, Rn. 44).

61

Nach der zu der KN-Position 8473 und zu Anmerkung 2 Buchst. b des Abschnitts XVI entwickelten Rechtsprechung des Gerichtshofs setzt der Begriff „Teil“ voraus, dass es ein Ganzes gibt, für dessen Funktion die betreffenden Teile unabdingbar sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Rohm Semiconductor, C‑666/13, EU:C:2014:2388, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

62

Um eine Ware als „Teil“ qualifizieren zu können, ist es also nicht ausreichend, nachzuweisen, dass die Maschine ohne diese Ware nicht ihrer Bestimmung gemäß verwendet werden kann. Es ist zudem nachzuweisen, dass das mechanische oder elektrische Funktionieren der fraglichen Maschine von dieser Ware abhängt (vgl. Urteil Rohm Semiconductor, C‑666/13, EU:C:2014:2388, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

63

Im vorliegenden Fall wird der „Videomultiplexer“, wie sich aus Rn. 26 des vorliegenden Urteils ergibt, innerhalb von Vorrichtungen zur Sicherung oder Überwachung von Gebäuden verwendet und stellt genauer gesagt einen Bestandteil eines Videoüberwachungssystems im geschlossenen Schaltkreis dar.

64

Wie die niederländische Regierung und die Kommission ausführen, kann ein solches System jedoch auch funktionieren, ohne einen „Videomultiplexer“ zu enthalten. Die Sensoren, die innerhalb dieses Systems verwendet werden, können ihre Funktion nämlich auch ohne den „Videomultiplexer“ erfüllen. Außerdem hängt das mechanische oder elektrische Funktionieren dieser Apparate nicht vom Vorhandensein des „Videomultiplexers“ ab.

65

Daher kann der „Videomultiplexer“ nicht als „Teil einer Maschine“ im Sinne der Anmerkung 2 zu Abschnitt XVI der KN angesehen werden. Diese Anmerkung ist daher für die Einordnung dieser Ware in die KN nicht einschlägig.

66

Hinsichtlich der Anmerkung 4 zu Abschnitt XVI der KN ist festzustellen, dass diese gemäß ihrem Wortlaut nur dann anzuwenden ist, wenn „eine Maschine oder eine Kombination aus Maschinen aus … voneinander getrennten … Einzelkomponenten [besteht], die gemeinsam eine genau bestimmte … Funktion ausüben“.

67

Nach der HS-Erläuterung zu Anmerkung 4 zu Abschnitt XVI des HS, die der Anmerkung 4 zu Abschnitt XVI der KN entspricht, erfasst der Ausdruck „gemeinsam eine einzige, genau bestimmte Funktion ausüben“ nur Maschinen und Maschinenkombinationen, die für die Ausübung der für die funktionelle Einheit als Ganzes charakteristischen Funktion notwendig sind; ausgeschlossen sind demnach Maschinen und Apparate mit Hilfsfunktionen, die nicht zur Funktion des Ganzen beitragen.

68

Diese Anmerkung stellt klar, dass Videoüberwachungssysteme im geschlossenen Schaltkreis, die aus einer Kombination einer veränderlichen Anzahl von Fernsehkameras und Videomonitoren bestehen, die durch Koaxialkabel mit einer Systemsteuerung, Schaltern, Tonanlagen/Empfängern und gegebenenfalls mit automatischen Datenverarbeitungsmaschinen (zur Datensicherung) und/oder Videorecordern (zur Bildaufzeichnung) verbunden sind, nicht die Bestimmungen der Anmerkung 4 zu Abschnitt XVI des HS – und demzufolge der entsprechenden Anmerkung der KN – erfüllen.

69

Bereits in den Rn. 26 und 63 des vorliegenden Urteils wurde indessen festgestellt, dass der „Videomultiplexer“ ein Bestandteil eines solchen Videoüberwachungssystems im geschlossenen Schaltkreis ist. Anmerkung 4 zu Abschnitt XVI der KN ist daher für die Einreihung einer solchen Ware in die KN nicht einschlägig.

70

Schließlich ist der Standpunkt von G. E. Security, dass der „Videomultiplexer“ in die Position 8543 der KN einzureihen sei, zurückzuweisen.

71

Aus dem Wortlaut dieser Position ergibt sich nämlich, dass sie „[e]lektrische Maschinen, Apparate und Geräte, mit eigener Funktion, in Kapitel 85 [der KN] anderweit weder genannt noch inbegriffen“ erfasst. Die Einordnung einer Ware in diese Position ist daher nur dann denkbar, wenn es nicht möglich ist, sie in eine andere Position des Kapitels 85 einzuordnen. Wie aus Rn. 57 des vorliegenden Urteils hervorgeht, liegt dieser Fall im Ausgangsverfahren aber nicht vor.

72

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass die KN dahin auszulegen ist, dass eine Ware wie die mit der Bezeichnung „Videomultiplexer“, um die es im Ausgangsverfahren geht, vorbehaltlich der von dem vorlegenden Gericht vorzunehmenden Würdigung sämtlicher ihm vorliegender Tatsachen in die Position 8521 der KN einzureihen ist.

Kosten

73

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) für Recht erkannt:

 

Die Kombinierte Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1214/2007 der Kommission vom 20. September 2007 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine Ware wie die mit der Bezeichnung „Videomultiplexer“, um die es im Ausgangsverfahren geht, vorbehaltlich der von dem vorlegenden Gericht vorzunehmenden Würdigung sämtlicher ihm vorliegender Tatsachen in die Position 8521 dieser Nomenklatur einzureihen ist.

 

Unterschriften


( *1 )   Verfahrenssprache: Niederländisch.

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Referenzen

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