Urteil vom Europäischer Gerichtshof - T-817/14

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

17. März 2016 ( *1 )

„Außervertragliche Haftung — Tierseuchenrecht — Bekämpfung der Aviären Influenza — Einfuhrverbot für gefangene Wildvögel in die Union — Verordnung (EG) Nr. 318/2007 und Durchführungsverordnung (EU) Nr. 139/2013 — Hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Rechtsnormen, die dem Einzelnen Rechte verleihen — Offenkundige und erhebliche Überschreitung der Grenzen des Ermessens — Verhältnismäßigkeit — Sorgfaltspflicht — Art. 15 bis 17 der Charta der Grundrechte“

In der Rechtssache T‑817/14

Zoofachhandel Züpke GmbH mit Sitz in Wesel (Deutschland),

Zoohaus Bürstadt, Helmut Ofenloch GmbH & Co. KG mit Sitz in Bürstadt (Deutschland),

Zoofachgeschäft – Vogelgroßhandel Import-Export Heinz Marche mit Sitz in Heinsberg (Deutschland),

Rita Bürgel, wohnhaft in Uthleben (Deutschland),

Norbert Kass, wohnhaft in Altenbeken (Deutschland),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin C. Correll,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch B. Eggers und H. Kranenborg als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Ersatz des Schadens, der den Klägern seit dem 1. Januar 2010 dadurch entstanden sein soll, dass zunächst durch die Verordnung (EG) Nr. 318/2007 der Kommission vom 23. März 2007 zur Festlegung der Veterinärbedingungen für die Einfuhr bestimmter Vogelarten in die Gemeinschaft sowie der dafür geltenden Quarantänebedingungen (ABl. L 84, S. 7) und anschließend durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 139/2013 der Kommission vom 7. Januar 2013 zur Festlegung der Veterinärbedingungen für die Einfuhr bestimmter Vogelarten in die Union sowie der dafür geltenden Quarantänebedingungen (ABl. L 47, S. 1) ein Einfuhrverbot für gefangene Wildvögel in die Europäische Union erlassen wurde,

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias, der Richterin M. Kancheva (Berichterstatterin) und des Richters C. Wetter,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

Vorstellung der Kläger

1

Die Kläger, die Zoofachhandel Züpke GmbH, die Zoohaus Bürstadt, Helmut Ofenloch GmbH & Co. KG, das Zoofachgeschäft – Vogelgroßhandel Import-Export Heinz Marche, Frau Rita Bürgel und Herr Norbert Kass, sind Tierhandelsunternehmen bzw. Tierhändler mit Sitz bzw. Wohnsitz in Deutschland und führen bzw. führten u. a. gefangene und zur Zierde in Volieren bestimmte Wildvögel wie Papageien in die Europäische Union ein.

Zu den Richtlinien 91/496/EWG und 92/65/EWG

2

Am 15. Juli 1991 erließ der Rat der Europäischen Gemeinschaften auf der Grundlage von Art. 37 EG, der die Gemeinsame Agrarpolitik regelt, die Richtlinie 91/496/EWG zur Festlegung von Grundregeln für die Veterinärkontrollen von aus Drittländern in die Gemeinschaft eingeführten Tieren und zur Änderung der Richtlinien 89/662/EWG, 90/425/EWG und 90/675/EWG (ABl. L 268, S. 56). Art. 10 Abs. 3 der Richtlinie 91/496 verweist in Bezug auf die von den Quarantänestationen zu beachtenden allgemeinen Bedingungen auf Anhang B dieser Richtlinie.

3

Am 13. Juli 1992 erließ der Rat die Richtlinie 92/65/EWG über die tierseuchenrechtlichen Bedingungen für den Handel mit Tieren, Samen, Eizellen und Embryonen in der Gemeinschaft sowie für ihre Einfuhr in die Gemeinschaft, soweit sie diesbezüglich nicht den spezifischen Gemeinschaftsregelungen nach Anhang A Abschnitt I der Richtlinie 90/425/EWG unterliegen (ABl. L 268, S. 54). Diese Richtlinie legt besondere Anforderungen für das Ursprungsland und den Inhaber des Ursprungsbetriebs fest, sieht Vorschriften über Veterinärbescheinigungen vor, die mit den Tieren mitzuführen sind, und legt fest, welchen Untersuchungen die Tiere unterzogen werden müssen. Art. 17 Abs. 2 und 3 dieser Richtlinie sieht insbesondere vor, dass nur Tiere in die Union eingeführt werden dürfen, die aus einem Drittland stammen, das in einer Liste der Drittländer oder Teile von Drittländern aufgeführt ist, die Garantien bieten, die den für den Handel innerhalb der Union geltenden Anforderungen gleichwertig sind, insbesondere zum Schutz der Union gegen bestimmte exotische Krankheiten.

Zum EFSA-Gutachten von 2005

4

Am 14. und 15. September 2005 gab die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) auf ein Ersuchen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften aus dem Jahr 2004 hin ein wissenschaftliches Gutachten über Tiergesundheits- und Tierschutzaspekte der Aviären Influenza (The EFSA Journal[2005] 266, S. 1 bis 21, im Folgenden: EFSA-Gutachten von 2005) ab. Unter Berücksichtigung des ihr erteilten Mandats äußerte sich die EFSA in diesem Gutachten ausschließlich zum Risiko einer Infektion des Geflügels der Union mit der Aviären Influenza.

5

In der Einleitung zu ihrem Gutachten wies die EFSA darauf hin, dass die Aviäre Influenza oder Vogelgrippe bei Geflügel in zwei verschiedenen klinischen Formen, der hoch pathogenen Aviären Influenza (im Folgenden: HPAI) und der gering pathogenen Aviären Influenza (im Folgenden: GPAI), auftrete. Die HPAI werde durch Viren der Subtypen H5 und H7 verursacht, die gewisse molekulare Eigenschaften aufwiesen, die eine systemische Infektion hervorrufen könnten und bei der GPAI fehlten. Das H5N1-Virus sei einer dieser die HPAI auslösenden Virensubtypen.

6

Die EFSA wies außerdem darauf hin, dass das H5N1-Virus infolge einer ungewöhnlichen Endemiesituation dieses Virus bei Geflügel in bestimmten asiatischen Ländern kurz vor Abgabe ihres Gutachtens die ansässige und die wandernde Wildvögelpopulation infiziert habe. Diese epidemiologische Situation, die bisher nie aufgetreten sei, könne der Ursprung eines Pandemievirus für den Menschen sein und unvorhersehbare Folgen haben. Unter Berücksichtigung fehlender Erkenntnisse über Infektionen von HPAI-Typen bei Wildvögeln könnten eine Lagebeurteilung und Prognosen über zukünftige Entwicklungen jedoch nicht durch zureichende wissenschaftliche Daten belegt werden.

7

Hinsichtlich des Risikos, das in Käfigen gehaltene Vögel, zu denen insbesondere Ziervögel und Heimvögel gehörten, für das Geflügel der Union darstellten, war die EFSA der Ansicht, diese Vögel könnten mit Vogelgrippe-Viren, einschließlich solchen der Subtypen H5 und H7, infiziert werden und im Fall einer Einfuhr daher ein Risiko für die Einschleppung dieser Viren in die Union darstellen.

Zur Entscheidung 2005/760/EG und zur Verlängerung der ergriffenen Maßnahmen

8

Am 27. Oktober 2005 erließ die Kommission die Entscheidung 2005/760/EG mit Maßnahmen zum Schutz gegen die Einschleppung der HPAI bei der Einfuhr von in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln aus bestimmten Drittländern (ABl. L 285, S. 60), mit der die Einfuhr lebender Vögel, mit Ausnahme von Geflügel, in die Union ausgesetzt wurde. Diese Maßnahmen sollten bis zum 30. November 2005 gelten.

9

Die mit der Entscheidung 2005/760 erlassenen Maßnahmen wurden durch eine Reihe von Entscheidungen der Kommission geändert und bis zum 30. Juni 2007 verlängert. Die letzte Verlängerung war in der Entscheidung 2007/183/EG vom 23. März 2007 zur Änderung der Entscheidung 2005/760 (ABl. L 84, S. 44) vorgesehen.

Zum EFSA-Gutachten von 2006

10

Am 27. Oktober 2006 gab die EFSA auf ein Ersuchen der Kommission vom 25. April 2005 hin ein wissenschaftliches Gutachten bezüglich der Risiken für die Tiergesundheit und den Tierschutz im Zusammenhang mit der Einfuhr von Wildvögeln, mit Ausnahme von Geflügel, in die Europäische Union (The EFSA Journal [2006] 410, S. 1 bis 55, im Folgenden: EFSA-Gutachten von 2006) ab. Die EFSA gab in diesem Gutachten verschiedene Empfehlungen für die Gesundheit und den Schutz gefangener Wildvögel und untersuchte verschiedene Krankheitserreger für Vögel, darunter die Aviäre Influenza.

11

Hinsichtlich der Gesundheitsfragen war die EFSA der Auffassung, die Wahrscheinlichkeit, dass durch die Freilassung von in Gefangenschaft gehaltenen Wildvögeln Krankheitserreger in die Union eingeschleppt worden seien, variiere von „unbedeutend“ bis „sehr hoch“. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein einzelner in Gefangenschaft gehaltener Wildvogel bei seiner Freilassung infektiös sei, variiere von einer Vogelart zur anderen und hänge von der Wahrscheinlichkeit einer präklinischen Infektion ab. Diese Feststellungen veranlassten die EFSA zu der Empfehlung, dass die Notwendigkeit weiterer Einfuhren gefangener Wildvögel sorgfältig geprüft werden sollte. Ferner wies sie darauf hin, dass Wildvögel durch eine laterale Kontamination von anderen infektiösen Wildvögeln, durch eine kontaminierte Umgebung oder durch infektiöses Geflügel infiziert worden sein könnten.

12

Weiter stellte die EFSA fest, dass 95 % der in die Union eingeführten Vögel zu einer der drei Familien gehörten, die sich aus den Passeriformes (64 %), den Psittaciformes (17 %) bzw. den Galliformes (14 %) zusammensetzten, dass im Jahr 2005 88 % der Einfuhren von Wildvögeln aus Afrika und 78 % aus fünf afrikanischen Staaten stammten und dass gefangene Wildvögel im Allgemeinen billiger als in Gefangenschaft gezüchtete Vögel seien.

13

Speziell im Hinblick auf die Aviäre Influenza war die EFSA der Auffassung, die in größerer Anzahl eingeführten Vogelarten, nämlich Passeriformes und Psittaciformes, spielten bei der Epidemiologie der Vogelgrippe keine wesentliche Rolle. Außerdem hätten alle bei Vögeln vorkommenden Viren des Typs HPAI ein begrenztes zoonotisches Potenzial. Da das Genom des Virus der Aviären Influenza oder ein Teil dieses Genoms in der Vergangenheit jedoch an großen Pandemien beteiligt gewesen sei und zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens an der des H5N1-Virus, könne ein gutes Überwachungsprogramm verhindern, dass Viren der Aviären Influenza über rechtmäßig eingeführte Vögel in die Union eingeschleppt würden.

14

Weiter stellte die EFSA fest, dass HPAI-Viren insbesondere bei Sperlings‑ und Hühnervögeln sehr kurze Inkubations‑ und klinische Zeiten hätten, was zu einer hohen Sterblichkeit innerhalb weniger Tage führe, während die Inkubationszeit bei Gänsevögeln sehr wohl länger sein könne. Im Übrigen zeige ein einzelner Vogel, der mit einem Virus der Aviären Influenza infiziert in Quarantäne genommen oder während der Quarantäne mit diesem Virus infiziert werde, unter Berücksichtigung der kurzen Inkubationszeit noch während der Quarantäne klinische Symptome. Daher sei die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Vogel aus der Quarantäne entlassen werde, ohne untersucht worden zu sein, gering, ja sogar zu vernachlässigen. Gleichwohl bestehe ein Risiko, dass Vögel, die infraklinischen Infektionen ausgesetzt seien, infiziert freigelassen würden.

15

Schließlich empfahl die EFSA, dass die Notwendigkeit weiterer Einfuhren von Wildvögeln sorgfältig geprüft und angesichts des Risikos, in großer Zahl Krankheitserreger in die Union einzuschleppen, die Einfuhr von Eiern vorgezogen werden sollte. Sie empfahl ferner, eine regelmäßige Bewertung des Risikos einer Einschleppung von Infektionskrankheiten vorzunehmen, um hochgefährdete Gebiete und Länder und hochgefährdete Arten identifizieren zu können, da diese mit der Zeit variierten.

Zur Verordnung (EG) Nr. 318/2007

16

Am 23. März 2007 erließ die Kommission die Verordnung (EG) Nr. 318/2007 zur Festlegung der Veterinärbedingungen für die Einfuhr bestimmter Vogelarten in die Gemeinschaft sowie der dafür geltenden Quarantänebedingungen (ABl. L 84, S. 7). Rechtsgrundlage dieser Verordnung waren insbesondere Art. 10 Abs. 3 Unterabs. 2 und Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 91/496 sowie Art. 17 Abs. 2 Buchst. b und Abs. 3 und Art. 18 Abs. 1 erster und vierter Gedankenstrich der Richtlinie 92/65. Die genannte Verordnung trat nach ihrem Art. 20 am 1. Juli 2007 in Kraft

17

Die Erwägungsgründe 4, 5 und 8 bis 10 der Verordnung Nr. 318/2007 sehen vor:

18

Art. 1 („Gegenstand“) der Verordnung Nr. 318/2007 sieht vor:

„Die vorliegende Verordnung dient der Festlegung der Veterinärbedingungen für die Einfuhr bestimmter Vogelarten aus den in Anhang I aufgeführten Drittländern und Drittlandgebieten in die [Union] sowie der dafür geltenden Quarantänebedingungen.“

19

Die Verordnung Nr. 318/2007 gilt gemäß ihrem Art. 2 („Anwendungsbereich“) für Tiere von Vogelarten, nicht jedoch für u. a. Geflügel.

20

Art. 4 („Zugelassene Zuchtbetriebe“) der Verordnung Nr. 318/2007 sieht im Wesentlichen vor, dass die Einfuhr von Vögeln aus von der zuständigen Behörde des Herkunftsdrittlands zugelassenen Zuchtbetrieben unter der Voraussetzung gestattet ist, dass diese Behörde die in Anhang II dieser Verordnung festgelegten Zulassungsbedingungen erfüllt und dass die Zulassungsnummer der Kommission von dieser Behörde gemeldet wurde.

21

In Art. 5 („Einfuhrbedingungen“) der geänderten Verordnung Nr. 318/2007 heißt es:

„Die Einfuhr von Vögeln ist nur dann gestattet, wenn diese folgende Voraussetzungen erfüllen:

a)

[D]ie Vögel wurden in Gefangenschaft gezüchtet [definiert in Art. 3 Buchst. c dieser Verordnung als ‚Vögel, die nicht als Wildvögel gefangen wurden, sondern in Gefangenschaft geboren und aufgezogen wurden und von Elterntieren stammen, die sich in Gefangenschaft gepaart haben oder denen auf andere Weise in Gefangenschaft Gameten übertragen wurden‘];

b)

die Vögel müssen aus den in Anhang I aufgeführten Drittländern oder Drittlandgebieten stammen;

ba)

die Vögel stammen aus zugelassenen Zuchtbetrieben, die die Voraussetzungen des Artikels 4 erfüllen;

c)

die Vögel wurden 7 bis 14 Tage vor dem Versand einer Laboruntersuchung auf das Virus der Aviären Influenza und der Newcastle-Krankheit mit negativen Ergebnissen unterzogen;

d)

die Vögel wurden nicht gegen Aviäre Influenza geimpft;

e)

den Vögeln liegt eine Veterinärbescheinigung nach dem Muster in Anhang III bei (im Folgenden ‚Veterinärbescheinigung‘ genannt);

f)

die Vögel sind durch eine individuelle Identifikationsnummer … gekennzeichnet …“

22

Art. 11 („Quarantänevorschriften“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 318/2007 sieht vor:

„Die Vögel müssen mindestens 30 Tage in einer zugelassenen Quarantäneeinrichtung oder ‑station unter Quarantäne gestellt werden (‚Quarantäne‘).“

23

Anhang I („Liste der Drittländer, welche die Veterinärbescheinigung gemäß Anhang III verwenden dürfen“) der Verordnung Nr. 318/2007 lautet:

24

Die in Anhang I der Verordnung Nr. 318/2007 erwähnte Entscheidung 2006/696/EG der Kommission vom 28. August 2006 zur Erstellung der Liste von Drittländern, aus denen die Einfuhr von Hausgeflügel, Bruteiern und Eintagsküken, von Fleisch von Hausgeflügel, Laufvögeln und Wildgeflügel sowie von Eiern, Eiprodukten und spezifiziert pathogenfreien Eiern in die Gemeinschaft und die Durchfuhr dieser Tiere und Erzeugnisse durch die Gemeinschaft zugelassen ist, zur Festlegung der diesbezüglichen Veterinärbescheinigungen und zur Änderung der Entscheidungen 93/342/EWG, 2000/585/EG und 2003/812/EG (ABl. L 295, S. 1) ist durch die mehrfach geänderte Verordnung [EG] Nr. 798/2008 der Kommission vom 8. August 2008 zur Erstellung einer Liste von Drittländern, Gebieten, Zonen und Kompartimenten, aus denen die Einfuhr von Geflügel und Geflügelerzeugnissen in die Gemeinschaft und ihre Durchfuhr durch die Gemeinschaft zugelassen ist, und zur Festlegung der diesbezüglichen Veterinärbescheinigungen (ABl. L 226, S. 1) aufgehoben und ersetzt worden.

Zum EFSA-Gutachten von 2008

25

Auf ein Ersuchen der Kommission aus dem Jahr 2007 hin gab die EFSA am 7. Mai 2008 ein Gutachten ab über Tiergesundheits‑ und Tierschutzaspekte der Aviären Influenza und das Risiko ihrer Einschleppung in Geflügelbetriebe in der Europäischen Union (The EFSA Journal [2008] 715, S. 1 bis 161, im Folgenden: EFSA-Gutachten von 2008). Die Kommission hatte die EFSA beauftragt, die wesentlichen Schlussfolgerungen und Empfehlungen von früheren EFSA-Stellungnahmen zu konsolidieren und im Licht neuerer wissenschaftlicher Beweise das Risiko der Übertragung von Vogelgrippe auf europäische Geflügelfarmen neu zu bewerten. Angesichts des Erlasses der Verordnung Nr. 308/2007 wurde das Risiko der Einschleppung von GPAI‑ und HPAI-Viren durch nunmehr verbotene Einfuhren von Wildvögeln nicht nochmals spezifisch geprüft.

26

Zunächst wies die EFSA darauf hin, dass nach den in den Mitgliedstaaten der Union durchgeführten Analysen sämtliche seit 2006 bei Geflügel und Wildvögeln festgestellten Virenstämme eng miteinander verwandt seien. Hinsichtlich der Pathogenese und der Übertragung stellte sie fest, das H5N1-Virus könne bei Wildvögelpopulationen eine erhebliche Mortalität zur Folge haben, und experimentelle Studien hätten gezeigt, dass einige Arten sogar ohne klinische Symptome infiziert werden könnten.

27

Was die Gefahr einer Übertragung der Aviären Influenza durch Wildvögel angehe, seien diese Vögel an der Übertragung in Asien, im Mittleren Osten, Europa und Afrika beteiligt gewesen. Seit dem EFSA-Gutachten von 2006 seien zwar verhältnismäßig wenige Arten zu Versuchszwecken infiziert worden, doch seien an dieser Übertragung mehr Arten von Wildvögeln beteiligt gewesen als ursprünglich angenommen, insbesondere durch die Verbreitung infizierter Exkremente, sei es vor Auftreten der Symptome oder sogar ganz ohne Symptome. In Anbetracht der Zahl der bei Wildvögeln in der Zeit von 2006 bis 2008 festgestellten H5N1-Virusinfektionen sei die Gefahr einer HPAI-Übertragung durch Wildvögel offenbar als ein regelmäßiger und nicht als ein sehr seltener oder sehr häufiger Fall anzusehen. Es sei nicht auszuschließen, dass dieses Virus bei Wildvögelpopulationen seit 2006 konstant auftrete, denn es könne sich auf einem nicht nachweisbaren Niveau verbreiten. Es bestehe daher die „anhaltende“ Gefahr von Infektionen europäischen Geflügels durch infizierte Wildvögel.

28

Hinsichtlich der Gefahr einer Übertragung der Aviären Influenza durch die Einfuhr von Wildvögeln aus Drittländern stellte die EFSA Folgendes fest:

Zur Durchführungsverordnung (EU) Nr. 139/2013

29

Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 139/2013 der Kommission vom 7. Januar 2013 zur Festlegung der Veterinärbedingungen für die Einfuhr bestimmter Vogelarten in die Union sowie der dafür geltenden Quarantänebedingungen (ABl. L 47, S. 1) trat am 12. März 2013 in Kraft.

30

Die Durchführungsverordnung Nr. 139/2013, die die Verordnung Nr. 318/2007 ersetzt hat, stellt gemäß ihrem ersten Erwägungsgrund eine „Kodifizierung“ der letztgenannten Verordnung dar. Die Erwägungsgründe 4, 5 und 8 bis 10 der Verordnung Nr. 318/2007 wurden so zu den Erwägungsgründen 3 bis 7 der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013. Die Nummerierung der Artikel blieb unverändert. Anhang I der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 verweist jetzt auf die in der Verordnung Nr. 798/2008 aufgestellte Liste der Drittländer (siehe oben, Rn. 24), unter Hinzufügung Argentiniens und einer Region der Philippinen.

Zum Urteil ATC u. a./Kommission von 2013

31

In seinem Urteil vom 16. September 2013, ATC u. a./Kommission (T‑333/10, Slg, im Folgenden: Urteil ATC u. a., EU:T:2013:451), hat das Gericht (Erste Kammer) durch Zwischenurteil für Recht erkannt und entschieden, dass die Kommission mit dem Erlass der Entscheidung 2005/760 und der nachfolgenden Entscheidungen zur Verlängerung dieser ersten Entscheidung mehrere Rechtsverstöße in Form von Verstößen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der Sorgfaltspflicht begangen hat, die geeignet sind, die Haftung der Union für die Schäden auszulösen, die die Kläger aufgrund der Aussetzung der Einfuhren von Wildvögeln aus Drittländern erlitten hatten, die den Regionalkommissionen des Internationalen Tierseuchenamts (OIE, jetzt Weltorganisation für Tiergesundheit) angehören (Urteil ATC u. a., EU:T:2013:451, Rn. 193).

32

Im Übrigen hat das Gericht die Klage abgewiesen, d. h., es hat in Bezug auf die Verordnung Nr. 318/2007 festgestellt, dass die Kommission mit dem Erlass dieser Verordnung im Hinblick auf die von den Klägern in der betreffenden Rechtssache geltend gemachten Rügen keinen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine den Einzelnen schützende Rechtsnorm begangen hat, der geeignet wäre, die Haftung der Union auszulösen (Urteil ATC u. a., oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451, Rn. 192). Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Verordnung Nr. 318/2007 hat das Gericht festgestellt, dass die Kläger mit ihren Rügen keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerade wegen der geografischen Reichweite des Einfuhrverbots für Wildvögel geltend machen, so dass es mit dieser Frage nicht befasst war und sich, um nicht ultra petita zu entscheiden, zu dieser Frage nicht zu äußern brauchte (Urteil ATC u. a., oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451, Rn. 149 und 165).

33

In dem Beschluss vom 17. September 2014, ATC u. a./Kommission (T‑333/10, EU:T:2014:842), hat das Gericht (Achte Kammer) unter Berücksichtigung der von den Parteien erzielten Vereinbarung über die Höhe des den betreffenden Klägern wegen der Rechtswidrigkeit der Entscheidung 2005/760 und der entsprechenden Verlängerungsentscheidungen zu leistenden Schadensersatzes festgestellt, dass dieser Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

Zum EFSA-Gutachten von 2014

34

Am 15. Dezember 2014 gab die EFSA auf ein erneutes Ersuchen der Kommission aus demselben Jahr hin ein Gutachten über den Subtyp H5N8 der hoch pathogenen Aviären Influenza ab (The EFSA Journal 2014;12(12):3941, S. 32, im Folgenden: EFSA-Gutachten von 2014).

35

In diesem neuen Gutachten wies die EFSA darauf hin, dass auf Geflügelfarmen in Asien und Europa seit Januar bzw. November 2014 Fälle aufgetaucht seien, in denen Geflügel vom H5N8-Virus infiziert worden sei. Die Herkunft des Virus sei zwar noch unklar, doch kämen für die Kontamination verschiedene Annahmen in Betracht, wie die mittelbare Übertragung durch den Menschen, durch Fahrzeuge oder lebende Tiere. Von diesen Annahmen sei ein unmittelbarer Kontakt mit Wildvögeln auf den Farmen nicht gerade die plausibelste. Angesichts der für einige Wildvögelarten offensichtlich geringen Pathogenität dieses Virus sei es jedoch möglich, durch eine stärkere aktive und passive Beobachtung dieser Vögel, lebend oder tot, das Risiko einer Übertragung auf Hausgeflügel besser zu verstehen und die Entwicklung gezielter Maßnahmen zu fördern. Außerdem berichtete die EFSA, dass dieses Virus bei Wildvögelpopulationen in Deutschland und in den Niederlanden festgestellt worden sei.

Verfahren und Anträge der Parteien

36

Die Kläger haben mit Klageschrift, die am 18. Dezember 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Schadensersatzklage erhoben.

37

Die Kläger beantragen,

die Kommission zum Ersatz des Schadens zu verurteilen, der ihnen durch Erlass des in der Verordnung Nr. 318/2007 und/oder durch Erlass des in der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 enthaltenen, nahezu weltweit geltenden Einfuhrverbots für gefangene Wildvögel in die Union seit dem 1. Januar 2010 bis heute entstanden ist;

der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

38

Die Kommission beantragt,

die Klage abzuweisen;

den Klägern die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

39

Nach Art. 340 Abs. 2 AEUV ersetzt die Union im Bereich der außervertraglichen Haftung den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.

40

Nach ständiger Rechtsprechung wird die außervertragliche Haftung der Union im Sinne von Art. 340 Abs. 2 AEUV für ein rechtswidriges Verhalten ihrer Organe oder Einrichtungen nur dann ausgelöst, wenn mehrere kumulative Voraussetzungen erfüllt sind, und zwar muss das dem Organ oder der Einrichtung der Union vorgeworfene Verhalten rechtswidrig sein, es muss ein Schaden entstanden sein, und zwischen dem behaupteten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden muss ein Kausalzusammenhang bestehen (vgl. Urteil ATC u. a., oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41

Insbesondere in Bezug auf die erste Voraussetzung, die sich auf das dem betreffenden Organ oder der betreffenden Einrichtung vorgeworfene rechtswidrige Verhalten bezieht, verlangt die Rechtsprechung den Nachweis eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen. Das entscheidende Kriterium für die Beurteilung der Frage, ob ein Verstoß hinreichend qualifiziert ist, besteht darin, ob das betreffende Organ oder die betreffende Einrichtung der Union die Grenzen, die seinem bzw. ihrem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat. Nur wenn dieses Organ oder diese Einrichtung lediglich über einen erheblich verringerten oder gar auf null reduzierten Ermessensspielraum verfügt, kann die bloße Verletzung des Unionsrechts ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß anzunehmen (vgl. Urteil ATC u. a., oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42

Zur Anwendung des Kriteriums des hinreichend qualifizierten Verstoßes im Kontext der vorliegenden Rechtssache ist festzustellen, dass ein etwaiger hinreichend qualifizierter Verstoß gegen die in Rede stehenden Rechtsnormen auf einer offenkundigen und erheblichen Überschreitung der Grenzen des weiten Ermessens beruhen muss, über das der Unionsgesetzgeber bei der Ausübung der Befugnisse im Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik gemäß Art. 43 AEUV verfügt. Bei der Ausübung dieses Ermessens geht es nämlich darum, dass der Unionsgesetzgeber komplexe und ungewisse ökologische, wissenschaftliche, technische und wirtschaftliche Entwicklungen vorhersehen und bewerten muss (vgl. in diesem Sinne Urteil ATC u. a., oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung). Studien und wissenschaftliche Gutachten sind zwar von den Einrichtungen der Union zu berücksichtigen, doch steht es diesen Einrichtungen und nicht den Wissenschaftlern zu, das für die Gesellschaft angemessene Schutzniveau festzulegen (Urteil vom 12. April 2013, Du Pont de Nemours [Frankreich] u. a./Kommission, T‑31/07, EU:T:2013:167, Rn. 270).

43

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass mit dem Erfordernis eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen das Unionsrecht unabhängig von der Natur der beanstandeten rechtswidrigen Handlung verhindert werden soll, dass durch das Risiko, die von den betroffenen Unternehmen behaupteten Schäden tragen zu müssen, die Fähigkeit des fraglichen Organs eingeschränkt wird, seine Befugnisse im Rahmen seiner normativen oder seiner wirtschaftliche Entscheidungen einschließenden Tätigkeit wie auch in der Sphäre seiner Verwaltungszuständigkeit in vollem Umfang im Allgemeininteresse auszuüben, ohne dass dabei allerdings die Folgen offenkundiger und unentschuldbarer Pflichtverletzungen Dritten aufgebürdet werden (vgl. Urteil ATC u. a., oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44

Im vorliegenden Fall machen die Kläger im Wesentlichen geltend, die Kommission habe einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen bestimmte Rechtsnormen begangen, die bezweckten, ihnen Rechte zu verleihen, wodurch ihnen ein tatsächlicher und sicherer Schaden entstanden sei, indem sie mit dem Erlass der Verordnung Nr. 318/2007 und der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 „de facto“ ein nahezu weltweit geltendes Einfuhrverbot für gefangene Wildvögel verankert habe.

45

Dazu ist festzustellen, dass die Kläger die Rechtswidrigkeit der Verordnung Nr. 318/2007 und der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 insgesamt geltend machen, ohne die konkreten Vorschriften anzugeben, aus denen sich ein Einfuhrverbot für gefangene Wildvögel in die Union ergeben soll. Nach Ansicht des Gerichts ist jedoch das Vorbringen der Kläger genügend klar, um es der Kommission und dem Unionsrichter zu ermöglichen, die genannten Vorschriften ohne Schwierigkeiten festzustellen (vgl. in diesem Zusammenhang Urteil vom 10. Mai 2006, Galileo International Technology u. a./Kommission, T‑279/03, Slg, EU:T:2006:121, Rn. 47).

46

Zunächst ist das Vorliegen eines rechtswidrigen Verhaltens der Kommission im Hinblick auf die oben in den Rn. 39 bis 43 dargelegten Grundsätze zu prüfen.

Zum Vorliegen eines rechtswidrigen Verhaltens

47

Um das Vorliegen eines rechtswidrigen Verhaltens der Kommission darzutun, machen die Kläger im Wesentlichen drei Klagegründe geltend: erstens eine qualifizierte Verletzung der unternehmerischen Freiheit, der Berufsfreiheit und des Eigentumsrechts, wie sie in den Art. 15 bis 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind, zweitens einen qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und drittens einen qualifizierten Verstoß gegen das Sorgfaltsprinzip.

48

Das Gericht hält es für zweckmäßig, den zweiten und den dritten Klagegrund vor dem ersten zu prüfen.

Zweiter Klagegrund: qualifizierter Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

49

Mit ihrem zweiten Klagegrund machen die Kläger geltend, die Kommission habe dadurch, dass sie die Verordnung Nr. 318/2007 und die Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 erlassen und aufrechterhalten habe, in qualifizierter Weise gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Dazu tragen sie drei Rügen vor: Erstens sei die geografische Reichweite des Einfuhrverbots für gefangene Wildvögel in die Union zu weitgehend und verstoße dadurch auch gegen das Vorsorgeprinzip, zweitens sei eine Quarantänelösung als milderes Mittel zur Bekämpfung der Aviären Influenza nicht angewandt worden, und drittens seien die Zugvögel nicht einem intensiveren Monitoring als wirksameres Mittel zu dieser Bekämpfung unterzogen worden.

50

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört und in Art. 5 Abs. 4 EUV verankert ist, die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die dadurch bedingten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen müssen. Was die gerichtliche Kontrolle der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit betrifft, kann aufgrund des weiten Ermessens, über das der Unionsgesetzgeber im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik verfügt, die Rechtmäßigkeit einer in diesem Bereich erlassenen Maßnahme nur dann beeinträchtigt sein, wenn diese Maßnahme zur Erreichung des von dem zuständigen Organ verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet ist. Es geht somit nicht darum, ob die vom Unionsgesetzgeber erlassenen Maßnahmen die einzig möglichen oder die bestmöglichen Maßnahmen sind, sondern darum, ob sie zur Erreichung des verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet sind oder nicht (vgl. Urteil ATC u. a., oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451, Rn. 98 und 99 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

51

Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass der Vorsorgegrundsatz einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts darstellt, der sich aus Art. 11 AEUV, Art. 168 Abs. 1 AEUV, Art. 169 Abs. 1 und 2 AEUV sowie Art. 191 Abs. 1 und 2 AEUV ergibt und der die betroffenen Behörden verpflichtet, im genauen Rahmen der Ausübung der ihnen durch die einschlägige Regelung zugewiesenen Befugnisse geeignete Maßnahmen zu treffen, um bestimmte potenzielle Risiken für die Gesundheit der Bevölkerung, die Sicherheit und die Umwelt auszuschließen, indem sie den mit dem Schutz dieser Interessen verbundenen Erfordernissen Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen einräumen. Daher können die Organe, wenn wissenschaftliche Ungewissheiten bezüglich der Existenz oder des Umfangs von Risiken für die menschliche Gesundheit bestehen, nach dem Vorsorgegrundsatz Schutzmaßnahmen treffen, ohne abwarten zu müssen, bis das tatsächliche Vorliegen und die Schwere dieser Risiken in vollem Umfang nachgewiesen sind oder bis die nachteiligen Wirkungen für die Gesundheit eintreten. Wenn es sich als unmöglich erweist, das Bestehen oder den Umfang des behaupteten Risikos mit Sicherheit festzustellen, weil die Ergebnisse der durchgeführten Studien unzureichend, nicht schlüssig oder ungenau sind, die Wahrscheinlichkeit eines tatsächlichen Schadens für die öffentliche Gesundheit jedoch fortbesteht, falls das Risiko eintritt, rechtfertigt das Vorsorgeprinzip darüber hinaus den Erlass beschränkender Maßnahmen, wenn sie objektiv und nicht diskriminierend sind (vgl. in diesem Sinne Urteil ATC u. a., oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451, Rn. 79 bis 81 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52

Im vorliegenden Fall steht zunächst fest, dass das mit der Verordnung Nr. 318/2007 und der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 angestrebte Ziel, Veterinärbedingungen festzulegen, einen Bezug zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier aufweist und dass dieses Ziel legitim ist.

– Erste Rüge: Die geografische Reichweite des Einfuhrverbots für gefangene Wildvögel geht zu weit

53

Mit ihrer ersten Rüge machen die Kläger geltend, die geografische Reichweite der Verordnung Nr. 318/2007 und der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 gehe zu weit, da diese Verordnungen für gefangene Wildvögel weltweit ein „absolutes Handelsverbot“ festschrieben, obwohl nach den seit 2010 gefestigten wissenschaftlichen Kenntnissen, insbesondere der OIE, einige Drittländer, vor allem in Südamerika und in Ozeanien, von der Aviären Influenza unberührt geblieben seien. Die Kläger tragen, hauptsächlich gestützt auf das Urteil ATC u. a. (oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451), vor, dass der Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aufgrund der zu weitgehenden geografischen Reichweite des Einfuhrverbots für gefangene Wildvögel in die Union im Hinblick auf die genannten Verordnungen genauso beurteilt werden müsse wie in dem genannten Urteil des Gerichts hinsichtlich der Entscheidung 2005/760 und der Verlängerung der ergriffenen Maßnahmen (siehe oben, Rn. 8 und 9).

54

Im Übrigen hätten die Verordnung Nr. 318/2007 und die Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 gemäß ihren Rechtsgrundlagen – den Richtlinien 91/496 und 92/65 – nicht, wie von der Kommission behauptet, gleichwertige Garantien in Drittländern zum Ziel, sondern das Vorsorgeprinzip und den Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier vor einer Kontamination durch den Vogelgrippe-Virus. Aufgrund dieser Ziele des Gesundheitsschutzes dürfe nicht jeglicher räumliche Bezug und jede Gefahr einer Übertragung aus einem Drittland unter Hinweis auf eine undifferenzierte weltweite Verbreitung der Viren völlig außer Acht gelassen werden. Vielmehr sei nur eine Regelung, die die unterschiedliche Gefährdungslage in den jeweiligen Ländern und Kontinenten berücksichtige, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Vorsorgeprinzip vereinbar.

55

Die Kommission tritt dem Vorbringen der Kläger entgegen.

56

Im vorliegenden Fall ist an erster Stelle die rechtliche Bedeutung der in dem oben in Rn. 31 erwähnten Urteil ATC u. a. (EU:T:2013:451) festgestellten Rechtsverstöße näher zu bestimmen. An zweiter Stelle ist die Rechtmäßigkeit einer Regelung, die für die Einfuhr von Vögeln in die Union insbesondere auf die Züchtung in Gefangenschaft und auf ihre Herkunft aus Drittländern, die gleichwertige Garantien wie die in der Union geltenden geben können, abstellt, im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Vorsorgeprinzip zu prüfen. An dritter Stelle ist im vorliegenden Fall die Verhältnismäßigkeit der geografischen Reichweite des Einfuhrverbots für gefangene Wildvögel in die Union zu untersuchen, wie es sich insbesondere aus Art. 5 der Verordnung Nr. 318/2007 und der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 in Verbindung mit deren Art. 3 Buchst. c ergibt (siehe oben, Rn. 21 und 45).

57

An erster Stelle ist in Bezug auf die rechtliche Bedeutung der in dem oben in Rn. 31 erwähnten Urteil ATC u. a. (EU:T:2013:451) festgestellten Rechtsverstöße darauf hinzuweisen, dass sich das Gericht in diesem Urteil, was die Rechtmäßigkeit der Verordnung Nr. 318/2007 angeht, nicht zu einem etwaigen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit durch eine zu weitgehende geografische Reichweite des Einfuhrverbots für gefangene Wildvögel in die Union geäußert hat (siehe oben, Rn. 32).

58

Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Maßnahmen, die das Gericht in dem oben in Rn. 31 erwähnten Urteil ATC u. a. (EU:T:2013:451) wegen ihrer zu weitgehenden geografischen Reichweite für unverhältnismäßig und rechtswidrig erklärt hat, d. h. die in der Entscheidung 2005/760 vorgesehenen und in der Folge verlängerten Maßnahmen, um Schutzmaßnahmen nach Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 91/496 handelte.

59

Die Anwendung von Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 91/496 setzt jedoch u. a. voraus, dass „es im Gebiet eines Drittlandes zum Ausbruch oder zur Ausbreitung einer … Krankheit oder zu einer Zoonose [kommt] oder [dass] die Gefahr [besteht], dass die Tiere oder die menschliche Gesundheit aufgrund einer Krankheit oder aus einem anderen Grund ernsthaft gefährdet werden könnten“. In diesem Fall hat die Kommission unverzüglich entweder die „Aussetzung der Einfuhren aus dem gesamten Gebiet oder einem Teilgebiet des betreffenden Drittlandes und gegebenenfalls des Durchfuhrlandes [oder die] Festlegung besonderer Bedingungen für die Tiere aus dem gesamten Gebiet oder einem Teilgebiet des betreffenden Drittlandes“ zu verfügen. Diese Vorschrift bezieht sich demnach auf ein bestimmtes Drittland, in dem es anerkanntermaßen eine Gefahr für die Gesundheit gibt. Das Gericht hat daraus in dem oben in Rn. 31 erwähnten Urteil ATC u. a. (EU:T:2013:451) geschlossen, dass die fraglichen Sicherungsmaßnahmen einen hinreichend unmittelbaren Bezug zum „gesamten Gebiet oder einem Teilgebiet des betreffenden Drittlandes“ im Sinne der genannten Vorschrift haben müssen (Urteil ATC u. a., oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451, Rn. 86).

60

Die Rechtsgrundlagen, auf die sich die Verordnung Nr. 318/2007 und die Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 stützen, die im vorliegenden Fall einschlägig sind, enthalten hingegen keine Bezugnahme auf ein bestimmtes Drittland, in dem es anerkanntermaßen eine Gefahr für die Gesundheit gibt. Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 92/65 ermächtigt die Kommission vielmehr, die allgemeinen Gesundheitsvorschriften zu erlassen, um sicherzustellen, dass die Einfuhren ausschließlich aus Drittländern kommen, die „in der Lage sind, den Mitgliedstaaten und der Kommission Garantien zu bieten, die den in Kapitel II für Tiere, Samen, Eizellen und Embryonen vorgesehenen Garantien gleichwertig sind“. Außerdem werden in Art. 17 Abs. 3 Buchst. c dieser Richtlinie zwar „die besonderen tierseuchenrechtlichen Anforderungen, vor allem zum Schutz der [Union] vor bestimmten exotischen Krankheiten, oder Garantien, die denen, die in dieser Richtlinie vorgesehen sind, gleichwertig sind“, erwähnt, doch sieht auch diese Vorschrift nur allgemeine Anforderungen geografischer Art vor, ohne auf ein bestimmtes Drittland Bezug zu nehmen. Auch in den übrigen Rechtsgrundlagen der genannten Verordnungen – Art. 18 Abs. 1 erster und vierter Gedankenstrich der Richtlinie 92/65 und Art. 10 Abs. 3 Unterabs. 2 und Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 91/496 – wird nicht auf ein bestimmtes Drittland hingewiesen.

61

Die Verordnung Nr. 318/2007 und die Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 stellen also keine Schutzmaßnahmen dar, sondern sehen gemäß ihren Rechtsgrundlagen für alle Drittländer allgemeine Gesundheitsvorschriften für die Einfuhr von Tieren in die Union vor.

62

Die vom Gericht im Urteil ATC u. a. (oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451) getroffenen Feststellungen zur Rechtswidrigkeit sind demnach in dem besonderen Rahmen von Schutzmaßnahmen zu sehen und nicht ohne Weiteres auf die Verordnung Nr. 318/2007 und die Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 übertragbar.

63

An zweiter Stelle ist hinsichtlich der Rechtmäßigkeit im Licht des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Vorsorgeprinzips einer Regelung, die für die Einfuhr von Vögeln in die Union insbesondere vorsieht, dass sie in Gefangenschaft gezüchtet worden und aus Drittländern stammen müssen, die gleichwertige Garantien wie die in der Union geltenden geben können, zunächst festzustellen, dass ein Drittland gemäß Anhang II Kapitel 1 der Verordnung Nr. 318/2007 und der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 in die nach Art. 17 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 92/65 vorgesehene Liste aufgenommen werden kann, wenn als wesentliche Voraussetzung eine zweifache Garantie gegeben ist. Zum einen muss das Herkunftsland über ein funktionierendes Veterinärsystem mit kompetenten Laboratorien verfügen, und zum anderen müssen die in die Union eingeführten Tiere von einem im Herkunftsland zugelassenen Zuchtbetrieb stammen und demzufolge dort in Gefangenschaft aufgezogen worden sein. Durch diese beiden Bedingungen soll eine engmaschige Überwachung von Tieren und eine rasche Durchführung von Seuchenbekämpfungsmaßnahmen sichergestellt werden.

64

In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass das Gericht im Urteil ATC u. a. (oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451) festgestellt hat, dass die Regelung, mit der die tierseuchenrechtlichen Bedingungen für den Handel mit und die Einfuhren von Tieren in die Union festgelegt werden und die u. a. durch die Richtlinie 92/65, insbesondere ihren Art. 17 Abs. 2 und 3 sowie ihren Art. 18 Abs. 1 erster und vierter Gedankenstrich, auf die die Verordnung Nr. 318/2007 gestützt wird, eingeführt worden ist, auf dem Grundsatz einer vorherigen Genehmigung beruht. Nach diesem Grundsatz ist jede Einfuhr von Tieren aus Drittländern aus tierseuchenrechtlichen und präventiven Gründen grundsätzlich verboten und nur vorbehaltlich einer mit der Erfüllung von Förmlichkeiten und der Durchführung obligatorischer Vorabkontrollen verknüpften ausdrücklichen Genehmigung erlaubt. Das hat zur Erstellung einer Liste von Drittländern geführt, aus denen die Einfuhr gestattet ist (vgl. in diesem Sinne Urteil ATC u. a., oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451, Rn. 140 und 141). Auf der Grundlage von Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 92/65 ist die Kommission daher befugt, bestimmte Drittländer von dieser Liste auszuschließen oder zu streichen, was zur Folge hat, dass jede Einfuhr von Tieren aus den genannten Ländern automatisch verboten ist (Urteil ATC u. a., oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451, Rn. 142 und 143).

65

Die Kommission verfügt beim Erlass „tierseuchenrechtliche[r] Vorschriften … für das Inverkehrbringen von … Tieren“ im Sinne des fünften Erwägungsgrundes der Richtlinie 92/65 über ein weites Ermessen, das zwangsläufig die Möglichkeit einschließt, die Einfuhr bestimmter Tierarten in die Union aus bestimmten Ländern, die die vorerwähnten Einfuhrbedingungen nicht erfüllen, nicht zu genehmigen (Urteil ATC u. a., oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451, Rn. 146). Außerdem wird gemäß Art. 17 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 92/65, der die Befugnis der Kommission zur Festlegung der „besonderen tierseuchenrechtlichen Bedingungen – insbesondere zum Schutz der [Union] gegen bestimmte exotische Krankheiten –“ erwähnt, dem Schutz- und Präventionszweck Genüge getan, der dem Vorsorgeprinzip innewohnt, bei dessen Umsetzung die Kommission in diesem Zusammenhang über ein weites Ermessen verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteil ATC u. a., oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451, Rn. 147).

66

So hat das Gericht im Urteil ATC u. a. (oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451) im Wesentlichen festgestellt, dass eine Regelung wie die in der Verordnung Nr. 318/2007 enthaltene, die die Einfuhr von Vögeln in die Union von der Bedingung abhängig macht, dass sie aus Drittländern stammen, die gleichwertige Garantien wie die in der Union geltenden geben können, mit dem Zweck und den Anforderungen der Richtlinie 92/65 sowie mit dem Vorsorgeprinzip im Einklang steht, ohne unverhältnismäßig zu sein.

67

Unter den Umständen der vorliegenden Rechtssache gilt dieses grundsätzliche Ergebnis sowohl für die Verordnung Nr. 318/2007 als auch für die Durchführungsverordnung Nr. 139/2013, da Letztere eine „Kodifizierung“ der Verordnung Nr. 318/2007 darstellt und im Wesentlichen deren Inhalt wiedergibt (siehe oben, Rn. 30).

68

Im Übrigen ist festzustellen, dass das behauptete „absolute Einfuhrverbot“ für gefangene Wildvögel lediglich die logische Konsequenz der Anforderung ist, wonach die Tiere aus einem zugelassenen Zuchtbetrieb, in dem sie in Gefangenschaft aufgezogen wurden, und nicht aus ihrer natürlichen Umgebung stammen müssen.

69

Angesichts der Unsicherheiten hinsichtlich des Gesundheitszustands gefangener Wildvögel (vgl. in diesem Sinne Urteil ATC u. a., oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451, Rn. 159) ergibt sich daher, dass das Erfordernis, wonach die Tiere aus einem zugelassenen Zuchtbetrieb stammen müssen, in dem sie in Gefangenschaft gezüchtet wurden, in Verbindung mit dem Erfordernis eines funktionierenden Veterinärsystems eine unerlässliche Voraussetzung für eine Seuchenüberwachung und eine vorbeugende Kontrolle im Herkunftsdrittland ist. Das setzt wiederum voraus, dass dieses Drittland gleichwertige Garantien wie die in der Union geltenden gibt und in die Liste der Drittländer aufgenommen wird, aus denen die Einfuhr von Tieren in die Union gestattet ist.

70

Der vorstehend in Rn. 64 beschriebene Grundsatz einer vorherigen Genehmigung, der auf den Rechtsgrundlagen der Verordnung Nr. 318/2007 und der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 sowie auf dem Vorsorgeprinzip beruht, ist daher gestützt auf den Erhalt von Garantien im Hinblick auf die Seuchenüberwachung von Vögeln anzuwenden, die in einem im Herkunftsdrittland zugelassenen Betrieb gezüchtet wurden, und nicht gestützt auf Vermutungen hinsichtlich der allgemeinen Gesundheitssituation in diesem Land. Insbesondere kann anhand dieser Garantien mit hinreichender wissenschaftlicher Gewissheit festgestellt werden, ob das fragliche Land unbeschadet seiner geografischen Lage und entsprechender Vermutungen seuchenfrei ist.

71

Da das behauptete „absolute Einfuhrverbot“ von gefangenen Wildvögeln in die Union die logische Konsequenz der Garantien ist, die nach dem Grundsatz der vorherigen Genehmigung in den Drittstaaten erforderlich sind, ergibt sich, dass die Kommission dadurch, dass sie in der Verordnung Nr. 318/2007 und der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 im Rahmen ihres weiten Ermessens (siehe oben, Rn. 42) derartige Garantien verlangt, keinen offensichtlichen Fehler und keinen qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit oder gegen das Vorsorgeprinzip begangen hat.

72

An dritter Stelle ist in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit der geografischen Reichweite des Einfuhrverbots für gefangene Wildvögel in die Union festzustellen, dass die Kommission nur dann ihr Ermessen hätte überschreiten und gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen können, wenn sie sich geweigert hätte, die Einfuhr derartiger Vögel aus Gebieten zuzulassen, die offensichtlich frei von Aviärer Influenza sind.

73

Gemäß den von den Parteien zu den Akten gegebenen wissenschaftlichen Daten kann die Aviäre Influenza jedoch bei Wildvögeln auf allen Kontinenten in Form der HPAI oder der GPAI auftreten.

74

Erstens heißt es in Art. 10.4.27 Abs. 2 des von der OIE erstellten Gesundheitskodex für Landtiere, 23. Ausgabe:

„Das Auftreten von Grippe-A-Viren bei Wildvögeln ist ein besonderes Problem. Im Grunde genommen kann sich [in Anbetracht der Grenzen, die für diese Vögel hinsichtlich der allgemeinen Mitteilungspflicht und des Informationsaustausches, wie er für Hausgeflügel vorgesehen ist, bestehen,] kein Mitgliedstaat von Grippe-A-Viren bei Wildvögeln frei erklären.“

75

Die OIE hat gemäß einer von der Kommission vorgelegten Mitteilung vom 19. Mai 2015 auch die Rolle von Wildvögeln als Reservoir und Überträger von Viren bei verschiedenen Epidemien der Aviären Influenza hervorgehoben, zugleich aber auch auf das Bestehen anderer Übertragungsfaktoren hingewiesen, insbesondere bei der Zucht von Geflügel ohne geeignete Vorsichtsmaßnahmen.

76

Zweitens ist festzustellen, dass das Virus der Aviären Influenza bereits in Südamerika und in Ozeanien aufgetreten ist und dort Wildvögel infiziert hat. Das gegenteilige Vorbringen der Kläger stützt sich auf ungenaue Karten der OIE, die sich nur auf beschränkte Zeiträume (2010, 2011 und 2013) und auf Dokumente beziehen, die lediglich das H5N1-Virus betreffen, obwohl die EFSA in ihren Gutachten von 2005, 2006 und 2008 die einzelnen Viren der Subtypen H5 und H7 geprüft hat.

77

Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach den von der Kommission vorgelegten wissenschaftlichen Daten, deren Zuverlässigkeit die Kläger nicht in Frage gestellt haben, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) in ihrem Bericht über HPAI in Mexiko (Highly Pathogenic Avian Influenza in Mexico [H7N3], Empres Watch, Bd. 26, August 2012, S. 63 bis 71) bestätigt hat, dass das H7N3-Virus weltweit bei Wildvögeln anzutreffen ist. Dies hat sich gemäß der FAO bei einer in Nordamerika, Südamerika (insbesondere Peru) sowie in Europa und in Asien durchgeführten Kontrolle gezeigt, und den Beobachtungen zufolge sei die Migration der Wildvögel sowie der Kontakt mit Hausgeflügel am häufigsten ursächlich für die Einschleppung oder Verbreitung des Virus. Außerdem wurde gemäß einem von der Kommission vorgelegten wissenschaftlichen Artikel (Avian Influenza in wild birds from Chile, 2007-2009, Virus Research 199 [2015] S. 42 bis 45) das H5N9-Virus bei Wildvögeln zwischen 2007 und 2009 auch in Chile festgestellt. Auf der Homepage der OIE wird darauf hingewiesen, dass Epidemien des H7N7-Virus in den Jahren 2012 und 2013 auch aus Australien gemeldet wurden. Darüber hinaus wurden neue HPAI hervorrufende Viren, insbesondere das H5N8-Virus, im Jahr 2014 in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Mexiko beobachtet und könnten sich nach Südamerika verbreiten und dort mit den bei Wildvögelpopulationen vorhandenen Viren rekombinieren. Schließlich ist das H7N9-Virus aufgetreten, ein niedrig pathogenes Virus, welches bei Vögeln kaum klinische Symptome aufweist, beim Menschen jedoch eine ernste Gefahr darstellt.

78

Zu dem Vorbringen der Kläger, wonach die in Südamerika aufgetretenen Fälle von Infektionen nur einzelne Wildvögel entlang der Flugrouten an der Pazifikküste betreffen und nicht Ausbrüche wie in Geflügelfarmen, ist festzustellen, dass dies darauf zurückzuführen sein mag, dass Wildvögel nicht genauso streng überwacht werden können wie Geflügel auf Geflügelfarmen, so dass derartige Beobachtungen zwangsläufig vereinzelt sind und die verfügbaren wissenschaftlichen Daten möglicherweise nicht die Gesamtzahl der infizierten Wildvögel wiedergeben.

79

Viele Drittländer haben nämlich nicht die Mittel, die notwendig sind, um das Virus bei Wildvögeln feststellen zu können. Dafür wären eine veterinärfachliche Überwachung im gesamten Gebiet und eine Diagnose durch kompetente Labore erforderlich. Da die Kommission jedoch nicht befugt ist, in Drittstaaten Überwachungsprogramme durchzuführen oder Testlabore einzurichten, ist es Sache des Herkunftslands, seine Infektionsfreiheit durch Garantien nachzuweisen, die den Anforderungen der Union, wie sie in Anhang II der Verordnung Nr. 318/2007 und der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 festgelegt sind, entsprechen. Dazu ist den Ausführungen der Kommission folgend festzustellen, dass bestimmte südamerikanische Länder (Bolivien, Guyana, Paraguay, Surinam und Venezuela) nicht einmal beantragt haben, in die nach der Verordnung Nr. 798/2008 vorgesehene Liste der Länder aufgenommen zu werden, aus denen Geflügel in die Union eingeführt werden darf (siehe oben, Rn. 24), wobei diese Liste gemäß Anhang I der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 (siehe oben, Rn. 30) auch für andere zur Einfuhr zugelassene Vögel gilt, z. B. für in Gefangenschaft gezüchtete Wildvögel.

80

Drittens ergibt sich aus mehreren von den Parteien zu den Akten gegebenen Dokumenten, dass die Einfuhr von gefangenen Wildvögeln aus Drittländern nach wie vor ein mit einem hohen Risiko behafteter Übertragungsweg ist, vor allem während der Zeiten des Vogelzugs, und dass diese Einfuhr insbesondere die Gefahr in sich birgt, neue HPAI- oder GPAI-Virenstämme einzuführen, die es bislang in der Union nicht gibt. Diese Virenstämme könnten sich in ein hoch pathogenes Virus rekombinieren und auf europäische Populationen von Wildvögeln oder Geflügel direkt oder indirekt übertragen werden.

81

Gemäß dem Gutachten des Friedrich-Loeffler-Instituts vom 25. November 2014, das die Kläger selbst vorgelegt haben, ist das Risiko einer Übertragung des HPAI-Virus auf Geflügel in Deutschland durch Wildvögel „hoch“, ebenso wie das Risiko bei illegalen Einfuhren aus Drittländern, während das Risiko bei legalen Einfuhren von in Gefangenschaft gezüchteten Vögeln aus Drittländern, d. h. seit Erlass der Verordnung Nr. 318/2007, oder beim Handel zwischen Mitgliedstaaten als „vernachlässigbar“ und das Risiko in Bezug auf den Personen- und Fahrzeugverkehr in der Union als „gering“ beurteilt wird.

82

In dem nächsten von der Kommission vorgelegten Gutachten des Friedrich-Loeffler-Instituts vom 3. Juni 2015 hat dieses vorab festgestellt, dass „[d]as von verschiedenen aviären Influenzaviren ausgelöste weltweite … (HPAI)-Geschehen eine bisher ungekannte Dimension angenommen [hat]“, dass „[w]echselseitige Übertragungen von HPAW H5N8 zwischen Wildvögeln und Geflügel durch direkten Kontakt oder durch Kontakt mit [mit] Fäzes kontaminierten Materialien möglich [sind]“ und dass „[d]ie hohe Reassortierungsfrequenz auf dem amerikanischen Kontinent vermuten lässt, dass [dieses Virus] bereits 2014 in der nordamerikanischen Wildvogelpopulation weit verbreitet gewesen sein muss“. Das mit Wildvögeln in Deutschland verbundene Risiko ist zwar auf „gering bis mäßig“ gesunken, jedoch nur bis zum August 2015, dem Migrationszeitraum dieser Vögel.

83

Insbesondere ergibt sich aus sämtlichen wissenschaftlichen Daten, die die Kommission vorgelegt hat und deren Zuverlässigkeit die Kläger nicht in Frage gestellt haben, dass erstens kein Land nach den zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt geltenden Regeln der OIE behaupten konnte, im Hinblick auf Wildvögel vom GPAI- und HPAI-Virus frei zu sein, zweitens, dass Fälle einer Infektion mit dem Virus aus Südamerika und Ozeanien gemeldet wurden, andere mögliche Fälle jedoch mit den derzeitigen Mitteln nicht festgestellt werden konnten, und drittens, dass die Einfuhr gefangener Wildvögel in die Union nach wie vor ein mit einem hohen Risiko behafteter Übertragungsweg des Virus ist.

84

Die Kläger haben kein Dokument vorgelegt, aus dem sich klar und hinreichend schlüssig ergibt, dass bestimmte Länder oder bestimmte Kontinente, insbesondere Südamerika und Ozeanien, dauerhaft von der Aviären Influenza frei sind oder dass gefangene Wildvögel ganz allgemein keine Gefahr einer Verbreitung dieses Virus darstellen.

85

Deshalb ist festzustellen, dass die wissenschaftliche Ungewissheit in Bezug auf die Gefahr einer Verbreitung der Aviären Influenza in der Union durch die Einfuhr gefangener Wildvögel aus Drittländern der gesamten Welt in hohem Maße fortbesteht.

86

Die erste Rüge, mit der geltend gemacht wird, dass ein qualifizierter Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorliege, weil die geografische Reichweite des Einfuhrverbots für gefangene Wildvögel in der Verordnung Nr. 318/2007 und der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 zu weitgehend sei, kann nach alledem keinen Erfolg haben.

– Zweite Rüge: Die unterlassene Anwendung einer Quarantänelösung wäre ein milderes Mittel gewesen

87

Mit ihrer zweiten Rüge machen die Kläger geltend, dass die Kommission die Quarantänelösung angesichts der nachlassenden Verbreitung der Infektionen in den von der Aviären Influenza nach wie vor betroffenen Ländern als milderes Mittel zur Bekämpfung dieser Verbreitung hätte vorziehen müssen, und sei es zweifach, d. h. sowohl in den Drittländern als auch im Einfuhrmitgliedstaat.

88

Die Kommission tritt dem Vorbringen der Kläger entgegen.

89

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass diese Rüge einer Rüge entspricht, die das Gericht im Urteil ATC u. a. (oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451) geprüft hat.

90

Deshalb ist daran zu erinnern, was das Gericht in jenem Urteil (Rn. 158 und 159) entschieden hat:

91

Im Übrigen hat das Gericht im Urteil ATC u. a. (oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451) im Hinblick auf die Vermeidung von Risiken darauf hingewiesen, dass sich Wildvögel von in Gefangenschaft gezüchteten Vögeln unterscheiden. Bei Letzteren kann nämlich schon unmittelbar nach ihrer Geburt eine strenge Gesundheitskontrolle angeordnet werden, was gegenüber Geflügel bis zu ihrer Aufzucht in geschlossenen Räumen oder ihrer Einsperrung führen kann. Demzufolge hat das Gericht festgestellt, dass die Kläger in der Rechtssache, die zu jenem Urteil geführt hat, der Kommission nicht vorwerfen können, sie habe eine offensichtlich unverhältnismäßige Maßnahme getroffen, indem sie zwischen Wildvögeln und in Gefangenschaft gezüchteten Vögeln unterschieden habe (vgl. in diesem Sinne Urteil ATC u. a., oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451, Rn. 162 und 163).

92

Im vorliegenden Fall haben die Kläger kein Dokument vorgelegt, das diese Auffassung des Gerichts – die mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dem Vorsorgeprinzip sowie mit dem EFSA-Gutachten von 2006 ebenso wie mit dem EFSA-Gutachten von 2008 im Einklang steht – widerlegen könnte. Die von den Klägern geltend gemachte „nachlassende Verbreitung der Infektionen“ ist vielmehr in Anbetracht der von der Kommission vorgelegten wissenschaftlichen Daten zu bezweifeln (siehe oben, Rn. 74 bis 82).

93

Deshalb ist unter diesen Umständen festzustellen, dass die oben in Rn. 91 genannte Schlussfolgerung aus denselben Gründen sowohl für die Verordnung Nr. 318/2007 als auch für die Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 gilt, da Letztere eine „Kodifizierung“ der Verordnung Nr. 318/2007 darstellt und im Wesentlichen deren Inhalt wiedergibt (siehe oben, Rn. 30).

94

Folglich kann die zweite Rüge, mit der ein qualifizierter Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit durch die unterlassene Anwendung einer Quarantänelösung als milderes Mittel zur Bekämpfung der Aviären Influenza geltend gemacht wird, keinen Erfolg haben.

– Dritte Rüge: Die Zugvögel seien nicht einem intensiveren Monitoring als wirksameres Mittel zu dieser Bekämpfung unterzogen worden

95

Mit ihrer dritten Rüge machen die Kläger geltend, dass für die Kommission eine intensivere Überwachung der Zugvögel, gegebenenfalls in Verbindung mit einer präventiven Stallpflicht für Geflügel, das entlang dieser Flugrouten gehalten wird, ein wirksameres Mittel zur Bekämpfung der Verbreitung der Aviären Influenza gewesen wäre.

96

Die Kommission tritt dem Vorbringen der Kläger entgegen.

97

Zunächst genügt die Feststellung, dass es sich bei der Übertragung des Virus der Aviären Influenza durch Zugvögel um eine parallele Übertragungsart handelt, die eine Übertragung des Virus durch gefangene Wildvögel nicht ausschließt. Folglich kann eine intensivere Überwachung der Zugvögel – selbst wenn sie mit erhöhten Biosecurity-Maßnahmen, z. B. einer Stallpflicht für Geflügel entlang der Flugrouten der Zugvögel in der Union, einherginge – keine wirksamere Lösung sein als ein Einfuhrverbot für gefangene Wildvögel in die Union.

98

Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die Überwachung von Zugvögeln in Verbindung mit Tests an Wildvögeln in Anbetracht ihrer Komplexität, ihrer hohen Kosten und ihrer geringen Repräsentativität keine realistische alternative Maßnahme darstellt. So hat die Kommission anerkannt, dass die im Jahr 2008 in der Union an ungefähr 50000 Wildvögeln unter einem erheblichen Aufwand von Ressourcen durchgeführten Tests eine so geringe Anzahl von Vögeln betrafen, dass das Ergebnis nicht als repräsentativ gelten kann.

99

Jedenfalls ist festzustellen, dass die Union Drittländern, darunter solchen in Südamerika und Afrika, nicht vorschreiben kann, eine intensivere Überwachung der Zugvögel vorzunehmen.

100

Der Gesundheitszustand von Wildvögeln kann daher nur sicher überwacht werden und mit hinreichender wissenschaftlicher Sicherheit bekannt sein, wenn sie in Gefangenschaft gezüchtet und in den hierfür zugelassenen Zuchtanstalten durch ein funktionierendes Veterinärsystem überwacht werden.

101

Daraus folgt, dass die dritte Rüge, mit der geltend gemacht wird, dass ein qualifizierter Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorliege, da die Zugvögel nicht einem intensiveren Monitoring als wirksameres Mittel zur Bekämpfung der Aviären Influenza unterzogen worden seien, keinen Erfolg haben kann.

102

Nach alledem hat die Kommission dadurch, dass sie im Rahmen ihres weiten Ermessens die Verordnung Nr. 318/2007 und die Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 erlassen hat, keinen offensichtlichen Fehler und keinen qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – namentlich in Bezug auf die geografische Reichweite des Einfuhrverbots für Wildvögel in die Union – oder das Vorsorgeprinzip begangen.

103

Der zweite Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

Dritter Klagegrund: qualifizierter Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht

104

Mit ihrem dritten Klagegrund machen die Kläger, insbesondere gestützt auf das Urteil ATC u. a. (oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451), geltend, die Kommission habe im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens in qualifizierter Weise gegen ihre Sorgfaltspflicht verstoßen, indem sie das Einfuhrverbot für gefangene Wildvögel in die Union „unkritisch“ weiterhin auf die EFSA-Gutachten von 2005 und 2006 gestützt habe, ohne die EFSA um ein aktuelleres Gutachten zu ersuchen und ohne den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zu berücksichtigen, wie er seit 2010 insbesondere von der OIE zusammengetragen und konsolidiert worden sei. Vor allem seien die Verbreitungswege und Ansteckungsgefahren der Aviären Influenza, als die Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 erlassen worden sei, bereits seit nahezu zehn Jahren erforscht und beobachtet worden. Die Kommission hätte deshalb die Daten der OIE berücksichtigen müssen, die belegten, dass es bei Wildvögeln in Südamerika überhaupt keinen Fall einer Infektion mit der Aviären Influenza und keinerlei Kontakt zwischen Wildvögeln aus Südamerika oder Ozeanien und solchen aus den betroffenen asiatischen Ländern gegeben habe.

105

Angesichts dieses wissenschaftlichen Kenntnisstands hätten nach Ansicht der Kläger bestimmte „infektionsfreie“ Länder vom Einfuhrverbot für gefangene Wildvögel in die Union ausgenommen werden müssen und wäre eine Quarantänelösung in Verbindung mit einer intensiveren Überwachung der Zugvögel ein geeigneteres Mittel gewesen. Außerdem müssten die Verordnung Nr. 318/2007 und die Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 nicht nur zum Zeitpunkt ihres Erlasses, sondern auch während ihres gesamten Geltungszeitraums die wissenschaftlichen Erkenntnisse korrekt widerspiegeln und folglich im Laufe der Zeit gegebenenfalls angepasst werden. Im Übrigen habe die Kommission es versäumt, die EFSA aufzufordern, speziell die Gefahren des internationalen Geflügelhandels zu untersuchen.

106

Die Kommission tritt dem Vorbringen der Kläger entgegen.

107

Wenn ein Unionsorgan über einen weiten Ermessensspielraum verfügt, kommt nach ständiger Rechtsprechung der Kontrolle der Einhaltung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung für Verwaltungsverfahren vorsieht, wesentliche Bedeutung zu. Zu diesen Garantien gehört u. a. die Verpflichtung des zuständigen Organs, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen und seine Entscheidung hinreichend zu begründen. Die Beachtung der Pflicht der Kommission, die für die Ausübung ihres weiten Ermessens unerlässlichen Fakten sorgfältig zusammenzutragen, und ihre Überprüfung durch den Unionsrichter sind nämlich umso wichtiger, als die Ausübung des genannten Ermessens nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle der materiellen Rechtmäßigkeit unterliegt, die auf die Ermittlung eines offensichtlichen Fehlers beschränkt ist (vgl. Urteil ATC u. a., oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451, Rn. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung).

108

Im vorliegenden Fall ist zum einen die rechtliche Bedeutung der im Urteil ATC u. a. (oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451) festgestellten Rechtsverstöße näher zu bestimmen und zum anderen zu entscheiden, ob die Kommission hier gegen ihre Sorgfaltspflicht verstoßen hat.

109

Erstens ist hinsichtlich der Bedeutung der im Urteil ATC u. a. (oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451) festgestellten Rechtsverstöße gegen die Sorgfaltspflicht von vornherein der tatsächliche Zusammenhang des vorliegenden Falls von dem zu unterscheiden, der zu dem genannten Urteil geführt hat.

110

Im Urteil ATC u. a. (oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451) hat das Gericht u. a. festgestellt, dass die Kommission zunächst die Entscheidung 2005/760 sachlich unzutreffend begründet hatte (siehe oben, Rn. 8) – aufgrund einer Vertauschung von Proben war nämlich ein mit dem H5N1-Virus infizierter und im Quarantänezentrum von Essex (Vereinigtes Königreich) untersuchter Vogel zu Unrecht ursprünglich als aus Surinam in Südamerika stammend katalogisiert worden, obwohl sich später ergab, dass er in Wirklichkeit aus Taiwan in Asien stammte – und sodann gegen ihre Sorgfaltspflicht verstoßen hatte, indem sie zur Verlängerung ihrer ursprünglichen Entscheidung mehrere Entscheidungen erließ (siehe oben, Rn. 9), ohne die Ergebnisse eines Berichts zu berücksichtigen, in dem auf diesen Irrtum hingewiesen wurde. Die Kommission hatte es also versäumt, zu erläutern, warum sie es gleichwohl für erforderlich hielt, die Einfuhraussetzung für Wildvögel aus Südamerika aufrechtzuerhalten und die Risikogebiete gemäß Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 91/496 zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne Urteil ATC u. a., oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451, Rn. 114).

111

Die Verordnung Nr. 318/2007 und die Durchführungsverordnung Nr. 139/2013, die im vorliegenden Fall beide einschlägig sind, unterscheiden sich jedoch dadurch, dass sie die allgemeinen Gesundheitsvorschriften nach Art. 17 der Richtlinie 92/65 festlegen, erheblich von der Entscheidung 2005/760 und deren entsprechenden Verlängerungsentscheidungen, die das Gericht im Urteil ATC u. a. (oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451) für rechtswidrig erklärt hat. Zum einen nämlich handelt es sich bei diesen Verordnungen im Gegensatz zu den genannten Entscheidungen nicht um Schutzmaßnahmen für Risikogebiete im Sinne von Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 91/496, in denen die konkrete Gefahr in den betroffenen Drittländern sorgfältig geprüft werden sollte. Zum anderen gilt für die genannten Verordnungen im Gegensatz zu den fraglichen Entscheidungen keine Befristung, die bei Ablauf der Maßnahme zur Rechtfertigung einer etwaigen Verlängerung eine Überprüfung erfordert.

112

Außerdem hat sich die Kommission im vorliegenden Fall auf keinen erwiesenen Fehler gestützt und konnte deshalb nicht durch die Nichtberücksichtigung irgendeines Berichts, in dem ein solcher Fehler offengelegt wird, gegen ihre Sorgfaltspflicht verstoßen.

113

Demzufolge sind die vom Gericht im Urteil ATC u. a. (oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451) festgestellten Rechtsverstöße in einem besonderen Kontext zu sehen, der Schutzmaßnahmen umfasst, die auf einem erwiesenen Fehler beruhen und nicht ohne Weiteres auf die Verordnung Nr. 318/2007 und die Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 übertragbar sind.

114

Zweitens ist hier festzustellen, dass die Kommission dadurch, dass sie zunächst den Erlass der Verordnung Nr. 318/2007 vor allem auf die wissenschaftliche Ungewissheit gestützt hat, die sich aus dem EFSA-Gutachten von 2006 über die mit der Einfuhr gefangener Wildvögel verbundenen Risiken ergab (siehe oben, Rn. 17) und auch in den von der Kommission vorgelegten wissenschaftlichen Daten jüngeren Datums zum Ausdruck kommt, ihrer Sorgfaltspflicht in Bezug auf die wissenschaftliche Begründung eines Einfuhrverbots für gefangene Wildvögel in die Union, insbesondere in Anbetracht des Bestehens verschiedener anderer Subtypen des Virus als des H5N1-Virus, nachgekommen ist.

115

Außerdem hat die Kommission die EFSA im Jahr 2007 um ein neues konsolidiertes Gutachten ersucht (siehe oben, Rn. 25). Den Ausführungen der Kommission folgend ist jedoch festzustellen, dass das konsolidierte EFSA-Gutachten von 2008 über Tiergesundheits- und Tierschutzaspekte der Aviären Influenza und das Risiko ihrer Einschleppung in Geflügelbetriebe in der Europäischen Union die grundlegende Hypothese des EFSA-Gutachtens von 2006 bestätigt hat, wonach Wildvögel ein natürliches Reservoir für die Aviäre Influenza bilden und das Ausmaß ihrer Infektionen nur schwer zu bestimmen ist, da sie keine oder nur sehr geringe klinische Krankheitsanzeichen zeigen.

116

Bezüglich der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 ist ebenfalls festzustellen, dass die Kommission durch deren Erlass nicht gegen ihre Sorgfaltspflicht verstoßen hat. Die Kläger haben nämlich kein Dokument zum Nachweis dafür vorgelegt, dass die jüngsten wissenschaftlichen Daten in wesentlichen Punkten im Widerspruch zu den Schlussfolgerungen des EFSA-Gutachtens von 2006 stehen, auf dem der Erlass der Verordnung Nr. 318/2007 beruht, die durch die Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 „kodifiziert“ wurde.

117

Außerdem hat die Kommission von der EFSA Anfang 2014, d. h. vor Erhebung der vorliegenden Klage, ein neues Gutachten erbeten (siehe oben, Rn. 34). Zwar bezog sich dieses nur auf den H5N8-Virus, doch weist ein solches Mandat darauf hin, dass die Kommission auf die Entwicklung der maßgeblichen Umstände angemessen reagiert hat, um ihre Maßnahmen zur Bekämpfung der Aviären Influenza neu zu bewerten.

118

Im Übrigen ergibt sich aus den Akten, dass die EFSA-Gutachten von 2008 und 2014 die mit – insbesondere gefangenen – Wildvögeln verbundenen Gefahren und die hinsichtlich der Übertragung der Aviären Influenza bestehende wissenschaftliche Ungewissheit bestätigt haben. Außerdem heißt es im Gesundheitskodex der OIE, dass „[i]m Grunde genommen … kein Mitgliedstaat [sich] von Grippe-A-Viren bei Wildvögeln frei erklären [kann]“ (siehe oben, Rn. 74).

119

Die Aufrechterhaltung des Einfuhrverbots für gefangene Wildvögel in die Union beruht daher nicht auf einem qualifizierten Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht, sondern vielmehr auf dem Gesundheitskodex der OIE nicht zuwiderlaufenden wissenschaftlichen Gutachten der EFSA, und liegt im Rahmen des weiten Ermessens der Kommission, das diese ausgeübt hat, ohne einen offenkundigen Ermessensfehler zu begehen.

120

Das Vorbringen, die Kommission habe es versäumt, die EFSA aufzufordern, speziell die Gefahren des internationalen Geflügelhandels zu untersuchen, ist im Übrigen zum einen nicht stichhaltig, weil es sich dabei um eine parallele Art der Übertragung des Virus der Aviären Influenza handelt, die das Risiko im Zusammenhang mit gefangenen Wildvögeln nicht ausschließt. Zum anderen ist es unbegründet, denn die Kommission hat die EFSA seit dem Jahr 2000 um detaillierte wissenschaftliche Gutachten über die mit der Einfuhr von Geflügel verbundenen Gefahren ersucht und daraufhin mehrere Rechtsakte erlassen, darunter die Verordnung Nr. 798/2008 (siehe oben, Rn. 24). Außerdem ist der Übertragungsweg des genannten Virus durch Geflügel im EFSA-Gutachten von 2014 erneut geprüft worden.

121

Schließlich hat die Kommission von den Klägern unwidersprochen vorgetragen, dass sie die EFSA am 31. März 2015 in Anbetracht der in jüngster Zeit festgestellten massiven Ausbrüche der Aviären Influenza und Reassortierungen von H5N8 und anderen Viren des Subtyps H5 um eine neue Studie der Übertragungswege und insbesondere der Rolle von GPAI-Viren gebeten habe. Diese seien bei Wildvögeln schwer festzustellen, könnten jedoch für den Menschen gefährlich sein.

122

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Kommission dadurch, dass sie die Verordnung Nr. 318/2007 und die Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 erlassen und aufrechterhalten hat, keinen offensichtlichen Fehler in Ausübung ihres weiten Ermessens und keinen qualifizierten Verstoß gegen ihre Sorgfaltspflicht begangen hat.

123

Der dritte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

Erster Klagegrund: qualifizierte Verletzung der Berufsfreiheit, der unternehmerischen Freiheit und des Eigentumsrechts (Art. 15 bis 17 der Charta der Grundrechte)

124

Mit ihrem ersten Klagegrund machen die Kläger geltend, dass das Einfuhrverbot für Wildvögel in die Union, wie es in der Verordnung Nr. 318/2007 und der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 vorgesehen sei, in qualifizierter Weise ihre Berufsfreiheit, ihre unternehmerische Freiheit und ihr Eigentumsrecht verletze. Diese Rechte seien nach den Art. 15 bis 17 der Charta der Grundrechte geschützt. Insbesondere tragen sie vor, dass dieses Verbot es ihnen unmöglich gemacht habe, ihren Handel mit der Einfuhr und dem Weiterverkauf gefangener Wildvögel auszuüben und die Quarantänestationen zu betreiben, die sie zu diesem Zweck vor 2005 errichtet hätten. Durch den Rückgang ihrer Umsätze und den Verlust ihrer Investitionen in diese Quarantänestationen habe sie dies „an den Rand des Existenzminimums“, ja sogar „an den Rand des wirtschaftlichen Ruins“ gedrängt. Darüber hinaus wiederholen sie im Rahmen dieses Klagegrundes ihre Rügen, wonach das genannte Verbot namentlich aufgrund seiner zu weitreichenden geografischen Reichweite unverhältnismäßig sei.

125

Die Kommission tritt dem Vorbringen der Kläger entgegen.

126

Nach ständiger Rechtsprechung handelt es sich bei der Berufsfreiheit, der unternehmerischen Freiheit und dem Eigentumsrecht um Grundrechte, die in den Art. 15 bis 17 der Charta der Grundrechte verankert sind. Diese Rechte können jedoch keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen, sondern müssen im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Funktion gesehen werden. Folglich kann die Ausübung Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese Beschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Union entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antasten würde (vgl. in diesem Sinne Urteil ATC u. a., oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451, Rn. 188 und die dort angeführte Rechtsprechung).

127

Im vorliegenden Fall ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der vorliegende Klagegrund einem vom Gericht im Urteil ATC u. a. (oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2013:451) geprüften Klagegrund entspricht.

128

In jenem Urteil hat das Gericht hierzu Folgendes festgestellt (Rn. 190):

129

Im vorliegenden Fall gilt die in Rn. 128 des vorliegenden Urteils gezogene Schlussfolgerung aus denselben Gründen sowohl für die Verordnung Nr. 318/2007 als auch für die Durchführungsverordnung Nr. 139/2013, die eine „Kodifizierung“ der Verordnung Nr. 318/2007 darstellt und deren Inhalt im Wesentlichen wiedergibt (siehe oben, Rn. 30).

130

Die Kläger haben nämlich in der vorliegenden Rechtssache weder nachgewiesen noch behauptet, dass ihre Grundrechte durch die Verordnung Nr. 318/2007 und die Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 in ihrem Wesensgehalt angetastet würden.

131

Im Übrigen räumen die Kläger selbst ein, dass sie ihren Vogelhandel auch heute noch betreiben, und weisen darauf hin, dass sich dieser nunmehr auf in der Union gezüchtete Vögel bezieht, die entweder zugekauft oder „kostenaufwendig“ in ihrem eigenen Betrieb produziert werden.

132

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass ein etwaiger Umsatzrückgang oder ein möglicherweise entgangener Gewinn in Verbindung mit dem Unterschied der Gestehungskosten zwischen in Gefangenschaft gezüchteten Vögeln und gefangenen Wildvögeln offenkundig keine über eine Geschäftschance weit hinausgehende Beeinträchtigung des Wesensgehalts von Grundrechten darstellen kann.

133

Insofern ist darauf hinzuweisen, dass es den Klägern als Tierhändlern nach wie vor völlig freisteht, in Gefangenschaft gezüchtete Ziervögel einzuführen, mit ihnen zu handeln und dazu ihre Quarantänestationen zu benutzen. Die Einfuhr von in Gefangenschaft gezüchteten Ziervögeln ist gemäß Art. 5 der Verordnung Nr. 318/2007 und der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 nach wie vor im Gegensatz zur Einfuhr gefangener Wildvögel zulässig, sofern bestimmte tierseuchenrechtliche Bedingungen eingehalten werden.

134

Nach den von der Kommission vorgelegten und von den Klägern nicht in Frage gestellten Statistiken über die Einfuhr von Wildvögeln in die Union hat es nach einem Rückgang in den Jahren 2005 bis 2006 in der Zeit von 2006 bis 2010 sogar eine Zunahme und zwischen 2010 und 2014 eine noch deutlichere Zunahme gegeben. Außerdem hat die Kommission eine Liste von 13 Betrieben in sechs Drittländern – Argentinien, Kanada, Chile, Vereinigte Staaten von Amerika, Israel und Philippinen – vorgelegt, die gemäß Art. 4 und Anhang II der Verordnung Nr. 318/2007 und anschließend der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 für die Ausfuhr von in Gefangenschaft gezüchteten Wildvögeln in die Union zugelassen sind (siehe oben, Rn. 20).

135

Ferner ist den Ausführungen der Kommission folgend und entgegen dem Vorbringen der Kläger darauf hinzuweisen, dass die Quarantänestationen in der Union nach wie vor von Nutzen sind. Für in Gefangenschaft gezüchtete Wildvögel und für bestimmte Wildvögel, deren Einfuhr gemäß den nach Art. 2 der Verordnung Nr. 318/2007 und der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 vorgesehenen Ausnahmeregeln zulässig ist, gilt die Quarantänepflicht nämlich in zweifacher Hinsicht, und zwar sowohl im Ausfuhrland als auch in der Union.

136

Demnach hat sich gemäß den von der Kommission vorgelegten und von den Klägern nicht in Frage gestellten Statistiken die Zahl der Quarantänestationen in der Union seit 2007 nicht erheblich verringert, denn es wurden sogar neue Quarantänestationen zugelassen. So waren z. B. in Deutschland im Jahr 2014 genauso wie schon im Jahr 2007 24 Quarantänestationen in Betrieb.

137

Nach alledem handelt es sich bei den in der Verordnung Nr. 318/2007 und der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 vorgesehenen Maßnahmen um Beschränkungen der Berufsfreiheit und der unternehmerischen Freiheit sowie des Eigentumsrechts der Kläger, die berechtigt und verhältnismäßig im Sinne der vorstehend in Rn. 126 angeführten Rechtsprechung sind und im Einklang mit Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte stehen, und die Kommission hat dadurch, dass sie die genannten Verordnungen erlassen und aufrechterhalten hat, keinen offensichtlichen Fehler in Ausübung ihres weiten Ermessens und keinen qualifizierten Verstoß gegen diese Grundrechte begangen.

138

Der erste Klagegrund ist somit zurückzuweisen.

139

Da die Kommission mit dem Erlass und der Aufrechterhaltung der Verordnung Nr. 318/2007 und der Durchführungsverordnung Nr. 139/2013 keinen offensichtlichen Fehler in Ausübung ihres weiten Ermessens begangen hat und weder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips noch ihre Sorgfaltspflicht oder die Grundrechte der Kläger gemäß den Art. 15 bis 17 der Charta der Grundrechte in hinreichend qualifizierter Weise verletzt hat, ist festzustellen, dass die Kläger im vorliegenden Fall den Nachweis eines rechtswidrigen Verhaltens der Kommission schuldig geblieben sind.

Zur Klage auf Schadensersatz

140

Die Feststellung, dass der Kommission im vorliegenden Fall kein rechtswidriges Verhalten vorzuwerfen ist, genügt, um ihre außervertragliche Haftung auszuschließen, ohne zum einen das Vorbringen der Kommission zur Unzulässigkeit und zur Unbegründetheit in Bezug auf den von den Klägern behaupteten Kausalzusammenhang und den geltend gemachten Schaden prüfen und zum anderen dem Antrag der Kläger folgen zu müssen, den Direktor der OIE, Herrn B. V., als Sachverständigen vorzuladen.

141

Damit ist die Klage auf Schadensersatz insgesamt abzuweisen.

Kosten

142

Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

143

Da die Kläger mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen außer ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission gemäß deren Antrag aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Klage wird abgewiesen.

 

2.

Die Zoofachhandel Züpke GmbH, die Zoohaus Bürstadt, Helmut Ofenloch GmbH & Co. KG, das Zoofachgeschäft – Vogelgroßhandel Import-Export Heinz Marche, Frau Rita Bürgel und Herr Norbert Kass tragen neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission.

 

Gratsias

Kancheva

Wetter

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. März 2016.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis

 

Vorgeschichte des Rechtsstreits

 

Vorstellung der Kläger

 

Zu den Richtlinien 91/496/EWG und 92/65/EWG

 

Zum EFSA-Gutachten von 2005

 

Zur Entscheidung 2005/760/EG und zur Verlängerung der ergriffenen Maßnahmen

 

Zum EFSA-Gutachten von 2006

 

Zur Verordnung (EG) Nr. 318/2007

 

Zum EFSA-Gutachten von 2008

 

Zur Durchführungsverordnung (EU) Nr. 139/2013

 

Zum Urteil ATC u. a./Kommission von 2013

 

Zum EFSA-Gutachten von 2014

 

Verfahren und Anträge der Parteien

 

Rechtliche Würdigung

 

Zum Vorliegen eines rechtswidrigen Verhaltens

 

Zweiter Klagegrund: qualifizierter Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

 

– Erste Rüge: Die geografische Reichweite des Einfuhrverbots für gefangene Wildvögel geht zu weit

 

– Zweite Rüge: Die unterlassene Anwendung einer Quarantänelösung wäre ein milderes Mittel gewesen

 

– Dritte Rüge: Die Zugvögel seien nicht einem intensiveren Monitoring als wirksameres Mittel zu dieser Bekämpfung unterzogen worden

 

Dritter Klagegrund: qualifizierter Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht

 

Erster Klagegrund: qualifizierte Verletzung der Berufsfreiheit, der unternehmerischen Freiheit und des Eigentumsrechts (Art. 15 bis 17 der Charta der Grundrechte)

 

Zur Klage auf Schadensersatz

 

Kosten


( *1 )   Verfahrenssprache: Deutsch.

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Referenzen