Beschluss vom Europäischer Gerichtshof - C-63/16
BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)
24. Mai 2016(*)
„Rechtsmittel – Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Unionsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Wortmarke FoodSafe – Absolutes Eintragungshindernis – Beschreibender Charakter – Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Art. 7 Abs. 1 Buchst. c“
In der Rechtssache C‑63/16 P
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 4. Februar 2016,
Actega Terra GmbH mit Sitz in Lehrte (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin C. Onken,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO),
Beklagter im ersten Rechtszug,
Heidelberger Druckmaschinen AG mit Sitz in Heidelberg (Deutschland),
Streithelferin im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin C. Toader, des Richters A. Rosas (Berichterstatter) und der Richterin A. Prechal,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,
folgenden
Beschluss
1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Actega Terra GmbH die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union vom 23. November 2015, Actega Terra/HABM – Heidelberger Druckmaschinen (FoodSafe) (T‑766/14, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtener Beschluss, EU:T:2015:913), mit dem das Gericht ihre Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 8. September 2014 (Sache R 2440/2013‑4) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen der Heidelberger Druckmaschinen AG und Actega Terra (im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat.
2 Actega Terra beantragt ferner, die streitige Entscheidung dahin gehend abzuändern, dass die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des EUIPO vom 14. Oktober 2013 (Sache R 2440/2013‑4), mit der dem Antrag auf Nichtigerklärung der Marke FoodSafe stattgegeben wurde, aufgehoben und dieser Antrag zurückgewiesen wird.
3 Zur Stützung ihres Rechtsmittels macht Actega Terra vier Rechtsmittelgründe geltend, mit denen sie die Verletzung folgender Bestimmungen rügt:
– Art. 126 der Verfahrensordnung des Gerichts,
– Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 in der Fassung vom 19. Juni 2013 (im Folgenden: alte Verfahrensordnung des Gerichts),
– Art. 65 Abs. 2 und Art. 76 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) sowie
– Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Art. 52 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung.
Zum Rechtsmittel
4 Nach Art. 181 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof das Rechtsmittel, wenn es ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, jederzeit auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts ganz oder teilweise durch mit Gründen versehenen Beschluss zurückweisen.
5 Der Generalanwalt hat am 17. März 2016 folgenden Standpunkt vertreten:
„Ich schlage dem Gerichtshof aus den nachfolgend dargelegten Gründen vor, das Rechtsmittel in der vorliegenden Rechtssache als teilweise offensichtlich unzulässig und teilweise offensichtlich unbegründet zurückzuweisen und Actega Terra nach Art. 137 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs die Kosten aufzuerlegen.
Zum ersten Rechtsmittelgrund: Verletzung von Art. 126 der neuen Verfahrensordnung des Gerichts
1. Die Rechtsmittelführerin rügt, dass das Gericht gemäß Art. 126 seiner neuen Verfahrensordnung durch Beschluss entschieden hat. Ihre Klage sei zu Unrecht als offensichtlich jeder rechtlichen Grundlage entbehrend eingestuft worden, obwohl die Länge des angefochtenen Beschlusses und die Einreichung mehrerer Schriftsätze das Gegenteil belegten. Insoweit genügt die Feststellung, dass die vorgebrachten Argumente oberflächlichen Charakter haben, so dass der erste Rechtsmittelgrund als unzulässig zurückzuweisen ist.
Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Verletzung von Art. 135a der alten Verfahrensordnung des Gerichts
2. Die Rechtsmittelführerin wirft dem Gericht vor, ihren Antrag auf mündliche Verhandlung abgelehnt und sich dabei auf Art. 126 seiner neuen Verfahrensordnung gestützt zu haben, obwohl Art. 135a seiner alten Verfahrensordnung anzuwenden gewesen wäre, dem zufolge eine mündliche Verhandlung hätte stattfinden müssen.
3. Art. 126 der neuen Verfahrensordnung des Gerichts war jedoch in der Tat anwendbar. Art. 191 der neuen Verfahrensordnung sieht nämlich ausdrücklich vor, dass die Bestimmungen ihres Dritten Titels, zu dem Art. 126 gehört, auf Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet des geistigen Eigentums anwendbar sind. Nach ständiger Rechtsprechung kann das Gericht daher zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens auf der Grundlage von Art. 111 seiner alten Verfahrensordnung, jetzt nach Änderung Art. 126 seiner neuen Verfahrensordnung, beschließen, über die Rechtssache durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden, sofern es sich aufgrund des Akteninhalts für ausreichend unterrichtet hält (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 27. Juni 2012, Fuchshuber Agrarhandel/Kommission, C‑491/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:390, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). Überdies hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung keinesfalls ein Recht der Kläger darstellt, von dem es keine Ausnahmen geben kann (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 19. Februar 2008, Tokai Europe/Kommission, C‑262/07 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2008:95, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).
4. Der zweite Rechtsmittelgrund ist daher als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.
Zum dritten Rechtsmittelgrund: Verletzung von Art. 65 Abs. 2 und Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009
5. Die Rechtsmittelführerin wirft dem Gericht vor, bei seiner Einstufung der Marke FoodSafe als beschreibend auf Gesichtspunkte abgestellt zu haben, die zuvor nicht den Stellen des EUIPO unterbreitet worden seien.
6. Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin wurde, wie das Gericht in Rn. 39 des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, der beschreibende Charakter dieser Marke nicht nur vor den Stellen des EUIPO geltend gemacht, sondern auch durch Nachweise belegt, die von Heidelberger Druckmaschinen während des Verwaltungsverfahrens vorgelegt wurden. Dies geht auch ausdrücklich aus Rn. 16 der streitigen Entscheidung hervor. Aufgrund dessen ist der dritte Rechtsmittelgrund als teilweise offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.
7. Das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zu der von ihr gerügten Verletzung von Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009 in Rn. 21 des angefochtenen Beschlusses entbehrt jeder rechtlichen Grundlage, so dass der Rechtsmittelgrund in diesem weiteren Aspekt offensichtlich unzulässig ist.
8. Der dritte Rechtsmittelgrund ist somit als teilweise offensichtlich unzulässig und teilweise offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.
Zum vierten Rechtsmittelgrund: Verletzung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Art. 52 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009
9. Zur Stützung der beiden Teile des vierten Rechtsmittelgrundes wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht Folgendes vor:
– Es habe nicht festgestellt, dass vor der Beschwerdekammer des EUIPO die beschreibende Verwendung des Begriffs ‚foodsafe‘ zum Zeitpunkt seiner Eintragung nicht nachgewiesen worden sei.
– Es habe sich in den Rn. 26 und 27 des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht auf Rechtsprechungsgrundsätze gestützt, die für das Anmeldeverfahren gälten.
– Es habe, gestützt auf mehrere übereinstimmende Quellen aus dem Internet, Tatsachen und Beweise unzutreffend gewürdigt.
10. Da mit diesem Rechtsmittelgrund lediglich die bereits vor dem Gericht geltend gemachten Argumente aufgegriffen werden oder die Würdigung von Tatsachen durch das Gericht beanstandet wird, ist er in vollem Umfang als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.
11. Aufgrund der oben dargestellten Gesichtspunkte ist das Rechtsmittel teilweise offensichtlich unzulässig und teilweise offensichtlich unbegründet und deshalb in vollem Umfang zurückzuweisen.“
6 Aus den vom Generalanwalt angeführten Gründen ist das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Kosten
7 Nach Art. 137 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach ihrem Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren anzuwenden ist, wird in dem das Verfahren beendenden Beschluss über die Kosten entschieden. Da der vorliegende Beschluss ergeht, bevor die Rechtsmittelschrift der anderen Partei und der Streithelferin im ersten Rechtszug zugestellt worden ist und somit bevor ihnen Kosten entstehen konnten, ist zu entscheiden, dass Actega Terra ihre eigenen Kosten trägt.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) beschlossen:
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die Actega Terra GmbH trägt ihre eigenen Kosten.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Deutsch.
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Referenzen
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