Urteil vom Europäischer Gerichtshof - T-126/15
URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)
24. Mai 2016 ( *1 )
„Unionsmarke — Widerspruchsverfahren — Anmeldung der Unionsbildmarke Supeco — Ältere Unionsbildmarke SUPER COR — Relatives Eintragungshindernis — Verwechslungsgefahr — Umfang der Prüfung durch die Beschwerdekammer — Waren und Dienstleistungen, auf die sich der Widerspruch stützt — Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 — Regel 15 Abs. 2 Buchst. f der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 — Mitteilung Nr. 2/12“
In der Rechtssache T‑126/15
El Corte Inglés, SA mit Sitz in Madrid (Spanien), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt J. L. Rivas Zurdo,
Klägerin,
gegen
Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch E. Scheffer und A. Folliard-Monguiral als Bevollmächtigte,
Beklagter,
andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin im Verfahren vor dem Gericht:
Grup Supeco Maxor, SL mit Sitz in Madrid (Spanien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin S. Martínez-Almeida y Alejos-Pita,
betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des EUIPO vom 4. Dezember 2014 (Sache R 1112/2014‑5) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der El Corte Inglés, SA und der Grup Supeco Maxor, SL
erlässt
DAS GERICHT (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro sowie der Richter S. Gervasoni (Berichterstatter) und L. Madise,
Kanzler: E. Coulon,
aufgrund der am 18. März 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,
aufgrund der am 3. September 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,
aufgrund der am 21. September 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,
aufgrund des Umstands, dass keine der Hauptparteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1 |
Am 30. April 2012 meldete die Streithelferin, die Grup Supeco Maxor, SL gemäß der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. L 78, S. 1) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum eine Unionsmarke an. |
2 |
Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um folgendes Bildzeichen: |
3 |
Die Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wurde, gehören u. a. zur Klasse 35 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung und umfassen u. a. die „Durchführung von Versteigerungen und Auktionen“ und Dienstleistungen der „Zusammenstellung von Waren (ausgenommen deren Transport) für Dritte …, um dem Verbraucher die bequeme Ansicht, Auswahl und den Erwerb dieser Waren im Rahmen des Einzelhandels, einschließlich in Geschäften, zu ermöglichen, Leistungen des Einzelhandels für [Erzeugnisse]“ (im Folgenden: Dienstleistungen des Einzelhandels). |
4 |
Am 16. August 2012 erhob die Klägerin, die El Corte Inglés, SA gegen die Eintragung der angemeldeten Marke hinsichtlich aller von der Anmeldung erfassten Dienstleistungen Widerspruch. |
5 |
Der Widerspruch war u. a. auf folgende am 18. Juni 2008 angemeldete und am 1. Februar 2012 unter der Nr. 6997407 u. a. für Waren und Dienstleistungen der Klasse 35 eingetragene Unionsbildmarke gestützt: |
6 |
Der Widerspruch wurde mit dem relativen Eintragungshindernis nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 begründet. Die Widerspruchsschrift enthielt u. a. die Angaben „Liste der Waren und Dienstleistungen“ und „[Widerspruch], der sich auf einen Teil der Waren und Dienstleistungen stützt“, gefolgt von folgender Aufzählung von Dienstleistungen der Klasse 35: „Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“. |
7 |
Am 28. Februar 2014 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch teilweise statt und stellte eine Verwechslungsgefahr zwischen der angemeldeten Marke und der älteren Marke fest. Insbesondere lehnte sie die Eintragung der angemeldeten Marke für alle beanstandeten Dienstleistungen der Klasse 35 ab. Gestützt auf die Mitteilung Nr. 2/12 vom 20. Juni 2012 über die Verwendung von Klassenüberschriften in Verzeichnissen der Waren und Dienstleistungen für Gemeinschaftsmarkenanmeldungen und ‑eintragungen (ABl. HABM 7/2012) ging die Widerspruchsabteilung davon aus, dass es die Absicht der Klägerin gewesen sei, alle Dienstleistungen zu erfassen, die in der alphabetischen Liste der betreffenden Klasse der Nizzaer Klassifikation aufgeführt seien. Sie verglich daher die von der angemeldeten Marke erfassten Dienstleistungen der Klasse 35 mit den in der Widerspruchsschrift erwähnten Dienstleistungen sowie den Dienstleistungen der „Durchführung von Auktionen und Versteigerungen“ und der „Vermietung von Verkaufsautomaten“, die in der alphabetischen Liste der Dienstleistungen der Klasse 35 enthalten sind, um deren Identität oder Ähnlichkeit festzustellen. |
8 |
Am 24. April 2014 legte die Streithelferin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung Beschwerde ein. |
9 |
Mit Entscheidung vom 4. Dezember 2014 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) gab die Fünfte Beschwerdekammer des EUIPO der Beschwerde teilweise statt, indem sie die Entscheidung der Widerspruchsabteilung aufhob bzw. abänderte, soweit sie dem Widerspruch für die „Durchführung von Auktionen und Versteigerungen“ sowie für die Dienstleistungen des Einzelhandels stattgegeben hatte. |
10 |
Die Beschwerdekammer wies in Rn. 14 der angefochtenen Entscheidung zunächst darauf hin, dass sich der Umfang des von der Klägerin vor der Widerspruchskammer erhobenen Widerspruchs auf die in der Widerspruchsschrift ausdrücklich genannten Dienstleistungen beschränke. Die Dienstleistungen der „Durchführung von Auktionen und Versteigerungen“ seien darin nicht als von älteren Marke erfasste Dienstleistungen der Klasse 35 aufgeführt worden, und die Klägerin habe im Übrigen im Widerspruchs- bzw. Beschwerdeverfahren nie vorgetragen, dass sich ihr Widerspruch auch auf diese Dienstleistungen beziehe. Vielmehr habe die Klägerin in ihrer Stellungnahme zur Beschwerde bestätigt, dass ihr Widerspruch „auf einen Teil der Waren und Dienstleistungen“, die von den älteren Marken erfasst seien, gestützt sei, und somit auf die in der Widerspruchsschrift ausdrücklich genannten Dienstleistungen verwiesen. Die Beschwerdekammer schloss daraus, dass der Widerspruch nicht auf die „Durchführung von Auktionen und Versteigerungen“ gestützt sei und nicht geklärt zu werden brauche, ob sich die ältere Marke auf weitere, nicht vom Wortlaut der Klassenüberschriften erfasste Dienstleistungen beziehe. |
11 |
Die Beschwerdekammer beschränkte daher die Ähnlichkeitsprüfung hinsichtlich der von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen auf die Dienstleistungen „Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten“. Insoweit war sie der Auffassung, dass diese Dienstleistungen weder mit der „Durchführung von Auktionen und Versteigerungen“ noch mit den Dienstleistungen des Einzelhandels, die Gegenstand der angemeldeten Marke seien, Ähnlichkeiten aufwiesen (Rn. 36 bis 42 der angefochtenen Entscheidung). |
Anträge der Parteien
12 |
Die Klägerin beantragt,
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13 |
Das EUIPO beantragt,
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14 |
Die Streithelferin beantragt,
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Rechtliche Würdigung
15 |
Die Klägerin macht im Wesentlichen als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend. |
16 |
Ohne die Definition der maßgeblichen Verkehrskreise oder die Beurteilung der Ähnlichkeit der fraglichen Zeichen durch die Beschwerdekammer zu beanstanden, wirft die Klägerin der Beschwerdekammer vor, bestimmte Dienstleistungen, die zwar nicht in der Widerspruchsschrift erwähnt, aber von der älteren Marke erfasst seien, darunter die „Durchführung von Auktionen und Versteigerungen“, beim Vergleich der betreffenden Dienstleistungen nicht berücksichtigt zu haben und daher zu Unrecht das Fehlen einer Ähnlichkeit zwischen den von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen einerseits sowie der „Durchführung von Auktionen und Versteigerungen“ und den von der angemeldeten Marke erfassten Dienstleistungen des Einzelhandels andererseits festgestellt zu haben. |
17 |
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin im Widerspruchsformular das mit „Gestützt auf einen Teil der Waren und Dienstleistungen“ bezeichnete Kästchen angekreuzt und folgende Dienstleistungen aufgezählt hat: „Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“ (siehe oben, Rn. 6). |
18 |
Ansonsten hat sie in der Begründung ihres Widerspruchs keinerlei nähere Angaben zu den Dienstleistungen, auf die der Widerspruch gestützt wurde, gemacht. |
19 |
Wie die Streithelferin zu Recht hervorhebt, enthält die Widerspruchsschrift somit im vorliegenden Fall im Gegensatz zu dem Widerspruch, um den es im Urteil vom 15. Januar 2013, Lidl Stiftung/HABM – Lactimilk (BELLRAM) (T‑237/11, Slg, EU:T:2013:11), ging, keine Widersprüchlichkeit, die Zweifel hinsichtlich der für den Widerspruch maßgeblichen Dienstleistungen hervorrufen könnte, denn die Klägerin hat ihre Absicht bekundet, ihren Widerspruch nur auf einen Teil der von ihrer Marke erfassten Waren und Dienstleistungen zu stützen, und einen Teil dieser Dienstleistungen aufgezählt, insbesondere diejenigen der Klasse 35, die in ihrer Anmeldung genannt sind. |
20 |
Die Klägerin ist dennoch der Meinung, dass die Beschwerdekammer aus der Widerspruchsschrift zu Unrecht geschlossen habe, dass diese sich nur auf die Dienstleistungen „Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“ beziehe und nicht so verstanden werden könne, dass sie auch die „Durchführung von Auktionen und Versteigerungen“ betreffe. Insoweit beruft sich die Klägerin auf Abschnitt V der Mitteilung Nr. 2/12, in dem es heißt: „Im Hinblick auf [Unionsmarken], die vor dem [21. Juni 2012] eingetragen wurden, und die alle in der Überschrift einer bestimmten Klasse [der Nizzaer Klassifikation] aufgeführten Oberbegriffe verwenden, geht das [EUIPO] davon aus, dass der Anmelder … alle Waren oder Dienstleistungen abdecken wollte, die in der Fassung der alphabetischen Liste dieser Klasse aufgeführt sind, die zum Zeitpunkt der Anmeldung in Kraft war“. Da die ältere Marke vor dem 21. Juni 2012 und unter Verwendung der in der Überschrift der Klasse 35 der Nizzaer Klassifikation aufgezählten Oberbegriffe eingetragen worden sei, habe sich ihr Widerspruch auch auf die Dienstleistungen „Durchführung von Auktionen und Versteigerungen“ und „Vermietung von Verkaufsautomaten“, die in der alphabetischen Liste dieser Klasse aufgeführt seien, gestützt. |
21 |
Hierzu ist festzustellen, dass aus dem Wortlaut von Abschnitt V der Mitteilung Nr. 2/12 zwar hervorgeht, dass im Fall von vor dem 21. Juni 2012 eingetragenen Unionsmarken die von einer Marke geschützten Waren und Dienstleistungen nicht auf diejenigen beschränkt sind, die in der Anmeldung ausdrücklich aufgezählt sind. Allein aus diesem Wortlaut darf jedoch nicht geschlossen werden, dass dieses weite Verständnis von den betroffenen Waren und Dienstleistungen auf eine Widerspruchsschrift, die sich auf eine vor dem 21. Juni 2012 eingetragene Marke stützt, übertragbar ist. Wie das EUIPO zu Recht betont, ist nämlich der Inhalt der Widerspruchsschrift ebenso wie das Widerspruchsverfahren durch spezielle Vorschriften geregelt. Gemäß diesen Vorschriften, die im Licht der Rechtsprechung zu lesen sind, müssen die Waren und Dienstleistungen, auf die sich der Widerspruch stützt, in der Widerspruchsschrift klar und eindeutig angegeben sein. |
22 |
So besagt Regel 15 Abs. 2 Buchst. f der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 303, S. 1) in der insbesondere durch die Verordnung (EG) Nr. 1041/2005 der Kommission vom 29. Juni 2005 (ABl. L 172, S. 4) geänderten Fassung in der Mehrzahl der anderen Sprachfassungen als der französischen, dass die Widerspruchsschrift die Waren und Dienstleistungen, auf die sich der Widerspruch stützt, angeben muss. |
23 |
Zwar heißt es in der französischen Fassung von Regel 15 Abs. 2 Buchst. f der Verordnung Nr. 2868/95, dass die Widerspruchsschrift die Waren und Dienstleistungen enthalten muss, gegen die sich der Widerspruch richtet („[l]’acte d’opposition doit comporter … les produits et services à l’encontre desquels l’opposition est formée“). |
24 |
Wie das EUIPO feststellt, ist die französische Fassung allerdings eine der wenigen, die in diesem Sinne formuliert sind, während sich die meisten anderen Sprachfassungen dieser Vorschrift auf die Waren und Dienstleistungen beziehen, auf die sich der Widerspruch stützt. Die englische Fassung lautet „the goods and services on which the opposition is based“, die deutsche Fassung „die Waren und Dienstleistungen, auf die sich der Widerspruch stützt“, die italienische Fassung „i prodotti e i servizi sui quali si basa l’opposizione“ und die spanische Fassung „los productos y servicios en los que se basa la oposición“. |
25 |
Nach ständiger Rechtsprechung kann die in einer der Sprachfassungen einer Vorschrift des Unionsrechts verwendete Formulierung nicht als alleinige Grundlage für die Auslegung dieser Vorschrift herangezogen werden oder insoweit Vorrang vor den anderen sprachlichen Fassungen beanspruchen. Ein solcher Ansatz wäre nämlich mit dem Erfordernis einer einheitlichen Anwendung des Unionsrechts unvereinbar. Weichen die verschiedenen Sprachfassungen voneinander ab, muss die fragliche Vorschrift nach der allgemeinen Systematik und dem Zweck der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört (vgl. Urteil vom 15. November 2012, Kurcums Metal, C‑558/11, Slg, EU:C:2012:721, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
26 |
Was die Systematik der Regeln über das Widerspruchsverfahren betrifft, ist in Übereinstimmung mit dem EUIPO festzustellen, dass alle Angaben der Widerspruchsschrift, die nach den Bestimmungen der Buchst. b bis e und g von Regel 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95, die vor und nach Buchst. f dieser Regel stehen, vorgeschrieben sind, die ältere Marke betreffen, was die Auslegung stützt, dass die letztgenannte Vorschrift sich auf die Waren und Dienstleistungen bezieht, die von der älteren Marke erfasst sind. Außerdem bestätigt Regel 15 Abs. 3 Buchst. a der besagten Verordnung, wonach die Widerspruchsschrift die Angabe der Waren und Dienstleistungen, gegen die sich der Widerspruch richtet, enthalten „soll“, dass die Bezugnahme auf die von der beanstandeten Marke erfassten Waren und Dienstleistungen in der Widerspruchsschrift nur optional ist und sich nicht mit Regel 15 Abs. 2 Buchst. f dieser Verordnung deckt, zumal Regel 15 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung sogar klarstellt, dass in Ermangelung dieser Angabe davon ausgegangen wird, dass sich der Widerspruch auf alle Waren und Dienstleistungen bezieht, die Gegenstand der beanstandeten Unionsmarkenanmeldung sind. |
27 |
Was den Zweck der Regeln über den Inhalt der Widerspruchsschrift betrifft, ist festzustellen, dass die Verordnung Nr. 2868/95 zwischen zwei Arten von Angaben in der Widerspruchsschrift unterscheidet, nämlich solchen, deren Fehlen nach Regel 17 dieser Verordnung zur Unzulässigkeit des Widerspruchs führen kann und die insbesondere in Regel 15 Abs. 2 der Verordnung genannt sind, und solchen, die in Abs. 3 dieser Regel genannt sind und deren Fehlen sich nur auf die Prüfung der Begründetheit des Widerspruchs auswirken kann. Wie bereits oben unter Rn. 26 festgestellt wurde, wird nach Regel 15 Abs. 3 Buchst. a in Ermangelung der Angabe der Waren und Dienstleistungen, gegen die sich der Widerspruch richtet, davon ausgegangen, dass sich der Widerspruch auf alle Waren und Dienstleistungen bezieht, die Gegenstand der beanstandeten Markenanmeldung sind. Wenn die Widerspruchsschrift hingegen nicht die nach Regel 15 Abs. 2 Buchst. f dieser Verordnung vorgeschriebene Angabe enthält, wird der Widerspruch gemäß Regel 17 Abs. 4 der Verordnung als unzulässig zurückgewiesen. Dieselbe Voraussetzung kann also nicht zugleich in Abs. 2 und Abs. 3 von Regel 15 der fraglichen Verordnung enthalten sein. |
28 |
Die fehlende Bezugnahme in der französischen Fassung von Regel 15 Abs. 2 Buchst. f der Verordnung Nr. 2868/95 auf die Waren und Dienstleistungen, auf die sich der Widerspruch stützt – bei der es sich offensichtlich um ein Redaktionsversehen handelt –, erlaubt es vor diesem Hintergrund nicht, diese Vorschrift dahin auszulegen, dass die betreffenden Waren und Dienstleistungen in der Widerspruchsschrift nicht angegeben werden müssen. |
29 |
Zudem ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung seit dem Urteil vom 19. Juni 2012, Chartered Institute of Patent Attorneys (C‑307/10, Slg, EU:C:2012:361, Rn. 49, 56 und 61, in Bezug auf die Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken [ABl. L 299, S. 25]), aus der mit der Mitteilung Nr. 2/12 die Konsequenzen gezogen wurden, der Anmelder einer Marke, der zur Bezeichnung der Waren oder Dienstleistungen, für die der Markenschutz beantragt wird, alle Oberbegriffe der Überschrift einer bestimmten Klasse der Nizzaer Klassifikation verwendet, im Hinblick auf die Einhaltung der Erfordernisse der Klarheit und Eindeutigkeit, die es den zuständigen Behörden und den Wirtschaftsteilnehmern erlauben, den Umfang des beantragten Schutzes zu bestimmen, klarstellen muss, ob sich seine Anmeldung auf alle oder nur auf einige der in der alphabetischen Liste der betreffenden Klasse aufgeführten Waren oder Dienstleistungen bezieht. Falls sie sich nur auf einige dieser Waren oder Dienstleistungen beziehen soll, hat der Anmelder anzugeben, welche Waren oder Dienstleistungen dieser Klasse beansprucht werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. Februar 2014, Advance Magazine Publishers/HABM – López Cabré [VOGUE], T‑229/12, EU:T:2014:95, Rn. 36, und vom 29. April 2015, Chair Entertainment Group/HABM – Libelle [SHADOW COMPLEX], T‑717/13, EU:T:2015:242, Rn. 32, 34 und 37). |
30 |
Diese Erfordernisse der Klarheit und Eindeutigkeit müssen auch für den Widerspruchsführer gelten und diesen verpflichten, die Waren und Dienstleistungen, auf die sich der Widerspruch stützt, anzugeben, damit zum einen das EUIPO über den Widerspruch befinden kann und zum anderen der Anmelder der vom Widerspruch betroffenen Marke seine Verteidigungsrechte geltend machen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Februar 2015, Klaes/HABM – Klaes Kunststoffe [Klaes], T‑453/13, EU:T:2015:98, Rn. 32). Insbesondere wenn der Widerspruchsführer wie im vorliegenden Fall angibt, dass er seinen Widerspruch auf einen Teil der von seiner Marke erfassten Waren und Dienstleistungen stützt, muss er klar und eindeutig die Waren und Dienstleistungen angeben, auf die sich sein Widerspruch stützt. |
31 |
Daraus folgt, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerin Abschnitt V der Mitteilung Nr. 2/12 im vorliegenden Fall nicht einmal analog herangezogen werden kann, um daraus zu schließen, dass sich der Widerspruch zusätzlich zu den in der Widerspruchsschrift genannten Dienstleistungen auch auf die Dienstleistungen „Durchführung von Auktionen und Versteigerungen“ und der „Vermietung von Verkaufsautomaten“ gestützt hat. |
32 |
Aus diesen Gründen kann nicht von der Beschwerdekammer verlangt werden, dass sie bei ihrer Prüfung des Widerspruchs Waren und Dienstleistungen berücksichtigt, die nicht in der Widerspruchsschrift genannt sind. Die Beschwerdekammer hat folglich zu Recht nur die in der Widerspruchsschrift genannten Dienstleistungen, auf die sich der Widerspruch stützte, mit den beanstandeten Dienstleistungen, die von der angemeldeten Marke erfasst sind, verglichen. |
33 |
Diese Einschätzung wird nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt, wonach davon auszugehen sei, dass sie als sehr bekanntes Einzelhandelsunternehmen, das Waren aller Art an Dritte verkaufe, Dienstleistungen des Einzelhandels abdecke. |
34 |
Wie nämlich das EUIPO zu Recht betont und ohne dass über die – vom EUIPO in Abrede gestellte – Zulässigkeit dieses Vorbringens zu entscheiden wäre, bedeuten der Umstand, dass die Tätigkeit des Inhabers einer Marke darin besteht, bestimmte Dienstleistungen anzubieten, und die Bekanntheit dieses Inhabers als Anbieter dieser Dienstleistungen nicht, dass die Marke, deren Inhaber er ist, notwendigerweise diese Dienstleistungen schützt, und erst recht nicht, dass die von ihm erhobenen Widersprüche sich entsprechend auf diese Dienstleistungen stützen. |
35 |
Nach alledem hat die Beschwerdekammer zu Recht die beanstandeten Dienstleistungen der angemeldeten Marke ausschließlich mit den von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen, die in der Widerspruchsschrift genannt sind, verglichen, so dass in Ermangelung von Argumenten, die das Ergebnis des auf diese Weise vorgenommenen Vergleichs in Frage stellen könnten, der einzige Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen ist, ohne dass es notwendig wäre, über dessen Zulässigkeit, die von der Streithelferin in Abrede gestellt wird, zu entscheiden. |
36 |
Die vorliegende Klage ist daher abzuweisen. |
Kosten
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Gemäß Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen. |
Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden: |
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Martins Ribeiro Gervasoni Madise Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. Mai 2016. Unterschriften |
( *1 ) Verfahrenssprache: Französisch.
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Referenzen
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