Urteil vom Europäischer Gerichtshof - T-82/14

URTEIL DES GERICHTS (Neunte Kammer)

7. Juli 2016 ( *1 )

„Unionsmarke — Nichtigkeitsverfahren — Unionswortmarke LUCEO — Absolutes Eintragungshindernis — Bösgläubigkeit bei der Anmeldung — Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑82/14

Copernicus-Trademarks Ltd mit Sitz in Borehamwood (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt F. Henkel,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch A. Schifko als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Maquet GmbH mit Sitz in Rastatt (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt N. Hebeis,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 25. November 2013 (Sache R 2292/2012‑4) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen Copernicus-Trademarks und Maquet

erlässt

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten G. Berardis sowie der Richter O. Czúcz (Berichterstatter) und A. Popescu,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 4. Februar 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 15. Mai 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 19. Mai 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund der am 4. September 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Erwiderung,

aufgrund der am 18. November 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Gegenerwiderung der Streithelferin,

aufgrund der schriftlichen Fragen des Gerichts an die Parteien, deren Antworten und deren Stellungnahmen zu den Antworten der jeweils anderen Parteien,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1

Am 29. Juli 2009 meldete die Streithelferin, die Maquet GmbH, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an. Die angemeldete Marke ist das Wortzeichen LUCEA LED für „OP-Beleuchtung“ in Klasse 10 gemäß dem Abkommen von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung. Diese Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 31/2009 vom 17. August 2009 veröffentlicht.

2

Am 16. September 2009 meldete die Copernicus EOOD (im Folgenden: Copernicus), vertreten durch Herrn A., beim EUIPO eine Unionsmarke nach der Verordnung Nr. 207/2009 an.

3

Bei dieser Anmeldemarke handelt es sich um das Wortzeichen LUCEO (im Folgenden: streitige Anmeldung, streitige Anmeldemarke oder streitige Marke).

4

Diese Anmeldung erfolgte für folgende Waren der Klassen 10, 12 bzw. 28:

Klasse 10: „Chirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate, künstliche Gliedmaßen, Augen und Zähne; orthopädische Artikel; chirurgisches Nahtmaterial“;

Klasse 12: „Personenkraftwagen, soweit in Klasse 12 enthalten; Räder für Motorrad-Fahrzeuge, soweit in Klasse 12 enthalten; Motorräder soweit in Klasse 12 enthalten, Mopeds, soweit in Klasse 12 enthalten; Traktoren, soweit in Klasse 12 enthalten; Wohnmobile und Wohnwagen, soweit in Klasse 12 enthalten; Luft-Fahrzeuge, soweit in Klasse 12 enthalten; Raum-Fahrzeuge, soweit in Klasse 12 enthalten; Schienen-Fahrzeuge, soweit in Klasse 12 enthalten; Ketten-Fahrzeuge, soweit in Klasse 12 enthalten; Wasser-Fahrzeuge, soweit in Klasse 12 enthalten; Amphibien-Fahrzeuge, soweit in Klasse 12 enthalten; Rollstühle; Reha-Scooter; Golfmobile; Kinderwagen; Teile für Motor-Fahrzeuge, soweit in Klasse 12 enthalten, nämlich Karosseriekomponenten; Antriebe; Motoren; Fahrwerkskomponenten, insbesondere Bremsenteile; Federn; Dämpfer; Lenkung; Radaufhängung; Räder; Reifen; Radkappen; Felgen; Achsaufhängungen; Kraftübertragungskomponenten, nämlich Ketten; Getriebe; Gelenkwellen; Zubehör für Motor-Fahrzeuge, soweit in Klasse 12 enthalten, nämlich Anhängekupplungen; Dachgepäckträger, Gepäckstücke zum Transport in Fahrzeugen, Kindersitze, Abdeckplanen; Schneeketten“;

Klasse 28: „Turn- und Sportartikel; Spiele“.

5

Copernicus beanspruchte für die streitige Anmeldemarke die Priorität aus der Anmeldung der österreichischen Marke LUCEO (Nr. 1533/2009), die beim Österreichischen Patentamt am 16. März 2009 für die gleichen Waren wie die in Rn. 4 genannten eingereicht worden war.

6

Am 12. November 2009 erhob die Capella EOOD, die am 21. Oktober 2009 Inhaberin der streitigen Anmeldemarke geworden war und von Herrn A. vertreten wurde, gegen die Anmeldung der Unionsmarke LUCEA LED nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 Widerspruch.

7

Der Widerspruch stützte sich auf die streitige Anmeldemarke. Zwar war die streitige Anmeldung später als die der Unionsmarke LUCEA LED eingereicht worden, jedoch machte Capella unter Berufung auf den oben in Rn. 5 erwähnten Prioritätsanspruch ihren zeitlichen Vorrang geltend.

8

Die streitige Anmeldemarke wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 39/2010 vom 1. März 2010 veröffentlicht.

9

Sie wurde am 26. Oktober 2010 unter der Nr. 8554974 eingetragen, wobei als ihr Prioritätszeitpunkt im Register der 16. März 2009 vermerkt wurde.

10

Am 3. Mai 2011 reichte die Streithelferin beim EUIPO einen Antrag auf Nichtigerklärung der streitigen Marke für alle Waren und Dienstleistungen ein, für die sie eingetragen worden war.

11

Der Antrag war auf die Nichtigkeitsgründe nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gestützt. Nach Ansicht der Streithelferin war Copernicus bei der Anmeldung der streitigen Marke bösgläubig gewesen.

12

Am 6. September 2011 wurde die Verus EOOD und am 27. August 2012 die Klägerin, die Copernicus-Trademarks Ltd, die durch Herrn A. vertreten wurden, im Unionsmarkenregister als Inhaberin der streitigen Marke eingetragen.

13

Am 14. Dezember 2012 erklärte die Nichtigkeitsabteilung die streitige Marke mit der Begründung für nichtig, dass Copernicus bei der Anmeldung bösgläubig gewesen sei.

14

Am selben Tag legte die Klägerin, vertreten durch Herrn A., nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ein.

15

Am 13. November 2013 wurde die ebenfalls von Herrn A. vertretene Ivo-Kermartin GmbH im Unionsmarkenregister als neue Inhaberin der streitigen Marke eingetragen.

16

Mit Entscheidung vom 25. November 2013 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), die an die Klägerin gerichtet war, wies die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Sie bestätigte die von der Nichtigkeitsabteilung getroffene Feststellung, dass Copernicus bei der Anmeldung der streitigen Marke bösgläubig gewesen sei. Zur Begründung führte die Beschwerdekammer u. a. aus, dass Copernicus die streitige Marke allein deshalb angemeldet habe, um der Anmeldung der Unionsmarke LUCEA LED widersprechen zu können und daraus wirtschaftliche Vorteile zu ziehen.

Anträge der Parteien

17

Die Klägerin beantragt,

die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Antrag, die streitige Marke für nichtig zu erklären, zurückzuweisen;

hilfsweise, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Verfahren an die Beschwerdekammer zurückzuverweisen;

dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

18

Das HABM und die Streithelferin beantragen,

die Klage abzuweisen;

der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

A – Zur Zulässigkeit der Klage

19

Zum Zeitpunkt der Klageerhebung war nicht mehr die Klägerin, sondern Ivo-Kermartin Inhaberin der streitigen Marke (siehe oben, Rn. 15).

20

Am 4. September 2014 hat die Klägerin als Anlage K.17 zur Erwiderung ein Schriftstück vorgelegt, dem zufolge sie von Ivo-Kermartin ermächtigt worden ist, den Rechtsstreit vor dem Gericht in deren und im eigenen Interesse fortzuführen.

21

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsrichter befugt ist, je nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen, ob es nach den Grundsätzen einer geordneten Rechtspflege gerechtfertigt ist, eine Klage oder einen Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen, ohne zuvor über die Zulässigkeit zu entscheiden (Urteil vom 26. Februar 2002, Rat/Boehringer, C‑23/00 P, Slg, EU:C:2002:118, Rn. 51 und 52).

22

Unter den vorliegenden Umständen ist das Gericht der Auffassung, dass aus Gründen der Verfahrensökonomie sogleich die Begründetheit der Nichtigkeitsklage zu prüfen ist, ohne zuvor über deren Zulässigkeit zu entscheiden, da die Klage aus den nachstehend dargelegten Gründen jedenfalls unbegründet ist.

B – Zur Begründetheit der Klage

23

Die Klägerin macht drei Klagegründe geltend: erstens einen Verstoß gegen Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009, zweitens einen Verstoß gegen Art. 76 dieser Verordnung und drittens einen Verstoß gegen deren Art. 52 Abs. 1 Buchst. b.

24

Mit ihrem Vorbringen im Rahmen der drei Klagegründe, das sich teilweise überschneidet, bestreitet die Klägerin die Feststellung der Beschwerdekammer, dass Copernicus bei der streitigen Anmeldung bösgläubig gewesen sei. Dieses Vorbringen richtet sich gegen die Feststellung der Beschwerdekammer, dass in Anbetracht sämtlicher Umstände, unter denen diese Anmeldung stattgefunden habe, von der Bösgläubigkeit von Copernicus ausgegangen werden müsse. Die Klägerin bestreitet außerdem die Richtigkeit der Feststellungen der Beschwerdekammer in Bezug auf das Vorliegen dieser Umstände und macht geltend, dass die Streithelferin ihrerseits bösgläubig gewesen sei, was die Beschwerdekammer nicht berücksichtigt habe.

25

In Anbetracht des wesentlichen Inhalts des klägerischen Vortrags erscheint es angezeigt, nach einer Skizzierung der einschlägigen Bestimmungen und der einschlägigen Rechtsprechung zunächst das Vorbringen der Klägerin zu prüfen, mit denen sie die Feststellungen der Beschwerdekammer zu den Umständen der Anmeldung in Zweifel zieht, sodann ihr Vorbringen zu der von der Beschwerdekammer gezogenen Schlussfolgerung, Copernicus sei bösgläubig gewesen, und schließlich ihr Vorbringen, dass die Beschwerdekammer nicht hinreichend die Bösgläubigkeit der Streithelferin berücksichtigt habe.

1. Einschlägige Rechtsvorschriften und einschlägige Rechtsprechung

26

Das System der Eintragung einer Unionsmarke beruht auf dem in Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 niedergelegten Grundsatz des „ersten Anmelders“. Nach diesem Grundsatz kann ein Zeichen nur dann als Unionsmarke eingetragen werden, wenn dem keine ältere Marke entgegensteht (vgl. Urteil vom 11. Juli 2013, SA.PAR./HABM – Salini Costruttori [GRUPPO SALINI], T‑321/10, EU:T:2013:372, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27

Die Anwendung dieses Grundsatzes wird allerdings u. a. durch Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 nuanciert, wonach die Unionsmarke auf Antrag beim EUIPO oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für nichtig erklärt wird, wenn der Anmelder bei der Anmeldung der Marke bösgläubig war (vgl. Urteil vom 11. Juli 2013, GRUPPO SALINI, T‑321/10, EU:T:2013:372, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28

Der Begriff der Bösgläubigkeit im Sinne von Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bezieht sich auf einen subjektiven Beweggrund des Markenanmelders, nämlich eine unredliche Absicht oder ein sonstiges unlauteres Motiv. Er bezieht sich auf ein Verhalten, das von den anerkannten Grundsätzen ethischen Verhaltens oder den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel abweicht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Februar 2012, Peeters Landbouwmachines/HABM – Fors MW [BIGAB], T‑33/11, EU:T:2012:77, Rn. 35 bis 38, und Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli, C‑529/07, EU:C:2009:148, Nr. 60).

29

Um zu beurteilen, ob ein Anmelder bösgläubig ist, ist insbesondere zu prüfen, ob er beabsichtigt, die angemeldete Marke zu benutzen. Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Hauptfunktion der Marke darin besteht, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der betreffenden Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (Urteil vom 11. Juni 2009, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli, C‑529/07, EU:C:2009:361, Rn. 45).

30

Die Absicht, die Vermarktung einer Ware zu verhindern, kann unter bestimmten Umständen für die Bösgläubigkeit des Anmelders kennzeichnend sein. Dies ist u. a. dann der Fall, wenn sich später herausstellt, dass er ein Zeichen, ohne dessen Benutzung zu beabsichtigen, allein deshalb als Unionsmarke hat eintragen lassen, um den Marktzutritt eines Dritten zu verhindern (Urteile vom 11. Juni 2009, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli, C‑529/07, EU:C:2009:361, Rn. 43 und 44, und vom 8. Mai 2014, Simca Europe/HABM – PSA Peugeot Citroën [Simca], T‑327/12, EU:T:2014:240, Rn. 37).

31

Die Absicht des Anmelders zum maßgeblichen Zeitpunkt ist ein subjektives Tatbestandsmerkmal, das anhand aller erheblichen Faktoren zu bewerten ist, die dem Einzelfall eigen sind und zum Zeitpunkt der Anmeldung eines Zeichens als Unionsmarke vorliegen. Diese Absicht lässt sich normalerweise anhand objektiver Kriterien feststellen, zu denen u. a. die unternehmerische Logik gehört, in die sich die Anmeldung einfügte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2009, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli, C‑529/07, EU:C:2009:361, Rn. 37, 42 und 53).

32

Im Rahmen der umfassenden Beurteilung nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 können ebenfalls die Herkunft des angefochtenen Zeichens und seine Verwendung seit seiner Schaffung, die unternehmerische Logik, in die sich die Anmeldung dieses Zeichens als Unionsmarke einfügte, sowie die Geschehensabfolge bei der Anmeldung berücksichtigt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Februar 2012, BIGAB, T‑33/11, EU:T:2012:77, Rn. 21 bis 23).

33

Es ist Sache desjenigen, der sich auf diesen absoluten Nichtigkeitsgrund stützen will, die Umstände darzutun, die den Schluss zulassen, dass der Inhaber einer Unionsmarke bei deren Anmeldung bösgläubig war (Urteil vom 11. Juli 2013, GRUPPO SALINI, T‑321/10, EU:T:2013:372, Rn. 18).

34

Anhand dieser Rechtsvorschriften und dieser Rechtsprechung ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen.

2. Zum Vorbringen in Bezug auf die Feststellungen der Beschwerdekammer zu den Umständen der streitigen Anmeldung

35

In der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass sich die Anmeldung in eine Strategie missbräuchlicher Markenanmeldungen eingefügt habe, die darauf abgezielt habe, eine Priorität für eine Unionsmarkenanmeldung unter Umgehung der sechsmonatigen Überlegungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 und der fünfjährigen Benutzungsschonfrist nach Art. 51 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung in Anspruch zu nehmen. Die streitige Anmeldung sei allein deshalb erfolgt, um gegen die von der Streithelferin eingereichte Anmeldung der Unionsmarke LUCEA LED Widerspruch einlegen zu können und aus diesem Widerspruch wirtschaftliche Vorteile zu ziehen. Die Anmeldestrategie, in die sich die streitige Anmeldung eingefügt habe, sei für Dritte intransparent.

36

Die Klägerin hält diese Feststellungen für fehlerhaft.

a) Zur Feststellung, dass sich die streitige Anmeldung in eine missbräuchliche Anmeldestrategie eingefügt habe

37

Wie oben in Rn. 35 dargestellt, hat die Beschwerdekammer als ersten Umstand berücksichtigt, dass sich die streitige Anmeldung in eine Markenanmeldungsstrategie eingefügt habe, mit der bezweckt worden sei, eine Priorität für eine Unionsmarkenanmeldung unter Umgehung der sechsmonatigen Überlegungsfrist und der fünfjährigen Benutzungsschonfrist in Anspruch zu nehmen und dem Vertreter der Klägerin, Herrn A., eine Sperrposition zu verschaffen, um Markenanmeldungen Dritter zu widersprechen.

38

Die Beschwerdekammer hat das Bestehen einer solchen Strategie insbesondere in den Rn. 20, 25, 31, 32, 35 und 41 der angefochtenen Entscheidung festgestellt. In Rn. 20 der angefochtenen Entscheidung hat sie darauf hingewiesen, dass Copernicus eine Gesellschaft sei, die Verbindungen zu Herrn A. aufweise, und dass bei der Prüfung, ob sie bösgläubig gehandelt habe, nicht nur ihr eigenes Verhalten, sondern auch das von Herrn A. und der mit diesem verbundenen anderen Gesellschaften berücksichtigt werden müsse. Der Beschwerdekammer zufolge hat Herr A. eine Anmeldestrategie mit einer erheblichen Anzahl von Markenanmeldungen verfolgt. 2392 deutsche und ca. 750 österreichische Markenanmeldungen könnten ihm zugerechnet werden, wobei höchstens eine von ihnen jemals zur Eintragung gelangt sei (Rn. 25 der angefochtenen Entscheidung). Insbesondere in den Rn. 25, 35 und 41 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer ausgeführt, dass diese Anmeldungen allein zu dem Zweck getätigt worden seien, daraus später eine Priorität für eine Unionsmarkenanmeldung zu beanspruchen. Die Strategie von Herrn A. bestehe darin, eine endlose Kette von nationalen Markenanmeldungen einzureichen, ohne die Anmeldegebühren zu zahlen. Sobald ein Dritter eine identische oder ähnliche Marke anmelde, melde Herr A. eine Unionsmarke an und beanspruche für diese unter Berufung auf das letzte Glied in der Kette der nationalen Markenanmeldungen Priorität. Anschließend widerspreche er unter Berufung auf seine Unionsmarkenanmeldung der Anmeldung des Dritten. In den Rn. 31 und 32 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer darauf hingewiesen, dass eine solche Konstellation vor ihr nur in Verfahren, an denen Herr A. beteiligt gewesen sei, vorgekommen und daher kein Zufallsergebnis, sondern Ausfluss einer von Herrn A. verfolgten Anmeldestrategie gewesen sei.

39

U. a. in den Rn. 27 bis 29, 33, 35, 36 und 43 der angefochtenen Entscheidungen hat die Beschwerdekammer die Gründe dargelegt, weshalb sie davon ausgegangen ist, dass sich die streitige Anmeldung in diese missbräuchliche Anmeldestrategie eingefügt habe. So hat sie in den Rn. 27 bis 29 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass das Zeichen LUCEO seit 2003 sowohl in Österreich als auch in Deutschland Gegenstand von nationalen Markenanmeldungen gewesen sei und die Anmeldungen ab 2005 halbjährlich nach dem Schema „im März in Österreich, im September in Deutschland“ erfolgt seien. Dieser Halbjahresrhythmus entspreche genau der sechsmonatigen Prioritätsfrist. Die betreffenden Anmeldungen seien nacheinander wegen Nichtentrichtung der Anmeldegebühren verfallen. In Rn. 33 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass Copernicus erst nach der Anmeldung der Unionsmarke LUCEA LED durch die Streithelferin die streitige Anmeldung eingereicht und für diese unter Berufung auf das letzte Glied in der Kette der Anmeldungen der nationalen Marken LUCEO, nämlich der am 16. März 2009 eingereichten Anmeldung der österreichischen Marke, Priorität beansprucht habe. Die Beschwerdekammer hat daraus abgeleitet, dass Herr A. mit der Aneinanderreihung der verschiedenen Anmeldungen der nationalen Marken LUCEO bezweckt habe, mehrere Jahre nach der ersten Anmeldung des Zeichens LUCEO als nationale Marke die Priorität für die streitige Marke zu beanspruchen, obschon Art. 29 der Verordnung Nr. 207/2009 nur eine Überlegungsfrist von sechs Monaten vorsehe. In den Rn. 36 und 43 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer darauf hingewiesen, Herr A. habe selbst angegeben, dass er die Marke LUCEO selbst nicht habe nutzen wollen, und er habe keine Namen von Kunden nennen können, die Interesse an dieser Marke gezeigt hätten. In den Rn. 35, 36 und 43 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer die Behauptung, die Marke LUCEO sei durch die nationalen Markenanmeldungen „fortentwickelt“ worden, als reine Schutzbehauptung gewertet. Sie hat insoweit zum einen ausgeführt, dass ein Verhalten, das darin bestehe, wiederholt nationale Marken anzumelden, ohne dass die Absicht bestanden habe, die Anmeldegebühren zu entrichten, ebenso wenig als Fortentwicklung einer Marke gewertet werden könne wie eine leichte Änderung der Klassen bei jeder neuen Anmeldung. Zum anderen hat sie die Auffassung vertreten, dass nach der Anmeldung eines bereits „gefundenen“ Zeichens, vorliegend LUCEO, die Entscheidung, ob dieses Zeichen als Unionsmarke angemeldet werden solle, keiner jahrelangen Überlegungen bedürfe. Die Beschwerdekammer hat daraus gefolgert, dass mit der streitigen Anmeldung allein bezweckt worden sei, die von der Streithelferin eingereichte Anmeldung der Unionsmarke LUCEA LED „abzufangen“.

40

Die Klägerin hält diese Erwägungen der Beschwerdekammer für fehlerhaft. Insoweit richtet sich ihr Vorbringen zum einen gegen die Feststellung der Beschwerdekammer, dass eine von Herrn A. verfolgte missbräuchliche Anmeldestrategie vorgelegen habe, und zum anderen gegen deren Feststellung, dass sich die streitige Anmeldung in diese Strategie eingefügt habe.

Zum Vorliegen einer missbräuchlichen Anmeldestrategie

41

Die Klägerin bestreitet die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, dass eine missbräuchliche Anmeldestrategie von Herrn A., wie in der vorstehenden Rn. 38 beschrieben, vorgelegen habe. Insoweit vertritt sie zum einen die Auffassung, dass Herr A. – entgegen den Feststellungen der Beschwerdekammer – ein legitimes Geschäftsmodell verfolge, nämlich das einer Markenagentur. Zum anderen hält sie die Folgerungen, die die Beschwerdekammer daraus ableitet, dass andere Fälle bei ihr anhängig waren, an denen Herr A. beteiligt war, für fehlerhaft.

– Zum Vorbringen, dass das Geschäftsmodell von Herrn A. legitim sei

42

Nach Ansicht der Klägerin durfte die Beschwerdekammer aus der Zahl der nationalen Markenanmeldungen, die Herrn A. zugerechnet werden können, nicht schließen, dass diese allein zu dem Zweck eingereicht worden seien, anschließend für eine Unionsmarkenanmeldung Priorität beanspruchen zu können. Die hohe Zahl dieser Anmeldungen sei vielmehr eine unmittelbare Folge seiner legitimen Tätigkeit als Markenagentur, die darin bestehe, ein Portfolio an Marken zu schaffen, die an Dritte verkauft werden sollten, was die Beschwerdekammer nicht ausreichend berücksichtigt habe. Die nationalen Markenanmeldungen seien Teil eines Prozesses zur Entwicklung von Marken.

43

Das EUIPO und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen.

44

Insoweit ist erstens festzustellen, dass die Klägerin nichts vorträgt, um die Annahme der Beschwerdekammer zu entkräften, dass bei der Prüfung, ob Copernicus bösgläubig gehandelt habe, nicht nur deren eigenes Verhalten, sondern auch das von Herrn A. und der mit diesem verbundenen anderen Gesellschaften berücksichtigt werden müsse.

45

Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer in Rn. 34 der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen ist, es spreche nichts dagegen, dass ein Unternehmen als Markenagentur tätig werde und somit im Rahmen dieser Tätigkeit Marken anmelde, die es nicht selbst nutzen, sondern an Dritte verkaufen wolle. Nach Auffassung der Beschwerdekammer kann jedoch die Tätigkeit von Herrn A. einer solchen Tätigkeit nicht gleichgesetzt werden.

46

Drittens ist das Vorbringen der Klägerin zu verwerfen, dass sich die Aneinanderreihung der nationalen Markenanmeldungen in das – für eine Markenagentur legitime – Bemühen einfüge, Marken fortzuentwickeln.

47

Es spricht zwar nichts dagegen, dass der Inhaber einer wirksam eingetragenen Marke diese „fortentwickelt“, indem er das Zeichen, das Verzeichnis der beanspruchten Waren und Dienstleistungen oder die geografische Ausdehnung des Schutzes verändert.

48

Wie sich jedoch aus den Feststellungen der Beschwerdekammer ergibt, hat Herr A. nationale Markenanmeldungen aneinandergereiht, die alle sechs Monate abwechselnd in Deutschland und in Österreich unmittelbar vor Ablauf der sechsmonatigen Überlegungsfrist, innerhalb derer nach Art. 29 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 für eine Unionsmarke Priorität beansprucht werden kann, eingereicht wurden. Diese Anmeldungen sind sukzessive wegen Nichtentrichtung der Anmeldung verfallen und darum von den nationalen Markenämtern nicht geprüft worden.

49

Ein solches Verhalten kann nicht als legitimes Geschäftsgebaren angesehen werden, sondern muss als im Widerspruch zu den Zielen der Verordnung Nr. 207/2009 stehend gewertet werden.

50

Wie die Beschwerdekammer zutreffend ausgeführt hat, sieht Art. 29 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 für den Anmelder einer nationalen Marke eine Überlegungsfrist von sechs Monaten vor, um sich zu entscheiden, ob er dieselbe Marke für Waren und Dienstleistungen, die mit denen identisch sind, für die diese Marke angemeldet wurde, oder in diesen enthalten sind, auch als Unionsmarke anmelden will. Nach Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 wiederum wird die Unionsmarke auf Antrag beim EUIPO oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für verfallen erklärt, wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Union für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.

51

Vorliegend ist festzustellen, dass die sukzessive Aneinanderreihung von nationalen Markenanmeldungen des gleichen Zeichens für Waren und Dienstleistungen, die zu zumindest teilweise identischen Klassen gehören, Herrn A. eine Sperrposition verschaffen soll. Wenn nämlich ein Dritter eine identische oder ähnliche Unionsmarke anmeldet, meldet Herr A. eine Unionsmarke an, beansprucht für diese, gestützt auf das letzte Glied in der Kette der nationalen Markenanmeldungen, die Priorität und erhebt unter Berufung auf seine Unionsmarkenanmeldung Widerspruch. Die Aneinanderreihung der nationalen Markenanmeldungen soll ihm also eine Sperrposition für einen Zeitraum verschaffen, der länger ist als die sechsmonatige Überlegungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 und sogar als die fünfjährige Benutzungsschonfrist nach Art. 51 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung.

52

Folglich steht die von Herrn A. angewandte Anmeldestrategie nicht nur nicht im Einklang mit den Zielen der Verordnung Nr. 207/2009, sondern ist nicht frei von Anklängen an die Rechtsfigur des „Rechtsmissbrauchs“, der dadurch gekennzeichnet ist, dass zum einen trotz formaler Einhaltung der unionsrechtlichen Bedingungen das Ziel der Unionsregelung nicht erreicht wird und zum anderen die Absicht besteht, sich dadurch einen unionsrechtlich vorgesehenen Vorteil zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden (Urteile vom 14. Dezember 2000, Emsland-Stärke, C‑110/99, EU:C:2000:695, Rn. 52 und 53, und vom 21. Juli 2005, Eichsfelder Schlachtbetrieb, C‑515/03, EU:C:2005:491, Rn. 39).

53

Was viertens das Vorbringen der Klägerin betrifft, sie verkaufe Marken aus ihrem Portfolio an Dritte, ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer in den Rn. 36 und 43 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, dass sich die Existenz von Dritten, die sich für die nationalen Markenanmeldungen der Klägerin interessierten, nicht habe feststellen lassen und die Klägerin nichts vorgebracht habe, was diese Annahme in Zweifel ziehen könnte. Jedenfalls ist zu bemerken, dass sich Herr A., wenn sein Ziel allein gewesen wäre, sein Portfolio an Unions- und nationalen Marken zu erweitern, sich darauf hätte beschränken können, solche Marken eintragen zu lassen, anstatt nationale Markenanmeldungen aneinanderzureihen, die nicht geprüft wurden und sukzessive verfielen, weil er die Anmeldegebühr nicht bezahlt hatte.

54

Infolgedessen hat die Beschwerdekammer zu Recht angenommen, dass das Vorgehen von Herrn A. und der mit ihm verbundenen Gesellschaften nicht der legitimen Tätigkeit einer Markenagentur gleichgesetzt werden konnte, sondern ihm eine Sperrposition für einen Zeitraum einräumen sollte, der länger ist als die sechsmonatige Überlegungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 und die fünfjährige Benutzungsschonfrist nach Art. 51 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung.

55

Das übrige Vorbringen der Klägerin ist nicht geeignet, dieses Ergebnis in Frage zu stellen.

56

Zunächst ist die Argumentation der Klägerin zu verwerfen, dass die Zahl der Markenanmeldungen in Wirklichkeit nicht der Zahl der verschiedenen angemeldeten Marken entsprochen habe, die wesentlich geringer sei. Dieses Vorbringen stützt eher die Erwägungen der Beschwerdekammer. Denn für die Ausübung der legitimen Tätigkeit einer Markenagentur wäre keine Vielzahl von Anmeldungen für ein und dieselbe Marke, wie sie Herr A. vorgenommen hat, erforderlich gewesen.

57

Ferner trägt die Klägerin vor, dass ein Großteil der „entwickelten Marken“ tatsächlich eingetragen worden sei. Entgegen dem Vorbringen der Streithelferin hätten Herr A. und die mit ihm verbundenen Gesellschaften nicht nur über 90, sondern über 200 eingetragene Unionsmarken verfügt. Herr A. sei stets bestrebt gewesen, sämtliche von ihm entwickelten Marken, soweit rechtlich und wirtschaftlich möglich, vollständig zur Registrierung zu bringen.

58

Was erstens die Behauptung betrifft, Herr A. sei bestrebt gewesen, sämtliche von ihm entwickelten Marken eintragen zu lassen, genügt der Hinweis, dass nach den Feststellungen der Beschwerdekammer ein Großteil der Anmeldungen, die ihm zugerechnet werden können, nicht geprüft wurde und nicht zu einer Eintragung führte, weil die Anmeldegebühren nicht entrichtet worden waren, und dass die Klägerin diese Feststellungen nicht substantiiert bestritten hat.

59

Zweitens stellt auch die Tatsache, dass eine gewisse Anzahl von Marken schließlich auf den Namen von Herrn A. oder von mit diesem verbundenen Gesellschaften eingetragen wurde, die Erwägungen der Beschwerdekammer nicht in Frage. Denn die von der Beschwerdekammer festgestellte missbräuchliche Anmeldestrategie impliziert, dass Herr A., sobald er sich entscheidet, seine Sperrposition zu nutzen, eine Unionsmarke anmeldet und dabei auf der Grundlage des letzten Glieds in der Kette der nationalen Markenanmeldungen die Priorität beansprucht.

60

Was drittens die genaue Zahl der Marken betrifft, die Herrn A. oder mit ihm verbundenen Gesellschaften zugerechnet werden konnten, stützen sich die Erwägungen der Beschwerdekammer auf einen Vergleich zwischen der Zahl der Anmeldungen einerseits und der Zahl der eingetragenen Marken andererseits. Selbst wenn 200 Marken eingetragen worden wären, wie die Klägerin behauptet, bleibt eine erhebliche Diskrepanz zwischen der Zahl der Anmeldungen, nämlich mehr als 3000, und der Zahl der letztlich eingetragenen Marken. Jedenfalls legt die Klägerin keinen Beweis dafür vor, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung Herrn A. 200 eingetragene Marken zugerechnet werden konnten.

61

Auch dieses Vorbringen ist daher zurückzuweisen.

62

Schließlich ist auch das Vorbringen der Klägerin, dass die Anmeldungen teilweise deshalb nicht weiterverfolgt worden seien, weil sich der Markt nicht wie allgemein erwartet entwickelt habe oder weil sich herausgestellt habe, dass der gewählte Name für die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen nicht passe, nicht geeignet, einen Beurteilungsfehler zu belegen, der den Erwägungen der Beschwerdekammer anhaftete. Das gilt auch für das Vorbringen, dass es in bestimmten Branchen schwierig sei, ein Wortzeichen zu finden, das nicht mit älteren Rechten kollidiere. Diese Argumente vermögen nämlich nicht die Aneinanderreihung von nationalen Markenanmeldungen für ein und dasselbe Zeichen zu begründen.

63

Somit ist das gesamte Vorbringen der Klägerin zu verwerfen, wonach sich die Vielzahl der Anmeldungen von deutschen und österreichischen Marken, die Herrn A. zugerechnet werden können, mit dem von diesem verfolgten legitimen Geschäftsmodell rechtfertigen lasse.

– Zu den anderen Herrn A. betreffenden und von der Beschwerdekammer berücksichtigten Fällen

64

Nach Auffassung der Klägerin geht die Beschwerdekammer in ihrer Annahme fehl, dass sich die Konstellation, die sich in der vorliegenden Sache vor ihr ergeben habe (siehe oben, Rn. 38 und 39), kein Zufallsergebnis sei. Zunächst habe in allen fünf von der Beschwerdekammer genannten Fällen Herr A. erst, nachdem er selbst eine Unionsmarke angemeldet habe, von der Unionsmarkenanmeldung durch einen Dritten Kenntnis erlangt. Sodann habe die Beschwerdekammer selbst drei andere Fälle erwähnt, in denen Herr A. den Widerspruch auf eine Marke gestützt habe, die zum Zeitpunkt der Anmeldung durch den Dritten bereits eingetragen gewesen sei. Diese drei Fälle belegten im Übrigen, dass Herr A. nicht abgewartet habe, bis ein Dritter eine identische oder ähnliche Marke angemeldet habe, bevor er selbst eine Unionsmarke angemeldet und für diese, gestützt auf eine nationale Markenanmeldung, eine Priorität beansprucht habe. Außerdem sei die Zahl der von der Beschwerdekammer angeführten Fälle im Verhältnis zur Zahl der seit Anfang 2001 eingereichten Markenanmeldungen und im Verhältnis zur Zahl von mehr als 200 eingetragenen Unionsmarken gering. Überdies seien die fünf von der Beschwerdekammer angeführten Verfahren Ausnahmen gewesen, und es habe sich um einen Zufall gehandelt. Schließlich hätte die Beschwerdekammer die Klägerin vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung nach Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 anhören müssen.

65

Das EUIPO und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen.

66

Zunächst ist die Rüge eines Verstoßes gegen das Recht auf Anhörung zu prüfen.

67

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 die Entscheidungen des EUIPO nur auf Gründe gestützt werden dürfen, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

68

Hinsichtlich der drei die Marken VORTEX, ROCKY und FORERUNNER betreffenden Fälle, die die Beschwerdekammer in den Rn. 31 und 32 der angefochtenen Entscheidung angeführt hat, ist indessen festzustellen, dass die Streithelferin in ihrem Antrag auf Nichtigerklärung vom 2. Mai 2011 vorgetragen hatte, dass Herr A. an Markenstreitigkeiten beteiligt gewesen sei und bei Unionsmarkenanmeldungen systematisch unter Berufung auf nationale Markenanmeldungen die Priorität geltend gemacht habe. In diesem Zusammenhang hatte die Streithelferin in den Anlagen 4c und 6 zu diesem Antrag auf eine große Zahl von Zeichen hingewiesen, die Gegenstand dieser Praxis gewesen seien, darunter auch die Zeichen VORTEX, ROCKY und FORERUNNER. In Bezug auf diese Marken hatten die Klägerin und ihre Rechtsvorgänger somit Gelegenheit, sich im Verfahren vor dem EUIPO zu äußern.

69

Soweit die Klägerin geltend macht, sie hätte, wenn ihr bekannt gewesen wäre, dass die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung diese Markenanmeldungen als Indiz für die Bösgläubigkeit von Copernicus heranziehen würde, hierzu mehr vorgetragen, genügt der Hinweis, dass sich der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 auf alle tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte erstreckt, die die Grundlage der Entscheidungsfindung bildeten, nicht aber auf den endgültigen Standpunkt, den die Verwaltung einnehmen will (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. September 2006, L & D/HABM – Sämann [Aire Limpio], T‑168/04, EU:T:2006:245, Rn. 116). Somit ist auch dieses Vorbringen zurückzuweisen.

70

Sodann ist auf das Vorbringen der Klägerin einzugehen, dass die Konstellation, die sich in der vorliegenden Rechtssache und in den die Marken VORTEX, ROCKY und FORERUNNER betreffenden Fällen ergeben habe, ein Zufallsprodukt gewesen sei, da Herr A. zum Zeitpunkt seiner Anmeldung von den Anmeldungen Dritter keine Kenntnis gehabt habe.

71

Insoweit ist festzustellen, dass der Anmelder einer nationalen Marke zwar nach Art. 29 der Verordnung Nr. 207/2009 während einer Überlegungsfrist von sechs Monaten nach Einreichung der Anmeldung die Priorität für die Anmeldung einer Unionsmarke beanspruchen kann. Theoretisch ist es daher möglich, dass während dieser Überlegungsfrist ein Dritter ein identisches oder ähnliches Zeichen als Unionsmarke anmeldet und sich der Anmelder der nationalen Marke seinerseits, ohne von der Unionsmarkenanmeldung Kenntnis zu haben, entschließt, ebenfalls eine Unionsmarke anzumelden und für diese die Priorität zu beanspruchen.

72

Wie oben in den Rn. 42 bis 63 ausgeführt, durfte die Beschwerdekammer jedoch unter den Umständen des vorliegenden Falles davon ausgehen, dass die Aneinanderreihung von nationalen Markenanmeldungen durch Herrn A. den Zweck hatte, diesem eine Sperrposition zu verschaffen, die dieser nutzte, um Anmeldungen Dritter zu widersprechen. Unter diesen Umständen und in Anbetracht der Tatsache, dass sich diese Konstellation nur in Fällen ergab, an denen Herr A. beteiligt war, durfte die Beschwerdekammer davon ausgehen, dass es sich um kein Zufallsergebnis handelte.

73

Keines der von der Klägerin vorgebrachten Argumente ist geeignet, dieses Ergebnis in Frage zu stellen.

74

Die Klägerin trägt erstens vor, dass Herr A. den Widerspruch entgegen den Feststellungen der Beschwerdekammer in bestimmten Fällen auf bereits eingetragene Unionsmarken gestützt habe.

75

Dieses Vorbringen kann nicht durchgreifen, was die die Marken VORTEX, ROCKY und FORERUNNER betreffenden Fälle angeht, die die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung erwähnt hat. In diesen Fällen war der Widerspruch nämlich auf jüngere Markenanmeldungen gestützt worden, aber unter Inanspruchnahme der Priorität auf der Grundlage einer älteren Markenanmeldung.

76

So wurde der Widerspruch in dem die Marke ROCKY betreffenden Fall (Sache R 2147/2010‑4) und in dem die Marke VORTEX betreffenden Fall (Sache R 512/2011‑4) auf jüngere Unionsmarkenanmeldungen gestützt, allerdings unter Inanspruchnahme der Priorität auf der Grundlage der älteren deutschen Markenanmeldungen.

77

In dem die Marke FORERUNNER betreffenden Fall (Sache R 2000/2010‑4) wurde der Widerspruch zwar auf eine österreichische Markenanmeldung und nicht auf eine Unionsmarkenanmeldung gestützt. Trotzdem handelte es sich um ein Vorgehen, das dem in der vorliegenden Rechtssache fraglichen stark ähnelte, da der einzige Unterschied darin bestand, dass die Klägerin den Widerspruch unmittelbar auf die österreichische Markenanmeldung gestützt hatte, anstatt sich auf eine Unionsmarkenanmeldung zu stützen und dabei die Priorität auf der Grundlage dieser nationalen Markenanmeldung zu beanspruchen.

78

In diesem Zusammenhang ist das Vorbringen der Klägerin zu verwerfen, wonach der Widerspruch in einem anderen Fall, der ebenfalls die Marke VORTEX betroffen habe (Sache R 1496/2011‑4), auf eine eingetragene Unionsmarke gestützt worden sei. Insoweit genügt die Feststellung, dass die betreffende Marke in diesem Fall wegen der Anmeldestrategie, die Herr A. in dem oben in Rn. 76 genannten früheren Fall (Sache R 512/2011‑4) verfolgt hatte, bereits eingetragen war. Dieses Vorbringen vermag daher nicht zu belegen, dass Herr A. seine missbräuchliche Anmeldestrategie hinsichtlich der Marke VORTEX nicht verfolgt habe.

79

Die Klägerin trägt zweitens vor, dass die Zahl der von der Beschwerdekammer genannten Fälle gering sei. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer festgestellt hat, dass die in Rede stehende Konstellation außer in den Fällen, an denen Herr A. beteiligt gewesen sei, bei ihr nicht vorgekommen sei, und daher der Umstand, dass die Zahl der von der Beschwerdekammer genannten Fälle gering ist, deren Wertung, dass es sich nicht um einen Zufall handeln könne, nicht in Frage zu stellen vermag. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass die Klägerin in anderen Fällen den Widerspruch möglicherweise auf eine bereits eingetragene Marke gestützt hat, deren Eintragung nicht der von der Beschwerdekammer festgestellten missbräuchlichen Anmeldestrategie zugerechnet werden kann, könnte dieser Umstand die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, dass Herr A. bei den Marken VORTEX, ROCKY und FORERUNNER sowie der streitigen Anmeldung eine solche Strategie verfolgt hat, nicht in Frage stellen.

80

Da sich die Feststellung der Beschwerdekammer, dass die in der vorliegenden Rechtssache aufgetretene Konstellation kein Zufallsergebnis ist, mit ihren Erwägungen zu den Marken VORTEX, ROCKY und FORERUNNER untermauern lässt, greift die Kritik der Klägerin an den zusätzlichen Erwägungen der Beschwerdekammer zu den Marken ANDROMEDA und DORADO JUMP IN THE AIR nicht durch. Denn selbst wenn dieses Vorbringen zutreffend wäre, wäre es nicht geeignet, die Feststellung der Beschwerdekammer in Frage zu stellen, dass die vor ihr aufgetretene Konstellation kein Zufallsergebnis ist.

81

Somit ist das gesamte Vorbringen, das sich gegen die Feststellung der Beschwerdekammer richtet, dass Herr A. eine Strategie praktiziert hat, die darauf abzielte, Anmeldungen Dritter zu widersprechen, zu verwerfen.

Zur streitigen Anmeldung

82

Die Klägerin bestreitet außerdem die Richtigkeit der Feststellung der Beschwerdekammer, dass sich die streitige Anmeldung in die oben genannte missbräuchliche Anmeldestrategie einfüge.

83

In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass sich – wie oben in Rn. 39 ausgeführt – aus den Feststellungen der Beschwerdekammer ergibt, dass Herr A. seit 2005 deutsche und österreichische Anmeldungen der Marke LUCEO im halbjährlichen Rhythmus nach dem Schema „im März in Österreich, im September in Deutschland“ aneinandergereiht hatte. Der Beschwerdekammer zufolge hat Copernicus die streitige Anmeldung als Reaktion auf die Anmeldung der Unionsmarke LUCEA LED durch die Streithelferin eingereicht, und einziger Zweck der Anmeldung durch Copernicus sei gewesen, der Anmeldung der Unionsmarke LUCEA LED zu widersprechen. In diesem Zusammenhang hat die Beschwerdekammer namentlich sowohl den Umstand berücksichtigt, dass sich Herr A. bis zur Anmeldung der Unionsmarke LUCEA LED durch die Streithelferin darauf beschränkt hatte, Anmeldungen der nationalen Marken LUCEO sukzessive aneinanderzureihen, während er nach der Anmeldung der genannten Unionsmarke die streitige Anmeldung eingereicht und den Widerspruch auf die streitige Anmeldung gestützt hat, als auch den Umstand, dass dieses Vorgehen seiner missbräuchlichen Anmeldestrategie entsprach.

84

Die Klägerin hält diese Erwägungen für falsch. Die streitige Anmeldung habe nicht bezweckt, die von der Streithelferin eingereichte Anmeldung der Unionsmarke LUCEA LED „abzufangen“.

85

An erster Stelle macht die Klägerin geltend, die streitige Anmeldung sei lediglich Ausdruck des von Herrn A. verfolgten legitimen Geschäftsmodells, das darin bestehe, ein Portfolio von Unionsmarken zu schaffen, um diese an Dritte zu verkaufen. Herr A. habe die streitige Marke durch nationale Anmeldungen weiterentwickelt, indem er das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen, für die die Anmeldung erfolgt sei, verändert habe, bevor er sie in erweiterter und modernisierter Form in sein Portfolio aufgenommen habe.

86

Das EUIPO und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen.

87

Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer in den Rn. 36 und 43 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, dass Herr A. selbst angegeben habe, die streitige Marke selbst nicht nutzen zu wollen, und keine Namen von Kunden habe nennen können, die Interesse an dieser Marke gezeigt hätten. Herr A. trägt nichts vor, was diese Erwägung entkräften könnte.

88

Zweitens trägt die Klägerin nichts vor, was belegen könnte, dass die Aneinanderreihung der Anmeldungen der nationalen Marken LUCEO im Hinblick auf die Verfolgung eines legitimen Geschäftsmodells gerechtfertigt war. Vielmehr konnte – wie oben in den Rn. 46 bis 52 ausgeführt – das Vorgehen von Herrn A. nicht nur nicht als Entwicklung der streitigen Anmeldung gewertet werden, sondern es bezweckte außerdem, das Zeichen LUCEO unter Umgehung des Sechsmonatszeitraums nach Art. 29 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 und der fünfjährigen Benutzungsschonfrist nach Art. 51 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung zu monopolisieren.

89

Folglich ist dieses Vorbringen zurückzuweisen.

90

An zweiter Stelle macht die Klägerin geltend, dass Copernicus zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die streitige Marke bzw. die österreichische Marke LUCEO angemeldet habe, keine Kenntnis von der Anmeldung der Marke LUCEA LED gehabt habe und dass daher zwischen den beiden Anmeldungen kein Zusammenhang bestanden habe.

91

Das EUIPO und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen.

92

Insoweit ist zunächst festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin zur fehlenden Kenntnis von Copernicus das subjektive Tatbestandsmerkmal der Absicht des Anmelders zum Zeitpunkt der Anmeldung betrifft. Nach der oben in Rn. 31 angeführten Rechtsprechung muss die Bösgläubigkeit des Anmelders indessen normalerweise anhand objektiver Kriterien festgestellt werden.

93

Außerdem hat die Beschwerdekammer das Vorliegen objektiver Umstände festgestellt, die stark dafür sprechen, dass die streitige Anmeldung als Reaktion auf die Anmeldung der Unionsmarke LUCEA LED durch die Streithelferin erfolgte.

94

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung und dieser Umstände ist das Vorbringen zu prüfen, mit dem die Klägerin dartun möchte, dass es zwischen der Anmeldung der Unionsmarke LUCEA LED durch die Streithelferin und der streitigen Anmeldung durch Copernicus keinen Zusammenhang gegeben habe.

95

Die Klägerin trägt erstens vor, dass die Streithelferin die Unionsmarke LUCEA LED zum Zeitpunkt der Anmeldung der österreichischen Marke LUCEO noch nicht angemeldet habe und Copernicus daher keine Kenntnis von der Anmeldemarke LUCEA LED gehabt haben könne.

96

Insoweit ist daran zu erinnern, dass – wie oben in den Rn. 38 und 41 bis 81 ausgeführt – im Zuge der missbräuchlichen Anmeldestrategie von Herrn A. deutsche und österreichische Marken angemeldet wurden, um Herrn A. eine Sperrposition zu verschaffen, die dieser nutzte, um eventuellen Anmeldungen identischer oder ähnlicher Zeichen durch Dritte zu widersprechen.

97

Folglich steht der Umstand, dass Copernicus oder Herr A. von der Anmeldung der Unionsmarke LUCEA LED keine Kenntnis hatten, als sie die österreichische Marke LUCEO anmeldeten, nicht der Feststellung entgegen, dass die streitige Anmeldung, für die auf der Grundlage der Anmeldung der österreichischen Marke LUCEO Priorität beansprucht wurde, als Reaktion auf die Anmeldung der Unionsmarke LUCEA LED erfolgt ist.

98

Zweitens kann nicht dem Vorbringen der Klägerin gefolgt werden, wonach die Anmeldegebühr für die am 16. März 2009 erfolgte Anmeldung der österreichischen Marke LUCEO deshalb nicht entrichtet worden sei, weil Herr A. zu diesem Zeitpunkt bereits entschlossen gewesen sei, die streitige Marke anzumelden. Insoweit genügt die Feststellung, dass Herr A. bei neun früheren Anmeldungen von deutschen und österreichischen Marken LUCEO ebenfalls die Anmeldegebühr nicht entrichtet hatte, ohne anschließend mit Ablauf der jeweiligen Überlegungsfrist eine Unionsmarke LUCEO angemeldet zu haben.

99

Drittens macht die Klägerin geltend, die streitige Anmeldung sei nicht als Reaktion auf die Anmeldung durch die Streithelferin vorgenommen worden, sondern deshalb, weil die Überlegungsfrist für die Inanspruchnahme der Priorität für eine Unionsmarke abgelaufen wäre.

100

Auch dieses Vorbringen vermag nicht zu überzeugen.

101

Zum einen hat Herr A. bei den früheren Anmeldungen von deutschen und österreichischen Marken LUCEO die sechsmonatige Überlegungsfrist verstreichen lassen, ohne eine Unionsmarke angemeldet zu haben, und sich darauf beschränkt, eine weitere nationale Marke anzumelden, um seine Sperrposition aufrechtzuerhalten.

102

Zum anderen fügte sich ein Vorgehen, das darin bestand, gegen Ende der Überlegungsfrist zu kontrollieren, ob identische oder ähnliche Marken angemeldet worden waren, vollkommen in die Anmeldestrategie von Herrn A. ein. Denn die Aneinanderreihung von Anmeldungen deutscher und österreichischer Marken bezweckte gerade, Herrn A. eine Sperrposition zu verschaffen, die es ihm ermöglichte, eventuellen Anmeldungen von identischen oder ähnlichen Zeichen durch Dritte zu widersprechen. Um Vorteile aus dieser Sperrposition zu ziehen oder sie aufrechtzuerhalten, genügte es, vor Ablauf der jeweiligen Überlegungsfrist zu kontrollieren, ob Dritte identische oder ähnliche Marken angemeldet hatten.

103

Folglich ist das gesamte Vorbringen der Klägerin, mit dem dargetan werden soll, dass Copernicus zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die streitige Marke angemeldet habe, keine Kenntnis von der Anmeldung der Unionsmarke LUCEA LED gehabt habe, zu verwerfen.

104

An dritter Stelle macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass Copernicus auch auf der Grundlage der am 16. März 2009 erfolgten Anmeldung der österreichischen Marke LUCEO Widerspruch hätte einlegen können, was billiger und sicherer gewesen wäre.

105

Das EUIPO und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen.

106

Auch dieses Vorbringen ist zurückzuweisen.

107

Es ist nämlich nicht geeignet, die Indizien in Zweifel zu ziehen, die dafür sprechen, dass die streitige Anmeldung bezweckte, die Anmeldung der Unionsmarke LUCEA LED „abzufangen“. Die Klägerin weist zwar zu Recht darauf hin, dass ein Widerspruch auch unmittelbar auf die am 16. März 2009 erfolgte Anmeldung der österreichischen Marke LUCEO hätte gestützt werden können, wie es die Klägerin in dem die Marke FORERUNNER betreffenden Fall (Sache R 2000/2010‑4) getan hatte (siehe oben, Rn. 77). Die Anmeldung der streitigen Marke war jedoch geeignet, die Sperrposition von Herrn A. gegenüber der Streithelferin zu stärken, da sie als Unionsmarke die gesamte Europäische Union abdeckte und es Herrn A. somit ermöglichte, der Anmeldung einer nationalen Marke auch vor den nationalen Markenämtern in den Mitgliedstaaten der Union zu widersprechen.

108

Keines der von der Klägerin vorgebrachten Argumente kann daher belegen, dass die Feststellungen der Beschwerdekammer, wonach sich die streitige Anmeldung in eine von Herrn A. verfolgte missbräuchliche Anmeldestrategie einfügte und bezweckte, die von der Streithelferin eingereichte Anmeldung der Unionsmarke LUCEA LED „abzufangen“, unzutreffend sind. Vielmehr zeigt das Verhalten von Copernicus im Zusammenhang mit der streitigen Marke beispielhaft, wie die von Herrn A. angewandte missbräuchliche Anmeldestrategie funktionierte, die aus den oben in den Rn. 42 bis 63 genannten Gründen nicht als mit den Zielen der Verordnung Nr. 207/2009 im Einklang stehend angesehen werden kann.

b) Zur Benutzung der streitigen Marke

109

Ein zweiter Umstand, den die Beschwerdekammer berücksichtigt hat, ist die Art und Weise, in der Herr A. die streitige Marke genutzt hat. In den Rn. 36 und 43 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass Herr A. zum einen angegeben habe, die streitige Marke selbst nicht benutzen zu wollen, und keine Namen von Kunden habe nennen können, die Interesse an dieser Marke gezeigt hätten, und zum anderen von der Streithelferin die Zahlung von 75000 Euro gefordert habe. Sie hat daraus geschlossen, dass diese Forderung die einzige Möglichkeit gewesen sei, die streitige Marke zu verwerten. Nach Ansicht der Beschwerdekammer muss der Betrag der genannten Forderung ins Verhältnis zu den Anmeldegebühren gesetzt werden, die für die streitige Marke insgesamt entrichtet worden seien.

110

Nach Ansicht der Klägerin sind diese Erwägungen der Beschwerdekammer fehlerhaft.

111

An erster Stelle beanstandet die Klägerin die Erwägungen der Beschwerdekammer zur wirtschaftlichen Verwertung der streitigen Marke. Sie bestreitet, dass Herr A. im Rahmen des Widerspruchsverfahrens finanzielle Forderungen erhoben hat. Erst nachdem das Widerspruchsverfahren zu seinen Gunsten ausgegangen sei, habe er die Streithelferin abgemahnt, um seine Rechte zu wahren und nicht untätig zu erscheinen. Erst nachdem die Streithelferin angeboten habe, die streitige Marke für 15000 Euro zu kaufen, habe Herr A. einen Betrag von 75000 Euro verlangt. Er habe weder still und heimlich zugewartet, bis die Streithelferin die Benutzung der Marke LUCEA LED für ihre Waren aufgenommen habe, noch abgewartet, dass diese die betreffende Marke längere Zeit für ihre Waren benutzt habe, um auf Schadensersatz zu klagen. Daher sei die Behauptung, die Eintragung der streitigen Marke habe allein dem Zweck gedient, Zahlungen von der Gegenseite zu erpressen, unzutreffend. Im Übrigen handele es sich bei den anderen von der Beschwerdekammer erwähnten Fällen, die Marken beträfen, die Herrn A. zugerechnet werden könnten, um Verwaltungsverfahren, die allein zur Wahrung des Schutzbereichs der Markenrechte, deren Inhaber Herr A. oder dessen Gesellschaften seien, eingeleitet worden seien. Es handele sich weder um Zivilverfahren noch seien irgendwelche Zahlungen von den anderen Parteien gefordert worden.

112

Das HABM und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen.

113

Insoweit ist festzustellen, dass die Klägerin nichts vorträgt, um einen Beurteilungsfehler aufzuzeigen, der sich auf die Feststellung der Beschwerdekammer auswirkt, dass Herr A. nicht die Absicht gehabt habe, die streitige Marke selbst zu benutzen, und nicht ersichtlich gewesen sei, dass irgendein Dritter Interesse an der streitigen Marke gezeigt hätte. Die Klägerin führt insbesondere keinen Anhaltspunkt an, der dafür spräche, dass die aufeinanderfolgenden Anmeldungen der nationalen Marken LUCEO in den Jahren vor der Anmeldung der Unionsmarke LUCEA LED das Interesse Dritter geweckt hätten. Es ist daher festzustellen, dass die Klägerin nicht befriedigend darlegen kann, dass Herr A. die streitige Marke auf eine andere Weise nutzen wollte, als um gegen Anmeldungen identischer oder ähnlicher Zeichen, wie des von der Streithelferin angemeldeten, Widerspruch einzulegen.

114

Im Übrigen vermag auch weder das Vorbringen, dass Herr A. erst, nachdem er im Widerspruchsverfahren obsiegt habe, die Zahlung eines Geldbetrags von der Streithelferin verlangt habe, noch das Vorbringen, dass er nicht länger zugewartet habe, um Ansprüche zu erheben, die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer zur wirtschaftlichen Verwertung der streitigen Marke in Frage zu stellen. Insoweit ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass Herr A. vor der Widerspruchsabteilung obsiegt hatte, seine Verhandlungsposition im Hinblick auf eine finanzielle Einigung mit der Streithelferin stärkte.

115

Was zudem das Vorbringen zu den anderen Marken betrifft, ist festzustellen, dass die Klägerin nicht erläutert hat, wie Herr A. diese Marken auf eine andere Weise nutzen wollte, als um gegen Anmeldungen identischer oder ähnlicher Zeichen, wie des von der Streithelferin angemeldeten, Widerspruch einzulegen und aus dieser Sperrposition wirtschaftliche Vorteile zu ziehen. Denn die Klägerin trägt nichts vor, was die Annahme erlaubte, dass Herr A. die Absicht gehabt hätte, diese selbst zu benutzen, oder dass Dritte Interesse an ihnen gezeigt hätten. Diese Schlussfolgerung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass es sich bei den von der Beschwerdekammer herangezogenen Fällen um Widerspruchsverfahren handelt. Die Art und Weise, wie Herr A. bei der streitigen Anmeldung vorgegangen ist, zeigt nämlich, dass er für den Fall seines Obsiegens im Widerspruchsverfahren gewillt war, Abmahnverfahren wegen der Benutzung identischer oder ähnlicher Zeichen anzustrengen und Verhandlungen aufzunehmen.

116

Folglich sind sämtliche Rügen gegen die Erwägungen der Beschwerdekammer zur wirtschaftlichen Verwertung der streitigen Marke zurückzuweisen.

117

An zweiter Stelle macht die Klägerin geltend, dass die nationalen Markenanmeldungen – entgegen den Feststellungen der Beschwerdekammer – nicht kostenlos gewesen seien. In Österreich seien mit der Einreichung der Markenanmeldung unabhängig davon, ob die Marke später eingetragen worden sei oder nicht, Schriftengebühren angefallen. Insgesamt habe Herr A. bei den verschiedenen Markenämtern für Markeneintragungen, aber auch für Marken, bei denen das Verfahren nicht bis zur Eintragung weiterverfolgt worden sei, Gebühren in sechsstelliger Höhe entrichtet.

118

Das HABM und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen.

119

Insoweit ist erstens festzustellen, dass die Klägerin keinen konkreten Nachweis für die Beträge beibringt, die sie für die deutschen Markenanmeldungen entrichtet hat.

120

Was zweitens die für die österreichischen Markenanmeldungen entrichteten Gebühren betrifft, ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer in Rn. 40 der angefochtenen Entscheidung anerkannt hat, dass in Österreich mit der Einreichung eines amtlichen Formulars eine Schriftengebühr fällig wird. Folglich lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin aus der angefochtenen Entscheidung nicht ableiten, dass die Beschwerdekammer davon ausgegangen wäre, dass für die österreichischen Markenanmeldungen keine derartigen Gebühren entrichtet worden seien.

121

Diese Schlussfolgerung wird nicht durch den Umstand in Frage gestellt, dass die Beschwerdekammer in Rn. 21 der angefochtenen Entscheidung den „kostenlosen“ Charakter der von Herrn A. verfolgten Anmeldestrategie betont hat. Diese Erwägung der Beschwerdekammer muss nämlich in Verbindung mit ihrer Feststellung in Rn. 40 der angefochtenen Entscheidung gelesen werden, in der sie anerkannt hat, dass bei österreichischen Markenanmeldungen Schriftengebühren fällig werden. Mit dem Hinweis auf den „kostenlosen“ Charakter der von Herrn A. verfolgten Anmeldestrategie wollte die Beschwerdekammer somit lediglich darlegen, dass es die von ihm verfolgte missbräuchliche Anmeldestrategie ermöglichte, die Zahlung von Anmeldegebühren für die deutschen und österreichischen Markenanmeldungen zu vermeiden, da es nach der in diesen beiden Mitgliedstaaten geltenden Regelung nicht erforderlich war, diese Gebühren bei der Anmeldung zu entrichten.

122

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Klägerin selbst einräumt, dass es ihr durch die Nichtzahlung der Anmeldegebühren für die deutschen und österreichischen Markenanmeldungen möglich war, die Kosten für ihre Anmeldestrategie zu reduzieren. Dies bestätigt jedoch gerade die von der Beschwerdekammer gezogenen Schlussfolgerungen. Denn da gemäß dieser Strategie Herr A. und die mit ihm verbundenen Gesellschaften eine Unionsmarke nur anmeldeten, wenn ein Dritter eine identische oder ähnliche Unionsmarke anmeldete, und sich, wenn dies nicht der Fall war, darauf beschränkten, deutsche und österreichische Markenanmeldungen aneinanderzureihen, ohne die Anmeldegebühren zu entrichten, konnten sie die Kosten, die sich aus dieser Anmeldestrategie ergaben, so gering wie möglich halten und gleichzeitig die sechsmonatige Überlegungsfrist nach Art. 29 der Verordnung Nr. 207/2009 und die Benutzungsschonfrist nach Art. 51 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung umgehen. So hat Herr A., was die streitige Marke betrifft, keine Anmeldegebühr für die zehn Anmeldungen deutscher und österreichischer Marken entrichtet, und erst, nachdem die Streithelferin die Unionsmarke LUCEA LED angemeldet hatte, wurde im Rahmen der streitigen Anmeldung eine Anmeldegebühr entrichtet.

123

Drittens ist das Vorbringen der Klägerin zum Gesamtbetrag der von Herrn A. entrichteten Gebühren nicht geeignet, einen Beurteilungsfehler aufzuzeigen, der sich auf die Erwägungen der Beschwerdekammer zur wirtschaftlichen Verwertung der streitigen Marke auswirkt.

124

Zum einen hat die Klägerin, auch nachdem sie vom Gericht aufgefordert worden war, Beweise dafür vorzulegen, dass Herr A. „insgesamt eine hohe sechsstellige Summe“ gezahlt habe, lediglich eine Kopie der Bestimmungen des Gebührengesetzes von 1957 in der Fassung vom 11. November 2011 (BGBl. 267/1957) vorgelegt und insoweit vorgetragen, dass die konkrete Höhe der gezahlten Schriftengebühren nicht mehr exakt nachvollzogen werden könne, da die Buchhaltungsunterlagen der betroffenen Firmen nicht mehr auffindbar seien.

125

Zum anderen wäre jedenfalls, selbst wenn für sämtliche Eintragungen oder Anmeldungen, die durch Herrn A. oder die mit ihm verbundenen Gesellschaften veranlasst wurden, ein hoher sechsstelliger Gesamtbetrag an die verschiedenen Markenämter entrichtet worden wäre, dieser Umstand nicht geeignet, einen Beurteilungsfehler darzutun, der sich auf die Erwägungen der Beschwerdekammer zum Vorliegen einer Anmeldestrategie auswirkt, mit der Anmeldungen identischer oder ähnlicher Marken durch Dritte blockiert werden sollten. Der wirtschaftliche Erfolg einer solchen Anmeldestrategie hängt nämlich erstens von der Möglichkeit ab, die Kosten, die durch die Schaffung einer Sperrposition entstehen, bevor es zu einer Kollision mit einer Anmeldung durch einen Dritten kommt, so gering wie möglich zu halten, und zweitens davon, dass Einkünfte erzielt werden, die die im Rahmen einer solchen Kollision entstehenden Kosten übersteigen. Die von Herrn A. verfolgte Anmeldestrategie zielte darauf ab, die Kosten für die vorbereitenden Anmeldungen, für die keine Anmeldegebühren entrichtet wurden, zu begrenzen, und allein für die streitige Marke hat Herr A. die Zahlung von 75000 Euro und somit einen fünfstelligen Gesamtbetrag von der Streithelferin gefordert.

126

Keines der von der Klägerin vorgebrachten Argumente ist daher geeignet, die Unrichtigkeit der von der Beschwerdekammer getroffenen Feststellung aufzuzeigen, dass die einzige Möglichkeit, die Marke zu verwerten, darin bestand, sie zu nutzen, um Anmeldungen identischer oder ähnlicher Marken durch Dritte zu widersprechen, und aus diesem Widerspruch wirtschaftliche Vorteile zu ziehen.

c) Zur fehlenden Transparenz

127

Der dritte Umstand, den die Beschwerdekammer berücksichtigt hat, ist die fehlende Transparenz der Anmeldestrategie von Herrn A. So hat sie in Rn. 21 der angefochtenen Entscheidung auf den intransparenten Charakter der Herrn A. zurechenbaren Markenanmeldungen hingewiesen und angenommen, dass dessen Strategie einen „für Dritte undurchdringlichen Schutzrechtsschleier“ geschaffen habe. In Rn. 51 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass die streitige Anmeldung unter Umständen vorgenommen worden sei, die für Dritte intransparent gewesen seien und der Grundstruktur des Markenrechts widersprochen hätten, die darin bestehe, durch öffentlich einsehbare Schutzrechte Rechtssicherheit für Dritte zu schaffen.

128

Nach Ansicht der Klägerin sind diese Erwägungen der Beschwerdekammer fehlerhaft.

129

An erster Stelle wirft die Klägerin der Beschwerdekammer vor, das Bestehen einer „Prioritätsfalle“ angenommen zu haben, weil sie davon ausgegangen sei, dass die nationalen Markenanmeldungen verschleiert worden und für Dritte unauffindbar gewesen seien. Mit der Verwendung des Ausdrucks „Prioritätsfalle“ habe die Beschwerdekammer gegen den Grundsatz verstoßen, dass es für die Bestimmung der Priorität bzw. des Zeitrangs nicht auf den Zeitpunkt der möglichen späteren Eintragung, sondern auf den der Anmeldung ankomme. Im Übrigen habe es überhaupt keine „Prioritätsfalle“ gegeben. Erstens seien die angemeldeten nationalen Marken in öffentlichen und frei zugänglichen Online-Datenbanken verzeichnet gewesen. Folglich seien sie kostenfrei und mit geringstem Aufwand auffindbar gewesen. Herr A. habe sich bewusst dafür entschieden, deutsche und österreichische Marken anzumelden, um ihre Publizität zu gewährleisten und für potenzielle Interessenten die verfügbaren Marken sichtbar zu machen. Die Streithelferin habe daher von der am 16. März 2009 erfolgten Anmeldung der österreichischen Marke LUCEO gewusst oder hätte zumindest davon wissen müssen. Soweit die Beschwerdekammer mangelnde Transparenz rüge, weil die Klägerin während eines Jahrzehnts unter verschiedenen Firmen aufgetreten sei und einige Marken während dieses Zeitraums von verschiedenen Gesellschaften gehalten worden seien, sei diese Feststellung unerheblich und zudem falsch.

130

Das HABM und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen.

131

Soweit die Klägerin erstens mit diesem Vorbringen der Beschwerdekammer vorwirft, davon ausgegangen zu sein, dass Dritte wie die Streithelferin nicht in der Lage gewesen seien, die Anmeldungen der deutschen oder österreichischen Marken LUCEO zu finden, genügt der Hinweis, dass die Beschwerdekammer in Rn. 42 der angefochtenen Entscheidung klargestellt hat, dass die Feststellung der Bösgläubigkeit von Copernicus nicht davon abhängt, ob eine „nicht erkennbare Prioritätsfalle“ vorlag oder nicht. Folglich gründet sich die angefochtene Entscheidung – entgegen dem Vorbringen der Klägerin – nicht auf die Erwägung, dass Dritte nicht in der Lage gewesen seien, die Anmeldungen der deutschen oder österreichischen Marken LUCEO zu finden.

132

Zweitens muss geprüft werden, ob das Vorbringen der Klägerin aufzuzeigen vermag, dass die Erwägung der Beschwerdekammer, die Anmeldestrategie von Herrn A. sei intransparent gewesen, fehlgeht.

133

Insoweit vertritt die Klägerin die Ansicht, die Beschwerdekammer hätte nicht berücksichtigen dürfen, dass Markenanmeldungen und Marken, die Herrn A. zugerechnet werden können, sukzessive auf verschiedene mit diesem verbundene Gesellschaften übertragen worden seien.

134

Hierzu ist festzustellen, dass die Klägerin zwar zu Recht geltend macht, dass die Identifikation des Inhabers der Marke, auf die ein Widerspruch gestützt wird oder gestützt werden kann, keine Auswirkung auf die Frage hat, ob zwischen zwei Marken Verwechslungsgefahr besteht.

135

Entgegen dem Vorbringen der Klägerin bedeutet dies jedoch nicht, dass unter den in den vorstehenden Rn. 38 und 39 beschriebenen Umständen die aufeinanderfolgenden Übertragungen des Markenrechts auf verschiedene Gesellschaften nicht geeignet gewesen wären, die von Herrn A. missbräuchliche Anmeldestrategie für Dritte schlechter erkennbar zu machen. Denn durch die Übertragungen wurde weniger offensichtlich, dass eine einzige Person, nämlich Herr A., eine Vielzahl von Markenanmeldungen mit Hilfe verschiedener Gesellschaften organisierte und die in der vorliegenden Rechtssache aufgetretene Situation kein Zufallsergebnis war, sondern die Folge einer missbräuchlichen Anmeldestrategie, die auf einer Aneinanderreihung von deutschen und österreichischen Markenanmeldungen beruhte.

136

Diese Erwägung wird nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt, die Markenanmelder und das EUIPO hätten herausfinden können, dass alle diese Widerspruchsverfahren Herrn A. zurechenbar gewesen seien, da dieser in den Datenbanken der Markenämter stets als Vertreter der Gesellschaften genannt worden sei. Denn selbst wenn dies in allen Fällen möglich gewesen wäre, in denen – einschließlich der wegen Nichtzahlung der Anmeldegebühr verfallenen Anmeldungen – Marken oder Markenanmeldungen Herrn A. zugerechnet werden konnten, würde dies nichts daran ändern, dass infolge der Übertragungen zumindest auf den ersten Blick weniger klar zutage trat, dass die betreffenden Widerspruchsverfahren Ausdruck einer missbräuchlichen Anmeldestrategie waren, die von einer Person verfolgt wurde.

137

In diesem Zusammenhang ist außerdem darauf hinzuweisen, dass die Klägerin, obwohl sie vom Gericht dazu aufgefordert wurde, die Gründe darzulegen, weshalb es zu den aufeinanderfolgenden Übertragungen gekommen war, hierzu nichts Konkretes vorgetragen, sondern lediglich abstrakt behauptet hat, diese seien aus firmeninternen, betriebswirtschaftlich-verwaltungstechnischen Gründen erfolgt.

138

In Anbetracht dessen hat die Beschwerdekammer keinen Beurteilungsfehler begangen, soweit sie die aufeinanderfolgenden Übertragungen von Marken und Markenanmeldungen als einen Faktor berücksichtigt hat, der die Transparenz des Vorgehens von Herrn A. und der mit diesem verbundenen Gesellschaften beeinträchtigte.

139

Was drittens das Vorbringen angeht, dass die Streithelferin die Anmeldungen der nationalen Marken LUCEO hätte finden können, ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer zu Recht darauf hingewiesen hat, dass der Umstand, dass abwechselnd deutsche und österreichische Marken angemeldet wurden und keine Anmeldegebühren für diese entrichtet wurden, die Art und Weise des Vorgehens von Herrn A. für Dritte weniger transparent machte. Denn wenn ein Dritter auf eine deutsche oder österreichische Markenanmeldung stieß, für die keine Anmeldegebühr entrichtet worden war, konnte er zwar damit rechnen, dass diese Gebühr noch entrichtet und die Marke eingetragen werden würde. Er konnte jedoch vernünftigerweise nicht damit rechnen, dass diese Gebühr nicht entrichtet werden und unmittelbar vor Ablauf der sechsmonatigen Überlegungsfrist nach Art. 29 der Verordnung Nr. 207/2009 eine andere Anmeldung einer nationalen Marke LUCEO in einem anderen Mitgliedstaat eingereicht werden würde, da ein solches Verhalten aus den oben in den Rn. 51 und 52 genannten Gründen dem Sinn und Zweck der Verordnung zuwiderläuft.

140

Was viertens das Vorbringen betrifft, die Beschwerdekammer habe gegen den Grundsatz verstoßen, dass es für die Bestimmung der Priorität bzw. des Zeitrangs nicht auf den Zeitpunkt der möglichen späteren Eintragung, sondern auf den der Anmeldung ankomme, genügt die Feststellung, dass die Beschwerdekammer lediglich, wie es Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 vorsieht, geprüft hat, ob Copernicus zum Zeitpunkt der streitigen Anmeldung bösgläubig war. Entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht hat die Beschwerdekammer somit nicht auf den Zeitpunkt der etwaigen anschließenden Eintragung abgestellt.

141

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist im Ergebnis festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin nicht geeignet ist, einen Beurteilungsfehler aufzuzeigen, der den Erwägungen der Beschwerdekammer anhaftete, wonach die aufeinanderfolgenden Übertragungen von Marken und Markenanmeldungen, die abwechselnde Anmeldung deutscher und österreichischer Marken und die Nichtzahlung der entsprechenden Anmeldegebühren die missbräuchliche Anmeldestrategie von Herrn A. für Dritte weniger transparent machten.

142

An zweiter Stelle beanstandet die Klägerin weitere Erwägungen der Beschwerdekammer zur mangelnden Transparenz der Anmeldestrategie von Herrn A., die die Vorlage der für die Inanspruchnahme der Priorität und des Zeitrangs erforderlichen Nachweise und die Zugänglichkeit der Akten über die Anmeldung der deutschen Marken betreffen. In diesem Zusammenhang rügt sie auch einen Verstoß gegen Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009, da ihr die Beschwerdekammer keine Gelegenheit gegeben habe, sich hierzu zu äußern. Diese Argumente werden daher nachstehend in den Rn. 152 bis 156 geprüft.

3. Das Vorbringen gegen die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, dass Copernicus bösgläubig gewesen sei

143

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen muss das Vorbringen der Klägerin geprüft werden, dass die Beschwerdekammer nicht zu der Schlussfolgerung berechtigt gewesen sei, dass in Anbetracht der Umstände, unter denen die streitige Anmeldung erfolgt sei, davon auszugehen sei, dass Copernicus bösgläubig gewesen sei.

144

Insoweit ist erstens daran zu erinnern, dass die Klägerin – wie in den vorstehenden Rn. 37 bis 108 ausgeführt – nichts vorgetragen hat, was geeignet wäre, die Feststellung der Beschwerdekammer in Zweifel zu ziehen, dass sich die Anmeldung von Copernicus in eine missbräuchliche Anmeldestrategie eingefügt habe, die darin bestanden habe, nationale Markenanmeldungen aneinanderzureihen, und Herrn A. eine Sperrposition verschaffen sollte, die dieser genutzt habe, um eventuellen Anmeldungen identischer oder ähnlicher Zeichen durch Dritte unter Inanspruchnahme der Priorität für eine Unionsmarkenanmeldung zu widersprechen. Zweitens ist keines der Argumente der Klägerin geeignet, die Erwägung der Beschwerdekammer in Frage zu stellen, dass ein solches Verhalten mit den Zielen der Verordnung Nr. 207/2009 nicht im Einklang stehe, da damit die sechsmonatige Überlegungsfrist nach Art. 29 dieser Verordnung und die fünfjährige Benutzungsschonfrist nach deren Art. 51 Abs.1 Buchst. a umgangen werden solle. Drittens hat die Klägerin – wie sich aus den vorstehenden Rn. 109 bis 126 ergibt – nichts vorgetragen, was geeignet wäre, die Feststellung der Beschwerdekammer zu entkräften, dass Copernicus beabsichtigt habe, die streitige Marke zu verwerten, indem sie Anmeldungen wie denen der Streithelferin widerspreche und wirtschaftliche Vorteile aus dem Widerspruch ziehe. Viertens vermag ihr Vorbringen – wie in den vorstehenden Rn. 127 bis 141 dargestellt – nicht die Richtigkeit der Feststellung der Beschwerdekammer in Zweifel zu ziehen, dass sich bestimmte Aspekte dahin auswirkten, dass die missbräuchliche Anmeldestrategie von Herrn A. für Dritte weniger offensichtlich wurde, nämlich die aufeinanderfolgenden Übertragungen der Marken und Markenanmeldungen auf verschiedene Gesellschaften, die abwechselnde Anmeldung deutscher und österreichischer Marken und die Nichtzahlung der Anmeldegebühren.

145

Diese Aspekte erlauben für sich allein genommen die Schlussfolgerung, dass Copernicus bei der streitigen Anmeldung bösgläubig war. Denn, wie die Beschwerdekammer in Rn. 21 der angefochtenen Entscheidung zu Recht angenommen hat, liegt Bösgläubigkeit insbesondere dann vor, wenn Markenanmeldungen zweckwidrig getätigt werden und spekulativ oder nur zur Erzielung von Abstandszahlungen eingereicht werden. In Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falls war die Beschwerdekammer zu Recht zu der Schlussfolgerung gelangt, dass mit der von Herrn A. organisierten Aneinanderreihung von Anmeldungen deutscher und österreichischer Marken LUCEO bezweckt wurde, Herrn A. eine Sperrposition zu verschaffen, die dieser nutzte, um die Priorität für eine Unionsmarkenanmeldung zu beanspruchen, wenn ein Dritter eine identische oder ähnliche Unionsmarke anmeldete. So beabsichtigte Copernicus, als sie die streitige Anmeldung einreichte, nicht, von der Hauptfunktion der streitigen Marke Gebrauch zu machen, die darin besteht, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der betreffenden Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie es ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (siehe oben, Rn. 29), sondern Copernicus wollte sie nutzen, um die Eintragung der von der Streithelferin angemeldeten Marke LUCEA LED zu verhindern und wirtschaftliche Vorteile aus ihrer Sperrposition zu ziehen.

146

Das Vorbringen der Klägerin ist nicht geeignet, diese Schlussfolgerung in Frage zu stellen.

147

Die Klägerin macht erstens geltend, dass Copernicus die Streithelferin nicht an der Nutzung einer Marke habe hindern wollen, die sie bereits benutzt habe. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Vorliegen eines dahin gehenden Vorsatzes zwar einer der Gesichtspunkte wäre, die auf das Vorliegen von Bösgläubigkeit im Sinne von Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 hindeuten würden. Das Fehlen eines solchen Vorsatzes steht jedoch – entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung – der Feststellung der Bösgläubigkeit des Anmelders nicht entgegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Februar 2012, BIGAB, T‑33/11, EU:T:2012:77, Rn. 20). Folglich ist dieses Vorbringen zurückzuweisen.

148

Zweitens macht die Klägerin geltend, dass es im vorliegenden Fall keine für Dritte nicht erkennbare Prioritätsfalle gegeben habe. Insoweit genügt der Hinweis, dass – wie oben in den Rn. 131 und 143 bis 145 ausgeführt – die Beschwerdekammer unter den Umständen des vorliegenden Falles auch dann zu der Schlussfolgerung gelangen durfte, dass Copernicus bösgläubig war, wenn es für einen Dritten nicht unmöglich gewesen wäre, die nationalen Markenanmeldungen zu finden.

149

Drittens trägt die Klägerin vor, dass die am 16. März 2009 erfolgte Anmeldung der österreichischen Marke LUCEO bereits eine gefestigte Rechtsposition dargestellt habe und ein berechtigtes Interesse von Copernicus bestanden habe, die streitige Marke anzumelden und, gestützt auf die am 16. März 2009 erfolgte Anmeldung, innerhalb der Prioritätsfrist die Priorität zu beanspruchen.

150

Insoweit ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die Anmeldestrategie, in die sich die streitige Anmeldung eingefügt hat, aus den oben in den Rn. 49 bis 52 genannten Gründen nicht als im Einklang mit Sinn und Zweck der Verordnung Nr. 207/2009 stehend gewertet werden kann.

151

Zum anderen ist, soweit die Klägerin sinngemäß behauptet, im Rahmen der von der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehenen Regeln gehandelt zu haben, festzustellen, dass Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 vorsieht, dass eine Unionsmarke für nichtig erklärt wird, wenn der Anmelder bei ihrer Anmeldung bösgläubig war, und somit die Regeln, auf die sich die Klägerin beruft, nuanciert.

152

Demzufolge durfte die Beschwerdekammer angesichts der oben in Rn. 144 zusammengefassten Umstände zu der Schlussfolgerung gelangen, dass Copernicus bei der streitigen Anmeldung bösgläubig war.

153

Die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer zur Bösgläubigkeit von Copernicus lässt sich daher bereits auf der Grundlage der oben in Rn. 144 wiedergegebenen Umstände bestätigen.

154

Folglich ist das oben in Rn. 142 erwähnte Vorbringen der Klägerin, mit dem andere Erwägungen der Beschwerdekammer zur mangelnden Transparenz der missbräuchlichen Anmeldestrategie von Herrn A. bestritten werden sollen, als unerheblich zurückzuweisen. So soll erstens mit diesem Vorbringen dargetan werden, dass die in den Rn. 23 und 24 der angefochtenen Entscheidung enthaltene Erwägung der Beschwerdekammer unrichtig sei, der zufolge bei der Feststellung der Bösgläubigkeit zu berücksichtigen gewesen sei, dass Copernicus die erforderlichen Nachweise für die Inanspruchnahme der Priorität nicht vorgelegt habe, und bereits der Umstand, dass die Akte zu der streitigen Anmeldung unverändert keine Unterlagen enthalten habe, anhand derer sich hätte überprüfen lassen, ob die Inanspruchnahme der Priorität berechtigt gewesen sei, Bestandteil einer Strategie der Verschleierung und der gewollten Intransparenz gewesen sei. Zweitens soll dieses Vorbringen dartun, dass die in Rn. 47 der angefochtenen Entscheidung enthaltene Erwägung, wonach sich die mangelnde Transparenz in Bezug auf die Inanspruchnahme der Priorität auch aus dem Umstand ergeben habe, dass Akten über die Anmeldungen der deutschen Marken nicht mehr zugänglich gewesen seien, unrichtig sei. In Anbetracht der obigen Ausführungen in den Rn. 143 bis 153 ist jedoch festzustellen, dass selbst dann, wenn dieses Vorbringen der Klägerin aufzeigen würde, dass die Erwägungen der Beschwerdekammer mit Beurteilungsfehlern behaftet waren, die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer zur Bösgläubigkeit von Copernicus bestätigt werden müsste.

155

Folglich ist das Vorbringen der Klägerin, die Beschwerdekammer habe dadurch gegen Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen, dass sie weder Copernicus noch den späteren Inhabern der streitigen Marke ermöglicht habe, sich zur Zugänglichkeit der Akten über die Anmeldungen der deutschen Marken zu äußern, ebenfalls als unerheblich zu verwerfen.

156

Daher ist sowohl das Vorbringen, mit dem die Feststellungen der Beschwerdekammer zu den Umständen, unter denen die streitige Anmeldung erfolgt ist, bestritten werden sollen, als auch das Vorbringen, das sich gegen die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer in Bezug auf die Bösgläubigkeit von Copernicus richtet, zu verwerfen.

4. Zum Vorbringen, dass die Streithelferin oder ihr Rechtsanwalt bösgläubig sei

157

Die Klägerin ist zudem der Auffassung, die Beschwerdekammer hätte die Bösgläubigkeit der Streithelferin und ihres Rechtsanwalts stärker berücksichtigen müssen. Sie macht insoweit im Wesentlichen geltend, dass der Rechtsanwalt der Streithelferin früher Geschäftspartner von Herrn A. gewesen sei und daher dessen Geschäftsmodell gekannt habe. Die Streithelferin habe selbst bösgläubig gehandelt, indem sie die Unionsmarke LUCEA LED angemeldet habe, obschon sie von der am 16. März 2009 erfolgten Anmeldung der österreichischen Marke LUCEO gewusst habe. In Anbetracht der Beziehung zwischen Herrn A. und dem Rechtsanwalt der Klägerin hätte die Beschwerdekammer die Behauptungen der Streithelferin kritisch hinterfragen müssen.

158

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich den Rn. 17 und 18 der angefochtenen Entscheidung, denen zufolge die Beziehung zwischen Herrn A. und dem Rechtsanwalt der Streithelferin deren Beschwerde beim EUIPO nicht unzulässig mache, entnehmen lässt, dass die Beschwerdekammer das Vorbringen der Klägerin zu dieser Beziehung berücksichtigt hat.

159

In Bezug auf das Vorbringen der Klägerin, die Beschwerdekammer habe in der vorliegenden Rechtssache die Bösgläubigkeit der Streithelferin nicht ausreichend berücksichtigt, ist festzustellen, dass die Bösgläubigkeit der Streithelferin, sofern sie nachgewiesen wird, zwar im Rahmen eines Verfahrens zur Nichtigerklärung der Marke, deren Inhaberin sie ist, nämlich der Marke LUCEA LED, berücksichtigt werden müsste. Im vorliegenden Verfahren hingegen, in dem es um die streitige Marke LUCEO geht und in dem die Beschwerdekammer festgestellt hat, dass Copernicus bei der streitigen Anmeldung bösgläubig gewesen sei, wäre eine mögliche Bösgläubigkeit der Streithelferin nicht geeignet, einen Fehler aufzuzeigen, der sich auf die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer auswirkt, dass die Nichtigerklärung der streitigen Marke gerechtfertigt sei. Wie nämlich die Beschwerdekammer in Rn. 22 der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, liegt dem Nichtigkeitsgrund der Bösgläubigkeit ein öffentliches Interesse zugrunde, und er kann daher nicht von der Bösgläubigkeit der Person abhängen, die die Nichtigerklärung der Marke beantragt.

160

Jedenfalls macht die Klägerin keine näheren Ausführungen zum „Insiderwissen“ des Rechtsanwalts der Streithelferin, das diese in unlauterer Weise hätte ausnutzen können. Denn in Anbetracht der Missbräuchlichkeit der Anmeldestrategie von Herrn A. (siehe oben, Rn. 49 bis 52) wäre der Rechtsanwalt der Streithelferin nicht verpflichtet gewesen, davon Abstand zu nehmen, einem Mandanten bei der Anmeldung einer Marke zu helfen, die in Kollision mit einem Zeichen geraten könnte, das Gegenstand dieser Anmeldestrategie war.

161

Was die Rüge betrifft, die Beschwerdekammer hätte die Behauptungen der Streithelferin kritisch hinterfragen müssen, ist darauf hinzuweisen, dass die Prüfung des Vorbringens der Klägerin – vorbehaltlich ihres Vorbringens, das, weil es unerheblich ist, nicht geprüft worden ist (siehe oben, Rn. 154 und 155) – keinen Verstoß der Beschwerdekammer gegen die Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen gemäß Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 oder den Grundsatz der guten Verwaltung erkennen lässt. Im Übrigen ist diese Rüge nach Art. 44 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 zu verwerfen, da die Klägerin nicht angegeben hat, gegen welche Erwägungen der Beschwerdekammer die Rüge gerichtet sein soll.

162

Das Vorbringen der Klägerin, die Beschwerdekammer hätte die Bösgläubigkeit der Streithelferin und ihres Rechtsanwalts stärker berücksichtigen müssen, ist daher ebenfalls zu verwerfen. Somit ist das gesamte Vorbringen zur Begründung des Antrags auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen.

163

Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass über ihre Zulässigkeit entschieden zu werden braucht.

Kosten

164

Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Klage wird abgewiesen.

 

2.

Die Copernicus-Trademarks Ltd trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) und die der Maquet GmbH.

 

Berardis

Czúcz

Popescu

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 7. Juli 2016.

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.

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Referenzen

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