Urteil vom Europäischer Gerichtshof - T-146/09

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

14. Juli 2016 ( *1 )

„Wettbewerb — Kartelle — Europäischer Markt für Marineschläuche — Vereinbarungen über die Festsetzung der Preise, die Aufteilung der Märkte und den Austausch geschäftlich sensibler Informationen — Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung — Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität — Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit — Geldbußen — Erschwerende Umstände — Anführerrolle — Obergrenze von 10 % — Unbeschränkte Nachprüfung“

In der Rechtssache T‑146/09 RENV

Parker Hannifin Manufacturing Srl, vormals Parker ITR Srl, mit Sitz in Corsico (Italien),

Parker-Hannifin Corp. mit Sitz in Mayfield Heights, Ohio (Vereinigte Staaten),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte B. Amory, F. Marchini Camia und É. Barbier de La Serre,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch V. Bottka, S. Noë und R. Sauer als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend eine Klage gemäß Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung der Entscheidung K(2009) 428 endg. der Kommission vom 28. Januar 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39406 – Marineschläuche), soweit sie die Klägerinnen betrifft, und, hilfsweise, Klage gemäß Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung oder erhebliche Herabsetzung der mit dieser Entscheidung gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen (Berichterstatter) sowie der Richter J. Schwarcz und A. M. Collins,

Kanzler: M. Junius, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Februar 2016

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1

Hintergrund der vorliegenden Rechtssache ist der Rechtsstreit über das Marineschläuchekartell, gegen das die Europäische Kommission mit Entscheidung K(2009) 428 endg. vom 28. Januar 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39406 – Marineschläuche) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) Sanktionen verhängt hat.

2

Die angefochtene Entscheidung richtete sich an elf Gesellschaften, darunter die Bridgestone Corporation und die Bridgestone Industrial Limited (im Folgenden zusammen: Bridgestone), The Yokohama Rubber Company Limited (im Folgenden: Yokohama), die Dunlop Oil & Marine Limited (im Folgenden: DOM), die erste Klägerin, die Parker ITR Srl (jetzt Parker Hannifin Manufacturing Srl, im Folgenden: Parker ITR), die zweite Klägerin, die Parker-Hannifin Corp. (im Folgenden: Parker-Hannifin) und die Manuli Rubber Industries SpA (im Folgenden: Manuli).

3

In der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass eine Gruppe von Unternehmen, die im Marineschlauchsektor tätig war, von 1986 bis 2007 ein weltweites Kartell gebildet hatte, und verhängte Geldbußen in Höhe von insgesamt 131000000 Euro gegen diese Unternehmen.

4

Die Gesellschaft ITR Rubber (die spätere Parker ITR) war am 27. Juni 2001 von ihrer Muttergesellschaft ITR SpA innerhalb der Saiag-Gruppe gegründet worden und war seit dem 1. Januar 2002, als ITR ihr ihre Vermögenswerte in diesem Sektor im Hinblick auf deren Weiterverkauf an Parker-Hannifin innerhalb der Parker-Gruppe übertragen hatte, im Marineschlauchsektor tätig. Der Verkauf von ITR Rubber an Parker-Hannifin wurde am 31. Januar 2002 wirksam.

5

In der angefochtenen Entscheidung vertrat die Kommission die Auffassung, dass der Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit im vorliegenden Fall keine Anwendung finde und der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität anzuwenden sei, da Parker ITR die wirtschaftliche Nachfolgerin der Marineschlauchsparte von ITR und der Saiag SpA sei und somit für die von ITR und Saiag vor dem 1. Januar 2002 als dem Zeitpunkt, zu dem ihr die Vermögenswerte aus dem Marineschlauchsektor übertragen worden seien, begangene Zuwiderhandlung haftbar zu machen sei. Parker-Hannifin wurde für das Verhalten von Parker ITR ab dem Zeitpunkt der Übernahme von Parker ITR am 31. Januar 2002 gesamtschuldnerisch haftbar gemacht. Daher stellte die Kommission fest, dass Parker ITR für die Zuwiderhandlung vom 1. April 1986 bis zum 2. Mai 2007 haftbar zu machen sei, und verhängte gegen Parker ITR eine Geldbuße in Höhe von 25610000 Euro, für die Parker-Hannifin in Höhe von 8320000 Euro gesamtschuldnerisch haftbar gemacht wurde.

6

Am 9. April 2009 erhoben Parker ITR und Parker-Hannifin vor dem Gericht Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, soweit diese sie betreffe, hilfsweise auf Herabsetzung der verhängten Geldbuße.

7

In seinem Urteil vom 17. Mai 2013, Parker ITR und Parker-Hannifin/Kommission (T‑146/09, im Folgenden: Urteil des Gerichts, EU:T:2013:258), stellte das Gericht fest, dass der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität in Situationen wie der vorliegenden nicht anwendbar sei und dass der Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit angewandt werden müsse. Daher war das Gericht der Auffassung, dass der von ihm zu entscheidende Fall die von einem am Kartell beteiligten Unternehmen, d. h. Saiag und ihrer Tochtergesellschaft ITR, vorgenommene Übertragung eines Teils der Geschäftstätigkeit von ITR an einen unabhängigen Dritten, d. h. Parker-Hannifin, betreffe, da die Gründung von ITR Rubber und die Übertragung der Vermögenswerte von ITR auf ITR Rubber im Wesentlichen aus einer Umwandlung des Geschäftsbereichs Kautschukschläuche in eine Tochtergesellschaft mit dem Ziel der Übernahme durch Parker-Hannifin bestanden habe (Rn. 115 des Urteils des Gerichts). Zwischen dem übertragenden Unternehmen, d. h. Saiag oder ITR, und dem Unternehmen, auf das übertragen worden sei, d. h. Parker-Hannifin, bestehe keine Verbindung (Rn. 116 des Urteils des Gerichts). In Anwendung des Grundsatzes der persönlichen Verantwortlichkeit habe die Kommission feststellen müssen, dass ITR und Saiag für die Zuwiderhandlung bis zum 1. Januar 2002 verantwortlich seien, so dass sie die Verantwortlichkeit von ITR Rubber (jetzt Parker ITR) für die Zeit vor dem 1. Januar 2002 nicht habe bejahen können (Rn. 118 und 119 des Urteils des Gerichts). Aus diesem Grund erklärte das Gericht die angefochtene Entscheidung insoweit für nichtig, als darin die Beteiligung von Parker ITR an der Zuwiderhandlung vor dem 1. Januar 2002 festgestellt wurde, und setzte den Betrag der gegen Parker ITR verhängten Geldbuße auf 6400000 Euro fest, wofür Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch bis zu einem Betrag von 6300000 Euro haftete.

8

Die Kommission legte mit Rechtsmittelschrift, die am 1. August 2013 bei der Kanzlei des Gerichtshofs einging, ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts ein.

9

Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 18. Dezember 2014, Kommission/Parker Hannifin Manufacturing und Parker-Hannifin (C‑434/13 P, im Folgenden: Rechtsmittelurteil, EU:C:2014:2456), im Wesentlichen festgestellt, dass das Gericht zu Unrecht zwei unterschiedliche Vorgänge einer gemeinsamen Beurteilung unterzogen hat, da es nur die Übernahme von ITR Rubber durch Parker-Hannifin berücksichtigt hat, obwohl zuvor eine konzerninterne Übertragung der Vermögenswerte von ITR an ITR Rubber stattgefunden hatte, die für die Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität relevant war (Rn. 46, 49 und 54 des Rechtsmittelurteils). Nach Auffassung des Gerichtshofs ist dieser Grundsatz aufgrund der strukturellen Verbindungen zwischen ITR und ihrer 100%igen Tochtergesellschaft zum Zeitpunkt der Übertragung der Vermögenswerte auf ITR Rubber anwendbar (Rn. 55 des Rechtsmittelurteils). Der Gerichtshof hat jedoch festgestellt, dass eine wirtschaftliche Kontinuität verneint werden könnte, wenn keine tatsächlichen Verbindungen in Form der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses von ITR auf ITR Rubber bestanden, was im ersten Rechtszug nicht geprüft worden war (Rn. 56 und 65 des Rechtsmittelurteils). Deshalb hat der Gerichtshof die Nrn. 1 bis 3 des Tenors des Urteils des Gerichts aufgehoben und die Sache zur Entscheidung über die Begründetheit der Klage an das Gericht zurückverwiesen.

10

Eine ausführliche Darstellung des Sachverhalts, insbesondere des Marineschlauchsektors, sowie ein chronologischer Überblick zu den Klägerinnen und eine Zusammenfassung des Verwaltungsverfahrens und der angefochtenen Entscheidung finden sich in den Rn. 1 bis 34 des Urteils des Gerichts und in den Rn. 6 bis 17 des Rechtsmittelurteils.

Verfahren und Anträge der Parteien

11

Auf das Rechtsmittelurteil hin ist die vorliegende Rechtssache gemäß Art. 118 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 der Sechsten Kammer des Gerichts zugewiesen worden.

12

Da ein Mitglied der Sechsten Kammer an der weiteren Mitwirkung am Verfahren gehindert war, hat der Präsident des Gerichts einen anderen Richter bestimmt, durch den die Kammer ergänzt worden ist.

13

Auf Vorschlag des Berichterstatters hat das Gericht (Sechste Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen der in Art. 89 seiner Verfahrensordnung vorgesehenen prozessleitenden Maßnahmen die Kommission zur Vorlage bestimmter Unterlagen aufgefordert. Die Kommission ist dieser Aufforderung fristgerecht nachgekommen.

14

Die Parteien haben in der Sitzung vom 24. Februar 2016 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

15

Die Klägerinnen beantragen,

die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit Parker ITR für die Zuwiderhandlung vom 1. April 1986 bis zum 31. Januar 2002 eine Haftung auferlegt wird;

die gegen sie festgesetzte Geldbuße erheblich herabzusetzen;

der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

16

Die Kommission beantragt,

die Nichtigkeitsklage in vollem Umfang abzuweisen;

den Klägerinnen die Kosten der Verfahren T‑146/09, C‑434/13 P und T‑146/09 RENV aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

Zur Tragweite der Klage nach Zurückverweisung

Vorbringen der Parteien

17

Die Klägerinnen sind der Auffassung, das Gericht müsse, wenn es nach Zurückverweisung entscheide, sich zu allen von ihnen geltend gemachten Nichtigkeitsgründen äußern, soweit sie sich in einem der Bestandteile des vom Gerichtshof aufgehobenen Urteilstenors niederschlügen, einschließlich der Nichtigkeitsgründe, die im ersten Rechtszug als ins Leere gehend zurückgewiesen worden seien oder denen nur deshalb gefolgt worden sei, weil sich dies schlicht daraus ergebe, dass einem nach Zurückverweisung erneut zu prüfenden Nichtigkeitsgrund gefolgt worden sei.

18

Im Übrigen erklären die Klägerinnen in ihrer Stellungnahme die Rücknahme ihrer Klagegründe 2, 3, 4, 7 und 9.

19

Die Kommission vertritt die Auffassung, das Gericht könne im Rahmen der vorliegenden Klage nach Zurückverweisung nicht erstmals Vorbringen würdigen, das im Rahmen der ursprünglichen Klage nicht geltend gemacht worden sei oder das, nachdem das Gericht es als unbegründet zurückgewiesen habe, nicht Gegenstand eines Rechtsmittels gewesen sei, was u. a. bei dem Vorbringen zur Obergrenze von 10 % des Umsatzes im Rahmen des achten Klagegrundes der Fall sei. Darüber hinaus sei eine neuerliche Prüfung im Rahmen der Klage nach Zurückverweisung ausgeschlossen, soweit sie Umstände betreffe, über die der Gerichtshof im Rechtsmittelurteil endgültig entschieden habe.

Würdigung durch das Gericht

20

Wie oben in Rn. 18 dargelegt, haben die Klägerinnen die Klagegründe 2, 3, 4, 7 und 9 zurückgenommen.

21

Nach Art. 61 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der gemäß Art. 53 Abs. 1 der Satzung auf das Gericht anwendbar ist, ist das Gericht, wenn das Rechtsmittel begründet ist und die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverwiesen wird, an die rechtliche Beurteilung in der Entscheidung des Gerichtshofs gebunden.

22

Nach Aufhebung durch den Gerichtshof und Zurückverweisung der Sache an das Gericht wird diese nach Art. 215 der Verfahrensordnung durch das zurückverweisende Urteil beim Gericht anhängig, das erneut über alle vom Kläger geltend gemachten Klagegründe zu entscheiden hat, mit Ausnahme der vom Gerichtshof nicht aufgehobenen Teile des Tenors und der diesen Teilen notwendigerweise zugrunde liegenden Ausführungen, da diese rechtskräftig geworden sind (Urteil vom 14. September 2011, Marcuccio/Kommission, T‑236/02, EU:T:2011:465, Rn. 83).

23

Vorliegend hat der Gerichtshof in seinem Rechtsmittelurteil die Nrn. 1 bis 3 des Tenors des Urteils des Gerichts aufgehoben, die Sache zur Entscheidung über die Begründetheit der Klage an das Gericht zurückverwiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten. Folglich hat das Gericht, das an die rechtliche Beurteilung im Rechtsmittelurteil gebunden ist, nach der Zurückverweisung der Sache durch den Gerichtshof über alle Klagegründe zu entscheiden, die die Klägerinnen zur Stützung ihrer Klage geltend gemacht haben, soweit sie die Grundlage der vom Gerichtshof aufgehobenen Nrn. 1 bis 3 des Tenors des Urteils des Gerichts bilden.

24

Dem Urteil des Gerichts zufolge stützen sich die Nrn. 1 bis 3 des Urteilstenors darauf, dass dem ersten Teil des ersten Klagegrundes sowie dem fünften und dem sechsten Klagegrund stattgegeben wurde und im Rahmen der Prüfung dieser Klagegründe Rechtsverstöße festgestellt wurden.

25

Was den achten Klagegrund betrifft, hat der Gerichtshof im Rechtsmittelurteil das gegen die Beurteilung des achten Klagegrundes durch das Gericht gerichtete Vorbringen der Klägerinnen mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen, dass die Klägerinnen kein Anschlussrechtsmittel mit gesondertem, von der Rechtsmittelbeantwortung getrenntem Schriftsatz eingelegt hatten.

26

In den Rn. 94 bis 97 des Rechtsmittelurteils hat der Gerichtshof nämlich festgestellt:

„94

In Rn. 228 des angefochtenen Urteils hat das Gericht … den achten Klagegrund als unbegründet erachtet, soweit er sich auf die Zeit der Zuwiderhandlung nach dem 1. Januar 2002 bezog, was den Zeitraum vom 1. bis zum 31. Januar 2002 einschließt, in dem ITR Rubber noch nicht zur Parker-Hannifin-Gruppe gehörte.

95

Die vom Gericht vorgenommene Würdigung spiegelt sich in der Berechnungsmethode wider, die es für die Neuberechnung der gegen Parker ITR verhängten Geldbuße herangezogen hat, sowie in Nr. 3 des Tenors des angefochtenen Urteils, in der es nicht zwischen der Zeit vom 1. bis zum 31. Januar 2002 und dem darauffolgenden Zeitraum unterschieden hat.

96

Demnach hat das Gericht im Rahmen des achten Klagegrundes sehr wohl die von Parker ITR und Parker-Hannifin aufgeworfene Frage geprüft und entschieden, indem es ihr Vorbringen zurückgewiesen hat.

97

Unter diesen Umständen ist das Vorbringen der Rechtsmittelgegnerinnen zur Anwendung von Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 als unzulässig zurückzuweisen, da sie gegen die vom Gericht vorgenommene Würdigung ihres achten Klagegrundes entgegen dem Erfordernis in Art. 176 Abs. 2 der Verfahrensordnung kein Anschlussrechtsmittel mit gesondertem, von der Rechtsmittelbeantwortung getrenntem Schriftsatz eingelegt haben.“

27

Im Licht der Würdigungen des Gerichtshofs, insbesondere in Rn. 97 des Rechtsmittelurteils, ist, da der achte Klagegrund im Urteil des Gerichts für die Zeit nach dem 1. Januar 2002 zurückgewiesen wurde, dieser Teil des Urteils, gegen den kein Anschlussrechtsmittel eingelegt und der folglich vom Gerichtshof nicht aufgehoben wurde, als rechtskräftig anzusehen.

28

In Rn. 228 des Urteils des Gerichts hat das Gericht jedoch, da es dem ersten Klagegrund gefolgt war, den achten Klagegrund als ins Leere gehend zurückgewiesen, soweit er sich auf die Zeit vor dem 1. Januar 2002 beziehe, und es hat die anderen Rügen, mit denen ein Verstoß gegen die Grundsätze der persönlichen Verantwortlichkeit und der Verhältnismäßigkeit und ein Begründungsmangel geltend gemacht wurden, nicht geprüft, soweit sie sich auf den genannten Zeitraum bezogen.

29

Zudem ist festzustellen, dass der Würdigung des achten Klagegrundes, was die Zeit der Zuwiderhandlung vor dem 1. Januar 2002 betrifft, im Urteil des Gerichts der Umstand zugrunde lag, dass dem ersten Klagegrund gefolgt worden war und dass dies, wie insbesondere aus den Rn. 253 und 255 des Urteils des Gerichts hervorgeht, die notwendige Grundlage für die Nrn. 1 bis 3 seines Tenors bildet, die vom Gerichtshof aufgehoben worden sind.

30

Somit kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Gericht den achten Klagegrund, soweit er sich auf die Zeit vor dem 1. Januar 2002 bezieht, inhaltlich geprüft hat.

31

Folglich ist der achte Klagegrund zu prüfen, soweit er sich auf die Zeit vor dem 1. Januar 2002 bezieht.

32

Angesichts dieser Erwägungen hat das Gericht über die Begründetheit der Klage nach Zurückverweisung zu entscheiden, indem es die Klagegründe 1, 5, 6 und – unter den oben in Rn. 31 dargelegten Voraussetzungen – 8 prüft.

Zum ersten Klagegrund: irrige Zurechnung der Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung für die Zeit vor dem 1. Januar 2002 an Parker ITR

33

Der erste Klagegrund gliedert sich in drei Teile. Mit dem ersten Teil wird ein Verstoß gegen den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit, mit dem zweiten Teil ein Ermessensmissbrauch und eine Umgehung von Art. 25 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) und mit dem dritten Teil ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und die Begründungspflicht geltend gemacht.

34

Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen zum ersten Klagegrund entgegen.

Zur Zulässigkeit des Vorbringens zur Begründung betreffend die Verbindungen zwischen ITR und ITR Rubber

35

Im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes, der sich auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit stützt, rügen die Klägerinnen insbesondere eine unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung im Hinblick auf die Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität auf der Grundlage der Verbindungen zwischen ITR und ITR Rubber, die erstmals in der angefochtenen Entscheidung geltend gemacht worden seien, zumal die Anwendung dieses Grundsatzes eine Abweichung von der früheren Entscheidungspraxis der Kommission darstelle, die auf dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit beruht habe.

36

Die Kommission macht geltend, ein solches Vorbringen der Klägerinnen im Rahmen ihrer Stellungnahme zur Klage nach Zurückverweisung sei ein neuer Klagegrund, der in den ursprünglich geltend gemachten Klagegrund eingefügt worden sei, dessen Inhalt verändere und daher nicht zulässig sei.

37

Der erste Klagegrund, wie er in der Klageschrift formuliert war, enthielt zwar keinen Hinweis auf eine fehlende Begründung speziell in Bezug auf die von der Kommission vorgenommene Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität aufgrund der bestehenden Verbindungen zwischen ITR und ITR Rubber.

38

Es ist jedoch zum einen festzustellen, dass ein Verstoß gegen die Begründungspflicht einen Gesichtspunkt darstellt, der von Amts wegen zu prüfen ist und in jedem Stadium des Verfahrens geprüft werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 48 bis 50).

39

Zum anderen haben die Klägerinnen im Rahmen des dritten Teils des ersten Klagegrundes einen Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt, soweit ITR Rubber die Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung für die Zeit vor dem 1. Januar 2002 unter Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität zugerechnet worden war, da die Kommission von ihrer früheren Praxis, die sich auf den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit gestützt habe, abgewichen sei. Damit kann davon ausgegangen werden, dass das Vorbringen der Klägerinnen in ihrer Stellungnahme nach dem Rechtsmittelurteil, das die fehlende Begründung der Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität auf der Grundlage der Verbindungen zwischen ITR und ITR Rubber betrifft, mit dem Vorbringen im Rahmen des dritten Teils des ersten Klagegrundes betreffend den Verstoß gegen die Begründungspflicht eng zusammenhängt und dieses näher ausführt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. April 2010, Gütermann und Zwicky/Kommission, T‑456/05 und T‑457/05, EU:T:2010:168, Rn. 199).

40

Unter diesen Umständen ist dieses Vorbringen als zulässig anzusehen, da es an den dritten Teil des ersten Klagegrundes, in dessen Rahmen es zu prüfen ist, anknüpft.

Zur Zurechnung der Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung von ITR für die Zeit vor dem 1. Januar 2002 an Parker ITR

41

Im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes machen die Klägerinnen im Wesentlichen geltend, die Kommission habe einen Rechtsfehler begangen, als sie Parker ITR die Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung von ITR in der Zeit vor dem 1. Januar 2002 als dem Zeitpunkt, zu dem Parker ITR ihre Geschäftstätigkeit im Marineschlauchsektor aufgenommen habe, in Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität und unter Verstoß gegen den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit zugerechnet habe.

– Zur Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität

42

In Rn. 46 des Rechtsmittelurteils hat der Gerichtshof festgestellt:

„46

[Es] ist festzustellen, dass das Gericht zwei unterschiedliche Vorgänge einer gemeinsamen Beurteilung unterzogen hat, als es in Rn. 116 des angefochtenen Urteils verneint hat, dass der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität angewandt werden könne, wenn – wie im vorliegenden Fall – zwischen dem übertragenden Unternehmen (… Saiag … oder ihrer Tochtergesellschaft ITR …) und dem Unternehmen, auf das übertragen werde (Parker-Hannifin), keine strukturelle Verbindung bestehe. Das Gericht hat nicht berücksichtigt, dass … ITR … zunächst ihren Geschäftsbereich Marineschläuche auf eine ihrer Tochtergesellschaften übertragen hatte, bevor sie diese Tochtergesellschaft an Parker-Hannifin veräußerte.“

43

In den Rn. 50 bis 53 des Rechtsmittelurteils hat der Gerichtshof zur Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität festgestellt:

„50

… [D]er maßgebliche Zeitpunkt für die im Hinblick auf die Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität vorzunehmende Prüfung, ob die Tätigkeiten konzernintern oder aber zwischen selbständigen Unternehmen übertragen wurden, [ist] der Zeitpunkt der Übertragung selbst …

51

Zu diesem Zeitpunkt müssen zwischen der übertragenden und der übernehmenden Gesellschaft zwar strukturelle Verbindungen bestehen, die nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit die Annahme zulassen, dass die beiden Einrichtungen ein einziges Unternehmen bilden, doch ist es angesichts des mit dem Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität angestrebten Ziels nicht erforderlich, dass diese Verbindungen während des ganzen verbleibenden Zeitraums der Zuwiderhandlung oder bis zum Erlass der Entscheidung, mit der die Zuwiderhandlung geahndet wird, fortbestehen. …

52

Aus den gleichen Gründen ist es auch nicht erforderlich, dass die strukturellen Verbindungen, die die Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität erlauben, über einen bestimmten Mindestzeitraum bestehen, der jedenfalls nur im Einzelfall und rückwirkend bestimmt werden könnte.

53

Was … die Berücksichtigung – im Hinblick auf die Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität – des mit der Übertragung von Tätigkeiten verfolgten Ziels anbelangt, führt der Grundsatz der Rechtssicherheit auch dazu, dass der in Rn. 115 des angefochtenen Urteils angeführte Umstand, dass die übernehmende Einrichtung geschaffen worden sei und die Aktiva erhalten habe, um anschließend an einen unabhängigen Dritten veräußert zu werden, als unerheblich zurückzuweisen ist. Die Berücksichtigung des wirtschaftlichen Beweggrundes für die Schaffung einer Tochtergesellschaft als mehr oder weniger langfristig verfolgtes Ziel einer Übertragung dieser Tochtergesellschaft auf ein drittes Unternehmen würde nämlich in die Umsetzung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität subjektive Faktoren einbringen, die mit einer transparenten und vorhersehbaren Anwendung dieses Grundsatzes unvereinbar sind.“

44

In den Rn. 54 bis 56 des Rechtsmittelurteils hat der Gerichtshof festgestellt, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, als es entschied, dass der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität keine Anwendung finde:

„54

Was … die Feststellung in Rn. 116 des angefochtenen Urteils angeht, wonach die Kommission unter den Umständen des vorliegenden Falles die früheren Betreiber für die vor der Übertragung der Tätigkeiten begangene Zuwiderhandlung hätte haftbar machen müssen, so ist sie Teil einer fehlerhaften Begründung, mit der das Gericht von vornherein das Vorliegen einer wirtschaftlichen Kontinuität verneint hat. Nach ständiger Rechtsprechung hindert, wenn ein solcher Fall vorliegt, der bloße Umstand, dass die Einrichtung, die die Zuwiderhandlung begangen hat, noch besteht, für sich allein nicht daran, der Einrichtung, auf die sie ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten übertragen hat, eine Sanktion aufzuerlegen …

55

Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass das Gericht insofern einen Rechtsfehler begangen hat, als es in den Rn. 115 und 116 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass im vorliegenden Fall eine wirtschaftliche Kontinuität zu verneinen sei, weil zwischen der übertragenden und der übernehmenden Einrichtung – die es als … Saiag … oder … ITR … und Parker-Hannifin identifiziert hatte – keine strukturellen Verbindungen bestünden, ohne die Verbindungen zu berücksichtigen, die zwischen … ITR … und ITR Rubber zum Zeitpunkt der zwischen diesen beiden Einrichtungen erfolgten Übertragung von Tätigkeiten bestanden.

56

Ein solcher Fehler könnte allerdings unbeachtlich sein, wenn eine wirtschaftliche Kontinuität jedenfalls deshalb zu verneinen wäre, weil zwischen … ITR … und ITR Rubber keine tatsächlichen Verbindungen bestanden. Vor diesem Hintergrund ist das Vorbringen der Rechtsmittelgegnerinnen zu prüfen, wonach das Gericht zu Recht eine wirtschaftliche Kontinuität verneint habe, da die Kommission in der streitigen Entscheidung nicht geprüft habe, ob ITR Rubber tatsächlich der Kontrolle durch … ITR … unterstehe.“

45

Erstens ergibt sich aus den vorstehenden Erwägungen, dass für die Prüfung der Zurechnung der Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung von ITR in der Zeit vor dem 1. Januar 2002 die konzerninterne Übertragung von Tätigkeiten im Marineschlauchsektor von ITR auf ITR Rubber zu berücksichtigen ist.

46

Zweitens geht aus dem Rechtsmittelurteil hervor, dass bei der Beurteilung, ob der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität anzuwenden ist, auf den Zeitpunkt der Übertragung der fraglichen Tätigkeiten abzustellen ist.

47

Drittens geht aus den Erwägungen des Gerichtshofs im Rechtsmittelurteil hervor, dass das Ziel der Übertragung der Tätigkeiten im Marineschlauchsektor von der Saiag-Gruppe und ihrer Tochtergesellschaft ITR auf Parker-Hannifin als Gesellschaft der Parker-Gruppe durch Umwandlung dieses Geschäftsbereichs in eine Tochtergesellschaft, d. h. durch Gründung der Gesellschaft ITR Rubber, nicht zu berücksichtigen ist. Nach Auffassung des Gerichtshofs sind nämlich das Ziel und der wirtschaftliche Beweggrund eines solchen Vorgangs nicht relevant.

48

Viertens folgt daraus, dass nach der konzerninternen Übertragung der Tätigkeiten zwischen ITR und ihrer 100%igen Tochtergesellschaft ITR Rubber angesichts der strukturellen Verbindungen zwischen diesen beiden Gesellschaften zum Zeitpunkt der fraglichen Übertragung, d. h. am 1. Januar 2002, die Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität im vorliegenden Fall nicht verneint werden kann.

49

Schließlich geht aus den Erwägungen des Gerichtshofs hervor, dass die Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität trotz der strukturellen Verbindungen zwischen ITR und ITR Rubber im vorliegenden Fall verneint werden könnte, wenn ITR keine tatsächliche Kontrolle in Form der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses über ITR Rubber besaß, wobei eine solche tatsächliche Kontrolle als erwiesen anzusehen ist, wenn Parker ITR und Parker-Hannifin die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses von ITR auf ITR Rubber zum Zeitpunkt der fraglichen Übertragung innerhalb der Saiag-Gruppe am 1. Januar 2002 nicht widerlegen.

– Zur Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses

50

In Rn. 370 der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass zum Zeitpunkt der Übertragung der den Gegenstand der Zuwiderhandlung bildenden Tätigkeiten von ITR auf ITR Rubber diese beiden Gesellschaften auf wirtschaftlicher Ebene durch die Beziehung Muttergesellschaft/100%ige Tochtergesellschaft miteinander verbunden gewesen seien und demselben Konzern angehört hätten. Die Klägerinnen bestreiten das Vorliegen der strukturellen Verbindungen nicht.

51

Hierzu hat der Gerichtshof in Rn. 62 des Rechtsmittelurteils festgestellt, dass es Sache der Klägerinnen ist, die widerlegbare Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses von ITR auf ITR Rubber durch die Vorlage ausreichender Beweise dafür, dass die Tochtergesellschaft auf dem Markt eigenständig auftrat, zu widerlegen.

52

In den Rn. 65 und 66 des Rechtsmittelurteils hat der Gerichtshof nämlich festgestellt, dass das Gericht dadurch einen Rechtsfehler begangen hat, dass es bei der Prüfung, ob die Kommission den Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität im vorliegenden Fall richtig angewandt hatte, nicht die von den Klägerinnen zum Vorliegen oder Fehlen tatsächlicher Verbindungen in Form eines bestimmenden Einflusses von ITR auf ITR Rubber angeführten Gesichtspunkte untersucht hat.

53

Folglich ist im Rahmen der vorliegenden Klage nach Zurückverweisung an das Gericht zu prüfen, ob die Beweise, die die Klägerinnen vorgelegt haben, für den Nachweis ausreichen, dass die Tochtergesellschaft ITR Rubber auf dem Markt eigenständig auftrat.

54

Das Gericht hat die Prüfung für die Zwecke der Zurechnung der Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung der Muttergesellschaft, d. h. ITR, an ihre Tochtergesellschaft ITR Rubber im Licht der Rechtsprechung vorzunehmen, die der Gerichtshof in Rn. 58 seines Rechtsmittelurteils angeführt hat. Nach dieser Rechtsprechung besteht in dem besonderen Fall, in dem eine Muttergesellschaft das gesamte oder nahezu das gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft hält und die Tochtergesellschaft gegen die Wettbewerbsregeln der Europäischen Union verstoßen hat, eine widerlegbare Vermutung, dass die Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausübt. Bei einer solchen Sachlage kann die Kommission schon dann von der Anwendbarkeit dieser Vermutung ausgehen, wenn sie nachweist, dass die Muttergesellschaft das gesamte oder nahezu das gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft hält. Die Vermutung ist indessen widerlegbar, und die Einrichtungen, die die fragliche Vermutung widerlegen wollen, können alle Gesichtspunkte in Bezug auf die wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen zwischen der Tochtergesellschaft und der Muttergesellschaft anführen, die sie als geeignet für den Nachweis ansehen, dass die Tochtergesellschaft und die Muttergesellschaft keine wirtschaftliche Einheit darstellen, sondern die Tochtergesellschaft sich auf dem Markt autonom verhält (vgl. Urteile vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, C‑97/08 P, EU:C:2009:536, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 8. Mai 2013, Eni/Kommission, C‑508/11 P, EU:C:2013:289, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 18. Juli 2013, Schindler Holding u. a./Kommission, C‑501/11 P, EU:C:2013:522, Rn. 105 bis 111).

– Zur Widerlegung der Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses

55

Die Klägerinnen machen geltend, ITR habe keinen bestimmenden Einfluss auf ITR Rubber ausgeübt, und berufen sich dafür auf die folgenden Gesichtspunkte.

56

Erstens habe ITR Rubber seit ihrer Gründung als Gesellschaft am 27. Juni 2001 bis zum 1. Januar 2002 keine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt, so dass ITR während dieses Zeitraums keinen bestimmenden Einfluss habe ausüben und ihrer Tochtergesellschaft auch keine geschäftlichen Anweisungen habe erteilen können.

57

Hierzu genügt der Hinweis, dass, wie insbesondere aus den Rn. 56 ff. des Rechtsmittelurteils hervorgeht und von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt worden ist, für die im Hinblick auf die Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität vorzunehmende Prüfung der Zeitpunkt der Übertragung der Tätigkeiten von ITR auf ITR Rubber maßgeblich ist. Folglich geht das Vorbringen der Klägerinnen, das sich auf den Zeitraum vor dieser Übertragung bezieht, ins Leere.

58

Die Klägerinnen räumen ein, dass ITR Rubber ab dem 1. Januar 2002, als ihr die Tätigkeiten von ITR übertragen wurden, den normalen Geschäftsbetrieb fortgeführt und folglich die ihr übertragenen Tätigkeiten ausgeübt hat.

59

Die Klägerinnen machen zweitens geltend, nach Art. 7.21 des Vertrags über die Übertragung auf Parker-Hannifin hätten weder Saiag noch ITR, noch ITR Rubber zwischen dem 1. Januar 2002 und dem 31. Januar 2002 Maßnahmen im Rahmen der Tätigkeiten im Kautschuksektor, die sich auf die Interessen von Parker-Hannifin als künftiger Erwerberin auswirken könnten, ohne deren vorherige Zustimmung treffen können. Dies habe nicht nur Saiag und ITR an der Beeinflussung von ITR Rubber und erst recht an der Ausübung eines bestimmenden Einflusses gehindert, sondern darüber hinaus Parker-Hannifin das Recht gewährt, ITR Rubber gemeinsam mit ITR zu kontrollieren.

60

Hierzu ist festzustellen, dass nach Art. 7.21 des Übertragungsvertrags die Verkäuferin ITR sich u. a. verpflichtete, ITR Rubber im normalen Geschäftsbetrieb zu führen, und alle Entscheidungen, die über den normalen Geschäftsbetrieb hinausgehen, einer vorherigen Zustimmung des Erwerbers bedurften. Die vorherige Zustimmung des Erwerbers war u. a. für Änderungen bei der Vergütung der Beschäftigten, der Verteilung von Dividenden, Kapitalausgaben über 100000 Euro und dem Verkauf von Vermögenswerten außerhalb des normalen Geschäftsbetriebs erforderlich.

61

Zunächst steht fest, dass der Zeitpunkt der Übertragung der Gesellschaft ITR Rubber auf Parker-Hannifin der 31. Januar 2002 ist. Folglich kann der Umstand, dass der Übertragungsvertrag vom 5. Dezember 2001 festlegte, wie ITR Rubber zwischen diesem Zeitpunkt und dem Zeitpunkt dem tatsächlichen Abschluss des Übertragungsgeschäfts zu führen war, nicht als Übertragung der Kontrolle über diese Gesellschaft vom Veräußerer auf den Erwerber angesehen werden. Wie die Klägerinnen nämlich selbst einräumen, dienten diese Bestimmungen dem Schutz des Interesses des Erwerbers daran, dass die Gesellschaft oder die fraglichen Vermögenswerte, insbesondere ihr Wert, bis zum Zeitpunkt des Abschlusses in einem Zustand bewahrt werden, der den Zustand wiedergibt, der bei der Unterzeichnung des Übertragungsvertrags durch den Erwerber berücksichtigt wurde.

62

Sodann stellen sich die Verpflichtungen des Veräußerers gegenüber dem Erwerber während der sogenannten Übergangszeit vor dem Abschluss der Übertragung zwar für den Erwerber als Rechte dar, insbesondere im Hinblick auf die vorherige Zustimmung für Maßnahmen außerhalb des normalen Geschäftsbetriebs, doch waren sie naturgemäß vorübergehend und vom tatsächlichen Abschluss des Geschäfts abhängig.

63

Nach Art. 7.21 des Übertragungsvertrags schließlich verpflichtete sich ITR, ITR Rubber während der sogenannten Übergangszeit zwischen der Unterzeichnung des Vertrags und dem Abschluss des Geschäfts im normalen Geschäftsbetrieb zu führen. Diese Verpflichtung implizierte jedoch, dass ITR tatsächlich Entscheidungen über die Führung von ITR Rubber treffen konnte. Zwar benötigte ITR für Entscheidungen, die über den normalen Geschäftsbetrieb hinausgingen, die vorherige Zustimmung von Parker-Hannifin. Dennoch war ITR aufgrund des Übertragungsvertrags befugt und verpflichtet, den normalen Geschäftsbetrieb von ITR Rubber zu gewährleisten. Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen ist diese Verpflichtung, die von ITR im Übertragungsvertrag übernommen wurde, in Wirklichkeit ein Indiz dafür, dass die Tochtergesellschaft ITR Rubber auf dem Markt nicht eigenständig auftrat.

64

Auch wenn nämlich nicht davon ausgegangen werden kann, dass ITR Rubber in der „Übergangszeit“ von Parker-Hannifin kontrolliert wurde, kann ITR Rubber doch ebenso wenig als eigenständige Einheit, die völlig unabhängig über ihre Tätigkeiten entscheiden konnte, angesehen werden, da ITR sicherstellte, dass ITR Rubber – insbesondere in ihrer Geschäftspolitik – nicht vom normalen Geschäftsbetrieb abwich. Insoweit konnte ITR Rubber aufgrund der Verpflichtung ihrer Muttergesellschaft z. B. nicht einseitig beschließen, ihre Geschäftspolitik zu ändern oder ihre Tätigkeiten einzustellen, was möglich gewesen wäre, wenn ITR Rubber eine völlig eigenständige Einrichtung gewesen wäre.

65

Im Übrigen war es auch ITR, die am 1. Januar 2002 ITR Rubber die einzigen in deren Besitz befindlichen Vermögenswerte übertragen hatte, während ITR Rubber zuvor, wie die Klägerinnen bestätigen, eine Gesellschaft ohne Vermögenswerte und ohne Geschäftstätigkeit war.

66

Darüber hinaus war die Übertragung von ITR Rubber auf Parker-Hannifin bis zum Abschluss des Geschäfts nicht endgültig. Folglich war, wie die Kommission zu Recht vorgetragen hat, ITR während der Übergangszeit als 100%ige Eigentümerin von ITR Rubber berechtigt, von der Übertragung zurückzutreten, wodurch sie sich allerdings Schadensersatzansprüchen des künftigen Erwerbers u. a. aufgrund der vertraglich festgelegten Schadensersatzregelungen aussetzte.

67

Drittens machen die Klägerinnen geltend, der Zeitraum von einem Monat, in dem ITR 100%ige Eigentümerin von ITR Rubber gewesen sei, nachdem die Tätigkeiten im Marineschlauchsektor übertragen worden seien und die Übertragung auf Parker-Hannifin noch nicht wirksam gewesen sei, sei zu kurz, um einen bestimmenden Einfluss von ITR oder Saiag auf ITR Rubber anzunehmen, selbst wenn sie ein solches Recht gehabt hätten.

68

Es ist festzustellen, dass die Länge des Zeitraums, in dem ITR nach der Übertragung der Tätigkeiten im Marineschlauchsektor 100%ige Eigentümerin von ITR Rubber war, für sich genommen nicht beweist, dass ITR Rubber in diesem Zeitraum eigenständig auf dem Markt auftrat.

69

Zum Zeitpunkt, zu dem die fraglichen Tätigkeiten wirksam auf ITR Rubber übertragen wurden, d. h. am 1. Januar 2002, war ITR nämlich 100%ige Eigentümerin ihrer Tochtergesellschaft und, wie oben in Rn. 63 dargelegt, aufgrund des am 5. Dezember 2001 unterzeichneten Vertrags über die Übertragung auf Parker-Hannifin verpflichtet, und sei es nur für einen kurzen Zeitraum, den normalen Geschäftsbetrieb von ITR Rubber zu gewährleisten

70

Wie außerdem oben in Rn. 66 dargelegt, war ITR bis zum Zeitpunkt, zu dem die Übertragung auf Parker-Hannifin wirksam wurde, berechtigt, über die Übertragung von ITR Rubber zu entscheiden, und dieses Recht konnte zu jedem Zeitpunkt vor dem Abschluss des Geschäfts ausgeübt werden. Im Übrigen war der Zeitpunkt des Abschlusses des Geschäfts nicht im Voraus durch den Übertragungsvertrag festgelegt worden, da er u. a. bestimmten Vorbedingungen unterlag. Zwar wurde der Erwerb von ITR Rubber durch Parker-Hannifin am 31. Januar 2002 wirksam, doch hätte er auch an einem anderen, zumal späteren Zeitpunkt stattfinden können.

71

Somit kann der Umstand, dass der Zeitraum zwischen der Übertragung der Tätigkeiten im Marineschlauchsektor auf ITR Rubber und der Übertragung von ITR Rubber auf Parker-Hannifin letztlich nur einen Monat betrug, nicht als Beweis dafür angesehen werden, dass ITR Rubber, obwohl sie eine 100%ige Tochtergesellschaft von ITR war, auf dem Markt eigenständig auftrat.

72

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die von den Klägerinnen geltend gemachten Gesichtspunkte nicht für den Nachweis ausreichen, dass ITR Rubber zwischen dem 1. und dem 31. Januar 2002 auf dem Markt eigenständig auftrat. Folglich haben die Klägerinnen die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses von ITR auf ihre 100%ige Tochtergesellschaft ITR Rubber nicht widerlegt.

73

Angesichts dieser Umstände hat die Kommission keinen Fehler begangen, als sie feststellte, dass Parker ITR in Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität aufgrund der Übertragung der von der Zuwiderhandlung betroffenen Vermögenswerte auf ITR Rubber für das Verhalten ihrer Vorgängerin ITR verantwortlich gemacht werden könne, da bei der Übertragung zwischen ITR und ITR Rubber Verbindungen bestanden und insbesondere ITR 100%ige Eigentümerin von ITR Rubber war, was die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf ihre Tochtergesellschaft zulässt.

74

Somit ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

Zur Anwendung von Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003

75

Nach Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 unterliegt die Befugnis der Kommission zur Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern einer Verjährungsfrist von fünf Jahren, die bei dauernden oder fortgesetzten Zuwiderhandlungen erst mit dem Tag beginnt, an dem die Zuwiderhandlung beendet ist. Die Verjährung wird durch jede auf Ermittlung oder Verfolgung der Zuwiderhandlung gerichtete Handlung der Kommission oder der Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats unterbrochen.

76

Die Klägerinnen machen geltend, es gebe im vorliegenden Fall objektive, stichhaltige und übereinstimmende Indizien dafür, dass Parker ITR nur deshalb für die Zuwiderhandlung ihrer Vorgänger verantwortlich gemacht werde, um die Verjährungsfrist nach Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 zu umgehen.

77

Die Kommission trägt vor, nach ständiger Rechtsprechung verfüge sie bei der Bestimmung der Adressaten einer Entscheidung im Fall der wirtschaftlichen Nachfolge über ein Ermessen, das sie ordnungsgemäß ausgeübt habe.

78

Im vorliegenden Fall ist festgestellt worden, dass der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität aufgrund der Verbindungen zwischen ITR und ITR Rubber bei der Übertragung der Tätigkeiten im Marineschlauchsektor anwendbar war, weil die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses von ITR auf ITR Rubber nicht widerlegt wurde. Somit erfolgte die Zurechnung der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung vom 1. April 1986 bis zum 2. Mai 2007 an ITR Rubber für die Zeit vor dem 1. Januar 2002, in der ITR als Vorgängerin von ITR Rubber an der Zuwiderhandlung beteiligt war, aufgrund der Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität, der, wie oben in Rn. 73 dargelegt, zu Recht angewandt wurde. Folglich kann die Zurechnung entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht auf einem Ermessensmissbrauch und der Umgehung von Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 beruhen.

79

Somit begann die Verjährung der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, die Parker ITR zugerechnet wurde, am 2. Mai 2007, als die Kommission durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens eine Reihe von Überprüfungen u. a. bei Parker ITR vornahm. Folglich war die Befugnis der Kommission, gegen Parker ITR wegen der Zuwiderhandlung Sanktionen zu verhängen, nicht verjährt.

80

Unter diesen Umständen ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes, der einen Ermessensmissbrauch und die Umgehung von Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 betrifft, zurückzuweisen.

Zur Begründungspflicht und zum Grundsatz der Gleichbehandlung

81

Was das Vorbringen zum Verstoß gegen die Begründungspflicht betrifft, ist zu prüfen, ob die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität zur Bejahung der Verantwortlichkeit von Parker ITR für die Zeit vor dem 1. Januar 2002 ausreichend begründet war, einschließlich in Bezug auf die Verbindungen zwischen ITR und ITR Rubber.

82

Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 63, vom 30. September 2003, Deutschland/Kommission, C‑301/96, EU:C:2003:509, Rn. 87, und vom 22. Juni 2004, Portugal/Kommission, C‑42/01, EU:C:2004:379, Rn. 66).

83

In den Rn. 327 bis 329 der angefochtenen Entscheidung legte die Kommission dar, weshalb sie im vorliegenden Fall die Anwendung des Grundsatzes der persönlichen Verantwortlichkeit verneint und den Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität angewandt habe. Nach einer Darstellung der Fälle, in denen ihrer Meinung nach der Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit Anwendung findet, führte sie aus, dass demgegenüber in Fällen, in denen die Person, die für die Zuwiderhandlung verantwortlich sei, nicht mehr bestehe, da sie in ein anderes Rechtssubjekt überführt worden sei, das letztgenannte Rechtssubjekt verantwortlich gemacht werden müsse. In Rn. 328 stellte die Kommission außerdem den Grundsatz auf, dass, wenn ein Unternehmen von einem Rechtssubjekt auf ein anderes übertragen werde und übertragendes und erwerbendes Rechtssubjekt wirtschaftlich miteinander verflochten seien, die Haftung für zurückliegendes Verhalten des Veräußerers selbst dann auf den Erwerber übergehen könne, wenn der Veräußerer noch bestehe.

84

In Rn. 370 der angefochtenen Entscheidung erläuterte die Kommission unter Verweis auf ihre Erwägungen in Rn. 328 im Einzelnen die Gesichtspunkte, aufgrund deren sie in Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität ITR Rubber, nunmehr Parker ITR, die Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung für den Zeitraum vor dem 31. Januar 2002 zurechnete, nämlich das Vorliegen wirtschaftlicher Beziehungen zwischen einer Muttergesellschaft und einer 100%igen Tochtergesellschaft.

85

In Rn. 369 der angefochtenen Entscheidung erläuterte die Kommission die Argumente, die die Klägerinnen in Beantwortung der Mitteilung der Beschwerdepunkte gegen die Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität geltend gemacht hatten und die insbesondere dahin gingen, dass keine Verbindungen zwischen Parker ITR, vormals ITR Rubber, auf der einen und ITR und der Saiag-Gruppe auf der anderen Seite bestanden hätten.

86

In den Rn. 370 bis 373 der angefochtenen Entscheidung ging die Kommission auf diese Argumente ein, indem sie u. a. feststellte, selbst wenn die Übertragung von Vermögenswerten von ITR auf ITR Rubber mit dem Ziel ihres späteren Verkaufs an Parker-Hannifin erfolgt sei, habe die Übertragung zu einem Zeitpunkt stattgefunden, zu dem die beiden Unternehmen derselben Gruppe angehört hätten, was in Anwendung der Rechtsprechung im Urteil vom 11. Dezember 2007, ETI u. a. (C‑280/06, EU:C:2007:775), impliziere, dass die Verantwortlichkeit von ITR nach dem Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität ITR Rubber zugerechnet werde. Ferner stellte die Kommission fest, dass die anschließende Lösung der Verbindungen zwischen ITR und ITR Rubber nichts an dieser Schlussfolgerung ändere.

87

Folglich bringt die angefochtene Entscheidung die Gesichtspunkte, auf die sich die Kommission stützte, um im vorliegenden Fall die Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität zu bejahen, klar und eindeutig zum Ausdruck, einschließlich hinsichtlich der Verbindungen zwischen ITR und ITR Rubber, wobei den von den Klägerinnen im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Argumenten Rechnung getragen wird.

88

Was den Vorwurf der Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung durch die Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität gegenüber ITR Rubber und nicht gegenüber DOM betrifft, obwohl sich DOM nach Auffassung der Klägerinnen in einer sehr ähnlichen Lage befand, verlangt dieser Grundsatz nach ständiger Rechtsprechung, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil vom 14. September 2010, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission, C‑550/07 P, EU:C:2010:512, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

89

Im vorliegenden Fall geht aus Rn. 19 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass DOM, die von der Unipoly-Gruppe gegründet worden war, die Vermögenswerte der BTR-Gruppe im Marineschlauchsektor übernommen hatte. Somit erfolgte im Fall von DOM die Übertragung von Vermögenswerten zwischen Gesellschaften, die nicht strukturell verbunden waren, d. h. zwischen BTR auf der einen und DOM als Teil der Unipoly-Gruppe auf der anderen Seite.

90

Dagegen ist im Fall von ITR Rubber, wie oben in Rn. 45 dargelegt, gemäß dem Rechtsmittelurteil die Übertragung von Tätigkeiten im Marineschlauchsektor von ITR auf ITR Rubber, d. h. von der Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft, innerhalb der Saiag-Gruppe zu berücksichtigen, wobei das Ziel und der wirtschaftliche Beweggrund der Übertragung nicht relevant sind, wie aus Rn. 53 des Rechtsmittelurteils hervorgeht.

91

Aus den oben in den Rn. 42 und 43 zitierten Erwägungen des Gerichtshofs im Rechtsmittelurteil geht hervor, dass der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität in Fällen anwendbar ist, in denen zwischen der Gesellschaft, die an der Zuwiderhandlung beteiligt war, und der Tochtergesellschaft, deren von der Zuwiderhandlung betroffene Vermögenswerte im Hinblick auf einen späteren Verkauf an einen dritten Konzern übertragen werden, strukturelle und tatsächliche Verbindungen bestehen. Dagegen ist nach dieser Rechtsprechung der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität nicht in Fällen anzuwenden, in denen die von der Zuwiderhandlung betroffenen Vermögenswerte auf eine Tochtergesellschaft übertragen werden, die innerhalb des erwerbenden Konzerns gegründet wurde und keine strukturellen Verbindungen mit dem Verkäufer aufweist.

92

Somit hat die Kommission nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, als sie den Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität auf ITR Rubber anwandte und seine Anwendung auf DOM verneinte, da die beiden Sachverhalte nicht vergleichbar sind.

93

Unter diesen Umständen sind der dritte Teil des ersten Klagegrundes und damit dieser Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

Zum fünften Klagegrund: rechtswidrige Erhöhung des Betrags der gegen Parker ITR verhängten Geldbuße aufgrund der ihr zugeschriebenen Rolle als Anführerin der Zuwiderhandlung

94

Die Klägerinnen bestreiten erstens, dass ITR im Rahmen des Kartells vom 11. Juni 1999 bis zum 30. September 2001 eine Anführerrolle eingenommen habe, und machen geltend, dass die Kommission die Anführerrolle nicht ausreichend nachgewiesen habe, zweitens beanstanden sie, dass ITR Rubber die behauptete Anführerrolle von ITR zugerechnet wurde, und drittens widersprechen sie der Erhöhung des Betrags der Geldbuße, die aufgrund der ITR zugeschriebenen Anführerrolle gegen Parker ITR verhängt wurde.

95

Die Kommission macht geltend, die Gesichtspunkte, auf die sie sich gestützt habe, bewiesen insgesamt, dass ITR dazu beigetragen habe, die umfassende Funktionsfähigkeit des Kartells wiederherzustellen, und insbesondere bei der Wiedereinbindung von Yokohama in das Kartell eine Schlüsselrolle eingenommen habe. Dies rechtfertige die Erhöhung des Betrags der gegen Parker ITR verhängten Geldbuße um 30 %. Die Nennung von Parker ITR sei gerechtfertigt, weil das Unternehmen der wirtschaftliche Nachfolger von ITR sei.

Zur Zurechnung der ITR zugeschriebenen Anführerrolle an ITR Rubber

96

Was die Bezugnahme auf Parker ITR und nicht ITR als Anführerin des Kartells in einem Zeitraum, in dem Parker ITR, die zunächst ITR Rubber hieß, noch nicht existierte, in der angefochtenen Entscheidung betrifft, ist vorab festzustellen, dass Parker ITR, wie oben in Rn. 73 dargelegt, nach dem Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität für das Verhalten von ITR, einschließlich ihres Verhaltens vor der Gründung von ITR Rubber am 27. Juni 2001, verantwortlich gemacht werden musste. Insoweit ist, ohne der Sachentscheidung über die behauptete Anführerrolle von ITR vorzugreifen, nicht zu beanstanden, dass die Kommission sich hinsichtlich der ITR für den Zeitraum vom 11. Juni 1999 bis zum 30. September 2001 zugeschriebenen Anführerrolle auf Parker ITR, vormals ITR Rubber, bezog.

Zu der ITR zugeschriebenen Anführerrolle

97

In Rn. 243 der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass ITR im Zeitraum vom 11. Juni 1999 bis zum 30. September 2001 das Kartell gemeinsam mit Herrn W. koordiniert habe.

98

Nach ständiger Rechtsprechung ist, wenn eine Zuwiderhandlung von mehreren Unternehmen begangen wurde, im Rahmen der Bemessung der Geldbuße deren jeweilige Rolle bei der Zuwiderhandlung während der Dauer ihrer Beteiligung daran zu ermitteln. Daraus folgt u. a., dass die von einem oder mehreren Unternehmen gespielte Rolle des „Anführers“ im Rahmen eines Kartells bei der Bemessung der Geldbuße zu berücksichtigen ist, da die Unternehmen, die eine solche Rolle gespielt haben, im Verhältnis zu den anderen Unternehmen eine besondere Verantwortung tragen müssen (vgl. Urteil vom 11. Juli 2014, Sasol u. a./Kommission, T‑541/08, EU:T:2014:628, Rn. 355 und die dort angeführte Rechtsprechung).

99

Im Einklang mit diesen Grundsätzen enthält Ziff. 28 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2; im Folgenden: Leitlinien) unter der Überschrift „Erschwerende Umstände“ eine nicht abschließende Aufzählung von Umständen, die zur Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße führen können, und zu diesen Umständen zählt die Rolle als Anführer des Verstoßes.

100

Um als Anführer eines Kartells eingestuft werden zu können, muss ein Unternehmen eine wichtige Antriebskraft für das Kartell gewesen sein oder eine besondere, konkrete Verantwortung für dessen Funktionieren getragen haben. Das Vorliegen dieses Umstands ergibt sich u. a. daraus, dass das Unternehmen dem Kartell durch punktuelle Initiativen spontan einen grundlegenden Impuls gegeben hat, oder aus einer Gesamtheit von Indizien, die das Bestreben des Unternehmens zeigen, die Stabilität und den Erfolg des Kartells zu sichern (Urteile vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, EU:T:2006:74, Rn. 299, 300, 351, 370 bis 375 und 427, und vom 27. September 2012, Shell Petroleum u. a./Kommission, T‑343/06, EU:T:2012:478, Rn. 198).

101

Dieser Fall liegt vor, wenn das Unternehmen an den Treffen des Kartells im Namen eines anderen Unternehmens teilgenommen hat, das dabei nicht anwesend war, und dieses von den Ergebnissen dieser Treffen unterrichtet hat (Urteil vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, EU:T:2006:74, Rn. 439). Das Gleiche gilt, wenn erwiesen ist, dass das betroffene Unternehmen im Rahmen der konkreten Betätigung des Kartells eine zentrale Rolle etwa dadurch spielte, dass es zahlreiche Treffen organisierte, die Informationen innerhalb des Kartells entgegennahm und verteilte und die meisten Vorschläge zur Arbeitsweise des Kartells machte (Urteil vom 27. September 2012, Koninklijke Wegenbouw Stevin/Kommission, T‑357/06, EU:T:2012:488, Rn. 284).

102

Schließlich kann zwei und sogar mehr Unternehmen gleichzeitig die Eigenschaft des Anführers zugeschrieben werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, EU:T:2006:74, Rn. 439 und 440, und vom 26. April 2007, Bolloré u. a./Kommission, T‑109/02, T‑118/02, T‑122/02, T‑125/02, T‑126/02, T‑128/02, T‑129/02, T‑132/02 und T‑136/02, EU:T:2007:115, Rn. 561)

103

Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist zu prüfen, ob die Kommission auf der Grundlage ausreichender Beweise zu Recht feststellen konnte, dass ITR zwischen dem 11. Juni 1999 und dem 30. September 2001 tatsächlich die Rolle des Anführers des Kartells übernommen habe.

104

In der angefochtenen Entscheidung stützte sich die Kommission zum Nachweis der Anführerrolle von ITR auf die Erklärungen, die Yokohama hierzu abgegeben hat, und auf die folgenden Gesichtspunkte, die diese Erklärungen untermauern.

105

Erstens stützte sich die Kommission in Rn. 461 der angefochtenen Entscheidung u. a. auf Telefaxe, die ITR anderen Kartellmitgliedern geschickt hatte. Die Klägerinnen haben diese Dokumente, die in der Akte enthalten sind, im Übrigen nicht in Frage gestellt, sie widersprechen allerdings deren von der Kommission vorgenommenen Auslegung. Aus den Dokumenten, die aus dem Zeitraum zwischen Juni 1999 und Juni 2001 stammen, geht u. a. hervor, dass zwischen ITR und anderen Kartellmitgliedern mit einer gewissen Regelmäßigkeit eine Kommunikation stattfand, und zwar auch nach dem Januar 2000, was die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt haben.

106

Zum einen geht aus dieser Kommunikation hervor, dass Herr P., ein Angestellter von ITR, sich selbst als Koordinator einer Untergruppe von Teilnehmern des Kartells vorgestellt hat, was die Erklärungen von Yokohama bestätigt.

107

Zum anderen zeigt die Kommunikation, dass dieser Angestellte von ITR im betreffenden Zeitraum auf eigene Initiative vertrauliche Informationen bei den anderen Teilnehmern, u. a. Yokohama und Trelleborg, erhob und ihre Teilnahme an Ausschreibungen koordinierte. Ferner belegen die von der Kommission angeführten Dokumente, dass ITR konkret dafür Sorge trug, dass ein gemeinsamer Marktanteil mit Yokohama innerhalb des Kartells berücksichtigt und Yokohama die Teilnahme an den Treffen erleichtert wurde.

108

Was zweitens die von ITR verschickten Telefaxe vom 11. und 21. Juni 1999 betrifft, auf die in Rn. 179 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird, entkräftet der Umstand, dass die Telefaxe Ausschreibungen für einen späteren Zeitpunkt betrafen, entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht die Einstufung von ITR als Koordinatorin des Kartells während des Zeitraums, in dem die Telefaxe verschickt wurden. ITR wird nämlich gerade die Koordination der Strategien der Kartellteilnehmer im Hinblick auf künftige Ausschreibungen vorgeworfen.

109

Drittens belegen die Dokumente vom Oktober 1999, auf die in den Rn. 189 und 196 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird, dass der Vertreter von ITR eine enge Zusammenarbeit mit Yokohama aufnahm und im Kreis eines Teils der Kartellmitglieder weitere Koordinationsaufgaben wahrnahm, die zur Funktionsweise des Kartells beitrugen, was die Klägerinnen nicht bestritten haben.

110

Was viertens die Mitteilungen betrifft, die ITR im Dezember 1999 nach dem Treffen in London (Vereinigtes Königreich) am 10. Dezember 1999 verschickte, lässt unabhängig davon, ob die Vorschläge des ITR-Vertreters letztlich angenommen wurden, der von den Klägerinnen nicht bestrittene Umstand, dass der ITR-Vertreter die Versendung solcher Mitteilungen übernahm, erkennen, dass er bei der Beibehaltung und Fortsetzung der Aktivitäten des Kartells nach dem Treffen eine herausragende Rolle einnahm.

111

Fünftens steht in Bezug auf den Vorsitz bei diesem Treffen zwar fest, dass das Protokoll keine ausdrücklichen Hinweise zu der Person enthält, die den Vorsitz einnahm. Die Kommission stützte sich jedoch, abgesehen von den Erklärungen, die Yokohama hierzu abgab, und ohne dass die Klägerinnen diesen Punkt in Frage gestellt hätten, auf Dokumente, aus denen hervorgeht, dass ITR Yokohama eine Einladung zu diesem Treffen geschickt und nach dem Treffen Mitteilungen versandt hatte, und auf den Umstand, dass der Beitrag von ITR auf dem Treffen im Protokoll an letzter Stelle wiedergegeben wurde. Diese Gesichtspunkte sind zumindest Indizien für eine herausragende Rolle bei Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung des Treffens.

112

Sechstens bestreiten die Klägerinnen nicht, dass ITR eine enge Zusammenarbeit mit Yokohama aufnahm, was aus mehreren Dokumenten hervorgeht, auf die in den Rn. 219 und 241 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird und denen zufolge ITR Treffen mit Yokohama organisierte und zu dieser Zusammenarbeit nicht nur mit Yokohama, sondern auch mit anderen Kartellmitgliedern in einem Zeitraum insbesondere zwischen Januar 2000 und Juni 2001 Schriftverkehr hatte.

113

Zum einen kann der Umstand, dass ITR sich aktiv dafür einsetzte, die Beteiligung von Yokohama als einem der zwei japanischen Akteure und insofern die Kartellbeteiligung der beiden Unternehmen, die fast ein Viertel des Weltmarkts repräsentierten, zu gewährleisten, für sich genommen als zentraler Aspekt bei der Wiederbelebung und beim Ausbau des Kartells angesehen werden.

114

Zum anderen diente der Umstand, dass die anderen Kartellmitglieder über diese Zusammenarbeit informiert wurden, der Beruhigung der Kartellmitglieder im Hinblick auf diesen Aspekt des Kartells und insofern dem allgemeinen Funktionieren des Kartells.

115

Insoweit bestätigt das Protokoll des Treffens am 11. und 12. Juni 2001, dass Yokohama und ITR zu diesem Zeitpunkt innerhalb des Kartells als Akteure angesehen wurden, deren Zusammenarbeit auf dem Markt so eng war, dass ihnen eine gemeinsame Quote zugeteilt wurde.

116

Somit können die Beweise zur engen Zusammenarbeit mit Yokohama und zu deren Beteiligung am Kartell, die durch ITR sichergestellt wurde, wirksam zur Stützung der Feststellung der Kommission hinsichtlich der ITR zugeschriebenen Rolle als Anführerin des Kartells herangezogen werden.

117

Siebtens beziehen sich die von der Kommission berücksichtigten Beweise, einschließlich der Beweise im Zusammenhang mit der engen Zusammenarbeit zwischen Yokohama und ITR, entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen auf einen Zeitraum, der sich mindestens vom 11. Juni 1999 bis Juni 2001 erstreckt. Überdies ist der Akte zu entnehmen, dass ITR ab Oktober 2001 nicht mehr für die Koordination der Kartellbeteiligung von Yokohama verantwortlich war, was im Übrigen von den Klägerinnen nicht bestritten wird. Somit stellte die Kommission fest, dass die Tätigkeiten von ITR als Anführerin des Kartells am 30. September 2001 endeten.

118

Angesichts aller hier geprüften Umstände ist festzustellen, dass die Kommission ITR zu Recht als Anführerin des Kartells für den Zeitraum, der sich mindestens vom 11. Juni 1999 bis zum 30. September 2001 erstreckt, angesehen hat.

119

Das Vorbringen der Klägerinnen zu den Beweisen, die ihrer Meinung nach die behauptete Anführerrolle von ITR widerlegen, stellt dieses Ergebnis nicht in Frage.

120

Zunächst ändert der Umstand, dass Yokohama und ITR aus betriebswirtschaftlicher Sicht an den Zielen des Kartells interessiert gewesen sein mögen, nichts an dem Ergebnis, dass die Kartellteilnahme von Yokohama durch die Unterstützung von ITR als Koordinatorin während des von der Kommission berücksichtigten Zeitraums erleichtert wurde.

121

Sodann sind die Funktion, die andere Kartellmitglieder, wie Bridgestone und DOM, sowie Herr W. oder seine Unternehmen, die die Durchführung und weltweite Koordination des Kartells für lange Zeiträume ihres Bestehens gewährleistet haben sollen, und der Umstand, dass sie von anderen Mitgliedern als Hauptkoordinatoren des Kartells angesehen worden sein mögen, mit der Anführerrolle, die die Kommission ITR zugeschrieben hat, nicht unvereinbar. Insbesondere für den Zeitraum vom 11. Juni 1999 bis zum 30. September 2001 beweisen die von den Klägerinnen geltend gemachten Umstände nicht, dass Herr W. u. a. über seine Unternehmen der einzige Koordinator des Kartells war. Die Koordinationsfunktionen, die ITR in diesem Zeitraum übernahm, sind nämlich nicht von einer Art, dass sie es ausschließen, dass ein Hauptkoordinator die weltweite Lenkung des Kartells gewährleistete. Diese Koexistenz würde u. a. den Umstand erklären, dass ITR nicht bei allen Treffen des Kartells anwesend war.

122

Schließlich ändert der Umstand, dass andere Kartellmitglieder die Funktion von ITR als Koordinatorin des Kartells angezweifelt haben sollen und diese Funktion nicht förmlich festgelegt worden sein mag, nichts am Ergebnis der Kommission, dass ITR als Koordinatorin – zumindest des Blocks ITR/Yokohama – tätig war und eine gewisse Koordination mit den anderen Kartellmitgliedern gewährleistete, insbesondere nach dem Treffen am 10. Dezember 1999. Die insbesondere von Manuli im Juni 1999 im Hinblick auf einen europäischen Koordinator des Kartells geäußerten Zweifel können nämlich die verschiedenen von der Kommission vorgelegten Dokumente, die beweisen, dass ITR tatsächlich Tätigkeiten zur Koordination der anderen Kartellmitglieder ausübte, nicht in Frage stellen, und zwar unabhängig davon, ob und wie lange feste Untergruppen innerhalb des Kartells förmlich bestanden.

Zur Erhöhung der Geldbuße aufgrund der ITR zugeschriebenen Anführerrolle

123

Die Klägerinnen machen geltend, die Erhöhung des Betrags der gegen Parker ITR verhängten Geldbuße aufgrund der ITR zugeschriebenen Anführerrolle sei nicht gerechtfertigt, insbesondere im Vergleich zu Bridgestone, deren Geldbuße in gleicher Höhe heraufgesetzt worden sei und die elf Jahre lang die Koordination des Kartells gewährleistet habe.

124

Nach Ziff. 28 der Leitlinien kann der Grundbetrag der Geldbuße erhöht werden, wenn die Kommission erschwerende Umstände feststellt, wie beispielsweise die Rolle als Anführer des Verstoßes.

125

Insoweit geht aus der Rechtsprechung hervor, dass die Tatsache, dass sich ein Unternehmen als Anführer eines Kartells betätigt hat, impliziert, dass es eine im Vergleich zu den übrigen Unternehmen besondere Verantwortung zu tragen hat (Urteil vom 3. März 2011, Siemens/Kommission, T‑110/07, EU:T:2011:68, Rn. 367).

126

Im Übrigen verfügt die Kommission nach ständiger Rechtsprechung bei der Festlegung der Höhe jeder Geldbuße über ein Ermessen, und sie ist nicht verpflichtet, eine genaue mathematische Formel anzuwenden (Urteile vom 6. April 1995, Martinelli/Kommission, T‑150/89, EU:T:1995:70, Rn. 59, vom 14. Mai 1998, Mo och Domsjö/Kommission, T‑352/94, EU:T:1998:103, Rn. 268, und vom 13. Juli 2011, Polimeri Europa/Kommission, T‑59/07, EU:T:2011:361, Rn. 251).

127

Hier stellte die Kommission, wie oben in den Rn. 118 und 119 dargelegt, zu Recht fest, dass ITR zwischen dem 11. Juni 1999 und dem 30. September 2001 die Rolle als Anführerin des Kartells einnahm.

128

Insbesondere in den Rn. 457 bis 463 der angefochtenen Entscheidung, die die erschwerenden Umstände in Bezug auf ITR betreffen, wies die Kommission u. a. auf die Feststellungen zur Rolle des ITR-Vertreters im Zeitraum von Juni 1999 bis September 2001 hin. Die Kommission führte insoweit aus, dass ITR die Koordination eines Teils des Kartells parallel zu den von Herrn W. wahrgenommenen Koordinationsfunktionen gewährleistet habe und das Kartell nach einer instabilen Phase gerade in diesem Zeitraum wieder gefestigt worden sei.

129

Es ist nämlich unbestritten, dass das Kartell im Zeitraum von Mai 1997 bis Juni 1999 vergleichsweise inaktiv war. Wie insbesondere in den Rn. 105 und 108 des vorliegenden Urteils dargelegt, nahm ITR gerade ab Juni 1999 Koordinationsaufgaben im Kreis eines Teils der Kartellmitglieder wahr.

130

Darüber hinaus stellte die Kommission in Rn. 458 der angefochtenen Entscheidung fest, dass der Beitrag von ITR entscheidend gewesen sei, um die Vorbehalte einiger Kartellmitglieder zu überwinden und das Kartell wiederzubeleben.

131

Wie die Klägerinnen nämlich selbst eingeräumt haben, hatte ITR eine engere Zusammenarbeit mit Yokohama aufgenommen, indem sie die Teilnahme der beiden Unternehmen am Kartell koordinierte, obwohl Yokohama aufgrund ihres schlechten Verhältnisses zu ihrem japanischen Wettbewerber Bridgestone Vorbehalte gegenüber einer Beteiligung am Kartell geäußert hatte. Dass vor der Wiederbelebung des Kartells im Jahr 1999, die auch dem Eingreifen von ITR zu verdanken gewesen sein soll, eine solches Konkurrenzverhältnis bestand, ist von den Klägerinnen anerkannt worden.

132

Die Erhöhung des Betrags der gegen Parker ITR verhängten Geldbuße um 30 % aufgrund ihrer Rolle als Anführerin erscheint somit nach den Umständen des vorliegenden Falles gerechtfertigt.

133

Soweit das Vorbringen der Klägerinnen, die Erhöhung um 30 % sei auch auf die gegen Bridgestone verhängte Geldbuße angewandt worden, obwohl Bridgestone elf Jahre lang die Koordination des Kartells gewährleistet habe, dahin zu verstehen sein sollte, dass mit ihm eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung gerügt wird, ist nach der oben in Rn. 88 angeführten Rechtsprechung zu prüfen, ob die beiden Sachverhalte vergleichbar sind.

134

Was die Erhöhung der gegen Bridgestone verhängten Geldbuße um 30 % betrifft, verweist die Kommission in den Rn. 458 und 462 der angefochtenen Entscheidung auf die Feststellungen, wonach Bridgestone während eines Zeitraums von elf Jahren zwischen 1986 und 1997 die Koordination des Kartells gewährleistete, insbesondere für die japanischen Teilnehmer, während Dunlop/DOM das Kartell für die europäischen Teilnehmer koordinierte.

135

Insoweit ergibt sich aus den Gesichtspunkten, die die Kommission bei ihren Feststellungen zu den erschwerenden Umständen berücksichtigte, dass Bridgestone die Koordination des Kartells für bestimmte Teilnehmer während eines Zeitraums von elf Jahren gewährleistete und dass ITR die Koordination eines Teils der Kartellmitglieder während zweier Jahre sicherstellte.

136

Somit handelt es sich nicht um zwei tatsächlich ähnliche Sachverhalte. Im Einklang mit der oben in Rn. 88 angeführten Rechtsprechung ist die gleiche Behandlung der beiden Sachverhalte jedoch objektiv gerechtfertigt, da ITR, auch wenn sie nur zwei Jahre lang Koordinationstätigkeiten wahrgenommen hat, mit diesen Tätigkeiten einen sehr wichtigen und erfolgreichen Beitrag zur Wiederbelebung des Kartells leistete. Angesichts der Schwere der Zuwiderhandlung und der Verantwortlichkeit dafür erscheint es nämlich gerechtfertigt, dass die gegen Parker ITR verhängte Geldbuße aufgrund ihrer Koordinationstätigkeiten zu einem kritischen Zeitpunkt des Kartells in demselben Maße erhöht wurde wie die gegen Bridgestone verhängten Geldbuße aufgrund ihrer zeitlich längeren Koordinationstätigkeiten.

137

Unter diesen Umständen ist nicht zu beanstanden, dass die Kommission in Ausübung ihres Ermessens die gegen Parker ITR und Bridgestone verhängten Geldbußen um denselben Prozentsatz erhöht hat.

138

Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Kommission die gegen Bridgestone verhängte Geldbuße zu Unrecht um lediglich 30 % erhöht hat, obwohl Bridgestone während eines langen Zeitraums die Rolle als Anführerin des Kartells wahrnahm, würde jedenfalls ein solcher Rechtsverstoß zugunsten eines anderen es nicht rechtfertigen, dem von den Klägerinnen geltend gemachten Nichtigkeitsgrund zu folgen. Denn nach ständiger Rechtsprechung muss die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung oder des Diskriminierungsverbots mit der Beachtung des Gebots rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden, wonach sich niemand zu seinem Vorteil auf eine zugunsten eines anderen begangene Rechtsverletzung berufen kann (vgl. Urteil vom 3. März 2011, Siemens/Kommission, T‑110/07, EU:T:2011:68, Rn. 358 und die dort angeführte Rechtsprechung).

139

Nach alledem ist der fünfte Klagegrund zurückzuweisen.

Zum sechsten Klagegrund: Verletzung des Grundsatzes der persönlichen Verantwortlichkeit und der Begründungspflicht mit der Folge der Rechtswidrigkeit der Erhöhung des Betrags der gegen Parker-Hannifin verhängten Geldbuße aufgrund der vermuteten Anführerrolle von Parker ITR

140

Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, die Kommission habe gegen den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit verstoßen, als sie die ITR zugeschriebene Anführerrolle für den Zeitraum vom 11. Juni 1999 bis zum 30. September 2001 berücksichtigt habe, um den Teil der Geldbuße zu erhöhen, für den Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch hafte. Die Klägerinnen rügen außerdem eine Verletzung der Begründungspflicht, da in der angefochtenen Entscheidung nicht begründet werde, warum der Betrag der Geldbuße, für die Parker-Hannifin hafte, um 30 % erhöht werde.

141

Was den Verstoß gegen den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit betrifft, kann nach ständiger Rechtsprechung, wenn die Zuwiderhandlung einer Tochtergesellschaft ihrer Muttergesellschaft zugerechnet werden kann, davon ausgegangen werden, dass diese Unternehmen während der Dauer der Zuwiderhandlung Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit waren und damit ein einziges Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts der Union bildeten. Unter diesen Umständen kann die Kommission anschließend die Muttergesellschaft als Gesamtschuldnerin für die von ihrer Tochtergesellschaft in der fraglichen Zeit begangene Zuwiderhandlung und damit für die ihrer Tochtergesellschaft auferlegte Geldbuße haftbar machen (vgl. Urteil vom 10. April 2014, Areva u. a./Kommission, C‑247/11 P und C‑253/11 P, EU:C:2014:257, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

142

Nach der Rechtsprechung gelten außerdem für die Kommission im Rahmen der Bestimmung der gesamtschuldnerischen Haftung im Außenverhältnis, d. h. des Verhältnisses zwischen ihr und den einzelnen Personen des Unternehmens, von denen sie verlangen kann, die gesamte diesem Unternehmen auferlegte Geldbuße zu zahlen, bestimmte Zwänge, insbesondere die Pflicht, den Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen zu beachten, der gebietet, dass bei der Festsetzung der Höhe der gemäß Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 gesamtschuldnerisch zu zahlenden Geldbuße sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen sind (Urteil vom 10. April 2014, Kommission u. a./Siemens Österreich u. a.,C‑231/11 P bis C‑233/11 P, EU:C:2014:256, Rn. 52).

143

Eine Konfiguration der gesamtschuldnerischen Haftung, die es der Kommission ermöglicht, von einer der Muttergesellschaften die Zahlung einer Geldbuße zu verlangen, mit der Zuwiderhandlungen geahndet werden, die in Bezug auf einen anderen Teil des Zeitraums der Zuwiderhandlung einem Unternehmen vorgeworfen werden, zu dem diese Muttergesellschaft niemals gehört hat, verstößt jedoch gegen den Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen (Urteil vom 10. April 2014, Areva u. a./Kommission, C‑247/11 P und C‑253/11 P, EU:C:2014:257, Rn. 126 bis 133).

144

Insbesondere kann eine Gesellschaft nicht für Zuwiderhandlungen verantwortlich gemacht werden, die von ihren Tochtergesellschaften eigenständig vor dem Zeitpunkt ihres Erwerbs begangen wurden, da diese selbst für ihre Zuwiderhandlungen vor ihrem Erwerb einstehen müssen, ohne dass die Gesellschaft, die sie erworben hat, dafür verantwortlich gemacht werden kann (Urteile vom 16. November 2000, Cascades/Kommission, C‑279/98 P, EU:C:2000:626, Rn. 77 bis 79, und vom 4. September 2014, YKK u. a./Kommission, C‑408/12 P, EU:C:2014:2153, Rn. 65).

145

Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist zu prüfen, ob die Kommission einen Rechtsfehler begangen hat, als sie die von Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch zu entrichtende Geldbuße um 30 % erhöhte.

146

Insoweit ist auf die Feststellung oben in Rn. 118 zu verweisen, wonach die Kommission ITR zu Recht als Anführerin des Kartells für den Zeitraum vom 11. Juni 1999 bis zum 30. September 2001 angesehen hat. Über diesen Zeitraum hinaus wurde keine Tätigkeit von ITR oder ihrer Rechtsnachfolgerin ITR Rubber im Hinblick auf deren Anführerrolle berücksichtigt, was die Kommission im Übrigen in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat.

147

Darüber hinaus steht fest, dass ITR Rubber, der ihre damalige Muttergesellschaft ITR am 1. Januar 2002 ihre Vermögenswerte im Marineschlauchsektor übertrug, am 31. Januar 2002 an Parker-Hannifin innerhalb der Parker-Gruppe verkauft wurde. Insoweit machte die Kommission Parker-Hannifin in Rn. 389 der angefochtenen Entscheidung für das Verhalten von Parker ITR ab dem Zeitpunkt der Übernahme von Parker ITR am 31. Januar 2002 gesamtschuldnerisch haftbar.

148

Des Weiteren ist auf die Methode hinzuweisen, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung für die Berechnung der Geldbuße anwandte.

149

In einem ersten Schritt berechnete die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße wie folgt:

In den Rn. 420 bis 428 der angefochtenen Entscheidung führte die Kommission aus, dass die maßgeblichen Umsätze auf der Grundlage der durchschnittlichen Jahresumsätze der wichtigsten Hersteller von Marineschläuchen im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) in den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren vor dem Ende der Zuwiderhandlung zu berechnen seien, d. h. 32710069 Euro.

Angesichts der weltweiten Erstreckung der Zuwiderhandlung stellte die Kommission in den Rn. 429 bis 433 der angefochtenen Entscheidung fest, dass dieser Betrag mit den weltweiten Marktanteilen der einzelnen Teilnehmer zu multiplizieren sei und der weltweite Marktanteil von Parker ITR 12,1 % betragen habe.

Nach dieser Multiplikation stellte die Kommission in Rn. 436 der angefochtenen Entscheidung fest, dass sich die maßgeblichen Umsätze von Parker ITR auf 3955777 Euro beliefen.

Zur Schwere der Zuwiderhandlung stellte die Kommission in Rn. 445 der angefochtenen Entscheidung fest, dass in Anbetracht der besonderen Umstände in dieser Sache, der Art und des räumlichen Umfangs der Zuwiderhandlung und des gemeinsamen Marktanteils aller betroffenen Unternehmen 25 % der maßgeblichen Umsätze zu berücksichtigen seien.

Hinsichtlich der Dauer der Zuwiderhandlung legte die Kommission in Rn. 448 der angefochtenen Entscheidung eine Dauer von 19 Jahren und 5 Tagen für Parker ITR bzw. 5 Jahren, 3 Monaten und 3 Tagen für Parker-Hannifin fest, was einen Multiplikationsfaktor von 19 bzw. 5,5 zur Folge hatte.

In Rn. 449 befand die Kommission, dass ein zusätzlicher Betrag in Höhe von 25 % des Umsatzes zur Abschreckung hinzuzufügen sei.

In Rn. 455 der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass sich aus den vorstehend dargelegten Berechnungen ein Grundbetrag von 19700000 Euro für Parker ITR und 6400000 Euro für Parker-Hannifin ergebe.

150

In einem zweiten Schritt stellte die Kommission, nachdem sie zwei Grundbeträge ermittelt hatte, und zwar einen für Parker ITR und einen für Parker-Hannifin, in Rn. 463 der angefochtenen Entscheidung fest, dass der Grundbetrag der gegen Parker ITR zu verhängenden Geldbuße aufgrund erschwerender Umstände um 30 % zu erhöhen sei.

151

In Rn. 471 der angefochtenen Entscheidung erhöhte die Kommission jedoch den Grundbetrag um 30 % nicht nur für Parker ITR, was zu einem Betrag von 25610000 Euro führte, sondern auch für Parker-Hannifin, was zu einem Betrag von 8320000 Euro führte.

152

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Kommission, obwohl sie eine gesamtschuldnerische Haftung von Parker-Hannifin erst ab dem 31. Januar 2002 bejaht hat, den Grundbetrag der von Parker-Hannifin aufgrund dieser Haftung gesamtschuldnerisch zu entrichtenden Geldbuße wegen erschwerender Umstände in Anbetracht der Anführerrolle von ITR im Zeitraum zwischen dem 11. Juni 1999 und dem 30. September 2001 um 30 % erhöht hat, in dem Parker-Hannifin keine Verbindung zu ITR oder ihrer Rechtsnachfolgerin ITR Rubber hatte.

153

Somit wurde der Betrag der gesamtschuldnerisch von Parker-Hannifin zu entrichtenden Geldbuße nicht unter Berücksichtigung der Schwere der Zuwiderhandlung bestimmt, die individuell von ihrer Tochtergesellschaft ITR Rubber nach ihrem Erwerb am 31. Januar 2002 begangen worden war.

154

Folglich hat die Kommission einen Rechtsfehler begangen, als sie die von Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch zu entrichtende Geldbuße wegen erschwerender Umstände aufgrund der Anführerrolle von ITR zwischen dem 11. Juni 1999 und dem 30. September 2001 um 30 % erhöhte.

155

Unter diesen Umständen ist dem sechsten Klagegrund zu folgen, ohne dass das im Rahmen dieses Klagegrundes geltend gemachte Vorbringen zur Verletzung der Begründungspflicht zu prüfen ist.

156

Aus diesem Grund ist Art. 2 Abs. 1 Buchst. e der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin die von Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch zu entrichtende Geldbuße wegen erschwerender Umstände aufgrund der Anführerrolle von ITR zwischen dem 11. Juni 1999 und dem 30. September 2001 um 30 % erhöht wird.

Zum achten Klagegrund: Berechnung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes

157

Wie oben in Rn. 31 festgestellt, ist der achte Klagegrund zu prüfen, soweit er sich auf die Zeit vor dem 1. Januar 2002 bezieht.

158

Im Rahmen ihres achten Klagegrundes machen die Klägerinnen drei Rügen geltend, und zwar erstens einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, zweitens einen Verstoß gegen den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit und drittens eine Verletzung der Begründungspflicht.

159

Was den beanstandeten Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung Folgendes vorsieht:

„Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen verhängen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig

a)

gegen Artikel [81 EG] oder Artikel [82 EG] verstoßen …

Die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Unternehmensvereinigung darf 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen.

…“

160

Darüber hinaus ist u. a. auf die Rechtsprechung im Urteil vom 4. September 2014, YKK u. a./Kommission (C‑408/12 P, EU:C:2014:2153), hinzuweisen. In Rn. 60 dieses Urteils heißt es:

„Wenn … ein Unternehmen, das von der Kommission für einen Verstoß gegen Art. 81 EG haftbar gemacht wird, von einem anderen Unternehmen erworben wird, innerhalb dessen es als Tochtergesellschaft weiterhin eine gesonderte wirtschaftliche Einheit darstellt, hat die Kommission den jeweiligen Umsatz jeder dieser wirtschaftlichen Einheiten zu berücksichtigen, um bei ihnen gegebenenfalls die Obergrenze von 10 % anzuwenden.“

161

Des Weiteren hat der Gerichtshof in den Rn. 63 und 64 des Urteils vom 4. September 2014, YKK u. a./Kommission (C‑408/12 P, EU:C:2014:2153), festgestellt:

„63

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das mit der Festsetzung einer Obergrenze von 10 % des Umsatzes jedes an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens in Art. 23 Abs. 2 verfolgte Ziel insbesondere darin besteht, zu vermeiden, dass die Festsetzung einer über dieser Obergrenze liegenden Geldbuße die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens zu dem Zeitpunkt überschreitet, zu dem es für die Zuwiderhandlung haftbar gemacht wird und zu dem ihm von der Kommission eine finanzielle Sanktion auferlegt wird.

64

Bestätigt wird die in der vorstehenden Randnummer getroffene Feststellung durch Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, der hinsichtlich der Obergrenze von 10 % fordert, dass diese auf der Grundlage des Geschäftsjahrs berechnet wird, das der Kommissionsentscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung geahndet wird, vorausgeht. Dieses Erfordernis ist jedoch voll und ganz erfüllt, wenn die Obergrenze wie im vorliegenden Fall hinsichtlich der Geldbuße, die ausschließlich der Tochtergesellschaft für den Zeitraum vor ihrem Erwerb durch die Muttergesellschaft auferlegt wird, allein auf der Grundlage des Umsatzes der Tochtergesellschaft berechnet wird … Daraus folgt, dass unter solchen Umständen strukturelle Veränderungen des als wirtschaftliche Einheit verantwortlichen Unternehmens bei der Berechnung der Geldbuße tatsächlich berücksichtigt werden.“

162

Aus Art. 2 Abs. 1 Buchst. e der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass für die gegen Parker ITR verhängte Geldbuße in Höhe von 25610000 Euro Parker-Hannifin im Rahmen der gesamtschuldnerischen Haftung in Höhe von 8320000 Euro haftet. Folglich beläuft sich der Betrag der Geldbuße, der als ausschließlich gegen Parker ITR verhängt anzusehen ist, auf 17290000 Euro. Angesichts des oben in Rn. 154 festgestellten Fehlers und des in Rn. 156 dargelegten Ergebnisses ist jedoch die 30%ige Erhöhung des auf 6400000 Euro festgesetzten Grundbetrags der von Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch zu entrichtenden Geldbuße nicht zu berücksichtigen. Folglich beläuft sich der Betrag der Geldbuße, der als ausschließlich gegen Parker ITR verhängt anzusehen ist, in Wirklichkeit auf 19210000 Euro.

163

In Anbetracht der Aufteilung der Verantwortlichkeit zwischen Parker ITR und Parker-Hannifin, wie sie von der Kommission vorgenommen und insbesondere in Rn. 389 der angefochtenen Entscheidung dargelegt wurde, ist festzustellen, dass der Teil der Geldbuße, für den Parker ITR ausschließlich haftbar gemacht wurde, auf die Beteiligung ihrer wirtschaftlichen Vorgängerin ITR an der Zuwiderhandlung für den Zeitraum vom 1. April 1986 bis zum 31. Dezember 2001 sowie ihre eigene Beteiligung vom 1. bis zum 31. Januar 2002 zurückzuführen ist. Erst ab dem 31. Januar 2002 wurde die Verantwortlichkeit von Parker-Hannifin als Muttergesellschaft von Parker ITR festgestellt, und auf dieser Grundlage wurde Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch mit Parker ITR für einen Teil der Geldbuße haftbar gemacht.

164

In Rn. 474 der angefochtenen Entscheidung berief sich die Kommission auf die Umsätze, die in dem Abschnitt „Die von diesem Verfahren betroffenen Unternehmen“ der Entscheidung aufgeführt waren, und stellte fest, dass die gegen diese Unternehmen verhängten Geldbußen die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Obergrenze von 10 % der Umsätze nicht überschritten. Was die Klägerinnen betrifft, stellte die Kommission in Rn. 36 der angefochtenen Entscheidung fest, dass Parker-Hannifin im Geschäftsjahr 2006, das am 30. Juni endete, weltweit einen Umsatz von 7410 Mio. Euro erzielt habe.

165

Somit geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission für die Berechnung der in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Obergrenze von 10 % nur die weltweiten Umsätze von Parker-Hannifin berücksichtigte, einschließlich für den Teil der Geldbuße, für den ausschließlich Parker ITR haftbar gemacht wurde, insbesondere für die Zeit vor dem 1. Januar 2002.

166

Wie die Klägerinnen aber zu Recht geltend machen, hat die Kommission einen Fehler bei der Anwendung von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 begangen, da die Obergrenze hinsichtlich des Teils der Geldbuße, der ausschließlich Parker ITR auferlegt wurde, was zwangsläufig die Zeit vor dem 1. Januar 2002 einschließt, nicht allein auf der Grundlage des Umsatzes von Parker ITR berechnet wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. September 2014, YKK u. a./Kommission, C‑408/12 P, EU:C:2014:2153, Rn. 64).

167

Nach alledem ist dem achten Klagegrund, wie er oben in Rn. 31 eingegrenzt worden ist, zu folgen, ohne dass die zweite und die dritte im Rahmen dieses Klagegrundes erhobene Rüge zu prüfen sind.

168

Somit ist auch Art. 2 Abs. 1 Buchst. e der angefochtenen Entscheidung insoweit für nichtig zu erklären, als die Kommission im Hinblick auf den Teil der Geldbuße für die Zeit vor dem 1. Januar 2002, für die ausschließlich Parker ITR haftbar gemacht wurde, die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Obergrenze von 10 % nicht allein auf der Grundlage der Umsätze von Parker ITR berechnet hat.

Zur Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung

169

Die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung, die dem Gericht auf der Grundlage von Art. 229 EG mit Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 übertragen worden ist, ermächtigt das Gericht, über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme hinaus die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen. Folglich kann der Unionsrichter seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ausüben, wenn ihm die Frage nach der Höhe der Geldbuße zur Beurteilung vorgelegt worden ist, und diese Befugnis kann sowohl zur Herabsetzung als auch zur Erhöhung dieses Betrags ausgeübt werden (Urteil vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, EU:C:2007:88, Rn. 61 und 62).

170

Die Festsetzung einer Geldbuße durch das Gericht ist dem Wesen nach kein streng mathematischer Vorgang. Im Übrigen ist das Gericht weder an die Berechnungen der Kommission noch an deren Leitlinien gebunden, wenn es aufgrund seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung entscheidet. Es hat unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine eigene Beurteilung vorzunehmen (vgl. Urteil vom 5. Oktober 2011, Romana Tabacchi/Kommission, T‑11/06, EU:T:2011:560, Rn. 266 und die dort angeführte Rechtsprechung).

171

Zudem ist nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen.

172

Außerdem darf nach Art. 49 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union das Strafmaß nicht außer Verhältnis zur Straftat stehen.

173

Nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 darf die Geldbuße 10 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes des Unternehmens nicht übersteigen.

174

Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung, insbesondere dem Urteil vom 4. September 2014, YKK u. a./Kommission (C‑408/12 P, EU:C:2014:2153), dass für die Anwendung der in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Obergrenze der Umsatz der betreffenden Tochtergesellschaft zu berücksichtigen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. September 2014, YKK u. a./Kommission (C‑408/12 P, EU:C:2014:2153, Rn. 97). Unter diesen Umständen ist, da nicht der konsolidierte Umsatz der Parker-Gruppe, sondern nur der Umsatz der Tochtergesellschaft Parker ITR bei der Anpassung der Geldbuße an die Zahlungsfähigkeit von Parker ITR zu berücksichtigen ist, bei der Berechnung der Obergrenze von 10 % der Gesamtumsatz von Parker ITR, einschließlich der internen Verkäufe innerhalb der Gruppe, zugrunde zu legen.

175

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen die Dauer der Zuwiderhandlungen sowie sämtliche Faktoren zu berücksichtigen, die für die Beurteilung der Schwere dieser Zuwiderhandlungen eine Rolle spielen, wie u. a. das Verhalten jedes einzelnen Unternehmens und die Rolle, die jedes Unternehmen bei der Abstimmung der Verhaltensweisen gespielt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, EU:C:2011:815, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

176

Im Rechtsmittelurteil hat der Gerichtshof u. a. die Nrn. 2 und 3 des Tenors des Urteils des Gerichts aufgehoben, mit denen die Geldbuße, die die Kommission gegen Parker ITR und Parker-Hannifin verhängt hatte, für nichtig erklärt und auf der Grundlage der Erwägungen des Gerichts zur Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Betrag der gegen Parker ITR verhängten Geldbuße auf 6400000 Euro festgesetzt worden war, wofür Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch bis zu einem Betrag von 6300000 Euro haftete.

177

Nach der Zurückverweisung ihrer Klage an das Gericht machen die Klägerinnen geltend, die von ihnen erhobenen Klagegründe rechtfertigten die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung und folglich die Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße in Ausübung der dem Gericht zustehenden Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung.

178

Im vorliegenden Fall hält es das Gericht in Anbetracht seiner Beurteilung im Rahmen des sechsten und des achten Klagegrundes und der oben in den Rn. 154 und 166 festgestellten Fehler für angebracht, über die oben in den Rn. 156 und 168 festgestellte teilweise Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung hinaus von seiner ihm durch Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 eingeräumten Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung Gebrauch zu machen und die Beurteilung der Kommission durch seine eigene zu ersetzen, was den Betrag der gegen die Klägerinnen zu verhängenden Geldbuße angeht.

179

Insoweit hält es das Gericht für sachdienlich, die folgenden Umstände zu berücksichtigen.

180

Erstens enthält die Akte hinreichende Beweise dafür, dass das Kartell eine schwere Zuwiderhandlung darstellte, da es die Zuteilung ausgeschriebener Aufträge, die Festsetzung von Preisen, die Festsetzung von Quoten, die Festsetzung von Lieferbedingungen, die Aufteilung geografischer Märkte und den Austausch vertraulicher Informationen über Preise, Liefermengen und Ausschreibungen umfasste. Außerdem handelte es sich um ein weltweites Kartell.

181

Was zweitens speziell die Dauer der Zuwiderhandlung betrifft, wurde zum einen ITR Rubber, die anschließend zu Parker ITR wurde, zu Recht für die Beteiligung an der Zuwiderhandlung ihrer wirtschaftlichen Vorgängerin ITR für den Zeitraum vom 1. April 1986 bis zum 31. Dezember 2001 sowie für ihre eigene Beteiligung im Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 2. Mai 2007 haftbar gemacht. Zum anderen wurde die gesamtschuldnerische Haftung von Parker-Hannifin als Muttergesellschaft von Parker ITR für den Zeitraum vom 31. Januar 2002 bis zum 2. Mai 2007 zutreffend festgestellt.

182

Drittens steht fest, dass ITR zwischen dem 11. Juni 1999 und dem 30. September 2001, d. h. in einer kritischen Phase des Kartells nach einer Zeit der relativen Inaktivität, eine Rolle als Anführerin des Kartells einnahm und einen sehr wichtigen Beitrag zur erfolgreichen Wiederbelebung des Kartells leistete. Dagegen wurde über diesen Zeitraum hinaus keine Tätigkeit von ITR oder ihrer Rechtsnachfolgerin ITR Rubber im Hinblick auf deren Anführerrolle berücksichtigt.

183

In Anbetracht dieser Umstände ermöglicht die von der Kommission ausschließlich gegen Parker ITR verhängte Geldbuße in Höhe von 19210000 Euro nach Ansicht des Gerichts die wirksame Ahndung des festgestellten rechtswidrigen Verhaltens in einem nicht unerheblichen und hinreichend abschreckenden Maße. Eine höhere Geldbuße stünde außer Verhältnis zu dieser Zuwiderhandlung.

184

Aufgrund der in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen gesetzlichen Obergrenze von 10 % des Gesamtumsatzes ist bei der Anwendung dieser Vorschrift allerdings der Gesamtumsatz zu berücksichtigen, den das Unternehmen, d. h. Parker ITR, in dem Geschäftsjahr erzielte, das der Entscheidung vorausging, mit der die betreffende Geldbuße verhängt wurde, d. h. im Fall von Parker ITR das Geschäftsjahr 2008, das am 30. Juni endete. Insoweit ist der Bilanz vom 30. Juni 2008 von Parker ITR, die diese als Anlage zu ihrer nach dem Rechtsmittelurteil eingereichten Stellungnahme vorgelegt hat, insbesondere der Seite 18 dieser Bilanz, zu entnehmen, dass der Gesamtumsatz einschließlich interner Verkäufe im Geschäftsjahr 2008 135457283 Euro betrug.

185

Folglich darf der Betrag der Geldbuße, für die Parker ITR im vorliegenden Fall ausschließlich haftet, die oben in Rn. 184 genannte Obergrenze von 10 % des Umsatzes, d. h. 13545728 Euro, nicht überschreiten.

186

Schließlich ist der Betrag der Geldbuße, für die Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch haftbar gemacht wird, angesichts insbesondere der Schwere der Zuwiderhandlung und des Umstands, dass sich Parker-Hannifin als Muttergesellschaft von Parker ITR erst nach deren Erwerb am 31. Januar 2002 an der Zuwiderhandlung zu beteiligen begann, als Parker ITR nicht mehr die Rolle der Anführerin des Kartells einnahm, herabzusetzen und auf 6400000 Euro festzusetzen.

187

Somit ist der Gesamtbetrag der gegen Parker ITR verhängten Geldbuße auf 19945728 Euro festzusetzen, wofür Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch bis zu einem Betrag von 6400000 Euro haftet.

188

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Kosten

189

Nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, jede Partei ihre eigenen Kosten.

190

In Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falles ist zu entscheiden, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Art. 2 Abs. 1 Buchst. e der Entscheidung K(2009) 428 endg. der Kommission vom 28. Januar 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39406 – Marineschläuche) wird für nichtig erklärt, soweit die von der Parker-Hannifin Corp. gesamtschuldnerisch zu tragende Geldbuße aufgrund des erschwerenden Umstands der Anführerrolle der ITR SpA zwischen dem 11. Juni 1999 und dem 30. September 2001 um 30 % erhöht wurde und soweit die Europäische Kommission die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln vorgesehene Obergrenze von 10 % des Umsatzes hinsichtlich des Teils der Geldbuße, für den die Parker ITR Srl bezüglich des Zeitraums vor dem 1. Januar 2002 allein verantwortlich gemacht wurde, nicht allein auf der Grundlage des Umsatzes von Parker ITR berechnet hat.

 

2.

Der Betrag der gegen die Parker Hannifin Manufacturing Srl, vormals Parker ITR, verhängten Geldbuße wird auf 19945728 Euro festgesetzt, wofür Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch bis zu einem Betrag von 6400000 Euro haftet.

 

3.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

 

4.

Parker Hannifin Manufacturing, Parker-Hannifin und die Kommission tragen ihre eigenen Kosten.

 

Frimodt Nielsen

Schwarcz

Collins

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Juli 2016.

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.

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Referenzen

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